TV UmBw - Einkommenssicherung - Anrechnung der Pflegezulage
Instanzenzug: ArbG Oldenburg (Oldenburg) Az: 3 Ca 206/22 Ö Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Niedersachsen Az: 8 Sa 363/23 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die persönliche Zulage zur Einkommenssicherung nach dem Tarifvertrag über sozialverträgliche Begleitmaßnahmen im Zusammenhang mit der Umgestaltung der Bundeswehr (TV UmBw) kürzen darf, weil der Kläger eine Pflegezulage erhält.
2Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem Jahr 2000 im Bundeswehrkrankenhaus W beschäftigt. Im Arbeitsverhältnis der Parteien sind der Bundes-Angestelltentarifvertrag und die diesen ersetzenden Tarifverträge sowie die für die Arbeitgeberin jeweils geltenden sonstigen Tarifverträge und damit nunmehr ua. der TVöD in der für den Bund geltenden Fassung sowie der TV UmBw anzuwenden.
3Der TV UmBw enthält idF des Änderungstarifvertrags Nr. 4 vom auszugsweise folgende Regelungen:
4§ 46 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Verwaltung - Sonderregelungen Bund (TVöD-BT-V (Bund)) enthält idF des Änderungstarifvertrags Nr. 26 vom auszugsweise folgende Regelung:
5§ 52 Abs. 6 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst - Besonderer Teil Krankenhäuser - (TVöD-BT-K) idF des Änderungstarifvertrags Nr. 12 vom , der § 15 Abs. 2.7 der Durchgeschriebenen Fassung des TVöD für den Dienstleistungsbereich Krankenhäuser im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (TVöD-K) entspricht, lautete wie folgt:
6Durch Änderungstarifvertrag Nr. 14 vom zum TVöD-BT-K war die Zulage seit dem auf 120,00 Euro „eingefroren“ und wurde zum auf monatlich 133,80 Euro angehoben. Dieser Betrag wird seit dem bei allgemeinen Entgeltanpassungen wieder um den von den Tarifvertragsparteien vereinbarten Vomhundertsatz erhöht.
7Der Kläger war bei der Beklagten auf dem nach der Entgeltgruppe P 10 bewerteten Dienstposten „Gesundheits- und Krankenpfleger innerbetriebliche Fort- und Weiterbildung (IBF)“ beschäftigt. Nach dem Wegfall dieses Dienstpostens zum ist der Kläger auf dem Dienstposten „Pflegeexperte“ tätig und erhält ein Entgelt aus der (niedrigeren) Entgeltgruppe P 9. Die Beklagte zahlte ihm seit Beginn dieser Tätigkeit eine persönliche Zulage zur Einkommenssicherung gemäß § 6 Abs. 1 TV UmBw in Höhe von monatlich 256,82 Euro brutto. Darüber hinaus erhielt der Kläger die Pflegezulage gemäß § 52 Abs. 6 TVöD-BT-K seit deren Einführung zum in Höhe von zunächst 70,00 Euro monatlich, seit dem in Höhe von 120,00 Euro monatlich. Die Beklagte rechnete die Pflegezulage unter Berufung auf § 6 Abs. 3 TV UmBw in der jeweiligen Höhe auf die persönliche Zulage zur Einkommenssicherung an und hielt daran trotz mehrfacher Aufforderung des Klägers zur Zahlung der ungekürzten persönlichen Zulage fest.
8Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Anrechnung der Pflegezulage erfolge zu Unrecht. Deren Einführung stelle eine allgemeine Entgelterhöhung iSd. § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw dar, sodass sich die persönliche Zulage um den Betrag der Pflegezulage erhöhe. Auch wenn die Pflegezulage sodann nach § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw wieder anzurechnen sein sollte, tangiere sie die Differenz zwischen dem Entgelt aus der bisherigen und demjenigen aus der neuen Tätigkeit und damit die Höhe der persönlichen Zulage im Ergebnis nicht. Sie sei entweder bei beiden Rechengrößen oder bei keiner von ihnen zu berücksichtigen. Unabhängig davon stehe einer Anrechnung entgegen, dass § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw nur deren zeitliche Abfolge, nicht aber die Anrechnungsberechtigung selbst regele. Die Pflegezulage falle zudem nicht in den Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw. Zwischen ihr und der neuen Tätigkeit des Klägers bestehe der erforderliche kausale Zusammenhang nicht. Ferner folge aus dem Zweck der Pflegezulage ein konkludentes Anrechnungsverbot. Schließlich verstoße eine Anrechnung gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da bei Beschäftigten, die keine Pflegezulage erhielten, keine Anrechnung auf die persönliche Zulage stattfinde.
