Erfolgloser Stellenbewerber - Konkurrenz um ein öffentliches Amt - Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs - Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung - materieller und immaterieller Schadensersatz
Instanzenzug: Az: 13 Ca 5229/22 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Düsseldorf Az: 12 Sa 1007/23 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten über Ansprüche auf materiellen und immateriellen Schadensersatz im Zusammenhang mit einem Stellenbesetzungsverfahren.
2Der Kläger ist Volljurist, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zudem verfügt er über einen Abschluss als Master of Laws (LLM) (Public Law). Er ist mit einem Grad von 50 als schwerbehinderter Mensch anerkannt. Am verurteilte ihn das Landgericht München I - unter Strafaussetzung zur Bewährung - wegen Betrugs in drei Fällen und versuchten Betrugs in neun Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten. Gegen die Verurteilung legte der Kläger Revision zum Bundesgerichtshof ein. Über den Kläger existierte ein Wikipedia-Eintrag, der ua. Angaben zu diesem Strafverfahren und der erfolgten Verurteilung enthielt.
3Die Beklagte, eine Universität und Körperschaft des öffentlichen Rechts, schrieb mit Bewerbungsfrist bis zum eine kurzfristig und befristet im Rahmen einer Mutterschutz- und Elternzeitvertretung für ca. 18 Monate zu besetzende Stelle für „eine*einen Volljurist*in (m/w/d)“ zur Kennziffer 131.21 - 3.2 aus. In der Ausschreibung heißt es ua.:
4Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom unter Hinweis auf seine Schwerbehinderung auf die Stelle. Die Beklagte führte am 12. und Vorstellungsgespräche mit drei Bewerbern, darunter der Kläger. Weitere Bewerber hatten im Vorfeld ihre Bewerbung zurückgezogen. An den drei Vorstellungsgesprächen nahmen für die Beklagte jeweils vier Personen - ua. ihr Personaldezernent - teil. An dem Gespräch mit dem Kläger, das auf dessen Wunsch als Online-Meeting stattfand, war auch ein Mitglied der bei der Beklagten gebildeten Schwerbehindertenvertretung beteiligt. Grundlage der Vorstellungsgespräche bildeten eine den Bewerbern vorab zur Ausarbeitung gestellte Fachaufgabe und ein sog. Interviewleitfaden.
5Unter dem Datum des fertigte die Beklagte einen Auswahlvermerk. Dieser enthält Angaben zu den Verfahrensdaten, der Personalvorauswahl, eine allgemeine, bewerberunabhängige Darstellung des Ablaufs des Vorstellungsgesprächs, den Grundlagen der Auswahlentscheidung sowie dem Abwägungsprozess des Auswahlgremiums auf der Grundlage der geführten Vorstellungsgespräche. Zur Auswahlentscheidung lautet er wie folgt:
6Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, sich für eine andere Bewerberin entschieden zu haben, die das Anforderungsprofil für die Stelle besser erfülle.
7Der Kläger bat am um Übersendung der dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Dokumentationen und forderte die Beklagte auf, von einer Besetzung der Stelle einstweilen abzusehen.
8Mit Schreiben vom teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sie die ausgeschriebene Stelle bereits mit einer Mitbewerberin besetzt habe. Die Übermittlung der dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Dokumentationen lehnte sie aus datenschutzrechtlichen Gründen ab.
9Nachdem der Kläger am seinen Auskunftsanspruch aus Art. 15 DSGVO geltend gemacht hatte, übersandte die Beklagte ihm am eine Kopie des Auswahlvermerks, in dem sämtliche Angaben, die sich auf personenbezogene Daten anderer Bewerber einschließlich solcher Daten, die sich auf die Qualifikation und Präsentation von Mitbewerbern in Vorstellungsgesprächen bezogen, geschwärzt waren.
10Mit Beschluss vom (- 1 StR 138/21 -) hob der Bundesgerichtshof das gegen den Kläger ergangene Strafurteil des Landgerichts München I mit den Feststellungen auf und verwies die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
11Nach erfolgloser außergerichtlicher Geltendmachung durch Schreiben vom reichte der Kläger am , der Beklagten zugestellt am , Klage ein, mit der er die Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten begehrt hat, ihm einen aufgrund der Nichteinstellung auf die zur Kennziffer 131.21 - 3.2 ausgeschriebenen Stelle entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen. Daneben hat er von der Beklagten die Zahlung einer Geldentschädigung verlangt. Im Verlauf des Rechtsstreits schrieb die Beklagte die Stelle erneut aus und besetzte sie anderweitig. Die Mitbewerberin des Klägers wurde auf einer anderen von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle, auf die sie sich beworben hatte, über das Ende ihres zunächst befristeten Arbeitsverhältnisses hinaus beschäftigt.
