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BVerfG Urteil v. - 2 BvR 64/25

Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf ein faires Verfahren (Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 3 GG) durch Ablehnung der audiovisuellen Vernehmung eines Auslandszeugen (§ 244 Abs 5 S 2 StPO) trotz erheblicher Schwere des Tatvorwurfs und zentraler Bedeutung der Beweisbehauptungen - Gegenstandswertfestsetzung

Gesetze: Art 2 Abs 1 GG, Art 20 Abs 3 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, Art 6 Abs 1 MRK, Art 6 Abs 3 Buchst d MRK, § 14 Abs 1 RVG, § 37 Abs 2 S 2 RVG, § 211 StGB, § 244 Abs 2 StPO, § 244 Abs 5 S 2 StPO, § 247a StPO

Instanzenzug: Az: 2 BvR 64/25 Ablehnung einstweilige Anordnungvorgehend Az: 2 StR 521/24 Beschlussvorgehend Az: 101 Ks 3/24 Urteil

Gründe

A.

1Die Verfassungsbeschwerde betrifft die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen das Recht auf ein faires Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG die audiovisuelle Vernehmung eines von der Verteidigung benannten, sich im Ausland aufhaltenden, aber aussagebreiten Entlastungszeugen gebietet.

I.

21. Am wurde der Beschwerdeführer vom Landgericht wegen Anstiftung zum Mord und wegen dazu in Tatmehrheit stehender Verstöße gegen das Waffengesetz zu einer lebenslangen (Gesamt-)Freiheitsstrafe verurteilt. Dabei erkannte die Strafkammer hinsichtlich der Anstiftung zum Mord auf eine lebenslange Freiheitsstrafe, bildete aus dieser und den für die Verstöße gegen das Waffengesetz festgesetzten Einzelstrafen eine lebenslange Gesamtfreiheitsstrafe und sprach auf einen entsprechenden Adhäsionsantrag die Verpflichtung des Beschwerdeführers dem Grunde nach aus, den Nebenklägern jeweils eine angemessene Entschädigung in Geld für das ihnen als Hinterbliebene des Geschädigten zugefügte seelische Leid zu leisten.

3a) Die Strafkammer stellte in Bezug auf den Vorwurf der Anstiftung zum Mord fest, der Beschwerdeführer, der Geschädigte und der gesondert Verfolgte U., die miteinander langjährig bekannt gewesen seien, seien vollwertige Mitglieder der "Hells Angels", Ortsgruppe ("Charter") "Rhine Area" gewesen. Der gesondert Verfolgte C., der mit dem Beschwerdeführer ebenfalls eng befreundet gewesen sei, habe in den Club aufgenommen werden wollen und als sogenannter "Prospect" den Weisungen der Vollmitglieder Folge leisten müssen. Im Herbst 2022 habe der Geschädigte den Club aus nicht näher aufklärbaren Gründen "im Guten", also ohne Streit mit den übrigen Vereinsmitgliedern, verlassen. Wenig später habe sich die Ortsgruppe auf eine aus der Türkei kommende Anweisung hin aufgelöst, möglicherweise wegen Differenzen zwischen der lokalen und der überregionalen Führungsspitze, worauf auch der Beschwerdeführer aus dem Club ausgeschieden sei. Spätestens im Frühjahr 2023 habe sich der Geschädigte dazu entschlossen, wieder Mitglied der "Hells Angels" zu werden und eine neue Ortsgruppe zu gründen, die an die Stelle der früheren Ortsgruppe "Rhine Area" habe treten sollen.

4In der Folgezeit habe sich der von der Familie des Beschwerdeführers als "Verräter" bezeichnete Geschädigte zunehmend bedroht gefühlt. Der Beschwerdeführer, der aus nicht sicher aufklärbarem Motiv, naheliegend aber aufgrund einer Verärgerung über die Bestrebungen des Geschädigten, Teil eines neu zu gründenden "Hells-Angels-Charters" zu werden, die Absicht gehegt habe, den Geschädigten töten zu lassen, habe C. am im Rahmen eines gemeinsamen Spaziergangs mitgeteilt, er habe einen Auftrag für ihn, dessen Ausführung mit dem Risiko der polizeilichen Entdeckung und deswegen mit der Notwendigkeit eines Abtauchens vor der Auftragserfüllung sowie einer anschließenden Ausreise in die Türkei verbunden sei. Für die Erfüllung des Auftrags habe der Beschwerdeführer dem C. ein Leben in Reichtum in Aussicht gestellt. In die Einzelheiten des Auftrags habe der Beschwerdeführer C. dabei noch nicht eingeweiht, sondern sei hinsichtlich des Zeitpunkts und Inhalts zunächst vage geblieben. Hierüber habe C. im Anschluss an das Treffen seiner Lebensgefährtin, der Zeugin Ca., berichtet.

5Am habe sich C. von Ca. verabschiedet, sei auch nicht mehr an seinem Arbeitsplatz erschienen und habe die folgenden Tage bis zur Tatbegehung am in der Wohnung des U. in Köln verbracht. Am 19. und habe er mehrfach kurz mit dem Beschwerdeführer telefoniert und sich am schließlich mit ihm getroffen. Dabei habe der Beschwerdeführer dem C. offenbart, dass der von ihm und U. auszuführende Auftrag die baldige Tötung des Geschädigten durch Erschießen zum Gegenstand habe, wobei er eine heimtückische Tötung des Geschädigten billigend in Kauf genommen habe. Am 25. und seien C. und U. mit dem Geschädigten zusammengekommen. Am Abend des sei es zu zahlreichen kürzeren Telefonverbindungen zwischen dem Beschwerdeführer und U. gekommen.

6Am hätten sich C., der mit dem Beschwerdeführer zuvor mehrfach telefoniert gehabt habe, und U. kurz nach 15 Uhr (mit dem Geschädigten) in einem Fitnessstudio verabredet, in dem dieser mit der Zeugin F. gerade gemeinsam trainiert habe. Nach dem Eintreffen von C. und U. hätten diese das Studio zusammen mit dem Geschädigten und F. verlassen und seien noch einige Zeit umhergeschlendert, bis der Geschädigte die F. gebeten habe, ihm ein Medikament aus einer nahegelegenen Apotheke zu besorgen.

7In dieser Situation hätten der Geschädigte und F. gegen 15.30 Uhr vor C. und U. gestanden. Entweder C. oder U. habe eine Pistole aus einer mitgeführten Sporttasche gezogen und mehrfach aus kurzer Distanz auf den nichtsahnenden Geschädigten und F. geschossen. Während der Geschädigte noch am Tatort verstorben sei, habe sich F. trotz ihrer erheblichen, wenn auch nicht konkret lebensgefährlichen Verletzungen durch Flucht in Sicherheit bringen können.

