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Online-Nachricht - Mittwoch, 17.12.2025

Einkommensteuer | Erste Tätigkeitsstätte bei grenzüberschreitender Arbeitnehmerentsendung nach neuem Reisekostenrecht (FG)

Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum von nicht mehr als 48 Monaten an seine inländische Betriebsstätte, ohne hierzu einen lokalen Arbeitsvertrag abzuschließen, begründet der Arbeitnehmer an dieser betrieblichen Einrichtung für die Dauer der Entsendung keine erste Tätigkeitsstätte (; rechtskräftig).

Sachverhalt: Der Kläger ist als Angestellter in einem unbefristeten Beschäftigungsverhältnis mit der M Ltda., einer Gesellschaft brasilianischen Rechts tätig. Für einen Zeitraum von 24 Monaten entsendete der Arbeitgeber den Kläger an eine inländische Betriebsstätte in Deutschland. Grundlage für die Entsendung war kein dafür abgeschlossener lokaler Arbeitsvertrag, sondern eine Entsendungsvereinbarung. Nach dieser verblieb der Kläger Arbeitnehmer der Heimatgesellschaft in Brasilien. Die Regelungen des Arbeitsvertrags mit der Heimatgesellschaft sollten gültig bleiben, soweit in der Entsendevereinbarung keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Der Kläger wurde von seiner Ehefrau und dem gemeinsamen Kind begleitet und wohnte mit diesen in einer gemeinsamen Wohnung in Deutschland. Die Eigentumswohnung in Brasilien behielten die Eheleute während der Entsendung bei.

Der Kläger verrichtete seine tägliche Arbeit an der inländischen Betriebsstätte, davon 120 Tage im Homeoffice. Nahezu täglich führte der Kläger Videokonferenzen mit seinem brasilianischen Arbeitgeber durch.

Die gesamten Unterkunftskosten in Deutschland wurden vom Arbeitgeber des Klägers übernommen, im Rahmen des deutschen Lohnsteuerabzugsverfahrens einschließlich der in Brasilien angefallenen Steuern als steuerpflichtiger Arbeitslohn erfasst und aufgrund der Nettolohnvereinbarung zuzüglich übernommener Lohnsteuerabzugsbeträge auf einen Bruttobetrag hochgerechnet. Die Kläger begehrten die Unterkunftskosten, soweit diese berufsbedingt auf den Kläger entfielen, im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei zu stellen und auch insoweit den vereinbarten Nettolohn nicht um eine darauf entfallende Lohnsteuer zu erhöhen.

Seine Klage hatte vor dem Niedersächsischen FG Erfolg:

  • Entsendet der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer für einen befristeten Zeitraum von nicht mehr als 48 Monaten an seine inländische Betriebsstätte, ohne hierzu einen lokalen Arbeitsvertrag abzuschließen, begründet der Arbeitnehmer an dieser betrieblichen Einrichtung für die Dauer der Entsendung keine erste Tätigkeitsstätte.

  • Der Rechtsprechung des BFH (insbesondere , BStBl II 2021, 525), wonach es erforderlich, aber auch ausreichend ist, dass der Arbeitnehmer am Ort der ersten Tätigkeitsstätte zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten zu erbringen hat, die er arbeitsvertraglich schuldet und die zu dem von ihm ausgeübten Berufsbild gehören, kann nicht der Rechtssatz entnommen werden, dass während jeder - noch so kurz bemessenen - Auswärtstätigkeit ein geringer Tätigkeitsumfang am Ort der ersten Tätigkeitsstätte verbleiben muss.

  • Die arbeitsrechtliche Festlegung auf eine Tätigkeitsstätte im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG fehlt nur dann, wenn der Arbeitgeber von einer solchen arbeitsrechtlichen Festlegung unbewusst oder bewusst absieht.

  • Da vorliegend der Arbeitsvertrag mit dem Stammhaus in Brasilien auch während der Entsendung weiterhin unbefristet Bestand hatte und für die Dauer der Entsendung kein weiterer Arbeitsvertrag mit der inländischen Betriebsstätte geschlossen wurde, hatte die Zuordnungsentscheidung des Arbeitgebers für eine erste Tätigkeitsstätte in Brasilien weiterhin Bestand.

  • Fehlt einer vom Arbeitgeber getroffenen Zuordnungsentscheidung lediglich die Dauerhaftigkeit im Sinne des § 9 Abs. 4 Sätze 1 bis 3 EStG, kommt eine Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte nach quantitativen Kriterien nicht in Betracht (entgegen , BStBl I 2020, 1228, Rz. 25 und 26).

Hinweis:

Das Urteil ist rechtskräftig. Der Volltext der Entscheidung ist in der Rechtsprechungsdatenbank des Landes NRW veröffentlicht.

Quelle: (il)

Fundstelle(n):
YAAAK-06832