Vorlage zur Vorabentscheidung – Harmonisierung des Steuerrechts – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem – Art. 41 und 42 der Richtlinie 2006/112/EG – Ort des innergemeinschaftlichen Erwerbs von Gegenständen – Art. 141 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 – Dreiecksgeschäft – Vereinfachungsmaßnahme – Lieferkette, in die vier in drei verschiedenen Mitgliedstaaten steuerlich erfasste Wirtschaftsteilnehmer einbezogen sind – Steuerpflichtiger, der Kenntnis von Umsätzen, die einen Missbrauch des Mehrwertsteuersystems darstellen, hat oder haben musste
Leitsatz
1. Art. 141 Buchst. c der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem in der durch die Richtlinie 2010/45/EU des Rates vom geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
der Umstand, dass die Gegenstände, die im Rahmen eines Dreiecksgeschäfts geliefert werden, nicht physisch zu der Person befördert werden, an die die anschließende Lieferung bewirkt wird, sondern zu ihrem Kunden, an den sie diese Gegenstände weiterverkauft und der in demselben Mitgliedstaat wie der Wiederverkäufer für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist, der Erfüllung der in dieser Bestimmung vorgesehenen Voraussetzung nicht entgegensteht.
2. Art. 141 Buchst. c der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung
ist dahin auszulegen, dass
es für die Erfüllung der darin vorgesehenen Voraussetzung ohne Bedeutung ist, ob ein Wirtschaftsteilnehmer, der die für Dreiecksgeschäfte vorgesehene Vereinfachungsmaßnahme nutzt, Kenntnis davon hat, dass die betreffenden Gegenstände nicht physisch zu der Person befördert werden, an die die anschließende Lieferung bewirkt wird, sondern an ihren Kunden, an den sie diese Gegenstände weiterverkauft und der in demselben Mitgliedstaat für Mehrwertsteuerzwecke erfasst ist wie der Wiederverkäufer.
3. Die Art. 41 und 42 der Richtlinie 2006/112 in der durch die Richtlinie 2010/45 geänderten Fassung
sind dahin auszulegen, dass
die Behörden und Gerichte des Mitgliedstaats, der dem Erwerber die von ihm für diesen Erwerb verwendete Mehrwertsteuer‑Identifikationsnummer erteilt hat, diesem Erwerber die Nutzung der in den Art. 42 und 141 dieser Richtlinie vorgesehenen Regelung und die in der in Art. 41 Abs. 2 dieser Richtlinie vorgesehene Minderung der Steuerbemessungsgrundlage zu versagen haben, wenn festgestellt wird, dass der Erwerber wusste oder hätte wissen müssen, dass er mit dem Umsatz, den er zur Anwendung dieser Regelung geltend macht, an einem im Rahmen einer Lieferkette begangenen Missbrauch des Mehrwertsteuersystems mitgewirkt hat.