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Financial Covenants in der Finanzierungspraxis
Ableitung der Kennzahlen aus der Unternehmensplanung
Vor dem Hintergrund der wachsenden Unsicherheiten im Rahmen der Unternehmensfinanzierung gewinnen Financial Covenants – wie bspw. die Garantie einer bestimmten Mindest-Eigenkapitalquote während der Laufzeit – in Kreditverträgen zunehmend an Bedeutung. Für Kreditgeber stellen sie ein wichtiges Instrument dar, um die Einhaltung der Kreditrückzahlungen abzusichern und bei möglicher Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage des Schuldners frühzeitig intervenieren zu können. Als vertraglich vereinbarte finanzielle Kennzahlen tragen die Financial Covenants zur Erhöhung der Transparenz für den Kreditgeber bei. Sowohl für den Gläubiger als auch für Schuldner ist es essenziell, die Entwicklung der vereinbarten Covenants über die gesamten Planungs- bzw. Kreditperioden hinweg beurteilen zu können. Um verlässliche Aussagen über die zukünftige Einhaltung dieser Kennzahlen treffen zu können, ist eine unmittelbare Ableitung dieser Informationen aus der Unternehmensplanung unerlässlich. Dabei spielen sowohl die Struktur und die Qualität der Planungsdaten als auch deren Analyse mittels geeigneter Methoden – wie etwa die Sensitivitätsanalyse oder Risikosimulationen – eine entscheidende Rolle. Dieser Beitrag erörtert den Einsatz von Financial Covenants in der Finanzierungspraxis sowie die Ableitung dieser Kennzahlen aus der Unternehmensplanung aus Sicht des Schuldners.
Financial Covenants tragen zur Überwindung von Informationsasymmetrien zwischen Kreditgebern und Schuldnern bei. Sie erhöhen die Transparenz über die Wirtschaftlichkeit und die Liquidität des Schuldners im Zeitablauf.
Die erstmalige Festlegung und das spätere Monitoring von Financial Covenants verlangt eine konsistente, integrierte Unternehmensplanung, die Bilanz-, Erfolgs- und Finanzgrößen vereint.
Instrumente wie Sensitivitätsanalysen und Risikosimulationen – insbesondere die Monte-Carlo-Simulation – unterstützen dabei, realistische Schwellenwerte für die Financial Covenants festzulegen.
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S. 912
I. Financial Covenants im Rahmen der Kreditvertragsgestaltung
1. Rolle und Funktionen von Financial Covenants in der Kreditvertragsgestaltung
[i]Bindende vertragliche Pflicht Im Rahmen der Außenfinanzierung mittels Fremdkapitals nehmen Kreditverträge mit sogenannten Financial Covenants in vielen Unternehmen eine zentrale Rolle ein. Der Ausdruck Financial Covenant stammt aus dem angloamerikanischen Rechts- und Finanzierungsraum; er leitet sich aus dem Französischen ab und steht für eine bindende vertragliche Pflicht.
[i]Überwachung der finanziellen LeistungsfähigkeitFinancial Covenants fungieren als finanzielle Kennzahlen im Kreditvertrag zur kontinuierlichen Überwachung der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unternehmens. Sie ermöglichen dem Kreditgeber bei einer Verschlechterung der finanziellen Lage – bei einer wesentlichen Abweichung zu den vereinbarten Covenants – ein frühzeitiges Intervenieren und ggf. eine Anpassung der vereinbarten Kreditkonditionen.
[i]Verringerung des InformationsgefällesFinancial Covenants tragen zur Reduktion von Informationsasymmetrien zwischen Kreditgeber und Schuldner bei; sie übernehmen eine Frühwarnfunktion insbesondere für den Gläubiger. Dem Schuldner stehen in einem Kreditgeschäft in der Regel die vollständigen Informationen
über die aktuellen internen Unternehmensdaten sowie
die zukünftigen planmäßigen Entwicklungen und Ausrichtungen des Unternehmens
zur Verfügung, wohingegen dem Kreditgeber nur begrenzte Informationen über die wirtschaftliche Lage und die Liquidität des Unternehmens bereitstehen. Mithilfe von Financial Covenants kann dieses Informationsgefälle überwunden werden. Berichte zu den Financial Covenants informieren den Kreditgeber frühzeitig über die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Ohne diese vertraglichen Berichtspflichten würden negative unternehmerische Entwicklungen im Regelfall erst mit erheblicher zeitlicher Verzögerung offenkundig werden, was das Risikomanagement der finanzierenden Banken erheblich erschweren könnte. Die Financial Covenants verschaffen dem Kreditgeber eine höhere finanzielle Transparenz und Sicherheit, während der Schuldner im Gegenzug von besseren Konditionen profitieren kann, da die Risikoprämie im Kreditzins niedriger ausfällt. Covenants stellen somit vertragliche Nebenreden dar, die die Verhaltenspflichten des Schuldners während der Kreditlaufzeit regeln. Zudem setzen sie einen Prozessrahmen, da beim Über- oder Unterschreiten des Schwellenwerts eine unmittelbare Interaktion zwischen den Kreditvertragsparteien erforderlich wird.
[i]Indikator für wirtschaftliche Stabilität des UnternehmensZiel bestimmter Financial Covenants ist die Abbildung der Innenfinanzierungskraft des Schuldners, um dessen dauerhafte Fähigkeit der Zinszahlung und der Kreditrückführung sicherzustellen. Die vereinbarten Covenants orientieren sich an dem Erwartungsrahmen der finanzierenden Banken und dienen als Indikator für die wirtschaftliche Stabilität des Unternehmens. Die Kreditgeber definieren besondere Erwartungen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage, der Kapitalstruktur sowie der Liquidationssituation des Schuldners, die im Rahmen von Financial Covenants im Kreditvertrag festgehalten werden. Financial Covenants beziehen sich vielfach auf von den Kreditgebern identifizierte Schwachstellen oder Risiken des Schuldners, die mithilfe der vorgelegten Unternehmensplanung herausgearbeitet wurden. Gleichzeitig dürfen diese Kreditklauseln jedoch die operative Unternehmenstätigkeit des Schuldners nicht unangemessen einschränken, um die betriebliche Funktionsfähigkeit und die strategische Entwicklung S. 913des Unternehmens nicht zu gefährden. Die Vereinbarung von Financial Covenants erfolgt somit im Spannungsfeld zwischen den Informations- und Sicherungsinteressen des Kreditgebers einerseits und der Wahrung der unternehmerischen Handlungsfreiheit des Schuldners andererseits.