9Der Kläger hat zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, aus § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw ergebe sich, dass sämtliche unter § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b, c TV UmBw fallende Zulagen und damit auch die Pflegezulage auf die persönliche Zulage anzurechnen seien. Sinn und Zweck der persönlichen Zulage sei nicht das dauerhafte Ausgleichen einer Einkommensdifferenz, sodass das Abschmelzen dieser Differenz durch Anrechnung anderweitigen Entgelts folgerichtig sei. Der Zweck der Pflegezulage sei irrelevant, da es sich jedenfalls um eine feste monatliche Zulage und damit um anrechenbares Entgelt handele.
11Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung der Beklagten dieses Urteil abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
Gründe
12Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat das Urteil des Arbeitsgerichts zutreffend abgeändert und die Klage abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der begehrten Entgeltdifferenzen und damit der ungeminderten persönlichen Zulage gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw bzw. auf Feststellung einer solchen Verpflichtung der Beklagten. Diese hat die persönliche Zulage zu Recht in Höhe der ab März 2021 gemäß § 52 Abs. 6 TVöD-BT-K iVm. § 46 Nr. 18 Abs. 2 TVöD-BT-V (Bund) geschuldeten Pflegezulage gekürzt.
13I. Die Anträge sind zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSd. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Das gilt nicht nur für den Zahlungsantrag, mit dem der Kläger die von der Beklagten mit der Pflegezulage nach § 52 Abs. 6 TVöD-BT-K verrechneten Beträge der persönlichen Zulage des § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw aus dem Zeitraum März 2021 bis März 2023 und damit mehrere Einzelforderungen im Wege der Gesamtklage bestimmt geltend macht (vgl. dazu zuletzt - Rn. 14 mwN). Es gilt gleichermaßen für den Feststellungsantrag, mit dem er als sog. Elementenfeststellungsklage (zu deren - hier vorliegenden - Voraussetzungen vgl. zuletzt - Rn. 20 mwN) zukunftsgerichtet für die sich an den Zeitraum des Leistungsantrags anschließende Zeit ab April 2023 (vgl. zum Erfordernis der zeitlichen Bestimmtheit - Rn. 42 mwN) feststellen lassen will, dass die Beklagte die Pflegezulage nach § 52 Abs. 6 TVöD-BT-K in deren jeweiliger Höhe nicht auf die Einkommenssicherungszulage anrechnen darf. Das folgt aus der Klageschrift vom sowie dem weiteren Vorbringen des Klägers. Dieses Antragsverständnis hat der Kläger zudem in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat bestätigt. Der von § 256 Abs. 1 ZPO für das Vorliegen des Feststellungsinteresses verlangte Gegenwartsbezug des Rechtsverhältnisses ist auch für die in der Vergangenheit liegenden Zeiträume gegeben. Der Kläger erstrebt gegenwärtige rechtliche Vorteile in Form eines höheren Entgelts (vgl. dazu zuletzt - Rn. 11 mwN, BAGE 182, 73).
14II. Die Anträge sind unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung des von der Beklagten einbehaltenen Teils der persönlichen Zulage bzw. auf Feststellung einer ungekürzten Zahlungsverpflichtung aus § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw, von dessen Anwendbarkeit in ihrem Arbeitsverhältnis die Parteien übereinstimmend aufgrund der vertraglichen Bezugnahmeklausel ausgehen.
151. Die dem Kläger gewährte persönliche Zulage zur Einkommenssicherung hat sich ab dem nicht um den jeweiligen Betrag der Pflegezulage erhöht. Die Einführung der Pflegezulage ist entgegen der Annahme der Revision keine allgemeine Entgelterhöhung iSd. § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw.
16a) Die in § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw vorgesehene Teilnahme der persönlichen Zulage an einer Entgelterhöhung ist nicht statisch, sondern dynamisch ausgestaltet. Damit soll sichergestellt werden, dass der von einer Umstrukturierung betroffene Arbeitnehmer auch im Hinblick auf diese Zulage grundsätzlich an der Tarifentwicklung teilnimmt. Die Dynamik ist jedoch durch § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw eingeschränkt. Unter den dort genannten Voraussetzungen schmilzt die persönliche Zulage um einen bestimmten Anteil des Erhöhungsbetrags ab, was im weiteren Verlauf des Arbeitsverhältnisses meist zu ihrem Entfall führt ( - Rn. 24 mwN).
17b) Eine allgemeine Entgelterhöhung liegt vor, wenn sie nach abstrakten Merkmalen erfolgt und nicht auf Gründen beruht, die allein in der Person des Arbeitnehmers begründet sind ( - Rn. 27; vgl. auch - Rn. 18 mwN). Der im TV UmBw verwandte Begriff der allgemeinen Entgelterhöhung entspricht damit dem in der Privatwirtschaft verwendeten Begriff der Tariflohnerhöhung. Der TV UmBw passt diesen Begriff der Terminologie des öffentlichen Dienstes an, indem statt des Begriffs „Tariflohn“ der Begriff „Entgelt“ verwendet wird. Da bei einem Entgelt, das monatlich geschuldet ist, die Tariflohnerhöhung durch eine Erhöhung des monatlich zu zahlenden Geldbetrags erfolgt (vgl. - zu II 1 c aa der Gründe), gilt Entsprechendes für eine Erhöhung des „Entgelts“ (vgl. - Rn. 18), womit das Tabellenentgelt iSd. § 15 TVöD-AT gemeint ist. Auf welche Weise dessen Erhöhung vollzogen wird, ist dabei gleichgültig. Sie erfolgt üblicherweise linear um einen bestimmten Vomhundertsatz. Sie kann aber auch nicht linear in Form eines nicht von einer konkreten Gegenleistung der Arbeitnehmer abhängigen tariflichen Mindest- oder Sockelbetrags, ggf. differenziert nach Entgeltgruppen, erfolgen (vgl. - Rn. 23). Dieses auf das Tabellenentgelt bezogene Begriffsverständnis kommt in verschiedensten Tarifnormen des öffentlichen Dienstes zum Ausdruck, die sich jeweils mit Veränderungen von zusätzlichen Vergütungsbestandteilen bei allgemeinen Entgeltanpassungen befassen und durchgehend auf das Tabellenentgelt abstellen (vgl. Nr. 2 der Protokollerklärung zu § 8 Abs. 3, § 9 Abs. 4 Satz 2, § 11 Abs. 2 Satz 2, § 25 Abs. 4 Satz 3 TVÜ-Bund; § 46 Abs. 4 Satz 2, § 51 Abs. 1 Satz 2, § 51a Abs. 5 Satz 3 TVöD-BT-B; § 46 Abs. 4 Satz 2, § 52 Abs. 6 Satz 3 TVöD-BT-K; § 46 Nr. 4 Ziff. 2 Satz 3, § 58 Nr. 2 Abs. 1 Satz 2 TVöD-BT-V (VKA); vgl. auch die deutliche Regelung in § 50 Nr. 3 Satz 2 TV-L für die Beschäftigten in Zentren für Psychiatrie Baden-Württemberg).
18c) Danach handelt es sich bei der Einführung der Pflegezulage zum nicht um eine allgemeine Entgelterhöhung iSd. § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw. Dafür spricht neben der Bezeichnung als Pflege„zulage“ insbesondere die Regelung in § 52 Abs. 6 Satz 3 TVöD-BT-K. Der gesonderten Anordnung der Dynamisierung der Pflegezulage hätte es nicht bedurft, wenn diese selbst von den Tarifvertragsparteien als allgemeines Entgelt angesehen und ihre Einführung somit eine allgemeine Entgelterhöhung darstellen würde. In diesem Fall wäre die Pflegezulage als Bestandteil des allgemeinen Entgelts ohne Weiteres künftigen Entgeltanpassungen unterworfen.
19Darüber hinaus wird die Pflegezulage nicht allen Beschäftigten im Pflegedienst iSd. Nr. 1 der Protokollerklärung zu § 46 Nr. 18 Abs. 1 TVöD-BT-V (Bund), sondern nur Beschäftigten in den Entgeltgruppen P 5 bis P 16 gewährt. Beschäftigte in der Pflege mit abgeschlossener Hochschulbildung (Eingruppierung in Entgeltgruppen 9b bis 12), leitende Beschäftigte in der Pflege mit abgeschlossener wissenschaftlicher Hochschulbildung (Eingruppierung in Entgeltgruppen 13 bis 15) sowie Lehrkräfte in der Pflege (Eingruppierung in Entgeltgruppen 10 bis 15) erhalten diese hingegen nicht (vgl. für den TVöD (VKA) Clemens/Scheuring/Steingen/Wiese TVöD Teil II/3.1 BT-K § 52 Stand September 2023 Rn. 25).
202. Eine Erhöhung der persönlichen Zulage um den Betrag der Pflegezulage folgt ebenso wenig aus der Erwägung, dass die Pflegezulage dem Kläger auch in seiner bisherigen Tätigkeit, sofern er diese über den 1. Januar und den hinaus fortgesetzt hätte, zustehen und damit nach der von § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw geforderten Bezugsdauer als Entgelt aus der bisherigen Tätigkeit in die Berechnung der persönlichen Zulage einfließen würde. Die Revision nimmt außerdem zu Unrecht an, dass die Pflegezulage die Differenz zwischen dem Entgelt aus der bisherigen und demjenigen aus der neuen Tätigkeit und damit die Höhe der persönlichen Zulage nicht beeinflusst, also „neutral“ ist, weil sie entweder bei beiden Rechengrößen oder bei keiner von ihnen zu berücksichtigen ist. Das ergibt die Auslegung des § 6 Abs. 3 TV UmBw (vgl. zu den Grundsätzen der Tarifauslegung zuletzt - Rn. 21; - 6 AZR 130/22 - Rn. 13, BAGE 180, 279, jeweils mwN).
21a) § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw regelt entgegen der Ansicht der Revision nicht lediglich die zeitliche Abfolge der Anrechnung, sondern legt als Bezugsgröße für eine Anrechnung von Entgelt ua. die in § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b und c TV UmBw genannten Entgeltbestandteile aus der neuen Tätigkeit des Beschäftigten fest.
22aa) Hierfür spricht bereits der eindeutige Tarifwortlaut. Das Wort „anrechnen“ bedeutet nach allgemeinem Sprachgebrauch „gegen etw. aufrechnen, in etw. einbeziehen; bei etw. berücksichtigen“ (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort: „anrechnen“). Bezugsobjekt der angeordneten Anrechnung ist nach dem Tarifvertrag „die persönliche Zulage“ („auf“). Ihre bereits zu einem vorhergehenden Zeitpunkt gemäß § 6 Abs. 1 TV UmBw ermittelte Höhe verändert sich somit nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw.
23bb) Dem Wortlautverständnis entspricht die Systematik des Tarifvertrags. Die Anrechnungsregelung des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw steht im Zusammenhang mit den Sätzen 2 bis 5 dieses Absatzes und schließt sich unmittelbar an diese an. Regelungsgegenstand dieser Tarifnormen ist die (nachträgliche) Verringerung der persönlichen Zulage, dh. deren Reduzierung im Falle allgemeiner Entgelterhöhungen (Sätze 2 bis 4) oder Entgeltsteigerungen iSv. Satz 5. Hätten die Tarifvertragsparteien lediglich eine Regelung zur zeitlichen Abfolge der Anrechnung von Entgelt iSd. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b und c TV UmBw aus der neuen Tätigkeit bei Ermittlung der Höhe der persönlichen Zulage treffen wollen, hätte es nahegelegen, eine solche Regelung in Absatz 1 der Vorschrift aufzunehmen.
