Befristete Auslandsentsendung - Arbeitnehmerüberlassung
Leitsatz
Eine AGB-Kontrolle der befristeten Vereinbarung über eine Auslandsentsendung führt nicht zu einer dauerhaften Arbeitnehmerüberlassung. Diese Rechtsfolge stünde im Widerspruch zu den Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes.
Instanzenzug: ArbG Krefeld Az: 4 Ca 1276/20 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 1001/23 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die Entsendung des Klägers von der Beklagten an ihre Konzernmuttergesellschaft mit Ablauf einer zeitlich befristeten Entsendungsvereinbarung endete.
2Die Beklagte und die C Europe Ltd. (nachfolgend CEL) mit Sitz im Vereinigten Königreich sind konzernverbundene Unternehmen im Sinne des deutschen Aktienrechts. Muttergesellschaft ist die CEL, die Beklagte deren deutsche Tochtergesellschaft.
3Der Kläger, ein deutscher Staatsangehöriger, war seit dem aufgrund Arbeitsvertrags vom bei der Beklagten als „Key Account Manager“ mit einem Bruttomonatsgehalt von 3.200,00 Euro zuzüglich Provision beschäftigt. Unter dem trafen die Parteien mit der CEL eine Vereinbarung über die Entsendung des Klägers zur CEL (im Folgenden: Ausgangsvereinbarung), die in der auf Englisch abgefassten Originalversion auszugsweise folgenden Wortlaut hat:
4Der Kläger war vom auf Grundlage der Ausgangsvereinbarung und nachfolgender Verlängerungsvereinbarungen durchgehend bis zum bei der CEL tätig. Dabei wurde er zunächst als „Global Account Manager“ beschäftigt. Seine Arbeitsleistung erbrachte er überwiegend aus dem Homeoffice in Deutschland und reiste lediglich für Konferenzen und andere einzelne Termine in das Vereinigte Königreich. Zum wurde er zum „Global Account Director“ befördert. Dies ging mit einer Erhöhung seines Bruttojahresgehalts auf zuletzt 145.716,28 Euro einher. Die zugrundeliegenden Absprachen traf der Kläger mit Vertretern der CEL. Die Gehaltszahlung erfolgte durchgängig durch die Beklagte.
5Mit Schreiben vom informierten die Beklagte und die CEL den Kläger über das Ende der Entsendung zum . Auszugsweise heißt es darin: „Wir bestätigen hiermit, dass Ihre Entsendung von der C Deutschland GmbH an die C Europe Ltd. am endet.“
6Nachdem sich der Kläger mit einer Kündigungsschutzklage erfolgreich gegen eine Kündigung der Beklagten vom zum zur Wehr gesetzt hatte, versetzte die Beklagte ihn am auf die Position eines „Key Account Manager“ und sprach hilfsweise eine Änderungskündigung aus. Das Arbeitsgericht stellte in einem dem Streitfall vorausgehenden Verfahren die Unwirksamkeit beider Maßnahmen rechtskräftig fest. Auch die gegen eine weitere Änderungskündigung gerichtete Änderungsschutzklage war erfolgreich und erwuchs in Rechtskraft. Weitere Kündigungsschutzstreitigkeiten zwischen den Parteien sind anhängig und derzeit ausgesetzt.
7Mit der Klage begehrt der Kläger die Fortsetzung seiner Entsendung zur CEL. Er hat die Auffassung vertreten, während seiner Entsendung habe das Arbeitsverhältnis der Parteien zu modifizierten Bedingungen fortbestanden. Die Beklagte sei alleinige Arbeitgeberin geblieben. Die Befristung der Entsendung sei unwirksam, da sie ihn unangemessen benachteilige. Die Beklagte müsse ihn daher weiterhin bei der CEL einsetzen. Hilfsweise beruft er sich darauf, der „Widerruf der Abordnung“ vom sei unwirksam.
