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Haustürgeschäft (Außergeschäftsraumverträge)
Dieses Dokument wird nicht mehr aktualisiert und entspricht möglicherweise nicht dem aktuellen Rechtsstand.
I. Definition des Haustürgeschäfts
Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (vormals Haustürgeschäfte) stellen eine besondere Vertriebsform im Geschäftsverkehr dar. Kennzeichnend ist, dass es außerhalb eines Ladengeschäftes zwischen Verbraucher und Unternehmer zur Anbahnung und/oder zum Abschluss von Verträgen kommt.
Da der Verbraucher in derartigen Situationen nicht selten zu unüberlegten Geschäftsabschlüssen gedrängt oder überrumpelt werden kann, sind besondere Schutzvorschriften erforderlich. Dabei ist der Anwendungsbereich der Schutzvorschriften nicht auf Kaufverträge beschränkt, sondern erstreckt sich auf jegliche gegenseitigen, entgeltlichen Verträge (z.B. Werk-, Geschäftsbesorgungs-, Makler-, Miet-, Reiseverträge). Im Bereich der Arbeitsverträge gelten Besonderheiten.
Bereits im Haustürwiderrufsgesetz (HausTWG) war zum Schutz des Verbrauchers diesem das Recht eingeräumt worden, sich von derartigen Verträgen durch Widerruf zu lösen. Mit der Schuldrechtsreform waren die im HausTWG kodifizierten Regelungen mit kleineren Abweichungen und unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtssprechung in das BGB mit Wirkung ab dem integriert worden.
2014 ist die EU-Verbraucherrechterichtlinie (VRRL) im nationalen Recht umgesetzt worden und eine Neuregelung der Verbraucherschutzrechte in Kraft getreten. In diesem Zusammenhang wurden die Vorschriften zum Haustürgeschäft modernisiert und teilweise deutlich weiter gefasst. Verständliche und transparente Regeln für den Verbraucher zu schaffen ist jedoch mit der Umsetzung nicht gelungen; vielmehr ist im Schutzbereich der Verbraucherverträge (§§ 312-312k BGB) eine Fülle unterschiedlichsten Pflichten und Sonderregelungen zu beachten.
Petersen, Hürden beim Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags, NWB 23/2019 S. 1682
II. Zeitlicher Anwendungsbereich
Auf vor dem Inkrafttreten der geänderten Regelungen abgeschlossenen Verbraucherverträge sind die Vorschriften des BGB in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung anzuwenden. Die dargestellten neuen Rechte und Pflichten gelten für nach dem außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (§ 32 EGBGB).
III. Inhaltlicher Anwendungsbereich
Die neuen Regelungen für sog. Außergeschäftsraumverträge gelten gemäß § 312b BGB i. V. mit § 312 BGB für eine Vielzahl von entgeltlichen gegenseitigen Verträgen (insb. Kauf-, Werk-, Makler-, Darlehns- und Mietvertrag), Für einzelne Vertragstypen bestehen Einschränkungen/Besonderheiten (§ 312 Abs. 2 Nr. 1-13, Abs. 3 bis 6 BGB). Inzwischen höchstrichterlich entschieden ist, dass Bürgschaften keine dem § 312 b BGB unterfallenden Verträge sind. Insofern gelten die besonderen Regelungen für Vertragsabschlüsse außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers nur, soweit diese Ausnahmen vom Anwendungsbereich des Verbrauchervertrages nicht vorliegen.
Verbraucher ist definiert (§ 13 BGB) als eine natürliche Person, die ein Rechtsgeschäft zu Zwecken abschließt, die „überwiegend weder ihrer gewerblichen noch ihrer selbständigen beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können“. Dies soll die mit der vorherigen Definition „ allein zu ihren privaten Zwecken“ verbundenen Abgrenzungsschwierigkeiten verringern.
Unternehmer (§ 14 BGB) ist derjenige, der bei Abschluss eines Rechtsgeschäfts in Ausübung seiner gewerblichen oder selbständigen beruflichen Tätigkeit handelt. Ein sachlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit (auch nebenberufliche ausreichend) und dem Rechtsgeschäft muss bestehen. Allerdings muss das Rechtsgeschäft nicht zum Kernbereich gehören. Rechtsgeschäfte, die im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit vorgenommen werden, können zum unternehmerischen Handeln gehören.
Sowohl auf Seiten des Unternehmers als auch auf Seiten des Verbrauchers können Vertreter tätig werden.
IV. Außerhalb von Geschäftsräumen
Während es nach § 312 BGB a.F. noch darauf ankam, dass der Vertrag in einer besonders sensiblen Situation („Haustürsituation”) abgeschlossen werden sollte, kommt es nach der jetzigen Rechtslage nur darauf an, dass der Verbraucher außerhalb der Geschäftsräume des Unternehmers seine Vertragserklärung abgibt. Dabei kennt das Gesetz unbewegliche wie auch bewegliche Geschäftsräume. Auch kommt einer möglichen vorherigen Bestellung des Unternehmers durch den Verbraucher an diesen Ort keine Bedeutung mehr zu; insbesondere verliert der Verbraucher dadurch i. d. Regel nicht mehr das Schutzbedürfnis und damit sein Widerrufsrecht (Ausnahme: Reisevertrag § 312 Abs. 2 Nr. 4 BGB). § 312b BGB liefert vier Szenarien für Außergeschäftsraumverträge und enthält auch die Definition für Geschäftsraum.
V. Besondere Informationspflichten
Den Unternehmer treffen für diese Verträge gemäß § 312d BGB besondere, umfangreiche Informationspflichten, die im Einzelnen in Artikel 246 a EGBGB bzw. in Artikel 246b EGBGB (betreffend Finanzdienstleistungen) aufgezählt sind.