8C. und U. seien unmittelbar vom Tatort zu Fuß geflüchtet, noch am selben Tag in die Türkei ausgereist und seitdem unbekannten Aufenthalts. Einige Minuten nach der Tat sei es zwischen U. und dem Beschwerdeführer zu mehreren Kontaktversuchen und Telefonverbindungen gekommen. Der Beschwerdeführer sei nach der Tat mit dem Auto in Richtung Tatort aufgebrochen, habe diesen aber aufgrund von Polizeiabsperrungen nicht erreicht.

9b) Die Strafkammer stützte ihre Überzeugung vom vorgenannten Tatgeschehen maßgeblich auf eine Gesamtwürdigung der eingeführten Zeugenaussagen, nicht zuletzt der Zeugenaussagen von F. und Ca., und sonstigen Beweismittel, insbesondere der Auswertung der Verbindungsdaten der drei Tatbeteiligten. Die bestreitende Einlassung des Beschwerdeführers wertete sie als Schutzbehauptung.

102. Soweit für die Verfassungsbeschwerde von Belang, ging dem Urteil folgendes Verfahrensgeschehen voraus:

11a) Am sechsten Hauptverhandlungstag, dem , stellte der Verteidiger des Beschwerdeführers den Antrag, den flüchtigen U. über dessen "Rechtsanwalt R[…] E[…], Istanbul, […]" zu laden und zu vernehmen, hilfsweise in Form einer audiovisuellen Vernehmung, zum Beweis der Tatsachen, dass

"1. [der Angeklagte] in keinster Weise auf […] C[…] oder […] U[…] eingewirkt hat, um bei diesen einen Tatentschluss für einen Mord hervorzurufen, sondern dieser Entschluss alleine von […] C[…] getroffen wurde,

2. […] C[…] der Todesschütze war,

3. […] C[…] und [...] U[…] gemeinsam zum Konsumieren von Alkohol und Kokain 10-12 Tage in der Wohnung des U[…] verbrachten,

4. sich Herr C[…] in dieser Zeit sehr häufig mit seiner Freundin stritt, die wissen wollte, wo er sei und wann er zurückkomme,

5. […] C[…] für [den Geschädigten] Kokain verkaufte,

6. [der Geschädigte] mit […] C[…] mehrere Kilogramm Kokain in Siegburg von Albanern entwendet hatte und auf seinen Beuteanteil von [dem Geschädigten] wartete oder diese Tat noch bevorstand und er auf die Durchführung und seinen Anteil wartete,

7. er mit […] U[…] bei Erhalt des Geldes in die Türkei kommen wollte,

8. […] C[…] vor den tödlichen Schüssen nach seinem Geld fragte,

9. diese Schüsse für […] U[…] vollkommen überraschend kamen und

10. […] U[…] [den Geschädigten] sehr mochte und bis zu dessen Tötung ein gutes Verhältnis mit ihm hatte."

12Zur Begründung führte der Verteidiger des Beschwerdeführers aus, ihm sei mitgeteilt worden, U. wolle zu der Tat vernommen werden, weil er aufgrund von Schilderungen aus dem Publikum über Äußerungen des Gerichts befürchte, ein Unschuldiger könnte zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Über den genannten Rechtsanwalt könne ein Kontakt hergestellt und eine Vernehmung organisiert werden. Er, der Verteidiger des Beschwerdeführers, habe in einem kurzen Telefongespräch mit U. die Bereitschaft zur Aussage und den Umfang der Aussage erfragt; U. habe seine Bereitschaft und die genannten Eckdaten bestätigt.

13b) Der Vorsitzende der Strafkammer nahm noch am selben Tag Kontakt mit dem im Beweisantrag genannten Rechtsanwalt des U., Rechtsanwalt E., auf. Rechtsanwalt E. teilte zunächst per E-Mail mit, sein Mandant werde alle Fragen aus der Türkei beantworten. Bei einem anschließenden Telefonat mit der Strafkammer gab Rechtsanwalt E. bekannt, sein Mandant werde weder nach Deutschland kommen noch sei er dazu bereit, in der Türkei von einem Richter vernommen zu werden. Über eine audiovisuelle Vernehmung müsse er nochmals mit seinem Mandanten sprechen. Nach Beendigung des Telefonats teilte Rechtsanwalt E. dem Vorsitzenden schriftlich mit, U. sei nunmehr bereit, in seinem Beisein "über das Internet" eine Aussage zu machen. Noch am selben Tag fragte der Vorsitzende bei Rechtsanwalt E. per E-Mail an, ob sein Mandant zum Zwecke der Videovernehmung ein türkisches Gericht aufsuchen werde. Diese E-Mail blieb zunächst unbeantwortet.

14c) Zu Beginn des siebten Hauptverhandlungstags vom unterrichtete der Vorsitzende die Verfahrensbeteiligten über die Kommunikation mit Rechtsanwalt E.. Nach einer Sitzungsunterbrechung gegen Mittag teilte er ergänzend mit, nach wie vor keine Rückmeldung von Rechtsanwalt E. erhalten zu haben. Daraufhin verkündete er einen Beschluss, mit dem die Strafkammer den vorgenannten Beweisantrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des U. gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO ablehnte. Zur Begründung führte die Strafkammer aus, eine Gesamtschau der nachstehenden Erwägungen habe bei ihr zu der Überzeugung geführt, dass eine Vernehmung des Zeugen U. nach pflichtgemäßem Ermessen zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich sei:

15aa) Die Strafkammer habe zunächst berücksichtigt, dass dem Angeklagten in Form der Anstiftung zum Mord eine äußerst schwerwiegende Tat vorgeworfen werde. Sie habe weiter erkannt, dass den vorgetragenen Behauptungen - würde man sie als wahr unterstellen - große, teilweise sogar zentrale Bedeutung zukomme, insbesondere soweit in das Wissen des Zeugen U. gestellt werde, dass C. den Geschädigten vor den tödlichen Schüssen nach "seinem" Geld gefragt habe, dass C. dann den Geschädigten für U. überraschend erschossen habe und - vor allem - dass der Angeklagte, anders als ihm von der Anklage zur Last gelegt werde, nicht auf C. und U. eingewirkt habe, um bei diesen einen Tatentschluss zur Ermordung des Geschädigten hervorzurufen.

