BAG Urteil v. - 8 AZR 187/23

Bewerbungsverfahrensanspruch - Bestenauslese - Befristung - öffentlicher Arbeitgeber - institutioneller Rechtsmissbrauch

Leitsatz

1. Die Entscheidung eines öffentlichen Arbeitgebers, nur Bewerber in die Auswahl für eine befristet zu besetzende Stelle einzubeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass eine weitere Sachgrundbefristung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs erfüllt, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung.

2. Bei einer Sachgrundbefristung ist der öffentliche Arbeitgeber nicht verpflichtet, sein Organisationsermessen in Bezug auf die in die Auswahl einzubeziehenden Bewerber in einer Weise auszuüben, die ihn dem Vorwurf des institutionellen Rechtsmissbrauchs aussetzt.

Gesetze: Art 33 Abs 2 GG, § 14 Abs 1 TzBfG, Art 19 Abs 4 GG, Art 20 Abs 3 GG

Instanzenzug: ArbG Würzburg Az: 8 Ca 627/22 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Nürnberg Az: 5 Sa 373/22 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten darüber, ob der Beklagte verpflichtet ist, die von ihm an der J-Universität W (im Folgenden Universität) ausgeschriebene Stelle einer technischen Assistenz am Institut für Pathologie mit dem Kläger zu besetzen.

2Der schwerbehinderte Kläger war zunächst vom bis zum auf der Grundlage von insgesamt sieben befristeten Arbeitsverträgen bei dem Universitätsklinikum W (im Folgenden Universitätsklinikum) beschäftigt. Seit dem ist er aufgrund eines zunächst bis zum befristeten Arbeitsvertrags mit dem Beklagten bei der Universität beschäftigt. Mit Änderungsvertrag vom haben die Parteien das Arbeitsverhältnis bei der Universität bis zum befristet verlängert. Über die Wirksamkeit dieser letzten Befristung des Arbeitsverhältnisses streiten die Parteien in einem gesonderten Verfahren.

3Im Januar 2022 schrieb der Beklagte eine Stelle für einen technischen Assistenten am Institut für Pathologie an der Universität für interne und externe Bewerber aus. Nach der Ausschreibung war die Stelle für zwei Jahre befristet mit der Option auf eine Vertragsverlängerung. Der Kläger bewarb sich auf diese Stelle und der Leiter des Pathologischen Instituts beantragte die Umsetzung des Klägers bei der Personalabteilung. Die Personalabteilung lehnte den Antrag auf Umsetzung des Klägers ab und führte zur Begründung aus, aufgrund der Vorbeschäftigungszeiten sei ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis an der Universität nicht mehr zumutbar.

4Am beantragte der Kläger den Erlass einer einstweiligen Verfügung beim Arbeitsgericht, mit der dem Beklagten aufgegeben werden sollte, die ausgeschriebene Stelle vorerst nicht zu besetzen. Der Beklagte verpflichtete sich in diesem Verfahren in einem gerichtlichen Vergleich, die Stelle vorläufig nicht mit einem anderen Bewerber zu besetzen.

5Beim Beklagten gilt für die Universität eine Inklusionsvereinbarung, die zum in Kraft getreten ist. Darin ist ua. geregelt:

6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, sein Anspruch auf die begehrte Stelle folge aus Art. 33 Abs. 2 GG. Er sei der am besten geeignete Bewerber. Dem Beklagten sei es verwehrt, sich auf die lange Dauer der bereits erfolgten Befristungen zu berufen. Er könne nicht mit Erfolg geltend machen, das Arbeitsverhältnis mit ihm könne möglicherweise nicht mehr wirksam befristet werden, weil eine solche Kettenbefristung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam sein könne. Die Rechtsprechung zum institutionellen Rechtsmissbrauch diene dazu, Kettenbefristungen zum Schutz der betroffenen Arbeitnehmer einzuschränken. Der Umstand, dass eine weitere Befristung möglicherweise wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam sei, könne ihm nicht entgegengehalten werden, mit der Folge, dass die begehrte Stelle ihm unter Verletzung von Art. 33 Abs. 2 GG nicht übertragen werde. Im Übrigen lägen aus seiner Sicht ohnehin Daueraufgaben vor, die nicht geeignet seien, eine Befristung zu rechtfertigen.

7Ein institutioneller Rechtsmissbrauch aufgrund von aneinandergereihten Befristungen liege im Übrigen nicht erst vor, wenn ihm die begehrte befristete Stelle im Pathologischen Institut übertragen werde. Vielmehr sei die Schwelle zum Rechtsmissbrauch bereits zuvor überschritten worden, denn die Arbeitsverhältnisse bei der Universität seien mit den vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnissen mit dem Universitätsklinikum zusammenzurechnen. Nach dem Gesetz über die Universitätsklinika des Freistaates Bayern seien Beschäftigungszeiten bei dem Universitätsklinikum vom Beklagten wie eigene Beschäftigungszeiten anzurechnen.