8Der Kläger hat beantragt
9Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat den Standpunkt eingenommen, der Kläger sei für die Dauer der Entsendung vollständig der CEL unterstellt gewesen. Sie selbst habe die in diesem Verhältnis vereinbarten Arbeitsbedingungen nicht beeinflussen können. Der Kläger sei auch nicht schutzbedürftig, weil seine Rückkehr zur Beklagten durch die Ausgangsvereinbarung gewährleistet gewesen sei.
10Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts aufgehoben und der Klage im Hauptantrag entsprochen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.
Gründe
11Die zulässige Revision ist begründet. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung, dass die Entsendung nicht am endete. Auch sein auf Feststellung der Unwirksamkeit des „Widerrufs der Abordnung“ gerichteter Hilfsantrag ist unbegründet. Dies kann der Senat auf Grundlage der getroffenen Feststellungen selbst abschließend entscheiden.
12I. Die Revision ist nicht schon deshalb begründet, weil die Klage unzulässig wäre.
131. Das Landesarbeitsgericht hat die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zutreffend bejaht.
14a) Die von Amts wegen auch im Revisionsverfahren zu prüfende Zuständigkeit der deutschen Gerichte (vgl. - Rn. 20, BAGE 179, 9; - 8 AZR 171/19 - Rn. 43 mwN) ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 (im Folgenden Brüssel Ia-VO). Der Kläger begehrt mit seiner am gemäß Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a Brüssel Ia-VO eingeleiteten Klage die zivilrechtliche Feststellung der Fortdauer seiner Auslandsentsendung an die im Vereinigten Königreich ansässige CEL gegenüber der Beklagten (zum Begriff der Einleitung MüKoZPO/Gottwald 6. Aufl. Brüssel Ia-VO Art. 66 Rn. 2 mwN). Die Beklagte mit Sitz in K kann in Deutschland verklagt werden.
15b) Der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union steht der Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO nicht entgegen. Gemäß Art. 67 Abs. 1 Buchst. a iVm. Art. 126 des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom gelten die Zuständigkeitsbestimmungen der Brüssel Ia-VO für vor dem eingeleitete gerichtliche Verfahren, die - wie der Streitfall - einen Bezug zum Vereinigten Königreich aufweisen, fort.
162. Das Landesarbeitsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass die mit der Klage verfolgten Feststellungsanträge zulässig sind, § 256 Abs. 1 ZPO.
17a) Mit dem Hauptantrag begehrt der Kläger die Feststellung, dass seine Entsendung nicht mit Ablauf der letzten Befristung zum geendet hat. Der Kläger strebt damit eine unbefristete Entsendung durch die Beklagte an die CEL an.
18aa) Sprachlich ist der Antrag einem Befristungskontrollantrag gemäß § 17 Satz 1 TzBfG nachgebildet mit dem Unterschied, dass es nicht um die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern der Entsendung geht. Ist die Klage darauf gerichtet, die Unwirksamkeit der Befristung bestimmter Arbeitsbedingungen festzustellen, findet § 17 Satz 1 TzBfG keine Anwendung. Vielmehr ist das Klageziel des unbefristeten Erhalts von Arbeitsbedingungen mit einer Klage nach § 256 Abs. 1 ZPO geltend zu machen ( - Rn. 10, BAGE 140, 191; - 7 AZR 233/08 - Rn. 14, BAGE 132, 59). In diesem Sinne ist der Hauptantrag auszulegen.
19bb) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse des Klägers besteht bereits deshalb, weil die Beklagte eine Entsendepflicht gegenüber dem Kläger an die CEL nach Ablauf der letzten Befristungsverlängerung in Abrede stellt. Es ergibt sich auch daraus, dass die Beklagte sich darauf beruft, nicht passivlegitimiert zu sein (vgl. - Rn. 21).
20b) Auch bei dem Hilfsantrag, mit dem der Kläger die Unwirksamkeit des „Widerrufs seiner Abordnung“ an die CEL feststellen lassen will, geht es ihm um die Fortdauer der aus seiner Sicht (fort-)bestehenden Entsendepflicht der Beklagten an die CEL. Das Feststellungsinteresse nach § 256 Abs. 1 ZPO ergibt sich daraus, dass die Beklagte seiner Annahme, es handele sich bei dem Schreiben vom um einen Widerruf, entgegengetreten ist.
213. Ohne Rechtsfehler hat das Landesarbeitsgericht - stillschweigend - angenommen, dass die Klage weder wegen anderweitiger Rechtshängigkeit (§ 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO) noch wegen entgegenstehender Rechtskraft (§ 322 ZPO) unzulässig ist. Die Befristung der Entsendung des Klägers an die CEL ist und war nicht Gegenstand der zwischen den Parteien geführten Kündigungsschutzverfahren.
22II. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage aber zu Unrecht im Hauptantrag entsprochen.
231. Die Ausgangsvereinbarung ist ebenso wie die Verlängerungsvereinbarungen nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies folgt - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat - aus Art. 27 ff. EGBGB in der bis geltenden Fassung (aF). Die Parteien haben in der Ausgangsvereinbarung deutsches Recht gewählt (Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF). Der Kläger hat zudem seine berufliche Tätigkeit gewöhnlich aus dem Homeoffice in Deutschland erbracht (Art. 30 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB aF). Das Landesarbeitsgericht hat ferner zutreffend erkannt, dass sich die Anwendbarkeit deutschen Rechts auch dann ergäbe, wenn für das Rechtsverhältnis Art. 8 Abs. 1 Satz 2 iVm. Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom I-VO) maßgeblich wäre.
242. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Entsendung des Klägers bestehe auf unbestimmte Zeit fort, weil deren Befristung nach § 307 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB unwirksam sei, hält einer revisionsrechtlichen Kontrolle nicht stand.
25a) Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte habe den Kläger im Rahmen einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung im Einvernehmen mit der CEL bei dieser eingesetzt. Seine alleinige Arbeitgeberin sei die Beklagte geblieben. Die zwischen den Parteien vereinbarte Befristung der Entsendung sei nach den Maßstäben für die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen gemäß §§ 305 ff. BGB zu überprüfen. Sie benachteilige den Kläger unangemessen iSd. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB und sei daher unwirksam.
26b) Die rechtliche Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern. Dahinstehen kann, ob - das Vorliegen einer Konzernüberlassung im konkreten Fall unterstellt - die Befristung der Überlassungsdauer als Ausprägung des gesetzlichen Leitmotivs des vorübergehenden Charakters der Arbeitnehmerüberlassung iSv. § 310 Abs. 3 Satz 1 BGB von den Vorgaben des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes abweicht und damit überhaupt einer Inhaltskontrolle zugänglich ist. Jedenfalls führte die vom Landesarbeitsgericht angenommene Rechtsfolge seiner AGB-Kontrolle zu einer den grundlegenden Wertungen des Arbeitnehmerüberlassungsrechts zuwiderlaufenden dauerhaften Überlassung des Klägers. Arbeitnehmerüberlassung ist zwingend vorübergehender Natur. Ihrer Perpetuierung stehen § 10 Abs. 1 iVm. § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG entgegen. Anderes folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte den Kläger innerhalb des Konzerns überlassen hat.
27aa) Die Überlassung von Arbeitnehmern ist gemäß § 1 Abs. 1 Satz 4 AÜG nur vorübergehend bis zu einer Überlassungshöchstdauer nach Absatz 1b der Vorschrift zulässig. Nach § 1 Abs. 1b Satz 1 AÜG darf der Verleiher denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 Monate demselben Entleiher überlassen; der Entleiher darf denselben Leiharbeitnehmer nicht länger als 18 aufeinanderfolgende Monate tätig werden lassen. § 1 Abs. 1b Satz 2 ff. AÜG enthält Öffnungsklauseln, die es unter näheren Voraussetzungen ermöglichen, diese gesetzliche Überlassungshöchstdauer zu verkürzen oder auszudehnen. Bezugspunkt der Überlassungsdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG ist die Dauer der Eingliederung des überlassenen Arbeitnehmers in die Arbeitsorganisation eines Entleihers ( - Rn. 20, BAGE 179, 235).
28bb) Die Konsequenzen der Überschreitung der zeitlichen Grenzen der Arbeitnehmerüberlassung sind in § 9 Abs. 1 Nr. 1b, § 10 AÜG normiert. Arbeitsverträge zwischen Verleihern und Leiharbeitnehmern sind gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG mit dem Überschreiten der zulässigen Überlassungshöchstdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG unwirksam. Als Ausgleich dafür ordnet § 10 Abs. 1 Satz 1 AÜG an, dass ein Arbeitsverhältnis zwischen Entleiher und Leiharbeitnehmer zu dem zwischen dem Entleiher und dem Verleiher für den Beginn der Tätigkeit vorgesehenen Zeitpunkt als zustande gekommen gilt. Tritt die Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags zwischen Verleiher und Leiharbeitnehmer erst nach Aufnahme der Tätigkeit beim Entleiher ein, gilt das Arbeitsverhältnis mit dem Eintritt der Unwirksamkeit als zustande gekommen. Die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses mit dem Entleiher als Folge der Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags gehört zu den Fundamenten des gesetzgeberischen Konzepts der Arbeitnehmerüberlassung. Sie zwingt die an der Arbeitnehmerüberlassung beteiligten Personen in die vom Gesetzgeber vorgesehenen Formen (vgl. Schüren/Hamann/Schüren 6. Aufl. AÜG § 10 Rn. 9).
29cc) Innerhalb des Rechtsfolgensystems der § 10 Abs. 1 Satz 1, § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG hat der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Nr. 1b AÜG (nur einmal) die Möglichkeit, durch eine Festhaltenserklärung den Bestand des bisherigen Verhältnisses zum Verleiher zu erhalten. Ist die Erklärung wirksam (§ 10 Abs. 2 und Abs. 3 AÜG), bleibt er Arbeitnehmer des Verleihers und hat seine Arbeitsleistungen diesem gegenüber zu erbringen. Das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz regelt hingegen nicht, dass die Unwirksamkeit des Leiharbeitsvertrags zu einem dauerhaften Fortbestand der Arbeitnehmerüberlassung führt - also zu einer Perpetuierung des Dreiecksverhältnisses. Ein dauerhaftes Nebeneinander von fortbestehendem Leiharbeitsverhältnis und fingiertem Arbeitsverhältnis mit dem Entleiher ist nach dem Gesetz gerade nicht vorgesehen (vgl. - Rn. 34). Dies zeigt sich auch daran, dass bei Fortsetzung der Überlassung nach einer wirksamen Festhaltenserklärung gemäß § 9 Abs. 3 Satz 2 AÜG die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 1 bis Nr. 1b AÜG gilt und gemäß § 9 Abs. 3 Satz 3 AÜG eine erneute Festhaltenserklärung unwirksam ist. Es liefe diesem gesetzgeberischen Konzept zuwider, wenn als Folge einer AGB-Kontrolle des Leiharbeitsvertrags eine dauerhafte Überlassung (hier: unbefristete Entsendung des Klägers an die CEL) erreicht werden könnte.
30dd) An dieser Würdigung ändert auch der Umstand nichts, dass die Beklagte den Kläger an die CEL und damit an ein Konzernunternehmen überlassen hat. Das Konzernprivileg des § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG kommt vorliegend nicht zur Anwendung.
31(1) Nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG ist das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz - mit Ausnahme einiger im vorliegenden Kontext irrelevanter Bestimmungen - nicht anzuwenden auf die Arbeitnehmerüberlassung zwischen Konzernunternehmen iSv. § 18 AktG, wenn der Arbeitnehmer nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird. Bei einer Arbeitnehmerüberlassung im Rahmen des sog. Konzernprivilegs sollen somit die Rechtsfolgen des § 10 Abs. 1 iVm. § 9 Abs. 1 AÜG nicht eintreten.