16bb) Die Strafkammer habe in der zu treffenden Abwägung andererseits aber bedacht, dass das Beweismittel hier nicht erreichbar sei, weil der Zeuge nicht zur Verfügung stehe. Mit Blick auf die mit Rechtsanwalt E. geführte Korrespondenz gehe sie davon aus, der Zeuge U. wolle weder zu einer Vernehmung nach Deutschland kommen noch in der Türkei unter Einbindung eines dortigen Gerichts aussagen. Damit schieden sämtliche von der Strafprozessordnung vorgeschriebenen Vernehmungsmethoden aus. Dabei habe die Strafkammer auch berücksichtigt, dass der Zeuge seine Bereitschaft bekundet habe, "über das Internet" auszusagen; auch eine derartige audiovisuelle Vernehmung wäre aber nur unter Einbindung der türkischen Behörden im Wege der Rechtshilfe zulässig gewesen. Insoweit fehle es dem Zeugen aber offensichtlich an einer Bereitschaft, sich zu einem türkischen Gericht zu begeben. Zudem weise die Strafkammer darauf hin, dass bislang auch keine ladungsfähige Anschrift bekannt sei, welche den türkischen Behörden eine Ladung zu einem solchen Termin ermöglichen könnte.

17cc) Schließlich wäre eine durch audiovisuelle Vernehmung gewonnene Aussage im hier vorliegenden Einzelfall nicht lediglich im Beweiswert gemindert, sondern völlig untauglich (im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 3 Nr. 4 StPO), um zur Sachaufklärung beizutragen und die Beweiswürdigung zu beeinflussen. Denn obwohl die Strafkammer im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung des Beweismittels einen strengen Maßstab angelegt habe, sei hier der Beweiswert einer nur audiovisuellen Vernehmung des Zeugen vor dem Hintergrund des Ergebnisses der bisherigen Beweisaufnahme und des zeitlichen und organisatorischen Aufwands der Ladung und Vernehmung des Zeugen U. mit der damit einhergehenden Verzögerung des Verfahrens in einer Weise zurückgetreten, dass jeglicher Erkenntniswert für die Sachaufklärung sicher habe ausgeschlossen werden können. Eine derartige audiovisuelle Vernehmung wäre letztlich nutzlos und überflüssig gewesen, da nach dem Ermessen der Strafkammer abzusehen gewesen sei, dass nur eine Vernehmung des Zeugen vor der Strafkammer zur Urteilsfindung beizutragen vermögen könnte.

18Bei dieser Würdigung habe die Strafkammer erneut die besondere Bedeutung des Zeugen U. aufgrund seiner nach Aktenlage und dem bisherigen, vorläufigen Ergebnis der Beweisaufnahme bestehenden Tatnähe bedacht, die andererseits auch umso mehr erfordere, sich einen authentischen Eindruck von dem Aussageverhalten des Zeugen - der überdies im vorliegenden Verfahren bislang noch nie vernommen worden sei - zu verschaffen. Im Wege einer nur audiovisuellen Vernehmung, die Einschränkungen im Vergleich zu einer unmittelbaren Vernehmung aufweise, wäre es der Strafkammer aber nicht möglich, sich einen hinreichenden Eindruck von seinem - gerade auch nonverbalen - Aussageverhalten zu verschaffen. Dem Zeugen wäre es durch die räumliche und technisch bedingte Distanz deutlich leichter möglich, sich einem durch Frage und Antworten beziehungsweise Vorhalte von bisherigen Ergebnissen der Beweisaufnahme entstehenden Spannungsverhältnis zu entziehen, als dies bei einer unmittelbaren Vernehmung durch die Strafkammer der Fall wäre. In diesem Zusammenhang sei auch von Relevanz, dass der Zeuge U. mit dem Angeklagten befreundet gewesen sei und aus diesem Grund sowie auch aufgrund des Umstands, dass er selbst der Ermordung des Geschädigten dringend verdächtig sei, durchaus Anlass für unwahre Angaben hätte, sofern er sich nicht bezüglich einzelner Fragen auf das ihm umfassend zustehende Auskunftsverweigerungsrecht berufen sollte. Zuletzt habe die Strafkammer auch bedacht, dass eine effektive Sanktionierung einer etwaigen Falschaussage des sich in der Türkei - zudem unter unbekannter Anschrift - aufhaltenden Zeugen nicht gegeben wäre. Schließlich habe die Strafkammer, ohne dass es darauf noch entscheidend angekommen wäre, auch bedacht, dass eine unter Inanspruchnahme türkischer Rechtshilfe zu veranlassende kommissarische oder audiovisuelle Vernehmung einen großen organisatorischen Aufwand erfordern und mit erheblichen zeitlichen Verzögerungen in der vorliegenden Haftsache einhergehen würde.

19d) Nach einer weiteren Sitzungsunterbrechung teilte der Strafkammervorsitzende mit, während der Unterbrechung sei eine E-Mail von Rechtsanwalt E. eingegangen. In dieser E-Mail erklärte Rechtsanwalt E. nun, U. sei bereit, sich vor ein türkisches Gericht zu begeben und von der Strafkammer per Videoübertragung vernommen zu werden. Der Verteidiger des Beschwerdeführers erhob daraufhin Gegenvorstellung gegen den Ablehnungsbeschluss der Strafkammer.

20e) Die Strafkammer beschloss, die Gegenvorstellung der Verteidigung gebe keine Veranlassung, den Beschluss, mit dem der Antrag auf Vernehmung des Zeugen U. abgelehnt worden sei, abzuändern. Zur Begründung dieses Beschlusses führte sie im Wesentlichen aus:

21aa) Zur Vermeidung von Wiederholungen nehme sie zunächst vollumfänglich auf den Ablehnungsbeschluss Bezug. Soweit es in diesem heiße, dass eine Bereitschaft des Zeugen U. zu einer audiovisuellen Vernehmung im Wege der Rechtshilfe nicht vorhanden sei, sei dies inzwischen zwar überholt, da sein türkischer Rechtsanwalt E. nach Beschlussverkündung per E-Mail mitgeteilt habe, dass sein Mandant bereit sei, zu diesem Zweck ein türkisches Gericht aufzusuchen. Die übrigen Erwägungen, mit denen die Strafkammer eine Vernehmung des Zeugen U. als zur Wahrheitsfindung nicht erforderlich bewertet habe, gölten aber unverändert fort. Insbesondere bleibe es dabei, dass die Strafkammer die bloß audiovisuelle Vernehmung aus den im angegriffenen Beschluss näher ausgeführten Gründen als völlig untauglich bewertet habe, um zur Sachaufklärung beizutragen und die Beweiswürdigung zu beeinflussen.