24Wie die Systematik der Vorschrift weiterhin verdeutlicht, bedarf die Anrechnung von Entgelt iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b und c TV UmBw aus der neuen Tätigkeit einer gesonderten Grundlage. Eine solche ist entgegen der Auffassung der Revision nicht deshalb entbehrlich, weil die Höhe der persönlichen Zulage monatlich neu ermittelt wird, wodurch Veränderungen des Entgelts aus der neuen sowie aus der bisherigen Tätigkeit (fiktiv betrachtet für den Fall, dass der Beschäftigte diese weiter ausüben würde) automatisch in die Berechnung der persönlichen Zulage einfließen würden. Vielmehr wird die Differenz zwischen bisherigem und neuem Entgelt einmalig zum Zeitpunkt des Arbeitsplatzwechsels nach dem Referenzprinzip errechnet. Auf eine am Lohnausfallprinzip ausgerichtete hypothetische Betrachtung haben die Tarifvertragsparteien verzichtet (vgl. - Rn. 17). Dies ergibt sich eindeutig auch aus dem Wortlaut von § 6 Abs. 1 Satz 1 TV UmBw. Danach ist das Entgelt maßgeblich, „das ihnen in ihrer bisherigen Tätigkeit zuletzt zugestanden hat“, und nicht dasjenige, „das ihnen jeweils monatlich zugestanden hätte“. Das Adjektiv „bisherig“ bezeichnet in diesem Zusammenhang etwas, was von einem bestimmten Zeitpunkt an der Vergangenheit angehört ( - Rn. 14). Die so ermittelte Einkommenssicherungszulage ändert sich nur noch durch allgemeine Entgelterhöhungen iSd. § 6 Abs. 3 Satz 1 TV UmBw iVm. dem Abschmelzen der Zulage nach Maßgabe des § 6 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 TV UmBw sowie durch die Anrechnung der in § 6 Abs. 3 Sätze 5 und 6 TV UmBw genannten Entgeltbestandteile. Nach dieser Systematik werden Entgeltbestandteile, die der Beschäftigte in der alten Tätigkeit erhalten hätte, sofern er diese weiter ausgeübt hätte, in keinem Fall für die Einkommenssicherungszulage berücksichtigt.
25cc) Schließlich entspricht allein ein Verständnis, wonach § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw die Grundlage einer Anrechnung bildet, auch dem Zweck der Einkommenssicherung. Durch § 6 TV UmBw soll der Lebensstandard erhalten werden, den der Beschäftigte vor dem Wegfall seines Arbeitsplatzes durch eine Organisationsmaßnahme iSd. § 1 Abs. 1 TV UmBw erreicht hatte ( - Rn. 24; - 6 AZR 423/15 - Rn. 23 mwN, BAGE 157, 23). Die Tarifnorm dient der Sicherung des Besitzstands ( - Rn. 24 mwN). Dabei wird der zu sichernde Besitzstand - wie dargestellt - nach dem Referenzprinzip und damit ausschließlich vergangenheitsbezogen ermittelt (vgl. - Rn. 17). Nur dieser bereits „erreichte“ Besitzstand soll zunächst (vgl. § 6 Abs. 3 Sätze 2 bis 4 TV UmBw) für diejenigen Arbeitnehmer aufrechterhalten werden, die durch die Umstrukturierung der Bundeswehr Verdiensteinbußen aufgrund von Organisationsmaßnahmen ausgesetzt sind ( - Rn. 36). Dem liegt die Vorstellung der Tarifvertragsparteien zugrunde, dass die betroffenen Arbeitnehmer, die ihren Lebensstandard an ihrer bisherigen Einkommenssituation ausgerichtet haben, im Falle der Übernahme einer geringer vergüteten Tätigkeit zur Vermeidung einer betriebsbedingten Kündigung zumindest das bisher erzielte Einkommen vorübergehend erhalten sollen. Darin erschöpft sich der Regelungszweck der Tarifnorm aber auch. Eine Überkompensation haben die Tarifvertragsparteien ersichtlich nicht beabsichtigt. Dementsprechend führen die in § 6 Abs. 3 Satz 5 TV UmBw genannten Entgeltsteigerungen zu einer entsprechenden (dauerhaften) Verringerung der persönlichen Zulage und wird gemäß § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw das dort genannte Entgelt aus der neuen Tätigkeit jeweils in dem Monat, in dem es gezahlt wird, auf die persönliche Zulage angerechnet. Damit bringen die Tarifvertragsparteien klar ihren Willen zum Ausdruck, dass es der Einkommenssicherung in dem Maße nicht mehr bedarf, in dem Einkommen aus der neuen Tätigkeit zur Aufrechterhaltung des mit der bisherigen Tätigkeit erreichten Lebensstandards zur Verfügung steht. Diesem Regelungsanliegen würde es zuwiderlaufen, rechnete man aus der neuen Tätigkeit erzieltes Entgelt iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b und c TV UmBw nicht auf die persönliche Zulage an.
26b) Des Weiteren ergibt eine an dem dargestellten Sinn und Zweck der Regelung orientierte Auslegung des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw, dass die Vorschrift ungeachtet des insoweit nicht eindeutigen Wortlauts sämtliche in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen des Beschäftigten aus seiner neuen Tätigkeit und nicht lediglich solche erfasst, welche in den letzten drei Jahren ohne schädliche Unterbrechung bezogen worden sind. Verstünde man die Bezugnahme des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw auf Entgelt iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw anders, bedeutete dies eine Überkompensation des von der Maßnahme betroffenen Beschäftigten für den Zeitraum von drei Jahren, was dem Regelungsanliegen des Absatzes 3 zuwiderliefe.
27c) Die Anrechenbarkeit von in Monatsbeträgen festgelegten Zulagen aus der neuen Tätigkeit nach § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw ist entgegen der Annahme der Revision auch nicht auf solche Zulagen beschränkt, die im Sinne einer kausalen Verknüpfung aus der neuen Tätigkeit herrühren. Bereits der Wortlaut enthält für eine dahingehende Einschränkung keinerlei Anhaltspunkte. Dass auch die Tarifvertragsparteien von dem Grundsatz der umfassenden Anrechenbarkeit ausgehen und die Ausnahme der Nichtanrechnung jeweils gesondert regeln, wird durch einen systematischen Vergleich insbesondere zu § 7 Abschnitt A Abs. 4 Satz 2 TV UmBw sowie zu den Protokollerklärungen Nr. 4 zu § 6 Abs. 1 und zu § 7 Abschnitt A Abs. 2 TV UmBw deutlich. Nur ein solches Tarifverständnis entspricht auch dem dargestellten Sinn und Zweck des § 6 TV UmBw. Schließlich soll, wie insbesondere die Abschmelzungsregelung des § 6 Abs. 3 Satz 2 TV UmBw verdeutlicht, dem betroffenen Arbeitnehmer nach mehrmaligen Einkommenssteigerungen und damit einhergehenden Verringerungen der persönlichen Zulage das Entgelt gewährt werden, welches ihm aufgrund seiner neuen Tätigkeit tatsächlich zusteht. Eine Perpetuierung der unterschiedlichen Vergütung von Beschäftigten mit denselben Tätigkeiten soll, bis auf die in § 6 Abs. 3 Satz 4 TV UmBw geregelten Ausnahmefälle von Beschäftigten mit besonders langer Beschäftigungszeit, vermieden werden.
28d) Die Pflegezulage ist auch eine „in Monatsbeträgen festgelegte Zulage“ iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw. Erfasst sind die Vergütungsbestandteile, die aus besonderem Anlass zu einer bestimmten Grundleistung hinzutreten. Sie können etwa eine besondere Arbeitsschwierigkeit berücksichtigen, aus sozialen Gründen erfolgen (zB Familienzuschlag) oder als Leistungszulagen an das Arbeitsergebnis anknüpfen ( - Rn. 25, BAGE 120, 239). Sie sind - wie zB Funktionszulagen - an die Person des Arbeitnehmers gebunden. Seit dem Inkrafttreten der Neufassung des TV UmBw zum gilt für „in Monatsbeträgen festgelegte Zulagen“ nichts anderes als für die früheren „ständigen Lohnzulagen“ in § 6 Abs. 2 Unterabs. 2 Buchst. b der Ursprungsfassung des TV UmBw vom ( - Rn. 24 mwN). Als eine solche in Monatsbeträgen festgelegte Zulage hat der Senat beispielsweise die an die Beschäftigten bei obersten Bundesbehörden gezahlte sog. Ministerialzulage eingeordnet (vgl. - Rn. 28 f., aaO).