32(2) Die Anwendung des Konzernprivilegs ist nicht nur dann ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer sowohl zum Zweck der Überlassung eingestellt als auch zu diesem Zweck beschäftigt wird, sondern bereits dann, wenn entweder die Einstellung „oder“ die Beschäftigung Überlassungszwecken dient. Die in § 1 Abs. 3 Nr. 2 AÜG verwendete Konjunktion „und“ beschreibt ein alternatives Verhältnis der Merkmale Einstellung und Beschäftigung. Dies ergibt sich aus einer dem Sinn und Zweck der Vorschrift und dem Willen des historischen Gesetzgebers entsprechenden Auslegung der Vorschrift, der das Wortverständnis nicht entgegensteht (ausf. - Rn. 29).
33(3) Das Vorliegen einer Einstellung und/oder Beschäftigung zum Zweck der Überlassung ist anhand des Arbeitsvertrags oder einer Gesamtbetrachtung der Umstände der Beschäftigung festzustellen ( - Rn. 36). Ein Indiz für eine Beschäftigung zum Zweck der Überlassung, die das Konzernprivileg ausschließt, liegt vor, wenn die konzerninterne Überlassung auf Dauer oder für einen unbestimmten Zeitraum erfolgt bzw. erfolgen soll. In einem solchen Fall kann in der Regel nicht mehr davon ausgegangen werden, dass für den Arbeitnehmer eine Beschäftigung bei seinem Vertragsarbeitgeber vorgesehen ist. Bei einer langfristigen Überlassung findet in der Regel eine Verlagerung des Schwerpunkts des Arbeitsverhältnisses statt. Diese äußert sich darin, dass der überlassene Arbeitnehmer einerseits dem Betrieb des Verleihers entfremdet und andererseits immer fester in die Betriebs- und Arbeitsorganisation des Entleihers eingegliedert wird ( - Rn. 42).
34(4) Die vom Landesarbeitsgericht erkannte Unwirksamkeit der Befristung der Entsendung bzw. Überlassung führte zu einer „Beschäftigung zum Zweck der Überlassung“. Sie hätte einen dauerhaften Einsatz des Klägers als Leiharbeitnehmer bei der CEL auf einer Position („Global Account Director“ mit einem Bruttojahresgehalt iHv. 145.716,28 Euro), die in der Betriebsorganisation der Beklagten für den Kläger nicht vorgesehen ist, zur Folge.
353. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erwiese sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 561 ZPO), wenn die Ausgangsvereinbarung dahin auszulegen wäre, dass mit ihr neben dem Arbeitsvertrag zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein befristeter Arbeitsvertrag zwischen dem Kläger und der CEL begründet wurde.
36a) Der Senat muss nicht abschließend darüber entscheiden, ob die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Entsendung des Klägers sei im Rahmen einer konzerninternen Arbeitnehmerüberlassung erfolgt, tatsächlich zutrifft. Hieran bestehen zumindest Zweifel.
37aa) Nicht jeder drittbezogene Arbeitseinsatz ist als Arbeitnehmerüberlassung im Sinne des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes zu qualifizieren. Die Arbeitnehmerüberlassung ist vielmehr durch eine spezifische Ausgestaltung der Vertragsbeziehungen zwischen Verleiher und Entleiher einerseits (dem Arbeitnehmerüberlassungsvertrag) und zwischen Verleiher und Arbeitnehmer andererseits (dem Leiharbeitsvertrag) sowie durch das Fehlen einer arbeitsvertraglichen Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Entleiher gekennzeichnet (st. Rspr., vgl. - Rn. 26; - 3 AZR 395/11 - Rn. 20). Maßgebend für die rechtliche Einordnung der Entsendung des Klägers ist die Ausgangsvereinbarung zwischen den Parteien. Deren Auslegung richtet sich nach den §§ 133, 157 BGB (zu den Grundsätzen der Auslegung einer Entsendungsvereinbarung - Rn. 20).