8Im Übrigen müsse sich der Beklagte auch an seine Inklusionsvereinbarung halten. Diese begründe zwar keinen Individualanspruch, sei aber bei der Ermessensausübung zu beachten. Folglich ergebe sich daraus für ihn ein Anspruch auf die begehrte Stelle.

9Der Kläger hat beantragt,

10Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

11Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter. Der Beklagte begehrt die Zurückweisung der Revision.

Gründe

12Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Beklagte weder nach Art. 33 Abs. 2 GG noch aufgrund der Inklusionsvereinbarung verpflichtet ist, die Stelle einer technischen Assistenz am Institut für Pathologie der Universität mit dem Kläger zu besetzen.

13I. Ein Anspruch auf Übertragung der begehrten Stelle folgt nicht aus Art. 33 Abs. 2 GG.

141. Ein Anspruch auf Übertragung der begehrten Stelle kann sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 2 GG ergeben, sofern sämtliche Einstellungsvoraussetzungen in der Person des Bewerbers erfüllt sind und dessen Einstellung die einzig rechtmäßige Entscheidung eines Arbeitgebers des öffentlichen Dienstes ist, weil jede andere Entscheidung sich als rechtswidrig oder ermessensfehlerhaft darstellen würde ( - Rn. 14, BAGE 130, 107; für einen Schadensersatzanspruch vgl.  - Rn. 22, BAGE 175, 281). Nur der für die zu besetzende Stelle am besten geeignete Bewerber hat einen Anspruch auf Einstellung oder Beförderung, sobald und solange sich der Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes im Rahmen seiner Organisationsgewalt dafür entschieden hat, verfügbare Stellen im Wege der Bewerberauswahl zu besetzen ( - Rn. 32, BAGE 175, 39; vgl.  2 C 27.15 - Rn. 26 f. mwN, BVerwGE 156, 272).

152. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor. Es kann dahinstehen, ob der Kläger der am besten für die Stelle einer technischen Assistenz am Institut für Pathologie geeignete Bewerber ist. Der Beklagte durfte sich im Rahmen seiner Organisationsfreiheit dazu entschließen, die zu besetzende Stelle nur befristet auszuschreiben. Im Rahmen dieser Organisationsentscheidung durfte der Beklagte den Kläger von der Auswahl für die ausgeschriebene Stelle ausnehmen. Der Beklagte ist nicht verpflichtet, mit dem Kläger ein weiteres befristetes Arbeitsverhältnis abzuschließen, weil die naheliegende Möglichkeit besteht, dass die Befristung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam wäre.

16a) Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Der unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleistete Grundsatz der Bestenauslese dient zum einen dem öffentlichen Interesse an der bestmöglichen Besetzung der Stellen des öffentlichen Dienstes. Zum anderen trägt die Bestimmung dem berechtigten Interesse der Bediensteten an einem angemessenen beruflichen Fortkommen Rechnung. Sie begründet grundrechtsgleiche Rechte auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Einbeziehung in die Bewerberauswahl. Bewerbern steht deshalb bei der Besetzung von Stellen des öffentlichen Dienstes ein verfassungsrechtlicher Bewerbungsverfahrensanspruch zu. Daraus folgt angesichts der Kriterien Eignung, Befähigung und fachliche Leistung in Art. 33 Abs. 2 GG ein subjektives Recht jedes Bewerbers auf chancengleiche Teilnahme am Bewerbungsverfahren (vgl.  - Rn. 18, BVerfGE 143, 22;  - Rn. 13; - 9 AZR 91/19 - Rn. 27). Öffentliche Ämter iSv. Art. 33 Abs. 2 GG sind nicht nur Beamtenstellen, sondern auch Stellen, die ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes mit Arbeitnehmern zu besetzen beabsichtigt (vgl.  - Rn. 8;  - Rn. 20; - 9 AZR 91/19 - Rn. 26).

