Umsatzsteuer | Steuerfreie Tarifoptimierung von Versicherungsverträgen (BFH)
Ein nach § 4 Nr. 11 UStG
steuerfreier Umsatz aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter,
Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler kann auch dann vorliegen, wenn
aufgrund der Tätigkeit ein bestehender Vertrag durch Abschluss einer
Änderungsvereinbarung optimiert wird. Der Umstand, dass der Versicherungsnehmer
das Entgelt entrichtet, steht der Steuerbefreiung nicht entgegen (; veröffentlicht am ).
Hintergrund: Gemäß § 4 Nr. 11 UStG sind die Umsätze aus der Tätigkeit als Bausparkassenvertreter, Versicherungsvertreter und Versicherungsmakler steuerfrei.
Sachverhalt: Streitig ist, ob die Optimierung bestehender Krankenversicherungsverträge als Tätigkeit eines Versicherungsmaklers nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei ist: Die Klägerin, eine GmbH, ist darauf spezialisiert, bestehende Krankenversicherungsverträge zu optimieren. Im Wesentlichen geschieht dies dadurch, dass durch einen Tarifwechsel eine Beitragsersparnis für privat krankenversicherte Kunden erzielt wird, ohne dabei den Versicherer zu wechseln. Hierzu recherchiert und vergleicht die Klägerin für ihre Kunden, die sie im Wesentlichen durch Werbung im Internet gewinnt, die verfügbaren Tarife und Tarifoptionen ihres Versicherers, stellt diese vor und übernimmt das weitere Prozedere des Tarifwechsels gegenüber den Versicherern. Im Erfolgsfall erhält die Klägerin eine Provision von den Kunden, die sich nach der Ersparnis aufgrund des Tarifwechsels errechnet.
Das FA vertrat die Ansicht, dass die Umsätze der Klägerin aus der Tarifoptimierung der Umsatzsteuer unterliegen.
Die hiergegen gerichtete Klage hatte Erfolg (, s. hierzu Ulbrich, ).
Die Richter des BFH wiesen die hiergegen gerichtete Revision des FA zurück:
Die im Streit stehenden Umsätze der Klägerin aus der Tarifoptimierung sind von der Steuerbefreiung des § 4 Nr. 11 UStG umfasst.
Nach unionsrechtlichen Vorgaben (Art. 135 Abs. 1 Buchst. a MwStSystRL) setzt die Steuerbefreiung von Versicherungs- und Rückversicherungsumsätzen einschließlich der dazugehörigen Dienstleistungen erstens voraus, dass der Dienstleistungserbringer sowohl mit dem Versicherer als auch mit dem Versicherten in Verbindung steht (u.a. "Taksatorringen", Rz 44 sowie EuGH, Urteil v - C 907/19 "Q GmbH", Rz 37. Zweitens muss seine Tätigkeit wesentliche Aspekte der Versicherungsvermittlungstätigkeit, wie Kunden zu suchen und diese mit dem Versicherer zusammenzubringen, umfassen (vgl. u.a. "Taksatorringen", Rz 45 sowie "Arthur Andersen", Rz 33 und 36).
Beide Voraussetzungen hat das FG in Streitfall zu Recht bejaht.
Entgegen der Auffassung des FA war die Tätigkeit der Klägerin in für die Versicherungsvermittlung typischer Weise durch ein Auftreten im Interesse beider Vertragsparteien geprägt. Während die Versicherten durch günstigere Tarifoptionen profitierten, hatten die Versicherer den Vorteil, ihre Bestandskunden nicht zu verlieren.
Aus diesem Grund geht das BMF - anders als das FA - zu Recht davon aus, dass auch sog. Bestandspflegeleistungen berufstypisch und somit nach § 4 Nr. 11 UStG steuerfrei sind (vgl. Abschn. 4.11.1 Abs. 3 UStAE).
Selbst aus der Warte der Finanzverwaltung kann daher für die Tarifoptimierung nichts anderes gelten. Warum dies für die Klägerin nicht gelten sollte, vermag der Senat nicht zu erkennen.
Soweit das FA geltend macht, ein Zusammenbringen von Vertragsparteien als wesentliches Merkmal der Versicherungsvermittlungstätigkeit liege nicht vor, weil etwas, das - wie die Vertragspartner der im Streitfall optimierten Tarife - bereits zusammen sei, denklogisch nicht mehr zusammengebracht werden könne, folgt der Senat dem nicht. Es genügt den Anforderungen der Steuerbefreiung, wenn Vertragspartner durch den Abschluss von Änderungsvereinbarungen erneut zusammenkommen. Ein erstmaliges Zusammenbringen ist nicht verlangt.
Quelle: ; NWB Datenbank (il)
Fundstelle(n):
HAAAK-02487