38bb) Gewichtige Anhaltspunkte sprechen dafür, dass die Parteien und die CEL mit der Ausgangsvereinbarung eine konzerninterne Arbeitnehmerüberlassung vereinbaren wollten. Dafür lässt sich insbesondere die Regelung in der Einleitung ihrer dreiseitigen Vereinbarung anführen, dass der bestehende Arbeitsvertrag hierdurch lediglich abgeändert und nicht suspendiert werde. Ferner sieht die Vereinbarung explizit vor, dass Arbeitgeberin des Klägers die Beklagte bleibt. Der Einsatz des Klägers sollte konzernintern bei der CEL und nur vorübergehend erfolgen.
39cc) Andererseits sprechen in der Ausgangsvereinbarung aber auch Gesichtspunkte dafür, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien ruhend gestellt und ein (befristetes) Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der CEL begründet werden sollte (vgl. zum sog. Zwei-Vertrags-Modell - Rn. 19 ff.). Die Vereinbarung sieht vor, dass der Kläger während seiner Beschäftigung bei der CEL keine Dienstleistungen für die Beklagte zu erbringen hat. Zwar zahlte diese die Vergütung bestimmungsgemäß weiterhin an den Kläger aus, dies aber im Namen („on behalf of“) der CEL. Dies deutet darauf hin, dass Schuldnerin der während der Entsendung gezahlten Vergütung die CEL und damit - anders als bei einer Arbeitnehmerüberlassung - das Einsatzunternehmen sein sollte. Auch der Umstand, dass der Kläger sich mit Vertretern der CEL auf die Übernahme einer höherwertigen Tätigkeit einigte, spricht gegen eine Arbeitnehmerüberlassung.
40b) Auch wenn die vereinbarten Vertragsmodalitäten als Zwei-Vertrags-Modell auszulegen wären, bliebe die Klage erfolglos. In diesem Fall wäre die Beklagte nicht passivlegitimiert. Die Passivlegitimation betrifft die Frage, wer aus dem geltend gemachten Recht materiell-rechtlich verpflichtet ist ( - Rn. 30). Bei Feststellungsbegehren ist derjenige passivlegitimiert, der aus dem streitgegenständlichen Rechtsverhältnis verpflichtet ist. Hätten die Parteien des Rechtsstreits ihr Arbeitsverhältnis durch die Ausgangsvereinbarung ruhend gestellt und der Kläger und die CEL ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet, träfe die Pflicht zur unbefristeten Beschäftigung des Klägers bei der CEL nur diese selbst, nicht aber die Beklagte. Demzufolge hätte der Kläger im Streitfall nicht die richtige Partei verklagt. Er hätte die CEL in Anspruch nehmen müssen.
41III. Auch der zur Entscheidung anfallende (echte) Hilfsantrag hat keinen Erfolg. Die Erklärung vom ist nicht als „Widerruf der Abordnung“, sondern als Bestätigung des Ablaufs der Befristung der Entsendung auszulegen. Dies kann der Senat auf Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).
421. Ein Widerruf zielt darauf ab, die Bindung einer Rechtserklärung nachträglich aufzuheben (vgl. zum Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen §§ 355, 357 BGB). Eine Bestätigung bezweckt hingegen typischerweise die Anerkennung und Bescheinigung einer Rechtslage. Ob mit einer Erklärung das eine oder andere gemeint ist, ist durch Auslegung zu ermitteln (§ 133 BGB).
432. Der Inhalt der Erklärung vom lässt keinen Zweifel daran, dass durch sie lediglich eine Rechtslage anerkannt und dokumentiert werden sollte. Wörtlich heißt es: „Wir bestätigen hiermit, dass Ihre Entsendung von der C Deutschland GmbH an die C Europe Ltd. am endet.“ Die Erklärung ist an eine Beendigungsmitteilung nach Befristungsrecht angelehnt (vgl. § 15 Abs. 2 und § 17 Satz 3 TzBfG). Mit einer solchen Beendigungsmitteilung wird dem Arbeitnehmer bestätigt, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Befristung zu einem bestimmten Zeitpunkt endet bzw. beendet ist. Im Streitfall sollte der Kläger durch die Erklärung über das nahende Ende der Entsendung informiert werden.
44IV. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1 Satz 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:030625.U.9AZR133.24.0
Fundstelle(n):
TAAAK-03014