Widerlegbare Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht bei unentgeltlicher Bürgschaft
Leitsatz
Die Einkünfteerzielungsabsicht für Verluste aus dem Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung ist bei einer unentgeltlichen Bürgschaftsübernahme unter fremden Dritten widerlegbar zu vermuten. Sie ist grundsätzlich erst dann widerlegt, wenn die Bürgschaft ohne jeglichen wirtschaftlichen Hintergrund hingegeben worden ist.
Gesetze: EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2, Abs. 6, Abs. 9
Instanzenzug:
Tatbestand
I.
1 Streitig ist, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) wegen des Ausfalls einer Bürgschaftsregressforderung einen steuerbaren Verlust bei den Einkünften aus Kapitalvermögen im Jahr 2012 (Streitjahr) realisiert hat.
2 Der Kläger war im Streitjahr als . und . tätig. Er wird für das Streitjahr getrennt veranlagt.
3 Nach den Feststellungen der Außenprüfung im Bericht vom hatte der Kläger gegenüber der A Bank am eine Höchstbetragsbürgschaft über 200.000 € für ein Darlehen der A Bank an die Z-GmbH über 200.000 € übernommen. Der Kläger war an der Z-GmbH nicht beteiligt.
4 Der Kläger schloss am / mit der Z-GmbH eine Vereinbarung. Nach dem Vertrag (§ 1) gewährte der Kläger der Z-GmbH ein verzinsliches Darlehen in Höhe von 180.273,72 € „durch Umwandlung“ des Darlehens der A Bank an die Z-GmbH. Das Darlehen sollte mit 7 % pro anno verzinst werden. Es war analog den Darlehensbedingungen der A Bank in monatlichen Raten von jeweils 2.000 € (Zins und Tilgung) an den Kläger zurückzuzahlen (§ 2). Zusätzlich sollte der Kläger eine Gewinn- und Verlustbeteiligung ab dem in Höhe von 10 % des Jahresergebnisses der Z-GmbH (zu bemessen nach dem Steuerbilanzgewinn der Z-GmbH vor Abzug der Körperschaftsteuer) erhalten. Die Dauer der Gewinn- und Verlustbeteiligung war bis zum vereinbart (§ 2). In § 4 der Vereinbarung wurde auf die mit der A Bank vereinbarten Sicherheiten Bezug genommen; die Z-GmbH sollte die Kosten der Kreditsicherung tragen.
5 Am wurde dem Kläger die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft durch die A Bank in Höhe von 187.840,35 € angekündigt. Im Januar 2012 wurde über das Vermögen der Z-GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet. Am kündigte die A Bank dem Kläger erneut die Inanspruchnahme aus der Bürgschaft (nunmehr einschließlich Zinsen und Mahngebühren) an. Der Kläger zahlte nach Anforderung an die A Bank am 188.276,61 €. Er meldete am (wegen der Vereinbarung mit der Z-GmbH vom /) und am (wegen der auf ihn als Bürgen übergegangenen Darlehensforderung der A Bank gegen die Z-GmbH) jeweils Forderungen in Höhe von 190.086,47 € zur Insolvenztabelle an.
6 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt —FA—) lehnte für das Streitjahr eine Berücksichtigung des in der Einkommensteuererklärung geltend gemachten Verlusts bei den dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG) unterliegenden Kapitalerträgen in Höhe von 135.392,47 € ab. Hiergegen erhob der Kläger Einspruch. Während des Einspruchsverfahrens wurde eine Außenprüfung unter anderem für das Streitjahr durchgeführt, in der die Berücksichtigung des Verlusts im Streitjahr ebenfalls abgelehnt wurde. Nachdem der Kläger noch während des laufenden Einspruchsverfahrens eine Untätigkeitsklage erhoben und das Finanzgericht (FG) gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dem FA eine Frist zur Entscheidung über den Einspruch gesetzt hatte, lehnte das FA die Berücksichtigung der Verluste bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in der Einspruchsentscheidung endgültig ab.
