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Online-Nachricht - Mittwoch, 08.10.2025

Einkommensteuer | Verfassungsrechtliche Konsequenzen aus der Herabsenkung der Wesentlichkeitsgrenze sowie die Beurteilung von Rechtsverfolgungskosten im Zusammenhang mit Veräußerungen im Sinne des § 17 EStG (FG)

Dekorative
		  GrafikDas FG hat entschieden, dass wenn ein Steuerpflichtiger nach dem Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert und er innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar mindestens zu 1% aber nicht mindestens zu 10% beteiligt war, bleiben bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns allenfalls die Wertzuwächse bis zum , nicht jedoch die Wertzuwächse bis zum aus verfassungsrechtlichen Gründen unberücksichtigt. Die Steuerberatungskosten für ein Rechtsbehelfsverfahren, in dem über die Höhe der Besteuerung des Veräußerungsgewinns gemäß § 17 EStG gestritten wird, stellen keine Veräußerungskosten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 EStG in Bezug auf den Verkauf der Anteile an der Kapitalgesellschaft dar (Anschluss an : ; Revision zugelassen).

Hintergrund: Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG in der für den Veranlagungszeitraum 2002 gültigen Fassung gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war.

Die Beteiligungsgrenze in § 17 Abs. 1 EStG ist durch das StSenkG vom , verkündet am (BGBl I S. 1433) von mindestens 10 % auf mindestens 1 % herabgesenkt worden.

Sachverhalt: Im Streitfall veräußerte der Rechtsvorgänger der Kläger Anteile in Höhe von über 1% an eine Kapitalgesellschaft im Jahr 2002 gewinnbringend, nachdem die Wesentlichkeitsgrenze des § 17 EStG mit am verkündetem Gesetz mit Wirkung zum von 10% auf 1% herabgesenkt worden war. Das Finanzamt hat in Umsetzung der Entscheidung des (s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 19.8.2010) anhand von Vorjahresverkäufen einen gemeinen Wert der veräußerten Anteile auf den ermittelt und diesen anstatt der Anschaffungskosten zur Ermittlung des zu besteuernden Veräußerungsgewinns berücksichtigt, um dadurch vorher entstandene Wertzuwächse von einer Besteuerung auszunehmen. Nach Auffassung der Kläger hätte stattdessen auf den gemeinen Wert zum Wirksamwerden des Gesetzes zum abgestellt werden müssen.

Der 12. Senat des FG urteilte wie folgt:

  • Das Finanzamt hat zurecht auf den gemeinen Wert der Anteile zum abgestellt. Hat ein Steuerpflichtiger nach dem Anteile an einer Kapitalgesellschaft veräußert und war er innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar mindestens zu 1% aber nicht mindestens zu 10% beteiligt, bleiben bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns allenfalls die Wertzuwächse bis zum , nicht jedoch die Wertzuwächse bis zum aus verfassungsrechtlichen Gründen unberücksichtigt.

  • In der konkreten Fallkonstellation bestehen Zweifel daran, dass eine Freistellung der vor der Gesetzesverkündung entstandenen Wertzuwächse aus verfassungsrechtlichen Gründen überhaupt geboten ist. Dies war vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, da der Senat an einer verbösernden Entscheidung wegen § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO ohnehin gehindert war.

  • Zudem stellen die im Zuge der Rechtsverfolgung angefallenen Steuerberatungskosten keine Veräußerungskosten in Bezug auf die Veräußerung der Anteile an der Kapitalgesellschaft dar, da diese nicht durch den Veräußerungsvorgang selbst, sondern erst im Streit über dessen Steuerpflicht veranlasst wurden.

Hinweise:

Die Revision zum BFH wurde zugelassen, das Az. des BFH wurde noch nicht veröffentlicht.

Unter dem BFH-Aktenzeichen IX R 12/24 ist ein Revisionsverfahren zu der Frage anhängig, welche Aufwendungen als Veräußerungskosten gemäß § 17 Abs. 2 EStG angesehen werden können. Zu der Frage der zeitlichen Grenzen der Erfassung von Wertzuwächsen nach der Absenkung der Beteiligungsgrenze gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG von mindestens 10 % auf mindestens 1 % dürfte sich demgegenüber nach Auffassung des erkennenden Senats der BFH in seinem Urteil v. - , BStBl II 2013, 164 hinreichend positioniert haben, unabhängig davon, dass das BVerfG in seinem Beschluss v. - keine inhaltliche Aussage zu dieser Frage getroffen hat.

Den Entscheidungsvolltext finden Sie hier.

Quelle: und Niedersächsisches FG, Newsletter 11/2025 (lb)

Fundstelle(n):
BAAAK-01212