17b) Der Bewerbungsverfahrensanspruch bedarf einer Abgrenzung zur Organisationsfreiheit des öffentlichen Arbeitgebers ( - Rn. 40, BAGE 121, 67). Die Vorentscheidungen, die zur Existenz eines verfügbaren öffentlichen Amtes führen, unterfallen der Organisationsgewalt des staatlichen Rechtsträgers; ein subjektives Recht auf Ausbringung einer bestimmten Planstelle besteht nicht. Über die Einrichtung und nähere Ausgestaltung von Dienstposten entscheidet der Dienstherr nach organisatorischen Bedürfnissen und Möglichkeiten ( - Rn. 8;  - Rn. 31, BAGE 144, 275; vgl. zur verfassungsrechtlichen Gewährleistung der Organisationsgewalt  2 C 23.03 - zu 4 der Gründe, BVerwGE 122, 147). Die Bereitstellung und Ausgestaltung von Stellen und deren Bewirtschaftung dienen grundsätzlich allein dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Erfüllung der öffentlichen Aufgaben ( 2 A 2.20 - Rn. 15, BVerwGE 171, 17). Es obliegt daher auch dem organisatorischen Ermessen, wie der Dienstherr einen Dienstposten zuschneiden will und welche Anforderungen demgemäß der Bewerberauswahl zugrunde zu legen sind. Er kann etwa wählen, ob er eine Stelle im Wege der Beförderung oder der Versetzung vergeben will (vgl.  - Rn. 10;  - Rn. 26, BAGE 169, 26;  1 WB 40.21 - Rn. 23, BVerwGE 175, 53). Der Dienstherr ist in Ausübung seines Organisationsermessens auch frei, ob er eine Stelle im Rahmen eines Beamten- oder Arbeitsverhältnisses ausschreibt (vgl.  - Rn. 20;  2 B 3.21 - Rn. 12, BVerwGE 172, 8; - 2 A 2.20 - Rn. 14, aaO).

183. Die Entscheidung, die ausgeschriebene Stelle nur befristet zu besetzen, und Bewerber vom Auswahlverfahren auszunehmen, mit denen eine weitere Befristung die Gefahr eines institutionellen Rechtsmissbrauchs begründet, ist Teil der dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsentscheidung (aA wohl Sieweke AuR 2013, 159, 161).

19a) Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Entscheidung des öffentlichen Arbeitgebers, eine Stelle befristet oder unbefristet auszuschreiben, dem Bereich seiner Organisationshoheit zuzuordnen ist. Nach § 14 Abs. 1 TzBfG ist die Befristung eines Arbeitsvertrags zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Nach dieser gesetzlichen Regelung steht es auch dem öffentlichen Arbeitgeber frei, eine Organisationsentscheidung dahin gehend zu treffen, eine offene Stelle aufgrund eines Sachgrundes iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG nur befristet zu besetzen (vgl.  - zu 1.1 der Gründe;  - zu I 1 b der Gründe; vgl. zur sachgrundlosen Befristung:  - zu B II 4 a der Gründe). Es handelt sich insoweit um Fragen der Ausgestaltung von Stellen und deren Bewirtschaftung. Dagegen ist die gem. Art. 33 Abs. 2 GG nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung zu treffende Auswahlentscheidung zwischen den Bewerbern noch nicht betroffen.

20b) Die Entscheidung des Beklagten, nur Bewerber in die Auswahl für die zu besetzende Stelle einzubeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit gegeben ist, dass die Befristung die Voraussetzungen eines institutionellen Rechtsmissbrauchs erfüllt, ist ebenfalls dem Bereich der Organisationsentscheidung zuzuordnen. Wäre der öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, auch solche Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, bei denen die naheliegende Möglichkeit eines institutionellen Rechtsmissbrauchs besteht, wäre die Entscheidung für eine befristete Besetzung in keiner Weise rechtssicher umsetzbar. Zwischen der Entscheidung, eine befristete Besetzung vorzunehmen, und der Entscheidung, nur solche Bewerber in das Auswahlverfahren einzubeziehen, mit denen eine weitere Sachgrundbefristung nicht die naheliegende Möglichkeit des Rechtsmissbrauchs begründet, besteht ein untrennbarer Zusammenhang.

214. Die Organisationsentscheidung, die ausgeschriebene Stelle befristet zu besetzen und nur Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, mit denen eine Befristung nicht die naheliegende Möglichkeit eines institutionellen Rechtsmissbrauchs begründet, hält sich im Rahmen des dem Beklagten insoweit zustehenden weiten Organisationsermessens.

22a) Die Organisationshoheit ist mit einem weiten Gestaltungs-, Beurteilungs- und Ermessensspielraum verbunden ( 2 A 2.20 - Rn. 13, BVerwGE 171, 17). Das aus dem Organisationsrecht des Dienstherrn erwachsende organisations- und verwaltungspolitische Ermessen bei der haushaltsrechtlichen Ausbringung und Bewirtschaftung von Planstellen des öffentlichen Dienstes ist ein anderes als das bei der Stellenbesetzung zu beachtende „Auswahlermessen“ (genauer: als der dort bestehende Beurteilungsspielraum). Wie der öffentliche Arbeitgeber seine Organisationsfreiheit nutzt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen ( - Rn. 26, BAGE 169, 26; - 9 AZR 673/14 - Rn. 25, BAGE 155, 29; - 9 AZR 492/06 - Rn. 40, BAGE 121, 67).

