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Teilentgeltliche Übertragung von Immobilien
Fehler in der Beratungspraxis und aktuelle BFH-Rechtsprechung
Immobilien sind das Herzstück vieler Vermögensübertragungen in der Familie. Ob im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge, zur Absicherung der nächsten Generation oder zur Nutzung steuerlicher Freibeträge – in der Beratungspraxis spielt die Übertragung von Grundbesitz eine zentrale Rolle. Mandanten gehen dabei oft selbstverständlich von einer steuerfreien Gestaltung aus. Schließlich soll das Objekt „nur geschenkt“ und nicht verkauft werden. Doch die Realität sieht anders aus: Bereits kleine Details wie die Übernahme bestehender Darlehen oder die unbedachte Überlassung an Angehörige können dazu führen, dass das Finanzamt ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft annimmt oder der Schuldzinsenabzug verloren geht. Damit wird aus einer vermeintlich steuerneutralen Schenkung schnell eine unerwartete Steuerfalle.
Selbst bei einem Entgelt unterhalb der historischen Anschaffungskosten kann ein steuerpflichtiges privates Veräußerungsgeschäft nach § 23 EStG entstehen, wenn eine Schuldübernahme erfolgt.
Bei der vermeintlich „unschädlichen“ unentgeltlichen Übertragung mit Rückbehalt des Darlehens geht der Schuldzinsenabzug für den übertragenen Anteil verloren.
Der Befreiungstatbestand des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 EStG ist restriktiv auszulegen: Die unentgeltliche Überlassung einer Immobilie an z. B. die (Schwieger-)Mutter erfüllt nicht die Voraussetzung der „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“.
I. Immobilienübertragungen in der Beratungspraxis
Die Übertragung von Immobilien im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge gehört seit jeher zu den zentralen Themen in der steuerlichen Gestaltungsberatung. Eltern S. 871möchten ihre Kinder oder Enkelkinder rechtzeitig mit Vermögen ausstatten, Nachfolgefragen werden frühzeitig geregelt und vielfach steht auch der Wunsch im Vordergrund, steuerliche Freibeträge optimal zu nutzen. Hinzu kommen häufig zivilrechtliche Erwägungen wie Pflichtteilsvermeidung oder Absicherung durch Vorbehaltsrechte.
[i]Stolperfallen: Bestehende Schulden, Darlehensübernahmen oder ein späterer Verkauf In der steuerlichen Praxis zeigt sich jedoch, dass Immobilienübertragungen zahlreiche Stolperfallen bergen. Neben der Schenkungsteuer treten vor allem einkommensteuerliche Risiken in den Vordergrund, insbesondere im Zusammenhang mit § 23 EStG. Mandanten gehen regelmäßig davon aus, dass eine Übertragung innerhalb der Familie „steuerfrei“ sei. Diese Einschätzung ist jedoch trügerisch. Bestehende Schulden, Darlehensübernahmen oder ein späterer Verkauf innerhalb der Spekulationsfrist können unerwartete Steuerpflichten auslösen. Aktuelle Entscheidungen des BFH haben dieses Spannungsfeld erneut verdeutlicht.
[i]Auch Übertragung unterhalb der AK kann zu steuerpflichtigem Veräußerungsgeschäft führenBesonders hervorzuheben ist das Urteil vom - IX R 17/24, in dem der BFH feststellt, dass im Fall der teilentgeltlichen Übertragung von Wirtschaftsgütern für Zwecke der Ermittlung des Gewinns aus einem privaten Veräußerungsgeschäft eine Aufteilung in einen voll entgeltlichen und einen voll unentgeltlichen Teil nach dem Verhältnis der Gegenleistung zum Verkehrswert des übertragenen Wirtschaftsguts erfolgt. Dies gilt auch bei einem unter den Anschaffungskosten liegenden Entgelt. In der Folge bedeutet das, dass auch eine Übertragung unterhalb der historischen Anschaffungskosten zu einem steuerpflichtigen Veräußerungsgeschäft führen kann, wenn ein Teil der Übertragung entgeltlich erfolgt. Dieses Urteil steht im Mittelpunkt des folgenden Beitrags. Daneben werden weitere aktuelle Urteile einbezogen, die zusätzliche Beratungsfallen aufzeigen und den Blick für eine ganzheitliche Nachfolgeplanung schärfen.
II. Gesetzliche Grundlagen: Private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG
Bei Grundstücksverkäufen des Privatvermögens bestehen drei Alternativen, die von der Besteuerung ausgenommen sind. Nicht steuerbar sind demzufolge Veräußerungen
von [i]Nicht steuerbare VeräußerungenGrundstücken, die im Zeitraum zwischen Anschaffung oder Fertigstellung und Veräußerung ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alternative 1 EStG),
von Grundstücken, die im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurden (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 Alternative 2 EStG) sowie
von Grundstücken, bei denen der Zeitraum zwischen der Anschaffung und Veräußerung mehr als zehn Jahre beträgt (§ 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 EStG). Für die Ermittlung der sogenannten zehnjährigen Spekulationsfrist ist das obligatorische Rechtsgeschäft, d. h. die notariellen Verträge, maßgeblich.
Dies gilt entsprechend für Gebäudeteile, die selbständige unbewegliche Wirtschaftsgüter sind, sowie für Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume.