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infoCenter (Stand: Juni 2020)

Präklusion

Alexander v. Wedelstädt

I. Definition

Die Fristsetzung nach § 364b AO soll den Missbrauch des außergerichtlichen und gerichtlichen Rechtsbehelfsverfahrens zu rechtsbehelfsfremden Zwecken verhindern (AEAO zu § 364b Nr. 1). Ziel der Regelung ist es, die Gerichte von Klagen und Rechtsmitteln freizustellen, die durch nachträgliches Vorbringen, insbesondere durch verspätete Abgabe oder Nichtabgabe von Steuererklärungen, verursacht werden. Von der Möglichkeit der Präklusion soll vor allem in Einspruchsverfahren Gebrauch gemacht werden, die einen Schätzungsbescheid wegen Nichtabgabe der Steuererklärung betreffen (AEAO zu § 364b Nr. 1).

Eine entsprechende Regelung sieht § 79b FGO für das gerichtliche Verfahren vor.

II. Präklusion im Einspruchsverfahren, § 364b AO

1. Anlass

Die Finanzbehörde kann dem Einspruchsführer unter Belehrung über die Rechtsfolgen eine Frist setzen (§ 364b Abs. 1 AO):

  • zur Angabe von Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung er sich beschwert fühlt (§ 364b Abs. 1 Nr. 1 AO); hierunter fallen nur Tatsachenangaben, nicht Rechtsausführungen,

  • zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte (§ 364b Abs. 1 Nr. 2 AO); auch hierunter fallen Tatsachen,

  • zur Bezeichnung von Beweismitteln (§ 92 AO) oder zur Vorlage von Urkunden, zu deren Vorlage er verpflichtet ist, z.B. nach § 97 AO (§ 364b Abs. 1 Nr. 3 AO).

Die Fristsetzung kann nur gegenüber einem Einspruchsführer, nicht gegenüber einem Hinzugezogenen erfolgen (AEAO zu § 364b Nr. 2).

Auch die Steuererklärung kann mit präkludierender Fristsetzung angefordert werden (AEAO zu § 364b Nr. 1 S. 2).

2. Ermessensentscheidung

Die Entscheidung der Finanzbehörde, ob sie die ausschließende Frist setzen will, muss nach pflichtgemäßem Ermessen erfolgen, d.h. unter Beachtung des Zwecks der Ermächtigung (§ 5 AO). § 364b AO dient der Beschleunigung des Einspruchsverfahrens und soll die Verschleppung des Veranlagungs- und Einspruchsverfahrens durch den Steuerpflichtigen verhindern.

Für die Fristsetzung reicht aus, dass im konkreten Einspruchsverfahren eine Verzögerung angenommen werden kann. Besondere Eilbedürftigkeit, die Erwartung einer besonders hohen Steuerauswirkung oder die wiederholte Nichtabgabe der Steuererklärung müssen nicht vorliegen.

Ermessenswidrig ist die Fristsetzung, wenn

  • das Finanzamt seinerseits säumig ist und über den Einspruch nach Ablauf der Frist nicht zügig entscheiden wird,

  • das, was vom Einspruchsführer verlangt wird, von ihm objektiv, d.h. von ihm nicht beeinflussbar, nicht oder jedenfalls nicht innerhalb der Frist erbracht werden kann,

  • der Einspruchsführer seinen Mitwirkungspflichten offensichtlich aus Unkenntnis oder wegen der Kompliziertheit des Falles bisher nicht nachgekommen ist oder wenn kein Anhaltspunkt besteht, dass er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommen wird.

Die Finanzbehörde sollte den Einspruchsführer zunächst mit „einfacher”, d.h. nicht ausschließender Fristsetzung zur Abgabe von Erklärungen und Beweismitteln auffordern. Dies ist nicht erforderlich, wenn der Einspruchsführer dafür bekannt ist, dass er Verfahren grundsätzlich verschleppt.

3. Begründung

Die Fristsetzung muss begründet werden (§ 121 Abs. 1 AO). Dem Einspruchsführer ist in nachvollziehbarer Weise darzulegen, weshalb die Finanzbehörde die präkludierende Frist setzt.

Die fristsetzende Aufforderung an den Steuerpflichtigen muss außerdem die für aufklärungs- und beweisbedürftig erachteten Punkte so genau bezeichnen, dass der Einspruchsführer sie ohne weiteres befolgen kann. Für den Einspruchsführer muss das von ihm Geforderte eindeutig zu erkennen sein. Die Bezugnahme auf vorangegangene Schriftsätze reicht nur dann aus, wenn damit eindeutig und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht wird, was vom Steuerpflichtigen verlangt wird. Es ist zulässig, mit dieser Aufforderung im Ergebnis ganz allgemein eine Begründung für den eingelegten Rechtsbehelf anzufordern.

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