7 Das FG hat die Klage abgewiesen. Es sei kein Verlust des Klägers als typisch stiller Gesellschafter oder aus einem partiarischen Darlehen aufgrund der Vereinbarung vom / anzuerkennen. Der Kläger habe keine Einlage als stiller Gesellschafter im Sinne des § 230 des Handelsgesetzbuchs geleistet, sodass eine stille Gesellschaft nicht entstanden sei. Eine Schuldübernahme des Darlehens der A Bank durch den Kläger im Außenverhältnis sei mangels Zustimmung der A Bank gescheitert. Auch eine Erfüllungsübernahme des Darlehens der A Bank an die Z-GmbH durch den Kläger im Innenverhältnis sei weder vereinbart noch tatsächlich durchgeführt worden. Da der Kläger der Z-GmbH im Innenverhältnis keine Mittel zum Bestreiten des Darlehens zur Verfügung gestellt habe, sei das Darlehen des Klägers auch nicht mit einer Rückforderung aus einem „partiarischen Darlehen“ ausgefallen. Ferner habe der Ausfall der Bürgschaftsregressforderung nicht zu negativen Kapitaleinkünften geführt. Es fehle insoweit an der Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Übergangs der besicherten Darlehensforderung auf den Kläger gemäß § 774 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach dessen Inanspruchnahme sei die Bürgschaftsregressforderung gegen die insolvente Z-GmbH wertlos gewesen. Die Übernahme der Bürgschaft sei zudem unentgeltlich erfolgt. Ferner sei die Lebensgefährtin des Klägers im Streitjahr die damals noch nicht geschiedene Ehefrau eines Gesellschafters der Z-GmbH gewesen. Das FG war davon überzeugt, dass der Kläger durch die Hingabe der Bürgschaft für den Betriebskredit der Familie seiner Lebensgefährtin die Fortführung des Familienunternehmens zumindest noch für eine Weile habe ermöglichen wollen. Die Begründung des FG ist im Einzelnen in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2023, 1128 wiedergegeben.
8 Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt die Verletzung materiellen Bundesrechts durch das FG in Gestalt der Regelungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG.
9 Der Kläger beantragt,
das aufzuheben sowie den Einkommensteuerbescheid 2012 vom in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 2012 unter Berücksichtigung eines Verlusts bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Höhe von . € herabgesetzt wird.
10 Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Gründe
II.
11 Die Revision ist begründet.
12 Das FG-Urteil verletzt materielles Bundesrecht. Das FG hat zu Unrecht entschieden, dass ein Abzug des begehrten Verlusts bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen im Streitjahr endgültig nicht in Betracht kommt. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der Kläger einen steuerbaren Verlust aufgrund des Ausfalls seiner Bürgschaftsregressforderung gegen die Z-GmbH gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG mit Einkünfteerzielungsabsicht realisiert hat. Das Urteil des FG ist aufzuheben.
13 Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann auf Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht abschließend beurteilen, ob der Kläger über die erforderliche Einkünfteerzielungsabsicht verfügt hat und falls ja, ob der Ausfallverlust bereits im Streitjahr realisiert worden ist. Der Streitfall wird aus diesem Grund zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
14 1. Wie der Bundesfinanzhof (BFH) —nach Ergehen der Vorentscheidung— entschieden hat, gehört auch eine Bürgschaftsregressforderung zu den sonstigen Kapitalforderungen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, deren Ausfall gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG zu einem steuerbaren Verlust führen kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat insoweit auf das (BFHE 280, 531, Rz 25 bis 30; unklar , BStBl I 2025, 1330, Tz. 58, 60). Die Regelungen in § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG sind im Streitfall auch zeitlich anwendbar. Die Bürgschaftsregressforderung ist gemäß § 52 Abs. 28 Satz 16 EStG nach dem am zwischen dem Kläger und der A Bank begründet worden (zum insoweit maßgeblichen Zeitpunkt des Vertragsabschlusses s. , BStBl II 2024, 691, Rz 25). Auch das FG ist zutreffend von der grundsätzlichen Anwendbarkeit der Regelungen in § 20 Abs. 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2 und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG auf den Ausfall der Bürgschaftsregressforderung ausgegangen.
15 2. Das FG hat der Prüfung, ob die Einkünfteerzielungsabsicht des Klägers für einen Ausfallverlust der Bürgschaftsregressforderung bestanden hat, jedoch in mehrfacher Hinsicht unzutreffende Kriterien zugrunde gelegt. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.
16 a) Das Erfordernis der Einkünfteerzielungsabsicht gilt grundsätzlich für alle Einkunftsarten, allerdings unter Berücksichtigung ihrer jeweiligen Besonderheiten hinsichtlich der Einkünfteermittlung. Für die Einkünfte aus Kapitalvermögen, welche dem gesonderten Tarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG unterfallen, bedingen die Besonderheiten der Einkünfteermittlung eine tatsächliche (widerlegbare) Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht. Dies entspricht der mittlerweile gefestigten Rechtsprechung des , BFHE 258, 240, BStBl II 2017, 1040; vom - IX R 5/20, BFHE 271, 359, BStBl II 2021, 600; vom - IX R 2/22, BFHE 280, 531 zur Bürgschaftsregressforderung). Dem ist die Finanzverwaltung zwischenzeitlich grundsätzlich beigetreten ( BStBl I 2025, 1330, Tz. 125).
17 b) Ob die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht widerlegt ist, ist für Bürgschaftsregressforderungen im Zeitpunkt der Hingabe der Bürgschaft zu beurteilen (, BFHE 280, 531, Rz 31; Jachmann-Michel, Betriebs-Berater 2018, 2329, 2330 f.).
18 c) Die widerlegbare Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht greift anders als das FG meint auch für eine unentgeltlich übernommene Bürgschaft grundsätzlich ein. Die Vermutung ist bei einer Bürgschaftsübernahme unter fremden Dritten erst bei Fehlen jeglichen wirtschaftlichen Hintergrunds für die Hingabe der Bürgschaft widerlegt.
19 aa) Wie der Senat in den BFH-Urteilen vom - VIII R 38/15 (BFHE 258, 240, BStBl II 2017, 1040, Rz 19, 20, 21) und vom - VIII R 25/14 (BFHE 258, 237, BStBl II 2017, 1038, Rz 18) ausgeführt hat, sollten mit der Besteuerung der Kapitalerträge im System der abgeltenden Besteuerung in § 20 Abs. 2 EStG umfassend alle in Betracht kommenden Kapitalanlagen und -einkünfte, insbesondere auch realisierte positive und negative Wertsteigerungen des Kapitalstamms (§ 20 Abs. 2 EStG) erfasst werden; zudem beruht die widerlegbare Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht auf den Einschränkungen des objektiven Nettoprinzips durch das Werbungskostenabzugsverbot gemäß § 20 Abs. 9 EStG und den Verlustabzugsbeschränkungen gemäß § 20 Abs. 6 EStG.
20 bb) Diese Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht gilt grundsätzlich auch für atypische, strukturell verlustgeneigte Kapitalanlagen. Im (BFHE 258, 237, BStBl II 2017, 1038, Rz 18) hatte der Senat über die Steuerbarkeit des Verlusts aus der Veräußerung einer Sterbegeldversicherung (Kapitalversicherung mit Sparanteilen) zu entscheiden, die nur in den Fällen des Rückkaufs (§ 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG) und ab dem des Verkaufs der Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag an einen Dritten (§ 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 6 EStG) überhaupt zu einer Besteuerung führen konnte, da die Auszahlung des Sterbegelds im Todesfall nicht der Besteuerung unterlag. Bei der Verwirklichung der beiden gesetzlich vorgesehenen Besteuerungstatbestände stellte im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags das Erzielen eines Verlusts den wahrscheinlicheren Fall dar. Gleichwohl hat der Senat im Hinblick auf das Regelungsziel der umfassenden Wertzuwachsbesteuerung sämtlicher Kapitalanlagen im Rahmen der erweiterten Besteuerungstatbestände des § 20 Abs. 2 EStG die Einkünfteerzielungsabsicht auch in diesem Fall widerlegbar vermutet. Dass im Zeitpunkt des Veräußerungsentschlusses nur ein Verlust erzielbar war, begründete ebenfalls keine Widerlegung der Vermutung.
21 cc) Die Hingabe einer unentgeltlich übernommenen Bürgschaft ist dem vergleichbar und die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht auch insoweit heranzuziehen.
22 Der Bürge übernimmt eine unentgeltliche Bürgschaft in der Regel in der Erwartung, nicht in Anspruch genommen zu werden und hat unter fremden Dritten anzunehmende hinreichende geschäftliche Gründe für die Sicherheitengestellung in dieser Form. Der Bürge kann die Bürgschaftsregressforderung (theoretisch) gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG oberhalb seiner Anschaffungskosten an einen Dritten veräußern. Daneben erfassen § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, § 20 Abs. 2 Satz 2, § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG auch den Fall des Verlusts, wenn der Bürge nach einer Inanspruchnahme keinen vollständigen Regress beim Schuldner nehmen kann. Dass bei fehlender Inanspruchnahme des Bürgen aus der unentgeltlichen Bürgschaft in der Regel kein Totalgewinn erzielbar ist, sondern die Übernahme aus anderen wirtschaftlichen Beweggründen oder angestrebten Vorteilen des Bürgen erfolgt, stellt die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht in Frage (s. ähnlich zur Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht beim Gesellschafterbürgen aufgrund möglicher Vorteile aus der Beteiligung , BFHE 280, 531, Rz 32 unter Ablehnung der abweichenden Auffassung des FG Münster im rechtskräftigen Urteil vom - 13 K 3187/19 E, F, EFG 2022, 325 und zustimmend BStBl I 2022, 897, Tz. 22). Die Einkünfteerzielungsabsicht für den Verlust aus dem Ausfall einer Bürgschaftsregressforderung ist bei einer unentgeltlichen Bürgschaftsübernahme unter fremden Dritten danach grundsätzlich erst dann widerlegt, wenn die Bürgschaft ohne jeden wirtschaftlichen Hintergrund hingegeben worden ist.
23 dd) Der rechtliche Standpunkt des FG weicht hiervon ab. Sein Urteil kann daher keinen Bestand haben.
24 aaa) Das FG hat für die Widerlegung der Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht ausschließlich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt des gesetzlichen Forderungsübergangs gemäß § 774 Abs. 1 BGB nach Eintritt der Insolvenz der Z-GmbH abgestellt. Es hat zudem keine Feststellungen getroffen, aus denen sich ableiten ließe, dass der Kläger im Zeitpunkt der Bürgschaftshingabe mit einer Inanspruchnahme rechnen musste.
25 bbb) Zwar hat das FG das Fehlen eines wirtschaftlichen Hintergrunds für die Bürgschaftsübernahme durch den Kläger geprüft und das besondere persönliche Beziehungsgeflecht zwischen dem Gesellschafter der Z-GmbH als getrenntlebenden Ehemann der Lebensgefährtin des Klägers und dem Kläger als Motiv herangezogen. Insoweit tragen die Feststellungen des FG jedoch seine Würdigung nicht, dass die Hingabe der Bürgschaft durch den Kläger jeglichen wirtschaftlichen Hintergrund vermissen ließ und dieser Umstand vom Kläger in der mündlichen Verhandlung zugestanden worden sei. Das FG hat diese Schlussfolgerung nur aus den Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung abgeleitet. Der Kläger hat ausweislich der Niederschrift jedoch nicht gesagt, dass er die Bürgschaft ohne jeglichen wirtschaftlichen Hintergrund hingegeben und seine Inanspruchnahme als Bürge billigend in Kauf genommen habe, weil seine damalige Lebensgefährtin die getrenntlebende Ehefrau eines Gesellschafters der Z-GmbH gewesen sei und er die Z-GmbH aus altruistischen Gründen habe unterstützen wollen. Er hat in der mündlichen Verhandlung erklärt, dass seine Lebensgefährtin im Streitjahr zwar die getrenntlebende frühere Ehefrau eines Gesellschafters der Z-GmbH gewesen sei. Es hätten jedoch bereits seit dem Jahr 19... Geschäftsbeziehungen des Klägers mit der Z-GmbH bestanden, die trotz der Veränderungen im persönlichen Umfeld der Beteiligten auch im Streitjahr fortgeführt worden seien.
26 3. Die Sache ist nicht spruchreif. Sie wird an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
27 Das FG wird anhand des vom Senat aufgezeigten Maßstabs nochmals zu prüfen haben, ob die Einkünfteerzielungsabsicht im Zeitpunkt der Bürgschaftshingabe fehlte, weil die hierfür eingreifende Vermutung ausnahmsweise mangels eines erkennbaren wirtschaftlichen Hintergrunds widerlegt ist. Für wirtschaftliche Beweggründe des Klägers zu diesem Zeitpunkt könnte der aus den Akten ersichtliche übrige Geschehensablauf sprechen. Der Kläger hat annähernd zeitgleich zur Hingabe der Bürgschaft die Vereinbarung vom / mit der Z-GmbH abgeschlossen. Der Kläger ist der Auffassung, dass ihm —ungeachtet der mangels Zustimmung der A Bank fehlgeschlagenen Schuldübernahme— für seine Bereitschaft zur Erfüllungsübernahme Zinsen in Höhe von 7 % der besicherten Darlehenssumme zustünden. Er hat diese Zinsen für das nicht mehr anhängige Streitjahr 2011 in die Berechnung seines geltend gemachten Verlusts einbezogen und zur Insolvenztabelle angemeldet. In diesem Kontext stellte die Bürgschaft ein vom Kläger zur Verfügung gestelltes Sicherungsmittel neben dem Freistellungsanspruch dar, den der Kläger der Z-GmbH nach seinem Verständnis entgeltlich eingeräumt hatte.
28 Sollte das FG die Vermutung der Einkünfteerzielungsabsicht im zweiten Rechtsgang als nicht widerlegt ansehen, wäre zu prüfen, ob der Ausfallverlust dem Kläger bereits im Streitjahr entstanden ist. Die dem Senat vorliegenden Akten legen nahe, dass der Insolvenzverwalter der Z-GmbH bereits am gegenüber dem zuständigen Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit für das Insolvenzverfahren der Z-GmbH angezeigt hat. Hierzu weist der Senat für die weitere Prüfung auf das Senatsurteil vom - VIII R 28/18 (BFHE 273, 301, BStBl II 2021, 911) hin. Danach kann in den Fällen der Masseunzulänglichkeit ein endgültiger Forderungsausfall bereits zu diesem Zeitpunkt anzunehmen sein. Dem hat sich mittlerweile auch die Finanzverwaltung angeschlossen ( BStBl I 2025, 1330, Tz. 60).
29 4. Der Senat entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO).
30 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.010725.VIIIR3.23.0
Fundstelle(n):
NAAAJ-99051