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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1236/25

Nichtannahmebeschluss: Potentielle Verletzung des Rechts auf den gesetzlichen Richter im familiengerichtlichen Verfahren bei Entscheidung über Ablehnungsgesuch gegen Einzelrichter durch anderen Einzelrichter

Gesetze: Art 101 Abs 1 S 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 6 Abs 1 S 1 FamFG, § 68 Abs 4 FamFG, § 42 ZPO, § 45 Abs 1 ZPO, § 526 ZPO

Instanzenzug: Az: 12 UF 225/25 e Beschlussvorgehend Az: 12 UF 225/25 e Beschluss

Gründe

1Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig und schon deshalb ohne Aussicht auf Erfolg (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

21. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt die Möglichkeit einer Verletzung des Beschwerdeführers weder in seinem Recht auf ein faires Verfahren noch in seinem Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG in einer den aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG folgenden Anforderungen (vgl. BVerfGE 149, 346 <359 Rn. 23 f.>; 158, 210 <230 f. Rn. 51>; 163, 165 <210 Rn. 75>) genügenden Weise auf. Letztlich beschränken sich die Ausführungen darauf, zu rügen, dass das Oberlandesgericht in dem angegriffenen Beschluss vom in Anwendung des maßgeblichen Fachrechts (§ 6 Abs. 1 Satz 1 FamFG i.V.m. § 42 ZPO) zu einer anderen Entscheidung über das gestellte Ablehnungsgesuch hätte gelangen müssen. Das legt gerade nicht die mögliche Verletzung von Verfassungsrecht dar.

32. Eine Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG liegt auch nicht derart auf der Hand, dass ausnahmsweise auf die Einhaltung der Darlegungsobliegenheiten aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG verzichtet werden könnte (vgl. BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom -1 BvR 1555/23 -, Rn. 6; Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 770/24 -, Rn. 8). Allerdings bestehen verfassungsrechtliche Zweifel, weil das Oberlandesgericht in der durch § 45 Abs. 1 ZPO (hier i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 FamFG) vorgegebenen Besetzung über das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers entschieden hat. So ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum zivilgerichtlichen Verfahren bei einer Übertragung der Entscheidung nach § 526 ZPO auf den Einzelrichter des Oberlandesgerichts im Fall von dessen Ablehnung der Senat für die Entscheidung über das Ablehnungsgesuch zuständig (vgl. -, Rn. 5 f.; siehe auch bereits -, Rn. 14 ff.). Nach zum Fachrecht wohl einhellig vertretener Auffassung gilt dies auch, wenn - wie vorliegend - eine Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter auf der Grundlage von § 68 Abs. 4 FamFG in Verbindung mit § 526 ZPO erfolgt ist (vgl. Bahrenfuss, in: Bahrenfuss, FamFG, 3. Aufl. 2017, § 6 Rn. 75; Perleberg-Kölbel, in: BeckOK FamFG, Stand , § 6 Rn. 26; Sternal, in: Sternal, FamFG, 22. Aufl. 2025, § 6 Rn. 53; Köhler, in: Heilmann, Praxiskommentar Kindschaftsrecht, 2. Aufl. 2020, § 6 FamFG Rn. 9c).

4Damit dürfte es fachrechtlich nicht zu vereinbaren sein, dass das Oberlandesgericht über das Ablehnungsgesuch des Beschwerdeführers mit Beschluss vom durch eine andere Einzelrichterin als die abgelehnte Richterin und nicht durch den zuständigen Senat in der Besetzung mit drei Richterinnen oder Richtern entschieden hat. Ob darin eine willkürliche Anwendung des Fachrechts liegen kann oder der Beschluss auf einer grundlegenden Verkennung der Bedeutung und Tragweite von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG beruhte (vgl. BVerfGE 82, 286 <299>; stRspr), bedarf keiner Entscheidung. Denn die Verfassungsbeschwerde thematisiert die Frage der Zuständigkeit für die angegriffene Entscheidung über das Ablehnungsgesuch bei Übertragung des Verfahrens auf den Einzelrichter überhaupt nicht. Es fehlt damit schon an einer Rüge der Verletzung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unter diesem Aspekt.

5Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

6Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20251001.1bvr123625

Fundstelle(n):
AAAAK-05307