12Der Kläger hat geltend gemacht, der auf materiellen Schadensersatz gerichtete Feststellungsanspruch sei aus § 280 Abs. 1 BGB begründet. Die Auswahlentscheidung der Beklagten verletze ihn in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG. Die Beklagte sei verpflichtet gewesen, ihm als dem am besten qualifizierten Bewerber die Stelle zu übertragen. Das im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung gegen ihn anhängige Strafverfahren und seine dortige, nicht rechtskräftige Verurteilung durch das Landgericht München I stünden seiner Eignung für die angestrebte Tätigkeit nicht entgegen. Das folge bereits aus der Unschuldsvermutung. Im Übrigen habe das Landgericht seiner Entscheidung Feststellungen und Wertungen zugrunde gelegt, die sich im nachfolgenden Revisionsverfahren vor dem Bundesgerichtshof als gänzlich haltlos erwiesen und zur Aufhebung der Verurteilung geführt hätten. Unabhängig davon habe die Beklagte die Daten unzulässig mittels „Google“-Recherche „hinter seinem Rücken“ erhoben und es im Nachgang unterlassen, ihn über die erfolgte Datenverarbeitung zu informieren und ihm Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben. Dadurch habe sie gegen mehrere Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung verstoßen, weshalb die gewonnenen Erkenntnisse bei der Auswahlentscheidung keine Berücksichtigung hätten finden dürfen und auch prozessual nicht verwertbar seien. Das gelte umso mehr als die Beklagte ausweislich des von ihr erstellten Auswahlvermerks von unzutreffenden Tatsachen über den Grund seiner Verurteilung durch das Landgericht München I ausgegangen sei, und sie bei ihren Erwägungen zur Möglichkeit, dass die Verurteilung in Rechtskraft erwachsen könnte, elementare Zweifel an der Lauterkeit der bayerischen Strafjustiz ausgeblendet habe. Eine Obliegenheit, seinen Einstellungsanspruch im Wege des Primärrechtsschutzes durchzusetzen, habe nicht bestanden. Abgesehen davon sei die Beklagte auch aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO verpflichtet, ihm den durch die Nichteinstellung entstandenen materiellen Schaden zu ersetzen. Für diesen Anspruch komme es auf die unterlassene Inanspruchnahme eines Primärrechtsschutzes nicht an. Das rechtliche Interesse an der begehrten Feststellung ergebe sich aus der nicht abgeschlossenen Schadensentwicklung. Es sei wahrscheinlich, dass er bei Übertragung der streitgegenständlichen Stelle von der Beklagten auch über das Ende einer zunächst vereinbarten Befristung hinaus beschäftigt worden wäre.
13Aufgrund der Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung habe er zudem aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO Anspruch auf eine angemessene Entschädigung in Geld, die mit mindestens 5.000,00 Euro zu bemessen sei. Durch die unrechtmäßige und insbesondere intransparente Verarbeitung seiner Daten habe er einen erheblichen Kontrollverlust erlitten. Von der Datenerhebung habe er nur zufällig aufgrund der Wahrnehmung seiner Auskunftsrechte Kenntnis erlangt.
14Der Kläger hat, soweit für die Revision noch von Bedeutung, beantragt,
15Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
16Das Arbeitsgericht hat die Klage, soweit über sie noch zu entscheiden ist, abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat ihm das Landesarbeitsgericht eine Entschädigung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO iHv. 1.000,00 Euro nebst Zinsen ab dem zuerkannt; im Übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger den Feststellungsantrag und den Antrag auf Zahlung einer Entschädigung iHv. mindestens weiteren 4.000,00 Euro nebst Zinsen weiter.
17Nachdem der Kläger im Termin vor dem Bundesarbeitsgericht am nicht erschienen ist, hat der Senat auf Antrag der Beklagten die Revision durch Versäumnisurteil zurückgewiesen. Gegen das dem Kläger am zugestellte Versäumnisurteil hat der Kläger am Einspruch eingelegt und beantragt, das Versäumnisurteil aufzuheben und nach seinen ursprünglich angekündigten Revisionsanträgen zu erkennen. Die Beklagte beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Gründe
18Das Versäumnisurteil des Senats vom war aufrechtzuerhalten. Der zulässige Einspruch bleibt ohne Erfolg, denn die Revision des Klägers ist nicht begründet.
19I. Der Einspruch des Klägers ist statthaft (§ 72 Abs. 5 ArbGG, § 555 Abs. 1, § 338 ZPO) und auch im Übrigen zulässig, nämlich in der gesetzlichen Form (§ 340 ZPO) und Frist (§ 339 Abs. 1 ZPO) eingelegt. Die Einspruchsberechtigung des Klägers ergibt sich allein daraus, dass gegen ihn ein Versäumnisurteil erlassen worden ist. Darauf, ob - wie die Beklagte meint - das „Versäumnisverfahren“ mutwillig herbeigeführt worden ist, kommt es für die Zulässigkeit des Einspruchs nicht an. Ebenso wenig ist insoweit von Belang, dass der Kläger sich in der Einspruchsschrift im Wesentlichen auf eine Wiederholung seines Vorbringens aus der Revisionsbegründung beschränkt hat. Das folgt bereits daraus, dass eine Begründung des Einspruchs für seine Zulässigkeit nicht erforderlich ist (vgl. dazu - zu B II 1 der Gründe mwN, BVerfGE 88, 118).