29e) Danach handelt es sich bei der Pflege„zulage“ schon begrifflich um eine in Monatsbeträgen festgelegte Zulage iSv. § 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b TV UmBw, die auf die persönliche Zulage anzurechnen ist und deren Höhe vermindert. Die Pflegezulage tritt, vergleichbar zur sog. Ministerialzulage, aus einem besonderem Anlass - hier der Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz, der eine Eingruppierung in eine der Entgeltgruppen P 5 bis P 16 rechtfertigt, dort die Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz bei einer obersten Bundesbehörde - zu der Grundvergütung hinzu. Sie ist insoweit an die Person des betreffenden Arbeitnehmers gebunden, als dieser die Eingruppierungsmerkmale einer der genannten Entgeltgruppen erfüllen muss. Allein die Beschäftigung „in der Pflege“ reicht nicht aus (vgl. vorstehend Rn. 19).
30f) Die Anrechnung der Pflegezulage auf die persönliche Zulage gemäß § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw verletzt entgegen der Ansicht des Klägers nicht den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG. Das folgt schon daraus, dass die von der Revision herangezogenen Beschäftigtengruppen - diejenigen, die in ihrer neuen Tätigkeit Zulagen erhalten, und diejenigen, bei denen das nicht der Fall ist - in Bezug auf die Frage eines Gleichheitsverstoßes der Anrechnungsregelung nicht vergleichbar sind. Selbst wenn man zugunsten des Klägers von einer Vergleichbarkeit ausginge, unterliegt die die Vergütung betreffende Anrechnungsregelung des § 6 Abs. 3 Satz 6 TV UmBw, deren Gehalt im Kernbereich der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen liegt und bei der spezifische Schutzbedarfe oder Anhaltspunkte für eine Vernachlässigung von Minderheitsinteressen nicht erkennbar sind, angesichts der durch Art. 9 Abs. 3 GG geschützten Spielräume der Tarifvertragsparteien lediglich einer objektiven Willkürkontrolle (vgl. ua. - Rn. 161, 163, 165, 167). Von Willkür ist allerdings erst auszugehen, wenn ein einleuchtender Grund für die Differenzierung fehlt, insbesondere wenn diese evident unsachlich ist ( ua. - Rn. 164). Einer solchen Willkürkontrolle hält die vorliegende Anrechnungsregelung vor dem Hintergrund des mit § 6 TV UmBw verfolgten Besitzstandssicherungszwecks (dazu vorstehend Rn. 25) ohne Weiteres stand.
31g) Soweit die Revision unter Verweis auf die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Köln vom (- 3 Sa 721/09 -) meint, eine Anrechnung scheide aufgrund eines konkludenten Anrechnungsverbotes aus, trifft das nicht zu. Zum einen betraf diese Entscheidung die Frage der Anrechnung von Tariflohnerhöhungen auf eine individualvertraglich gewährte, übertarifliche Zulage. Vorliegend geht es um eine tarifliche Zulage, bei der die Anrechnung bestimmter Entgelte von den Tarifvertragsparteien selbst ausdrücklich vorgesehen ist. Zum anderen folgt aus dem Besitzstandssicherungszweck der persönlichen Zulage kein Anrechnungsverbot. Dieser gebietet gerade - wie dargelegt - eine solche Anrechnung. Auf den Zweck der Pflegezulage kommt es nicht an, da auf diese keine Anrechnung erfolgt. Sie wird in voller Höhe gezahlt.
323. Da die Anträge schon aus den vorstehenden Gründen unbegründet sind, kann dahinstehen, ob im Streitfall der Geltungsbereich des § 1 Abs. 1 TV UmBw eröffnet ist, ob mit anderen Worten der Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes des Klägers überhaupt auf einer durch die Umstrukturierung der Bundeswehr veranlassten Organisationsentscheidung beruhte (vgl. dazu - Rn. 19 mwN).
33III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:310725.U.6AZR2.25.0
Fundstelle(n):
SAAAK-00953