22bb) Dies gelte umso mehr, als sich bei vorläufiger Würdigung der Beweisaufnahme, in welcher bereits das gesamte von Amts wegen vorgesehene Beweisprogramm durchlaufen worden sei, der dringende Verdacht weiter verdichtet habe. Durchgreifende Zweifel hinsichtlich des Werts der bisherigen Beweise seien derzeit bei der Strafkammer nicht vorhanden, was auf folgender - im Beschluss näher dargelegten - kursorischen, vorläufigen Würdigung beruhe. Eine Gesamtschau der Indizien habe bei der Strafkammer zu der Überzeugung geführt, dass sich der dringende Tatverdacht - der in diametralem Gegensatz zu einigen der in das Wissen des Zeugen U. gestellten Tatsachenbehauptungen stehe - erheblich verdichtet habe. Dieser in die von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO vorgeschriebene Gesamtwürdigung eingestellte Umstand habe die Strafkammer in ihrer Überzeugung bestärkt, dass eine bloß audiovisuelle Vernehmung des Zeugen U., bei der sie sich keinen unmittelbaren persönlichen Eindruck verschaffen könne, zur Erforschung der Wahrheit nach ihrem Ermessen nicht erforderlich sei.

23f) Noch am selben Hauptverhandlungstag hielten die Verfahrensbeteiligten ihre Schlussvorträge. Das Urteil wurde am verkündet.

243. Gegen das Urteil legte der Beschwerdeführer Revision ein und rügte unter anderem die Verletzung seines Beweisantragsrechts und der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht. Die Revisionsbegründung führte insoweit im Wesentlichen aus, die - auch für den Ablehnungsgrund nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO maßgebliche - Verneinung der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht sei nicht tragfähig.

25a) Für die Ablehnung eines Beweisantrags auf Vernehmung eines Auslandszeugen nach § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO sei das Tatgericht nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vom Verbot der Beweisantizipation befreit. Es dürfe seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten seien und wie diese Ergebnisse zu würdigen wären. Ob die Amtsaufklärungspflicht es gebiete, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, könne dabei nur unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden. Allgemein gelte der Grundsatz, dass bei einem durch die bisherige Beweisaufnahme gesicherten Beweisergebnis auf breiter Beweisgrundlage eher von der Vernehmung des Auslandszeugen abgesehen werden könne. Dagegen sei nach der Rechtsprechung die Vernehmung des Auslandszeugen umso eher notwendig, je ungesicherter das bisherige Beweisergebnis erscheine, je größer die Unwägbarkeiten seien und je mehr Zweifel hinsichtlich des Werts der bisher erhobenen Beweise überwunden werden müssten; dies gelte insbesondere dann, wenn der Auslandszeuge Vorgänge bekunden solle, die für den Schuldvorwurf von zentraler Bedeutung seien.

26b) Dies zugrunde gelegt habe die Strafkammer den Beweisantrag nicht ablehnen dürfen. Die Strafkammer selbst habe die Schwere des Tatvorwurfs und die erhebliche Bedeutung der Beweisbehauptungen hervorgehoben. Nachdem der Zeuge seine Bereitschaft zu einer audiovisuellen Vernehmung erklärt habe, sei der Ablehnungsgrund der Unerreichbarkeit, auf den sich die Strafkammer zunächst maßgeblich gestützt habe, entfallen. Die weitergehende Annahme der völligen Ungeeignetheit des Beweismittels stütze sich letztlich allein auf die mit jeder audiovisuellen Vernehmung einhergehende Verminderung des Beweiswerts und setze damit relative und völlige Ungeeignetheit gleich. Der Umstand, dass U. noch nie vernommen worden sei, könne nicht für eine Minderung des Beweiswerts herangezogen werden, sondern hätte es gerade geboten, ihn wenigstens per Video zu hören. Die organisatorischen Schwierigkeiten und zeitlichen Verzögerungen würden von der Strafkammer lediglich behauptet. Tatsächlich sei eine relativ zügige Durchführung von audiovisuellen Vernehmungen sowie eine effektive Sanktionierung von Falschaussagen über ein europäisches Rechtshilfeübereinkommen, das Deutschland und die Türkei ratifiziert hätten, sichergestellt. Zudem habe die Ablehnung dem in Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) garantierten Recht, Entlastungszeugen zu laden, nicht hinreichend Rechnung getragen.

27c) Auf der Verletzung des Beweisantragsrechts und der Amtsaufklärungspflicht beruhe das Urteil. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Strafkammer zu einer anderen Würdigung der Beweise gekommen wäre, wenn sie dem Beweisantrag nachgegangen wäre und den Zeugen U. audiovisuell vernommen hätte.

284. Der Generalbundesanwalt beantragte, die Revision durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 StPO als offensichtlich unbegründet zu verwerfen. Zur Begründung des Antrags führte er in Bezug auf die erhobene Verfahrensrüge aus:

29Bei der Prüfung der Aufklärungspflicht müsse das Tatgericht die Bedeutung und den Beweiswert der Aussage des Zeugen vor dem Hintergrund des bisherigen Beweisergebnisses würdigen. Es sei insoweit vom Verbot der Beweisantizipation befreit und dürfe seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten seien und wie die zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären. Ob das Gebot des § 244 Abs. 2 StPO, die Beweisaufnahme zur Erforschung der Wahrheit auf alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, es gebiete, dem Beweisantrag auf Vernehmung eines Auslandszeugen nachzukommen, könne nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Besonderheiten des Einzelfalls beurteilt werden. Bei offenkundig wichtigen und zentralen Entlastungszeugen sei ein besonders strenger Maßstab anzulegen. Indes könne die Ablehnung auch auf die Prognose gestützt werden, dass der Zeuge die Beweisbehauptungen zwar bestätigen werde, diese Angaben jedoch wahrheitswidrig seien. Nehme das Tatgericht eine antizipatorische Beurteilung vor, müssten die hierzu angestellten Erwägungen tragfähig und nachvollziehbar, nicht hingegen zwingend sein. Das Revisionsgericht sei darauf beschränkt, die tatgerichtliche Ermessensentscheidung auf Rechtsfehler zu überprüfen, und könne sie nicht durch eine eigene Ermessensentscheidung ersetzen.

30Nach diesem Maßstab, der dem Recht aus Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d EMRK Rechnung trage, halte die Ablehnung des Antrags durch das Landgericht revisionsrechtlicher Überprüfung stand. Die Strafkammer habe ausführlich und nachvollziehbar dargelegt, warum sie einen Einfluss der dem Zeugen zugeschriebenen Behauptungen auf ihre Überzeugungsbildung ausschließe, und zwar selbst dann, wenn er die Beweisbehauptungen bestätigen würde. Im Rahmen des auf die Gegenvorstellung hin ergangenen Beschlusses habe sie die schon erhobenen Beweise ausführlich gewürdigt und den verdichteten Tatverdacht sowie die nicht fernliegende Möglichkeit einer Falschaussage rechtsfehlerfrei herangezogen, um zu begründen, warum ihre Überzeugung, der Angeklagte habe die Tötung des Geschädigten in Auftrag gegeben, soweit gesichert sei, dass sie durch die Aussage des Zeugen U. nicht mehr ernsthaft in Frage gestellt werden könne. Angesichts der rechtsfehlerfreien Ablehnung des Antrags erübrige sich die Frage, ob eine Vernehmung des Zeugen im Wege der Rechtshilfe oder eine audiovisuelle Vernehmung möglich und zu erwägen gewesen wären und ob der Zeuge U. überhaupt hätte geladen werden können.

315. Die Revision trat dem Verwerfungsantrag mit einer Gegenerklärung entgegen und bekräftigte ihre Auffassung, dem Angeklagten habe in der vorliegenden Beweiskonstellation, in welcher der Schuldspruch gegen den Angeklagten auf von ihm nicht zu entkräftenden Indizien beruhe, der einzige Entlastungsbeweis in Form der audiovisuellen Vernehmung des eigentlichen Haupttäters im Ausland nicht als völlig ungeeignet und ohne jeden Beweiswert abgetan werden dürfen.

326. Mit Beschluss vom , der den Verteidigern des Beschwerdeführers am und dem Beschwerdeführer selbst einige Tage später zuging, verwarf der Bundesgerichtshof die Revision des Beschwerdeführers ohne nähere Begründung gemäß § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet.

II.

33Mit seiner am eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG.

341. Die Verfassungsbeschwerde sei zulässig. Insbesondere sei der Rechtsweg erschöpft. Eine Anhörungsrüge gegen den die Revision verwerfenden Beschluss komme nicht in Betracht. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass der Bundesgerichtshof entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen haben könnte.

352. Die Verfassungsbeschwerde sei auch begründet. Die angegriffenen Entscheidungen verletzten den Beschwerdeführer in seinem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG. Das Landgericht habe mit der Ablehnung des Beweisantrags und dem Verzicht auf eine Vernehmung des U. als Zeugen den verfassungsrechtlichen Maßstab, nämlich die aus dem Grundgesetz folgenden Mindestanforderungen an die Wahrheitserforschung, verkannt und so den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht verletzt. Die revisionsrechtliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs habe diesen Verfassungsverstoß perpetuiert.

36a) Die Beweissituation sei von erheblichen Unsicherheiten geprägt gewesen. Während sich die Strafkammer für ihre Feststellungen zur Haupttat auf die Aussage einer unmittelbaren Tatzeugin, nämlich der Zeugin F., habe stützen können, habe sie mit Blick auf die für die verfahrensgegenständliche Tat zentrale Anstiftungshandlung lediglich auf Indizien - nämlich einerseits die Aussage der Zeugin Ca. und andererseits Telefonverbindungsdaten - zurückgreifen können. Deren Tragfähigkeit sei jedoch gering.

37aa) Die Zeugin Ca. habe zwar bekundet, dass sich der Beschwerdeführer mit einem "Auftrag" an ihren Lebenspartner, den gesondert Verfolgten C., gewandt habe. Dessen Inhalt habe er ihr allerdings nicht mitgeteilt. An einen Mord habe sie nicht gedacht und dies dem C. auch nicht zugetraut.

38bb) Aus Telefonverbindungsdaten ließen sich bekanntlich nur formale Kommunikationskontakte ablesen. Der Inhalt der Kommunikation sei nicht überwacht worden und habe als Beweismittel nicht zur Verfügung gestanden. Die Strafkammer habe daher lediglich auf eine auffällige Häufung der Telefonverbindungen im zeitlichen Umfeld der Tat verweisen können, die der Beschwerdeführer aus ihrer Sicht nicht plausibel habe erklären können. Unterdes seien die Verbindungsdaten aus gleich mehreren Gründen nur ein sehr schwaches Indiz: Erstens bedürfte die Feststellung einer Häufung von Telefonverbindungen eines Vergleichs mit dem sonstigen Kommunikationsverhalten des Beschwerdeführers, den die Strafkammer aber nicht angestellt habe. Zweitens wären unsichere Angaben zu den einzelnen Telefonaten am Tattag keineswegs verwunderlich: Warum habe der Beschwerdeführer sich an einzelne, zumal teils sehr kurze Gespräche erinnern sollen, wenn eine hohe Anzahl an Telefonaten für ihn normal sei? Drittens sei nicht nur die Anzahl, sondern auch - was die Strafkammer nicht in den Blick genommen habe - die Länge der Telefonverbindungen auffällig: Diese seien - auch an den Tagen vor der Haupttat - sämtlich ausgesprochen kurz gewesen. Insofern spreche aber wenig dafür, dass diese sehr kurzen Gespräche zur Absprache der Tatbegehung genutzt worden seien. Umgekehrt erschließe sich nicht so recht, welche Bedeutung eigentlich der hohen Anzahl an Verbindungen zukommen solle.

39cc) Eine weitere Leerstelle klaffe hinsichtlich des Motivs für die Anstiftung. Wie die Strafkammer selbst einräumen müsse, habe sie dieses nicht aufklären und lediglich einen möglichen Zusammenhang mit der Auflösung und geplanten Neugründung des "Hells Angels"-Ortsverbandes vermuten können.

40dd) Danach sei die Beweislage hinsichtlich der Anstiftungshandlung von erheblichen Unsicherheiten geprägt gewesen, sodass schon aus diesem Grund die Erhebung eines jeden denkbaren weiteren Beweismittels angezeigt gewesen wäre.

41b) Dies gelte zumal für ein offenkundig so zentrales Beweismittel wie den Zeugen U., dem als mutmaßlichem Haupttäter eine doppelte Bedeutung zugekommen sei.

42Zum einen wäre er in der Lage gewesen, aus eigener Wahrnehmung - und nicht nur vom Hörensagen wie die Zeugin Ca. - Angaben dazu zu machen, ob und inwieweit er vom Beschwerdeführer angestiftet worden sei. Für den Beschwerdeführer wäre er damit ein, wenn nicht sogar der zentrale Entlastungszeuge gewesen. Umgekehrt hätte er - auch das sollte nicht aus dem Blick geraten - den Anklagevorwurf auch bestätigen und so die eher unsichere Beweislage stabilisieren können.

43Zum anderen wäre der Zeuge U. in der Lage gewesen, zu den von der Strafkammer herangezogenen Indizien Angaben zu machen. Insbesondere hätte er sowohl zu den Inhalten der Telefonate im zeitlichen Umfeld der Tat als auch - zumindest möglicherweise - zur Frage des Tatmotivs aussagen können.

44Anders als die Strafkammer meine, spreche die zentrale Bedeutung des Zeugen U. ebenso wenig wie der Umstand, dass der Zeuge in dem Verfahren noch überhaupt nicht vernommen worden sei, gegen seine - wenn auch nur audiovisuelle - Vernehmung. Im Gegenteil: Sie sei gerade aus diesen Gründen geboten gewesen. Denn mangels früherer Vernehmung habe sich die Aussage nicht durch die Vernehmung der Vernehmungsperson oder die Verlesung eines Vernehmungsprotokolls substituieren lassen. Sie habe einen echten Neuheitswert von zentraler Bedeutung gehabt.

45c) Nicht unberücksichtigt bleiben dürfe auch die Schwere des Tatvorwurfs. Der Beschwerdeführer sei wegen Anstiftung zum Mord angeklagt und verurteilt worden. Stehe - wie in diesem Fall - eine lebenslange Freiheitsstrafe als gesetzlich zwingende Rechtsfolge im Raum, komme dem aus dem Recht auf ein faires, rechtsstaatliches Verfahren folgenden Anspruch auf bestmögliche Sachverhaltsaufklärung besonderes Gewicht zu.

46d) Die Gründe, die die Strafkammer zur Ablehnung des Beweisantrags anführe, verkennten das verfassungsrechtlich vorgegebene Ziel der bestmöglichen Ermittlung des Sachverhalts durch den Strafprozess und seien nicht tragfähig.

47aa) Die Strafkammer schließe zum einen von den bekannten Einschränkungen einer audiovisuellen Vernehmung - kein persönlicher Eindruck, Möglichkeit der Entziehung bei Fragen - auf die völlige Untauglichkeit des Beweismittels. Dies überrasche nicht nur, weil es der Gesetzgeber offenbar anders sehe, sondern auch, weil die Strafkammer selbst bei der (Belastungs-)Zeugin F. keine derartigen Bedenken gehabt habe. Zudem stritten auch die zentrale Bedeutung des Beweismittels und der Umstand, dass der Zeuge bislang nicht gehört worden sei, dafür, wenigstens eine audiovisuelle Vernehmung durchzuführen.

48bb) Zum anderen verweise die Strafkammer auf eine mögliche Tendenz zur Falschaussage, weil der Zeuge U. mit dem Beschwerdeführer freundschaftlich verbunden und selbst dringend tatverdächtig sei, die Sanktionierung von Falschaussagen in der Türkei nicht sichergestellt und eine audiovisuelle Vernehmung organisatorisch aufwendig sei. Im Lichte des in der Hauptverhandlung verdichteten Tatverdachts gegen den Beschwerdeführer meine sie die Erforderlichkeit einer bloß audiovisuellen Vernehmung des Zeugen U. zur Erforschung der Wahrheit ausschließen zu können. Während der Verweis auf die fehlende Sanktionierung von Falschaussagen in der Türkei schlicht unzutreffend sei und ein hoher organisatorischer Aufwand nicht belegt werde, verkenne der Hinweis auf den verdichteten Tatverdacht die besondere Beweisbedeutung des Zeugen U., der nicht nur der einzige unmittelbare Zeuge der Anstiftungshandlung gewesen sei, sondern daneben auch noch zu eben denjenigen Indizien hätte aussagen können, auf denen der verdichtete Tatverdacht geruht habe.

49e) In der Gesamtschau läsen sich die Gründe, die die Strafkammer für die Ablehnung des Beweisantrags gebe und denen der Bundesgerichtshof in Anschluss an den Generalbundesanwalt folge, wie eine ausführliche Aneinanderreihung inhaltsleerer Floskeln. Das erstaune nicht. Denn mit Blick auf die unsichere Beweislage, die Bedeutung des Zeugen U. und die Schwere des Tatvorwurfs sei der Verzicht auf dessen audiovisuelle Vernehmung schlechthin nicht mehr nachvollziehbar und daher auch nicht rational rechtsstaatlich begründbar.

III.

501. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie das Ministerium der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen hatten Gelegenheit zur Stellungnahme. Beide haben mitgeteilt, von einer Äußerung abzusehen.

512. Die Akten des Ausgangsverfahrens lagen dem Bundesverfassungsgericht vor.

B.

52Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an, weil dies zur Durchsetzung der Grundrechte des Beschwerdeführers angezeigt ist (§ 93b i.V.m. § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig und - in einer die Entscheidungszuständigkeit der Kammer gemäß § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG eröffnenden Weise - auch offensichtlich begründet. Die für die Beurteilung maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen hat das Bundesverfassungsgericht bereits entschieden.

I.

531. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft (§ 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG). Auch genügt die Beschwerdeschrift den sich aus § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG ergebenden Anforderungen.

542.Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. Die angegriffenen Entscheidungen des Landgerichts und des Bundesgerichtshofs verletzen den Beschwerdeführer in seinem ihm von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren. Nach den danach geltenden verfassungsrechtlichen Maßstäben (a) durfte der auf Vernehmung des U. als Zeuge gerichtete Beweisantrag des Verteidigers des Beschwerdeführers unter den gegebenen Umständen nicht mit den Erwägungen des Landgerichts abgelehnt werden (b). Die revisionsgerichtliche Entscheidung des Bundesgerichtshofs hat diesen Verfassungsverstoß perpetuiert.

55a) aa) Das Recht auf ein faires Verfahren hat seine Wurzeln im Rechtsstaatsprinzip in Verbindung mit den Freiheitsrechten und Art. 1 Abs. 1 GG; es gehört zu den wesentlichen Grundsätzen eines rechtsstaatlichen Verfahrens (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 57, 250 <274 f.>; 88, 288 <317>; 118, 212 <231>; 122, 248 <271>; 130, 1 <25>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2103/20 -, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 829/24 -, Rn. 34). Als unverzichtbares Element der Rechtsstaatlichkeit des Strafverfahrens gewährleistet es dem Beschuldigten, prozessuale Rechte und Möglichkeiten mit der erforderlichen Sachkunde wahrnehmen und Übergriffe der staatlichen Stellen oder anderer Verfahrensbeteiligter angemessen abwehren zu können (vgl. BVerfGE 38, 105 <111>; 122, 248 <271 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2103/20 -, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 829/24 -, Rn. 34). An ihm ist die Ausgestaltung des Strafprozesses zu messen, wenn und soweit keine spezielle verfassungsrechtliche Gewährleistung existiert (vgl. BVerfGE 57, 250 <274 f.>; 109, 13 <34>; 122, 248 <271>; 130, 1 <25>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2103/20 -, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 829/24 -, Rn. 34). Eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren liegt vor, wenn eine Gesamtschau auf das Verfahrensrecht - auch in seiner Auslegung und Anwendung durch die Fachgerichte - ergibt, dass rechtsstaatlich zwingende Folgerungen nicht gezogen worden sind oder rechtsstaatlich Unverzichtbares preisgegeben wurde (vgl. BVerfGE 57, 250 <276>; 64, 135 <145 f.>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 Rn. 59>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2103/20 -, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 829/24 -, Rn. 35). Im Rahmen dieser Gesamtschau sind die Erfordernisse einer funktionstüchtigen Strafrechtspflege, auch in Verknüpfung mit dem Beschleunigungsgrundsatz (vgl. BVerfGE 130, 1 <26 f.>), in den Blick zu nehmen (vgl. BVerfGE 47, 239 <250>; 80, 367 <375>; 122, 248 <272>; 133, 168 <200 f. Rn. 59).

56bb) Die Konkretisierung des Rechts auf ein faires Verfahren erfolgt nicht nur durch den Gesetzgeber, sondern auch durch die Fachgerichtsbarkeit. Letzterer kommt die Aufgabe zu, den Schutzgehalt der jeweils in Frage stehenden Verfahrensnorm zu bestimmen (BVerfGK 17, 319 <328>). Deshalb kann das Recht auf ein faires Verfahren dadurch verletzt werden, dass das Tatgericht den Schutzgehalt einer verletzten Verfahrensnorm verkennt oder die verfassungsrechtlichen Grenzen des ihm bei der Auslegung und Anwendung von Verfahrensrecht eingeräumten Ermessens überschreitet (vgl. BVerfGK 9, 174 <188 f.>; BVerfGK 12, 33 <34>; 17, 319 <328>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 2103/20 -, Rn. 43; Beschluss der 3. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 829/24 -, Rn. 35).

57cc) (1) Konkret schützt das Recht auf ein faires Verfahren zunächst die Subjektstellung, die dem Beschuldigten im Strafverfahren zukommt (vgl. BVerfGK 9, 174 <188>). Er darf nicht lediglich Objekt des Verfahrens sein. Ihm muss vielmehr die Möglichkeit gegeben werden, zur Wahrung seiner Rechte auf den Gang und das Ergebnis des Verfahrens Einfluss zu nehmen (vgl. BVerfGE 26, 66 <71>; 46, 202 <210>; 63, 45 <61>; 63, 380 <390>; 66, 313 <318>; 133, 168 <200 Rn. 58>; stRspr).

58(2) Zentrales Anliegen des Strafverfahrens ist die Ermittlung des wahren Sachverhalts, denn nur so kann das aus der Menschenwürde abgeleitete materielle Schuldprinzip verwirklicht werden (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 122, 248 <270>; 130, 1 <26>). Zum Recht auf ein faires Verfahren gehört deshalb auch der Grundsatz der bestmöglichen Sachaufklärung (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 118, 212 <231>). Der Anspruch des Beschuldigten auf ein faires Verfahren kann damit auch durch verfahrensrechtliche Gestaltungen berührt werden, die der Ermittlung der Wahrheit und somit einem gerechten Urteil entgegenstehen (vgl. BVerfGE 57, 250 <275>; 118, 212 <231>; BVerfGK 16, 253 <257>).

59(3) Bei der Beurteilung der Verfahrensfairness berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht zudem die Gewährleistungen der als Auslegungshilfe verstandenen Regelungsinhalte der Europäischen Menschenrechtskonvention und die diese konkretisierenden Leitlinien der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (vgl. BVerfGE 74, 358 <370>; BVerfGK 4, 72 <75>). Auch Art. 6 Abs. 1 EMRK gewährleistet das Recht auf ein faires Verfahren, wobei die Fairness des Verfahrens nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalles zu beurteilen ist (vgl. EGMR (GK), Péllisier and Sassi v. France, , 25444/94, §§ 42 ff.; (GK) Jalloh v. Germany, , 54810/00, NJW 2006, 3117 <3122 f.>; (GK) Bykov v. Russia, , 4378/02, §§89 ff.; (GK) Gäfgen v. Germany, , 22978/05, §§ 162 ff.). Das Vorgehen bei der Beweisaufnahme ist einzubeziehen (vgl. EGMR, Sapunarescu v. Germany, , 22007/03). Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d EMRK garantiert dabei - als besondere Ausprägung des Rechts auf ein faires Verfahren - das Recht des Angeklagten, die Ladung und Vernehmung von Entlastungszeugen unter denselben Bedingungen zu erwirken, wie sie für Belastungszeugen gelten. Zwar verlangt die Vorschrift nicht die Anwesenheit und Befragung jedes benannten Entlastungszeugen, doch zielt die Vorschrift darauf ab, "volle Waffengleichheit" herzustellen (vgl.EGMR, Vidal v. Belgien, , 12351/86, EuGRZ 1992, 440 <441>).

60b) Die sich damit aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Gewährleistungen hat das Landgericht - perpetuiert durch die Revisionsverwerfung durch den Bundesgerichtshof - nicht gewahrt. Zwar begegnet die Vorschrift des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO in ihrer grundsätzlichen Auslegung und Anwendung durch den Bundesgerichtshof für sich genommen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (aa). Die Entscheidung der Strafkammer, dem Beweisantrag des Verteidigers des Beschwerdeführers auf Vernehmung des U. als Zeugen gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO auch nicht im Wege einer audiovisuellen Vernehmung nachzukommen und den Beschwerdeführer ohne vorherige Vernehmung des Zeugen wegen Anstiftung zum Mord zu verurteilen, überschreitet unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falles, auch vor dem Hintergrund der von der Strafkammer hierfür gegebenen Begründung, aber die dem fachgerichtlichen Ermessensspielraum unter dem Gesichtspunkt des Rechts auf ein faires Verfahren gesetzten verfassungsrechtlichen Grenzen (bb).