20II. Die aufgrund der neuen Verhandlung zu erlassende Entscheidung stimmt mit der im Versäumnisurteil vom enthaltenen Entscheidung überein. Das Versäumnisurteil war deshalb nach § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 555 Abs. 1, § 343 Satz 1 ZPO aufrechtzuerhalten. Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat, soweit für die Revision noch von Belang, die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen. Der Kläger hat weder Anspruch auf den im Rahmen des Feststellungsantrags begehrten materiellen Schadensersatz noch kann er wegen der geltend gemachten Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung als immateriellen Schadensersatz eine den ihm zweitinstanzlich rechtskräftig zuerkannten Betrag von 1.000,00 Euro übersteigende Entschädigung verlangen.
211. Der Feststellungsantrag zu 1. ist jedenfalls unbegründet.
22a) Der Antrag ist - vorbehaltlich des nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresses - zulässig, insbesondere genügt er dem Bestimmtheitsgebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, dem auch Feststellungsanträge unterliegen (st. Rspr., zB - Rn. 19 mwN).
23aa) Eine unzulässige alternative Klagehäufung (vgl. dazu: - Rn. 15; - 6 AZR 437/17 - Rn. 18 mwN, BAGE 163, 205) liegt nicht vor.
24(1) Der Kläger leitet sein einheitliches Feststellungsbegehren aus zwei verschiedenen prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) her (zu den Voraussetzungen und zum insoweit maßgeblichen zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff vgl. - Rn. 17 mwN). Er stützt sein Feststellungsbegehren zum einen auf einen Schadensersatzanspruch wegen Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs und zum anderen auf Verstöße gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung im Rahmen eines Datenverarbeitungsvorgangs bzw. einer Vorgangsreihe. Die insoweit in Betracht kommenden Ansprüche aus § 280 Abs. 1 BGB bzw. § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG auf der einen und aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf der anderen Seite haben in tatsächlicher Hinsicht unterschiedliche Voraussetzungen und bilden jeweils einen eigenen Streitgegenstand im prozessualen Sinne. Soweit der Kläger sich für sein auf Art. 82 Abs. 1 DSGVO gestütztes Feststellungsbegehren auf Verstöße gegen unterschiedliche Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung beruft, führt dies, da es sich bei den beanstandeten Verarbeitungsschritten/-tätigkeiten um eine Vorgangsreihe handelt, die bei natürlicher Betrachtung einen einheitlichen Lebenssachverhalt und damit einen einheitlichen Klagegrund im prozessualen Sinne bildet, nicht zu einer weiteren Mehrung von Streitgegenständen (vgl. - Rn. 24).
25(2) Der Kläger hat vor dem Landesarbeitsgericht zu Protokoll erklärt, dass er sein Feststellungsbegehren in erster Linie auf seine Nichteinstellung trotz behaupteter Besteignung stützt und sich lediglich nachrangig auf Schadensersatz allein wegen der geltend gemachten Verstöße gegen die Datenschutz-Grundverordnung beruft. Die dadurch zur Wahrung des Bestimmtheitserfordernisses vorgenommene Bildung einer Reihenfolge der prozessualen Ansprüche im Wege des Haupt- und Hilfsverhältnisses war auch noch im Verlauf des Verfahrens möglich ( - Rn. 20).
26bb) Der Inhalt des geltend gemachten Anspruchs ist ebenfalls hinreichend bestimmt, zumindest bestimmbar (vgl. - Rn. 14 mwN). Dem Vorbringen des Klägers ist - ungeachtet einer fehlenden Konkretisierung im Feststellungsantrag - unmissverständlich zu entnehmen, dass es ihm um den Ersatz von Verdienstausfall einschließlich ggf. zu leistender Sonderzuwendungen und den Ausgleich eines ihm durch die Nichtabführung von Rentenversicherungsbeiträgen entstehenden Schadens bei der Höhe seiner Altersbezüge geht. Andere auf die Nichteinstellung zurückzuführende materielle Nachteile hat er in der Klagebegründung nicht angegeben und werden danach von ihm nicht geltend gemacht. Weiterhin hat der Kläger verdeutlicht, dass sich das geltend gemachte Feststellungsbegehren nicht auf den Zeitraum bis zum Ablauf der Befristung der auf der ausgeschriebenen Stelle unterlassenen Einstellung, dh. auf die Zeit bis einschließlich zum beschränkt. Er ist vielmehr der Auffassung, die festzustellende Ersatzpflicht der Beklagten erstrecke sich auch auf den Folgezeitraum, da sie die Mitbewerberin über das Ende der vereinbarten Befristung hinaus unbefristet weiterbeschäftigt habe und davon auszugehen sei, dass im Fall seiner Einstellung ein mit ihm begründetes Arbeitsverhältnis ebenfalls fortgesetzt worden wäre.
27b) Das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor, soweit sich der Antrag auf die Zeit bis zum Ende der Befristung eines auf der ausgeschriebenen Stelle begründeten Arbeitsverhältnisses bezieht.
28aa) Der Kläger hatte im Zeitpunkt der Klageerhebung jedenfalls für die Zeit bis zum ein rechtliches Interesse daran, alsbald feststellen zu lassen, ob er für den behaupteten Verstoß der Beklagten Ersatz verlangen kann. Wenn bei der Klageerhebung erst ein Teil des Schadens entstanden und die Entstehung eines weiteren Schadens noch zu erwarten ist, ist die Feststellungsklage insgesamt zulässig. Ein Kläger ist nicht gehalten, seine Klage in eine Leistungs- und eine Feststellungsklage aufzuspalten (vgl. - Rn. 23 mwN). Er braucht grundsätzlich selbst dann nicht zur Leistungsklage überzugehen, wenn im Lauf des Rechtsstreits der gesamte Schaden fällig und bezifferbar wird und ihm daher eine Leistungsklage möglich wäre (vgl. - Rn. 18, BAGE 176, 69; zu - hier nicht gegebenen - Voraussetzungen, unter denen dieser Grundsatz eine Einschränkung erfährt: - Rn. 15).
29bb) Die Zulässigkeit des Feststellungsantrags setzt, soweit er sich auf künftig erwachsende Schäden bezieht, eine nicht entfernt liegende, vom Kläger darzulegende (vgl. - Rn. 28) Möglichkeit eines Schadens voraus, dh. aufgrund des festgestellten Sachverhalts muss der Eintritt eines künftigen weiteren Schadens zumindest denkbar und möglich erscheinen (vgl. - Rn. 28 mwN; - Rn. 14 mwN). Dazu hat der Kläger allerdings, soweit er sein Feststellungsbegehren auch auf einen von ihm erwarteten Verdienstausfall und „Verrentungsschaden“ durch seine Nichtbeschäftigung in der Zeit nach dem stützt, keinen ausreichenden Vortrag geleistet. Nach seinem Vorbringen soll sich diesbezüglich die Möglichkeit eines Schadenseintritts aus einer erfolgten „Weiterbeschäftigung“ der Mitbewerberin über das Ende ihrer zunächst befristeten Beschäftigung auf der zur Kennziffer 131.21 - 3.2 ausgeschriebenen Stelle ergeben. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (§ 559 ZPO) erfolgte die in Rede stehende „Weiterbeschäftigung“ der Mitbewerberin jedoch auf einer anderen von der Beklagten ausgeschriebenen Stelle, auf die sich diese - anders als der Kläger - eigens bewarb, und nach der Durchführung eines gesonderten Auswahlverfahrens durch die Beklagte. Die zur Kennziffer 131.21 - 3.2 ausgeschriebene Stelle wurde von der Beklagten für die Zeit nach dem zunächst vorgesehenen Befristungsende neu ausgeschrieben und mit einer anderen Person besetzt. Vor dem Hintergrund, dass sich der Kläger auch hierauf nicht bewarb, erscheint es fernliegend, dass ihm über den hinaus weitere Schäden entstanden sein könnten oder möglicherweise noch entstehen. Seine Ausführungen zu einer möglichen Fortsetzung eines mit ihm zunächst befristet begründeten Arbeitsverhältnisses beruhen auf reiner Spekulation.
30c) Im Ergebnis kommt es auf das Bestehen eines Feststellungsinteresses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO für die Zeit nach dem jedoch nicht an. Dieses ist echte Prozessvoraussetzung nur für das stattgebende Urteil ( - Rn. 106 mwN). Der Feststellungsantrag ist jedenfalls insgesamt unbegründet.
31aa) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Feststellung wegen einer Verletzung seiner Rechte aus Art. 33 Abs. 2 GG.
32(1) Gemäß Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der dadurch unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Bestimmung dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung. Sie begründet grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Bewerbern steht deshalb bei der Besetzung von Stellen des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (vgl. - Rn. 18, BVerfGE 143, 22; - Rn. 16 mwN). Öffentliche Ämter iSv. Art. 33 Abs. 2 GG sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt (vgl. - Rn. 8; - aaO).
33(2) Ein übergangener Bewerber kann Schadensersatz wegen der Nichtberücksichtigung seiner Bewerbung verlangen, wenn ein Arbeitgeber, der bei seiner Auswahlentscheidung an die Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG gebunden ist, eine zu besetzende Stelle zu Unrecht an einen Konkurrenten vergibt, die bei ordnungsgemäßer Auswahl ihm hätte übertragen werden müssen, und der Bewerber es nicht unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwehren. Der Schadensersatzanspruch folgt - unabhängig vom Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 Satz 1 BGB, Art. 34 Satz 1 GG - aus § 280 Abs. 1 BGB sowie aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG als Schutzgesetz (im Einzelnen dazu: - Rn. 22 mwN, BAGE 175, 281). Er richtet sich gemäß § 249 Abs. 1, § 251 Abs. 1 BGB auf Geldersatz ( - Rn. 28 mwN).
34Für einen solchen Schadensersatzanspruch muss festgestellt werden, dass ein hypothetischer Kausalverlauf auch bei rechtmäßigem Vorgehen des Arbeitgebers zu einer Entscheidung geführt hätte, die für die schadensersatzbegehrende Partei günstiger gewesen wäre. Dafür ist die Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs allein nicht ausreichend. Das Verhalten des Arbeitgebers im Bewerbungsverfahren ist für den Schaden eines zurückgewiesenen Bewerbers nur dann ursächlich, wenn sich jede andere Besetzungsentscheidung des Arbeitgebers als rechtsfehlerhaft erwiesen hätte. Deshalb hat der zurückgewiesene Bewerber nur in den Fällen Anspruch auf Ersatz seines Schadens, in denen ihm anstelle des Konkurrenten die Stelle hätte übertragen werden müssen. Die in diesem Zusammenhang erforderliche Reduktion des dem Arbeitgeber zustehenden Auswahlermessens auf null wiederum setzt voraus, dass der erfolglose Bewerber nach den in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der bestqualifizierte Bewerber war ( - Rn. 36 mwN; - 9 AZR 152/17 - Rn. 25, BAGE 161, 157). Hierfür trägt grundsätzlich der abgelehnte Bewerber die Darlegungs- und Beweislast. Erleichterungen sind nur in den Fällen zu erwägen, in denen der Arbeitgeber zur Ermittlung des hypothetischen Kausalverlaufs nichts beiträgt, insbesondere, wenn er keine oder nicht aussagekräftige Unterlagen vorlegt (vgl. - Rn. 37).
35(3) Grundlage für die Beurteilung der Bewerber um die ausgeschriebene Stelle ist das in der Ausschreibung mitgeteilte Anforderungsprofil, sofern es den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG hinreichend Rechnung trägt (zu den Einzelheiten: vgl. - Rn. 30; - 9 AZR 554/13 - Rn. 14 ff.).
36(4) Ausgehend hiervon steht dem Kläger der geltend gemachte Schadensersatzanspruch nicht aus § 280 Abs. 1 BGB bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG zu.
37Dabei kann offenbleiben, ob ein solcher Anspruch bereits deshalb nicht in Betracht kommt, weil der Kläger nicht zwischen Primärrechtsschutz und Liquidierung des behaupteten Schadens wählen kann. Insbesondere kann dahinstehen, ob dem Kläger die Inanspruchnahme eines Primärrechtsschutzes, gerichtet auf den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags für eine Tätigkeit auf der ausgeschriebenen Stelle, zumutbar war, obwohl die Beklagte gegenüber dem Kläger vorgerichtlich eine umfassende Auskunft zu der dem Auswahlverfahren zugrunde liegenden Dokumentation unter Hinweis auf „datenschutzrechtliche Erwägungen“ abgelehnt hat (zur Problematik: vgl. - Rn. 19 ff.; - Rn. 26, 28, BAGE 135, 213).
38Der Kläger hat jedenfalls nicht dargelegt, dass er nach den Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bestgeeignete unter den Bewerbern um die ausgeschriebene Stelle war. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts, im maßgeblichen Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (vgl. dazu - Rn. 38 mwN, BAGE 126, 26) hätten aufgrund des gegen den Kläger anhängigen Strafverfahrens begründete, einer Einstellung entgegenstehende Zweifel an dessen charakterlicher Eignung für eine Tätigkeit auf der ausgeschriebenen Stelle bestanden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
39(a) Die Auswahlentscheidung nach Art. 33 Abs. 2 GG hat alle Gesichtspunkte zu berücksichtigen, die für die Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung relevant sind. Neben der fachlichen und der physischen zählt hierzu auch die charakterliche Eignung des Bewerbers als Unterfall der persönlichen Eignung. Hierfür ist die prognostische Einschätzung entscheidend, inwieweit der Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werden wird. Diese Beurteilung erfordert eine wertende Würdigung aller Aspekte des Verhaltens des Bewerbers, die Aufschluss über die für die charakterliche Eignung relevanten persönlichen Merkmale, wie etwa Loyalität, Aufrichtigkeit und Zuverlässigkeit, geben können (vgl. 2 B 17.16 - Rn. 26 mwN). Bei der Einstellung reichen dabei begründete Zweifel an der Eignung für die in Aussicht genommene Tätigkeit aus (vgl. - Rn. 31 mwN; 2 C 15.23 - Rn. 37, BVerwGE 183, 207). Solche Zweifel können sich - je nach Art und Inhalt der in Aussicht genommenen Tätigkeit - auch aus einem gegen den Bewerber geführten, nicht abgeschlossenen gerichtlichen Strafverfahren ergeben (vgl. zur Frage des Arbeitgebers nach laufenden Strafverfahren, die für die Eignungsbeurteilung von Bedeutung sind: - Rn. 23, BAGE 143, 343; - 7 AZR 508/04 - zu I 1 b bb (1) der Gründe, BAGE 115, 296). Dem steht die in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerte Unschuldsvermutung nicht entgegen. Diese bindet unmittelbar nur den Richter, der über die Begründetheit der Anklage zu entscheiden hat. Daraus ergibt sich nicht, dass aus einem anhängigen Strafverfahren für den Beschuldigten überhaupt keine Nachteile entstehen dürfen oder nachteilige Rechtsfolgen, die keinen Strafcharakter besitzen, geknüpft werden dürfen (vgl. - aaO, mwN; zur Zulässigkeit einer Verdachtskündigung vgl. - Rn. 25 mwN, BAGE 165, 255).
40(b) Im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung lagen Tatsachen vor, die bei Anlegung eines objektiven Maßstabs (vgl. dazu - zu B I 1 b bb der Gründe, BAGE 91, 349) begründete Zweifel an der persönlichen Eignung des Klägers für eine Tätigkeit auf der ausgeschriebenen Stelle auslösen mussten.
41(aa) Der Kläger wendet sich nicht gegen die Feststellungen des Landesarbeitsgerichts betreffend seine am erfolgte strafgerichtliche Verurteilung durch das Landgericht München I und zu dem erfolgten Schuldspruch, nämlich der Verhängung einer zur Bewährung ausgesetzten Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und vier Monaten wegen Betrugs in drei Fällen und versuchten Betrugs in neun Fällen. Er stellt auch nicht in Abrede, dass das Landgericht seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet hat, er habe im Jahr 2011 und damit zu einer Zeit, als er als Rechtsanwalt tätig war, gemeinschaftlich mit einem Dritten den Entschluss gefasst, auf der Grundlage von „Scheinbewerbungen“ des Dritten gegenüber Arbeitgebern Entschädigungsansprüche nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz - auch gerichtlich - geltend zu machen mit dem Ziel, den Dritten zu Unrecht zu bereichern und diesem eine Einnahmequelle von einiger Dauer und Erheblichkeit zu verschaffen.
42(bb) Der im Strafverfahren gegenüber dem Kläger erhobene Tatvorwurf war objektiv geeignet, Zweifel an der Eignung des Klägers für die in Aussicht genommene Tätigkeit zu begründen. Beurteilungsgrundlage hierfür bildet der in der Stellenausschreibung zum Ausdruck gebrachte, von der Beklagten in Ausübung ihrer Organisationsgewalt festgelegte Stellenzuschnitt. Danach zählten zu den Aufgaben eines Stelleninhabers ua. das Führen von Rechtsstreitigkeiten, auch vor den Gerichten für Arbeitssachen, einschließlich der Vertretung der Beklagten vor Gericht. Darüber hinaus gehörte zur Aufgabenstellung die Mitwirkung in einer „AGG-Beschwerdestelle“ der Beklagten, dh. einer nach § 13 AGG eingerichteten Beschwerdestelle. Die Ausübung einer solchen Tätigkeit setzt voraus, dass der Mitarbeiter Gewähr dafür bietet, rechtliche Vorgaben einzuhalten. Daran bestehen bei einem Stelleninhaber, der sich möglicherweise eines Betrugs im Zusammenhang mit der - auch gerichtlichen - Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz strafbar gemacht hat, ganz erhebliche Zweifel. Weder kann einer solchen Person bedenkenlos die Führung von Rechtsstreitigkeiten für die Beklagte anvertraut werden, noch ist sie geeignet, Angelegenheiten aus dem Bereich einer Beschwerdestelle nach § 13 AGG zuverlässig und vertrauenswürdig zu bearbeiten.
43(cc) Diesem Befund steht nicht entgegen, dass die Tathandlungen, wegen derer der Kläger vor dem Landgericht München I angeklagt und von diesem verurteilt wurde, im Zeitpunkt der Auswahlentscheidung der Beklagten bereits mehrere Jahre zurücklagen. Denn das vom Landgericht München I als strafwürdig erkannte Verhalten erschöpfte sich nicht in einem einmaligen Vergehen. Jedenfalls vor diesem Hintergrund ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht der strafgerichtlichen Verurteilung, die als solche auch nur etwas mehr als ein Jahr vor der Auswahlentscheidung der Beklagten erfolgte, weiterhin Bedeutung für die prognostische Beurteilung der persönlichen Eignung des Klägers beigemessen hat. Auf die vom Kläger eingelegte Revision gegen die Verurteilung durch das Landgericht kommt es nicht an. Ausreichend war vielmehr die bestehende Möglichkeit, dass sich der Kläger im Sinne der Anklage strafbar gemacht hat. Eine Prognose über den voraussichtlichen Bestand des Strafurteils konnte die Beklagte - was der Kläger selbst nicht in Abrede stellt - nicht zuverlässig treffen. Sie war auch nach Art. 33 Abs. 2 GG nicht verpflichtet, dahin gehende, rechtlich komplexe Erwägungen anzustellen. Im Übrigen hat, ohne dass dies entscheidungserheblich wäre, der Bundesgerichtshof das Urteil des Landgerichts München I zwar einschließlich der vom Landgericht getroffenen Feststellungen auf die Revision des Klägers aufgehoben. Er hat es aber nicht für ausgeschlossen erachtet, dass der Kläger sich im Rahmen der Entschädigungsprozesse, die er für den ursprünglich mitangeklagten Dritten geführt hat, zumindest unter Verstoß gegen das Wahrheits- und Vollständigkeitsgebot aus § 138 ZPO eines Betrugs im Prozess strafbar gemacht hat (vgl. - Rn. 49 ff.), und vor diesem Hintergrund die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
44(dd) Es ist unbeachtlich, dass die Beklagte nach dem Inhalt ihres Auswahlvermerks von einer objektiv unzutreffenden Verurteilung des Klägers wegen „gewerbsmäßigen“ Betrugs ausging. Es fehlt an der Kausalität der Fehleinschätzung der Beklagten für den vom Kläger reklamierten Schaden, weil auch ohne das Eingreifen des Strafschärfungsgrundes der Gewerbsmäßigkeit nach § 263 Abs. 3 StGB angesichts des anhängigen Strafverfahrens begründete Zweifel an der charakterlichen Eignung des Klägers bestanden. Entsprechendes gilt, soweit die Revision geltend macht, die Beklagte sei „nachweisbar falsch“ davon ausgegangen, die Verurteilung beziehe sich auf „Scheinbewerbungen“ des Klägers und nicht - wie tatsächlich erfolgt - auf Bewerbungen des Dritten und damit zusammenhängende Geltendmachungen von Entschädigungsansprüchen.
45(ee) Ein unzulässiger Eingriff in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG liegt entgegen der Auffassung des Klägers nicht vor. Das mögliche Maß an Freiheit der Berufswahl wird für Berufe, die „öffentlicher Dienst“ sind, für den Einzelnen durch den gleichen Zugang zu allen öffentlichen Ämtern bei gleicher Eignung (Art. 33 Abs. 2 GG) gewährleistet (vgl. - zu B II 1 a der Gründe, BVerfGE 108, 282; - 2 BvL 13/73 - zu C III 4 a der Gründe, BVerfGE 39, 334; Burghart in Leibholz/Rinck Grundgesetz Kommentar 95. Lieferung 6/2025 Art. 33 GG Rn. 31; „ergänzende [Sonder-]Regelung“: Dürig/Herzog/Scholz/Badura Stand März 2025 GG Art. 33 Rn. 19; Kaiser in Huber/Voßkuhle GG 8. Aufl. Art. 33 Rn. 13).
46(c) Der Senat muss im Hinblick auf den aus § 280 Abs. 1 BGB und § 823 Abs. 2 BGB iVm. Art. 33 Abs. 2 GG abgeleiteten Feststellungsanspruch nicht entscheiden, ob die Beklagte im Auswahlverfahren Daten über das gegen den Kläger anhängige Strafverfahren und die dortige Verurteilung unter Verstoß gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung verarbeitet hat. Auf das vom Kläger in diesem Zusammenhang geltend gemachte Verwertungsverbot kommt es nicht an. Denn die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er nach sämtlichen in Art. 33 Abs. 2 GG genannten Kriterien der bestqualifizierte Bewerber war, liegt - wie (unter Rn. 34) ausgeführt - beim Kläger. Da er seine Behauptung zu seiner Besteignung auf die Feststellungen im Auswahlvermerk der Beklagten stützt, aus dem sich aber zugleich die objektive Tatsache des gegen ihn geführten Strafverfahrens ergibt, war er gehalten darzulegen, warum trotz dieses Verfahrens und seiner Verurteilung von seiner charakterlichen Eignung für eine Tätigkeit auf der ausgeschriebenen Stelle auszugehen sein soll. Dies ist ihm nicht gelungen. Seine Klage ist insoweit im Ergebnis unschlüssig.
47bb) Der mit dem Feststellungsantrag verfolgte Anspruch auf materiellen Schadenersatz steht dem Kläger auch nicht aus Art. 82 Abs. 1 DSGVO zu.
48(1) Nach dieser Bestimmung hat jede Person, der wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, Anspruch auf Schadenersatz gegen den Verantwortlichen.
49(2) Hiervon ausgehend kann dahingestellt bleiben, ob die Beklagte, soweit sie im Auswahlverfahren Daten über das gegen den Kläger vor dem Landgericht München I geführte Strafverfahren verarbeitet hat, gegen die Datenschutz-Grundverordnung verstoßen hat, insbesondere ob hier ein Verstoß gegen Art. 6, Art. 10 und/oder Art. 14 DSGVO vorliegt. Dies kann vielmehr zugunsten des Klägers unterstellt werden. Es fehlt jedenfalls an der Darlegung eines Kausalzusammenhangs zwischen den vom Kläger angeführten Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung und dem geltend gemachten materiellen Schaden als einer der drei kumulativen Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO (vgl. dazu: - [Agentsia po vpisvaniyata] Rn. 140; - C-300/21 - [Österreichische Post] Rn. 32; - Rn. 10 mwN).
50Bei den geltend gemachten Verstößen gegen die Datenschutz-Grundverordnung handelt es sich um Fehler im Auswahlverfahren, die für sich betrachtet nicht ursächlich für einen dem Kläger durch die Nichteinstellung entstandenen Schaden geworden sein können. Dieser Schaden ist vielmehr darauf zurückzuführen, dass er wegen objektiv begründeter Zweifel an seiner charakterlichen Eignung nicht als geeigneter Bewerber angesehen werden kann und schon deshalb keine Verpflichtung der Beklagten bestand, die ausgeschriebene Stelle mit ihm zu besetzen.
512. Der zulässige Klageantrag zu 2. ist, soweit Gegenstand der Revision, unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Recht keinen über 1.000,00 Euro zzgl. Zinsen ab dem hinausgehenden immateriellen Schadenersatz zugesprochen.
52a) Da sich die Beklagte gegen ihre Verurteilung zur Zahlung einer Entschädigung nicht mit einem eigenen Rechtsmittel gewandt hat, ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts insoweit mit dem Ablauf der Frist für eine mögliche Anschlussrevision rechtskräftig geworden (vgl. - Rn. 10 mwN).
53b) Zugunsten des Klägers kann unterstellt werden, dass ihm nicht nur - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - ein Anspruch auf Zahlung immateriellen Schadenersatzes gemäß Art. 82 Abs. 1 DSGVO wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen ihre Informationspflichten aus Art. 14 Abs. 1 Buchst. d DSGVO zusteht, sondern die Beklagte bereits die Daten über das gegen den Kläger anhängige Strafverfahren mangels Eingreifens eines Erlaubnistatbestands iSv. Art. 6 und Art. 10 DSGVO unter Verstoß gegen Bestimmungen der Datenschutz-Grundverordnung erhoben hat, und demzufolge mehrere Verstöße gegen die Verordnung vorliegen. Dies führt aber nicht dazu, dass der vom Landesarbeitsgericht festgesetzte Entschädigungsbetrag rechtsfehlerhaft bemessen wäre.
54aa) Bei der Bemessung der Höhe des nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO geschuldeten Schadenersatzes haben die nationalen Gerichte in Ermangelung einer Bestimmung in der Datenschutz-Grundverordnung die innerstaatlichen Vorschriften der einzelnen Mitgliedstaaten über den Umfang der finanziellen Entschädigung anzuwenden, sofern die unionsrechtlichen Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität beachtet werden. Art. 82 Abs. 1 DSGVO verlangt dabei nicht, dass die Schwere des Verschuldens berücksichtigt wird. Die Ausgleichsfunktion des in Art. 82 Abs. 1 DSGVO verankerten Schadenersatzanspruchs schließt es sogar aus, dass eine etwaige Vorsätzlichkeit des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung bei der Bemessung des Schadenersatzes zum Tragen kommt. Der Betrag ist jedoch so festzulegen, dass er den konkret aufgrund des Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung erlittenen Schaden in vollem Umfang ausgleicht (vgl. , C-189/22 - [Scalable Capital] Rn. 27 ff. mwN; - Rn. 36).
55bb) Hinsichtlich der nach diesen Maßgaben vorzunehmenden Bemessung der Höhe eines Schadenersatzes steht den Tatsachengerichten nach § 287 Abs. 1 ZPO ein weiter Ermessensspielraum zu, innerhalb dessen sie die Besonderheiten jedes einzelnen Falls zu berücksichtigen haben. Die Festsetzung unterliegt nur der eingeschränkten Überprüfung durch das Revisionsgericht (vgl. - Rn. 37; - 8 AZR 124/23 - Rn. 16).
56cc) Der vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilte Betrag von 1.000,00 Euro ist jedenfalls ausreichend, um einen dem Kläger entstandenen immateriellen Schaden auszugleichen.
57(1) Das Landesarbeitsgericht hat darauf abgestellt, dass der Kläger durch die Art und Weise der Verarbeitung der Daten über das gegen ihn anhängige Strafverfahren in erheblicher Weise zum bloßen Objekt der Verarbeitung geworden sei, was seinen Achtungsanspruch als Person herabgesetzt habe und mit einem erheblichen Kontrollverlust einhergegangen sei. Damit hat es die vom Kläger angeführten tatsächlichen Beeinträchtigungen umfassend gewürdigt. Der auf dieser Grundlage festgesetzte Entschädigungsbetrag hält sich im tatrichterlichen Beurteilungsspielraum.
58(2) Soweit der Kläger eine ausreichend „abschreckende Wirkung“ der ihm zuerkannten Entschädigung vermisst, zeigt er keinen Gesichtspunkt auf, der eine Erhöhung rechtfertigen könnte. Durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist geklärt, dass der in Art. 82 Abs. 1 DSGVO geregelte Schadenersatzanspruch ausschließlich eine ausgleichende und keine strafende Funktion hat, und dass die Höhe eines auf der Grundlage dieser Bestimmung gewährten Schadenersatzes nicht über das hinausgehen darf, was zum Ausgleich eines erlittenen Schadens erforderlich ist (zuletzt - Rn. 40 ff.). Der danach maßgebliche Charakter des Entschädigungsanspruchs als Anspruch auf Ausgleich eines tatsächlich erlittenen Schadens ist nicht davon abhängig, ob Regelungen im nationalen Recht wegen eines Verstoßes gegen die Datenschutz-Grundverordnung die Verhängung eines Bußgelds gegen den Verantwortlichen ermöglichen oder nicht.
59(3) Der Kläger zeigt auch keinen revisiblen Rechtsfehler auf, soweit er geltend macht, das Landesarbeitsgericht sei lediglich von einem Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung ausgegangen, während tatsächlich mehrere Verstöße vorlägen. Selbst wenn Letzteres - was zugunsten des Klägers unterstellt werden kann - zutreffen sollte, beziehen sich die behaupteten Verstöße jedenfalls auf denselben Verarbeitungsvorgang. In einem solchen Fall kann, wie der Gerichtshof der Europäischen Union bereits erkannt hat, der Umstand, dass der Verantwortliche mehrere Verstöße gegenüber derselben Person begangen hat, nicht als relevantes Kriterium für die Bemessung des der betroffenen Person gemäß Art. 82 DSGVO zu gewährenden Schadenersatzes herangezogen werden. Um den Betrag der als Ausgleich geschuldeten finanziellen Entschädigung festzulegen, ist allein der vom Betroffenen konkret erlittene Schaden zu berücksichtigen ( - [juris] Rn. 64).
60III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:050625.U.8AZR117.24.0
Fundstelle(n):
QAAAJ-99760