23b) Öffentliche Arbeitgeber verletzen regelmäßig nicht das ihnen zustehende Organisationsermessen, wenn sie sich entscheiden, eine Stelle befristet auszuschreiben und nur solche Bewerber in die Auswahl einbeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass sich eine Sachgrundbefristung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs als rechtsunwirksam erweist.

24aa) Dabei ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass damit Bewerber von vornherein von dem Auswahlverfahren nach Art. 33 Abs. 2 GG ausgeschlossen werden, sofern sie bereits in der Vergangenheit längere Zeit bzw. aufgrund zahlreicher Verlängerungen befristet bei demselben öffentlichen Arbeitgeber beschäftigt waren. Für die ausgeschlossenen Bewerber stellt dies eine erhebliche Belastung dar, weil es bedeuten kann, dass - wenn unbefristete Stellen nicht zu erreichen sind - nach Jahren die Möglichkeit einer weiteren befristeten Tätigkeit beim selben Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes endet. Daraus folgt, dass der Schutz, den die Begrenzung von Kettenbefristungen den betroffenen Arbeitnehmern bietet, eine negative Reflexwirkung entfalten kann, wenn die Alternative zur befristeten Beschäftigung nicht ein unbefristetes, sondern die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Diese Beeinträchtigung wiegt schwer, weil den Schutzinteressen derjenigen, die Erwerbstätigkeit suchen, ein hoher Stellenwert zukommt. Der Arbeitsplatz ist in aller Regel die wirtschaftliche Existenzgrundlage. Lebenszuschnitt und Wohnumfeld werden davon ebenso bestimmt wie gesellschaftliche Stellung und Selbstwertgefühl, gesellschaftliche Teilhabe und Zukunftschancen. Auch eine nur befristete Erwerbsarbeit ist für die soziale Absicherung der Beschäftigten in einem sozialversicherungsrechtlichen System, das sich maßgeblich aus im Arbeitsverhältnis erwirtschafteten Beitragszahlungen finanziert, von erheblicher Bedeutung ( ua. - Rn. 56 mwN, BVerfGE 149, 126).

25bb) Allerdings ist ebenfalls zu berücksichtigen, dass die Beschränkung von Kettenbefristungen in erster Linie betroffene Arbeitnehmer vor einer übermäßig langen Unsicherheit durch immer weitere befristete Arbeitsverhältnisse schützt. Es soll ausgeschlossen werden, dass Arbeitgeber rechtsmissbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen (vgl.  - [Popescu] Rn. 66; - C-586/10 - [Kücük] Rn. 40;  - Rn. 23, BAGE 157, 125; - 7 AZR 443/09 - Rn. 36 ff., BAGE 142, 308). Die Angewiesenheit auf Erwerbsarbeit soll nicht durch Kettenbefristungen ausgenutzt werden (vgl. zur sachgrundlosen Befristung ua. - Rn. 59, BVerfGE 149, 126). Vor diesem Hintergrund dient es grundsätzlich dem Schutz der betroffenen Arbeitnehmer, wenn öffentliche Arbeitgeber darauf achten, überlange Befristungsketten zu vermeiden, die einen institutionellen Rechtsmissbrauch nahelegen.

26cc) Letztlich müssen öffentliche Arbeitgeber im Fall einer Sachgrundbefristung kein zusätzliches Risiko eingehen, das über die nach § 14 Abs. 1 TzBfG typische Unsicherheit hinausgeht, ob sich der Sachgrund im Rahmen einer Befristungskontrollklage als gegeben erweist. Bei einer Sachgrundbefristung ist der öffentliche Arbeitgeber nicht verpflichtet, sein Organisationsermessen in einer Weise auszuüben, die ihn dem Vorwurf des institutionellen Rechtsmissbrauchs aussetzt. Der Personenkreis, bei dem die naheliegende Möglichkeit des Rechtsmissbrauchs besteht, ist nach der Gesamtdauer der befristeten Arbeitsverträge bzw. der Anzahl der Verlängerungen nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts eindeutig abgrenzbar (vgl.  - Rn. 31; - 7 AZR 135/15 - Rn. 26, BAGE 157, 125). Wären öffentliche Arbeitgeber verpflichtet, Bewerber aus diesem Kreis in die Auswahl für eine befristete Stelle einzubeziehen, müssten sie sich dem klar erkennbaren Risiko aussetzen, institutionell rechtsmissbräuchlich zu handeln, mit der Folge, dass die eigentlich wirksame Sachgrundbefristung unwirksam wäre.

27c) Es sind im Übrigen auch keine besonderen Umstände erkennbar, die dafürsprechen, dass der Beklagte die Befristung der ausgeschriebenen Stelle im konkreten Einzelfall aus unsachlichen Gründen vorgesehen hat. Insbesondere liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine befristete Stelle ausgeschrieben worden ist, um zu verhindern, dass sich der Kläger oder bestimmte andere Personen mit Erfolg auf die Stelle bewerben können. Im Rahmen der Konkurrentenklage kommt es grundsätzlich nicht darauf an, ob der Arbeitgeber einen Sachgrund iSv. § 14 Abs. 1 TzBfG zutreffend annimmt.

285. Der Beklagte hat die Organisationsentscheidung, die ausgeschriebene Stelle befristet zu besetzen und nur Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, mit denen eine Befristung ohne die Gefahr des Rechtsmissbrauchs möglich ist, auch hinreichend dokumentiert.

29a) Die Organisationsentscheidung unterliegt nicht unmittelbar der Dokumentationspflicht, die die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu beamtenrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten um Beförderungsämter aus Art. 33 Abs. 2 iVm. Art. 19 Abs. 4 GG hergeleitet hat ( 1 WB 40.21 - Rn. 25, BVerwGE 175, 53; vgl. zur Dokumentationspflicht in arbeitsrechtlichen Konkurrentenstreitigkeiten:  - Rn. 14; - 9 AZR 347/09 - Rn. 26, BAGE 135, 213). Unter dem Blickwinkel der „verfahrensbegleitenden Absicherung der Einhaltung der Maßstäbe des Art. 33 Abs. 2 GG“ ( - Rn. 22) ist aber auch für die Organisationsentscheidung ein Nachweis zu fordern, der verhindert, dass die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten einzelner Bewerber verändert werden; denn mit der Festlegung des Modells, nach dem die Auswahl erfolgen soll, wird zugleich eine (Vor-)Entscheidung über den Auswahlmaßstab getroffen. Allerdings dürfen die Anforderungen an die diesbezügliche Dokumentation nicht überspannt werden. Ein Nachweis kann grundsätzlich auch durch einen entsprechenden Vermerk in den Akten des Auswahlverfahrens geführt werden, solange er die Funktion, eine nachträgliche Veränderung der Auswahlgrundlagen zu verhindern, erfüllt ( 1 WB 40.21 - aaO). Ein wegen der Organisationsentscheidung nicht in die Auswahl einbezogener Bewerber muss der Dokumentation die Gründe entnehmen können, die ihn von einer weiteren Betrachtung im Eignungs- und Leistungsvergleich ausschließen, sodass ihm eine sachgerechte Kontrolle der Organisationsentscheidung möglich ist ( 1 WB 17.19 - Rn. 21; - 1 WB 16.16 - Rn. 33).

30b) Diese Anforderungen an die Dokumentation der Organisationsentscheidung des Beklagten sind vorliegend erfüllt. Der Beklagte hat seine Organisationsentscheidung, die Stelle befristet auszuschreiben und nur Bewerber in die Auswahl einzubeziehen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass die Sachgrundbefristung wegen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist, ausreichend dokumentiert. Bereits aus der Stellenausschreibung ergibt sich, dass ein Arbeitsvertrag „befristet für 2 Jahre mit Option auf Verlängerung“ abgeschlossen werden soll. In der an den Klägervertreter gerichteten schriftlichen Absage vom führt der Beklagte aus: „Aufgrund der Vorbeschäftigungszeiten Ihres Mandanten ist die Zumutbarkeit eines weiteren befristeten Arbeitsverhältnisses an der Universität nicht mehr gegeben.“ Hieraus ergibt sich zwar nicht ausdrücklich, dass der Beklagte den Kläger aufgrund seiner Vorbeschäftigungszeiten wegen der naheliegenden Möglichkeit des im Fall der Vereinbarung einer weiteren Befristung eintretenden Rechtsmissbrauchs abgelehnt hat. Für den anwaltlich beratenen Kläger ergab sich dies jedoch mit hinreichender Deutlichkeit aus dem Hinweis auf die Vorbeschäftigungszeiten. In der Gesamtschau von Stellenausschreibung und begründeter Absage besteht für die vorliegende Konstellation einer beabsichtigten Sachgrundbefristung nicht die Gefahr, dass die Grundlagen der Auswahlentscheidung nachträglich zulasten des Bewerbers verändert werden. Der Kläger hat auch eine ausreichende Grundlage, um zu entscheiden, ob er die Absage gerichtlich angreifen möchte.

316. Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass für den Fall einer weiteren Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers für zwei Jahre nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts die naheliegende Möglichkeit bestünde, dass diese Befristung rechtsmissbräuchlich und damit unwirksam sein könnte. Das Landesarbeitsgericht hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Frage des institutionellen Rechtsmissbrauchs zutreffend zugrunde gelegt.

32a) Die Gerichte dürfen sich danach bei der Befristungskontrolle nicht auf die Prüfung des geltend gemachten Sachgrundes beschränken. Sie sind vielmehr aus unionsrechtlichen Gründen dazu verpflichtet, durch Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auszuschließen, dass Arbeitgeber missbräuchlich auf befristete Arbeitsverträge zurückgreifen. Die Beachtung von § 5 Nr. 1 Buchst. a der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/EG des Rates vom verlangt, dass konkret geprüft wird, ob die Verlängerung aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge oder -verhältnisse der Deckung eines zeitweiligen Bedarfs dient und ob eine nationale Vorschrift nicht in Wirklichkeit eingesetzt wird, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf des Arbeitgebers zu decken (vgl.  - [Popescu] Rn. 65 f.; - C-586/10 - [Kücük] Rn. 39). Die dazu gebotene zusätzliche Prüfung ist im deutschen Recht nach den Grundsätzen des institutionellen Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) vorzunehmen ( - Rn. 30; - 7 AZR 443/09 - Rn. 38, BAGE 142, 308).

33b) Die Bestimmung der Schwelle eines institutionellen Rechtsmissbrauchs hängt maßgeblich von der Gesamtdauer der befristeten Verträge sowie der Anzahl der Vertragsverlängerungen ab. Nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts zur Rechtsmissbrauchskontrolle im Anwendungsbereich des Teilzeit- und Befristungsgesetzes ist dabei an die gesetzlichen Wertungen in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG anzuknüpfen. Die Vorschrift macht eine Ausnahme von dem Erfordernis der Sachgrundbefristung und erleichtert damit den Abschluss von befristeten Verträgen bis zu der festgelegten Höchstdauer von zwei Jahren bei maximal dreimaliger Verlängerungsmöglichkeit. Sie kennzeichnet den nach Auffassung des Gesetzgebers unter allen Umständen unproblematischen Bereich. Ist ein Sachgrund nach § 14 Abs. 1 TzBfG gegeben, lässt erst das erhebliche Überschreiten dieser Grenzwerte den Schluss auf eine missbräuchliche Gestaltung zu. Bei Vorliegen eines die Befristung an sich rechtfertigenden Sachgrundes besteht kein gesteigerter Anlass zur Missbrauchskontrolle, wenn die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG für die sachgrundlose Befristung bezeichneten Grenzen nicht um ein Mehrfaches überschritten sind. Davon ist auszugehen, wenn nicht mindestens das Vierfache eines der in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestimmten Werte oder das Dreifache beider Werte überschritten ist. Liegt ein Sachgrund vor, kann also von der Befristung des Arbeitsverhältnisses Gebrauch gemacht werden, solange das Arbeitsverhältnis nicht die Gesamtdauer von sechs Jahren überschreitet und zudem nicht mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden, es sei denn, die Gesamtdauer übersteigt acht Jahre oder es wurden mehr als zwölf Vertragsverlängerungen vereinbart ( - Rn. 31; - 7 AZR 420/15 - Rn. 17, BAGE 159, 125; - 7 AZR 135/15 - Rn. 26, BAGE 157, 125).

34aa) Werden die Grenzen des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG alternativ oder kumulativ mehrfach überschritten, ist eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten. Hiervon ist idR auszugehen, wenn einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG mehr als das Vierfache beträgt oder beide Werte das Dreifache übersteigen. Überschreitet also die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses acht Jahre oder wurden mehr als zwölf Verlängerungen des befristeten Arbeitsvertrags vereinbart, hängt es von weiteren, zunächst vom Kläger vorzutragenden Umständen ab, ob ein Rechtsmissbrauch anzunehmen ist. Gleiches gilt, wenn die Gesamtdauer des befristeten Arbeitsverhältnisses sechs Jahre überschreitet und mehr als neun Vertragsverlängerungen vereinbart wurden ( - Rn. 32; - 7 AZR 420/15 - Rn. 18, BAGE 159, 125; - 7 AZR 135/15 - Rn. 27, BAGE 157, 125).

35bb) Werden die in § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG genannten Grenzen alternativ oder kumulativ in besonders gravierendem Ausmaß überschritten, kann eine missbräuchliche Ausnutzung der an sich eröffneten Möglichkeit zur Sachgrundbefristung indiziert sein. Von einem indizierten Rechtsmissbrauch ist idR auszugehen, wenn durch die befristeten Verträge einer der Werte des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG um mehr als das Fünffache überschritten wird oder beide Werte mehr als das jeweils Vierfache betragen. Das bedeutet, dass ein Rechtsmissbrauch indiziert ist, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet oder mehr als 15 Vertragsverlängerungen vereinbart wurden oder wenn mehr als zwölf Vertragsverlängerungen bei einer Gesamtdauer von mehr als acht Jahren vorliegen. In einem solchen Fall hat allerdings der Arbeitgeber die Möglichkeit, die Annahme des indizierten Gestaltungsmissbrauchs durch den Vortrag besonderer Umstände zu entkräften ( - Rn. 33; - 7 AZR 420/15 - Rn. 19, BAGE 159, 125; - 7 AZR 135/15 - Rn. 28, BAGE 157, 125).

36c) Nach diesen Grundsätzen besteht die Möglichkeit, dass eine Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers für weitere zwei Jahre einen institutionellen Rechtsmissbrauch begründen würde und unwirksam wäre. Der Kläger ist seit dem aufgrund eines zunächst bis zum befristeten und mit Änderungsvertrag vom bis zum verlängerten Arbeitsvertrags beschäftigt. Mit Schreiben vom lehnte der Beklagte den Abschluss eines weiteren auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrags für eine Tätigkeit im Institut für Pathologie ab. Hätte der Beklagte dem Kläger eine Zusage erteilt, hätte die weitere Befristung für zwei Jahre frühestens im Mai 2024 geendet. Damit wäre das Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten seit dem und mithin insgesamt länger als acht Jahre befristet gewesen. In der Folge wäre allein aufgrund der Dauer der Befristung im Fall einer Befristungskontrollklage des Klägers eine umfassende Missbrauchskontrolle geboten, ohne dass es auf die Anzahl der Befristungen ankäme.

377. Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ein institutioneller Rechtsmissbrauch aufgrund von aufeinanderfolgenden Befristungen liege nicht erst vor, wenn ihm die befristete Stelle im Pathologischen Institut übertragen werde. Die Schwelle zum Rechtsmissbrauch sei ohnehin bereits überschritten, weil die vorangegangenen befristeten Arbeitsverhältnisse mit dem Universitätsklinikum hinzuzurechnen seien. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts kommt es nicht darauf an, ob die befristeten Arbeitsverträge des Klägers mit dem Universitätsklinikum bei der Prüfung, ob eine Sachgrundbefristung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs ausscheidet, zu berücksichtigen sind.

38a) Im Fall einer Hinzurechnung der befristeten Arbeitsverträge mit dem Universitätsklinikum spricht viel dafür, dass bereits die letzte Sachgrundbefristung des Arbeitsverhältnisses zwischen den Parteien mit Änderungsvertrag vom bis zum einen institutionellen Rechtsmissbrauch darstellt. Der Kläger war zunächst vom bis zum auf der Grundlage von befristeten Arbeitsverträgen bei dem Universitätsklinikum beschäftigt, bevor er ohne zeitliche Unterbrechung ein befristetes Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten an der Universität begründete. Das Arbeitsverhältnis hätte im Fall einer Zusammenrechnung bereits über 13 Jahre bestanden. Nach der Rechtsprechung des Siebten Senats des Bundesarbeitsgerichts ist ein Rechtsmissbrauch indiziert, wenn die Gesamtdauer des Arbeitsverhältnisses zehn Jahre überschreitet ( - Rn. 33; - 7 AZR 765/16 - Rn. 29).

39b) Selbst wenn - was der Senat allerdings mangels Entscheidungserheblichkeit ausdrücklich dahinstehen lässt - die Arbeitsverhältnisse mit dem Universitätsklinikum und dem Beklagten zusammenzurechnen wären und deswegen bereits die letzte zwischen den Parteien vereinbarte Sachgrundbefristung einen institutionellen Rechtsmissbrauch indizieren würde, folgt daraus nicht, dass der Beklagte gehalten wäre, den Kläger in die Auswahl um die streitige Stelle einzubeziehen. Auch in diesem Fall entspräche eine Einbeziehung des Klägers in die Auswahl nicht der Organisationsentscheidung des Beklagten. Der Beklagte hatte die Entscheidung getroffen, eine befristete Stelle auszuschreiben und nur Bewerber zu berücksichtigen, bei denen nicht die naheliegende Möglichkeit besteht, dass die Befristung wegen institutionellen Rechtsmissbrauchs unwirksam ist. Diese Voraussetzungen erfüllte der Kläger erst recht nicht, wenn die befristeten Arbeitsverträge mit dem Universitätsklinikum hinzuzurechnen wären. Vielmehr bestünde in diesem Fall eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit für eine rechtsmissbräuchliche Gestaltung. Sofern die Vorbeschäftigungszeiten bei dem Universitätsklinikum mitgerechnet würden, wäre Rechtsmissbrauch nicht nur umfassend zu prüfen, sondern - wegen Überschreitens der Schwelle von zehn Jahren - sogar indiziert.

40c) Eine Einbeziehung des Klägers in die Auswahl für die ausgeschriebene Stelle im Pathologischen Institut der Universität könnte auch im Fall einer Zusammenrechnung nicht mit dem Argument begründet werden, der Kläger stünde „ohnehin“ bereits in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Beklagten. Voraussetzung für ein unbefristetes Arbeitsverhältnis wäre, dass der Kläger - rechtzeitig iSv. § 17 TzBfG - eine Befristungskontrollklage erhoben hat und er in diesem Rechtsstreit obsiegt. Im Übrigen führte auch eine Entfristung des letzten zwischen den Parteien geschlossenen Arbeitsvertrags nicht zum selben Ergebnis wie eine erfolgreiche Bewerbung auf die Stelle im Pathologischen Institut mit anschließender Entfristung des Arbeitsverhältnisses. Die Bedingungen eines Arbeitsvertrags für die begehrte Stelle im Pathologischen Institut dürften sich von denjenigen des letzten Arbeitsvertrags der Parteien unterscheiden.

41II. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass der Kläger auch keinen Anspruch auf Übertragung der begehrten Stelle aus der Inklusionsvereinbarung der Universität hat.

421. Ein Anspruch folgt insbesondere nicht unmittelbar aus der von der Universität mit der Schwerbehindertenvertretung, dem Inklusionsbeauftragten und dem Personalrat abgeschlossenen Inklusionsvereinbarung. Die vorliegende Inklusionsvereinbarung begründet keine individuellen Ansprüche einzelner Arbeitnehmer auf den Abschluss eines Arbeitsvertrags. Darüber streiten die Parteien auch nicht.

432. Ein Anspruch auf Übertragung der begehrten Stelle ergibt sich auch nicht aus der Inklusionsvereinbarung iVm. Art. 33 Abs. 2 GG sowie den Grundsätzen der Selbstbindung der Verwaltung aus Art. 1 Abs. 3, Art. 20 Abs. 3 GG.

44a) Im grundsätzlich objektiv-rechtlichen Bereich der Organisationsgewalt des Dienstherrn kann sich - ausnahmsweise - ein subjektiv-rechtlicher Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie, insbesondere willkür- und missbrauchsfreie Entscheidung aus Art. 3 Abs. 1 GG unter dem Gesichtspunkt der Selbstbindung der Verwaltung ergeben, wenn der Dienstherr Verwaltungsvorschriften erlassen hat, um sein Verwaltungshandeln gleichmäßig zu steuern ( 2 A 2.20 - Rn. 23 mwN, BVerwGE 171, 17).

45b) Vorliegend bedarf es keiner Entscheidung, ob eine entsprechende Selbstbindung des Arbeitgebers auch aufgrund einer Inklusionsvereinbarung in Betracht kommt (vgl. zur umstrittenen Rechtsnatur einer Inklusionsvereinbarung: ErfK/Rolfs 24. Aufl. SGB IX § 166 Rn. 1; Knickrehm/Roßbach/Waltermann/Kohte 8. Aufl. SGB IX § 166 Rn. 14 ff.; Düwell in LPK-SGB IX 6. Aufl. § 166 Rn. 10). Jedenfalls ergibt sich aus der hier maßgeblichen Inklusionsvereinbarung nicht, dass der Arbeitgeber eine Selbstbindung seiner Einstellungspraxis in Bezug auf schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte Menschen dahin gehend vorgenommen hat, dass Mitglieder dieser Gruppe in die Auswahl um eine befristete Stelle auch dann einzubeziehen sind, wenn die naheliegende Möglichkeit einer rechtsmissbräuchlichen Sachgrundbefristung gegeben ist. Vielmehr wiederholen Nr. 4 Abs. 1 und Nr. 5 Abs. 1 der Inklusionsvereinbarung nur, was sich bereits aus den gesetzlichen Regelungen in § 154 Abs. 1 SGB IX und in § 164 Abs. 1 Satz 1 SGB IX ergibt und Nr. 4 Abs. 4 der Inklusionsvereinbarung betrifft die Konstellation der Entfristung eines befristeten Arbeitsvertrags, nicht aber den Abschluss eines (weiteren) befristeten Arbeitsvertrags.

46III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2024:290224.U.8AZR187.23.0

Fundstelle(n):
PAAAJ-65450