61aa) (1) Gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO kann ein Beweisantrag auf Vernehmung eines Zeugen, dessen Ladung im Ausland zu bewirken wäre, abgelehnt werden, wenn die Vernehmung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist. Die Vorschrift unterwirft die Frage, ob die beantragte Beweiserhebung durchzuführen ist, also trotz Vorliegens eines Beweisantrags der "normalen" Aufklärungspflicht des § 244 Abs. 2 StPO (vgl. -, juris, Rn. 15 m.w.N.). Das Tatgericht ist damit einfachrechtlich auch vom Verbot der Beweisantizipation befreit und darf seine Entscheidung davon abhängig machen, welche Ergebnisse von der beantragten Beweisaufnahme zu erwarten sind und wie diese zu erwartenden Ergebnisse zu würdigen wären. Kommt es unter Berücksichtigung sowohl des Vorbringens zur Begründung des Beweisantrags als auch der in der bisherigen Beweisaufnahme angefallenen Erkenntnisse zu dem Ergebnis, dass ein Einfluss auf seine Überzeugung auch dann sicher ausgeschlossen ist, wenn der benannte Zeuge die in sein Wissen gestellte Behauptung bestätigen werde, ist eine Ablehnung des Beweisantrags (einfach-) rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. -, juris, Rn. 11 m.w.N.).

62Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann auf die Vernehmung eines Auslandszeugen dann eher verzichtet werden, wenn das Beweisergebnis auf breiter Grundlage gesichert ist und sich der angebotene Zeuge nur zu indiziell oder randständig relevanten Umständen äußern soll. Umgekehrt steigt die Erforderlichkeit der Beweiserhebung, je ungesicherter die bisherige Beweislage ist, je größer die verbleibenden Unwägbarkeiten sind und je gewichtiger die Aussagen des Zeugen zur Schuldfrage sind (vgl. -, juris, Rn. 12 m.W.N.). Dies gilt in besonderem Maße, wenn der Zeuge Vorgänge bekunden soll, die für die Beurteilung der zentralen Schuldfrage entscheidungserheblich sind (vgl. -, juris, Rn. 67, insoweit nicht abgedruckt in BGHSt 68, 128 ff.; Beschluss vom - 4 StR 263/22 -, juris, Rn. 15 ff.).

63Der Umfang der Aufklärungspflicht kann im Einzelfall zudem wegen des Gebots, das Verfahren beschleunigt und mit prozesswirtschaftlich vertretbarem Aufwand zu erledigen, unterschiedlich weit sein. Gewicht der Strafsache sowie Bedeutung und Beweiswert des weiteren Beweismittels sind gegenüber den Nachteilen der Verfahrensverzögerungen abzuwägen, weshalb bei Anschuldigungen von Gewicht einer für den Schuldspruch relevanten weiteren Sachaufklärung, insbesondere durch die Vernehmung von schwer erreichbaren, weit entfernt wohnenden oder sich im Ausland aufhaltenden Zeugen, eher Vorrang zukommt (vgl. -, juris, Rn. 18).

64(2) In dieser Auslegung trägt die Regelung des § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO den sich aus dem Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG ergebenden Gewährleistungen hinreichend Rechnung (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweitens Senats vom - 2 BvR 1304/96 -, juris, Rn. 20). Sie wahrt die zentrale Pflicht zur Ermittlung der Wahrheit im Strafverfahren. Infolge der dem Angeklagten offenstehenden Möglichkeit, die Vernehmung des Zeugen dadurch zu erreichen, dass er bestimmte Sachverhalte aufzeigt, aufgrund deren sich das Gericht zur weiteren Sachaufklärung durch Vernehmung des Zeugen gedrängt sieht, verbleibt ihm ein hinreichender Einfluss auf den Verlauf des Strafprozesses; er bleibt Subjekt und wird nicht zum bloßen Objekt des Verfahrens (vgl. BVerfGE 63, 45 <68 f.>; BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Zweiten Senats vom - 2 BvR 1304/96 -, juris, Rn. 20).

65bb) (1) Dies bedeutet allerdings nicht, dass Strafgerichten bei der konkreten Anwendung von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO keine verfassungsrechtlich relevanten Fehler unterlaufen könnten. Zwar rechtfertigt nicht jeder Verstoß gegen die vom Bundesgerichtshof zu § 244 Abs. 5 Satz 2 und § 244 Abs. 2 StPO aufgestellten Grundsätze ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts. Voraussetzung ist vielmehr, dass sich das Tat- und gegebenenfalls das Revisionsgericht im konkreten Fall bei Anwendung von § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO so weit von der Verpflichtung entfernt haben, in Wahrung der Unschuldsvermutung auch die Gründe, die gegen die mögliche Täterschaft des Angeklagten sprechen, wahrzunehmen, aufzuklären und zu erwägen, dass der rationale Charakter der Entscheidung verloren gegangen scheint und die Entscheidung keine tragfähige Grundlage mehr für die mit einem Schuldspruch einhergehende Freiheitsentziehung sein kann (vgl. BVerfGK 1, 145 <152>).

66(2) Ein solcher Ausnahmefall ist vorliegend gegeben. Zwar bestehen gegen die Würdigung der erhobenen Beweise im angegriffenen Urteil bei isolierter Betrachtung keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Nicht mehr nachzuvollziehen ist aber die auf § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO trotz der erklärten Aussagebereitschaft des U. gestützte Weigerung der Strafkammer, den Zeugen U. audiovisuell zu vernehmen. Die Annahme der Strafkammer, die Vernehmung des U. sei zur Erforschung der Wahrheit nach den dargelegten Maßstäben nicht erforderlich, ist in der Gesamtbetrachtung schlechterdings nicht mehr verständlich.

67(a) Nachdem Rechtsanwalt E. erklärt hatte, U. sei bereit, sich von der Strafkammer in einem türkischen Gericht audiovisuell vernehmen zu lassen, ging die Strafkammer selbst nicht mehr davon aus, U. sei unerreichbar. Eine fehlende Erreichbarkeit des Zeugen hat die Strafkammer in ihre Erwägungen mithin zuletzt - zu Recht - nicht mehr einbezogen.

68(b) Schon angesichts der Schwere des Tatvorwurfs und der Intensität des drohenden Freiheitseingriffs unterliegt das gegen den Beschwerdeführer geführte Strafverfahren besonders hohen Anforderungen an seine rechtsstaatliche Ausgestaltung und an die Wahrung des Gebots prozessualer Fairness. Denn gegen den Beschwerdeführer wird - worauf sowohl die Verfassungsbeschwerde als auch die Strafkammer zutreffend hinweisen - mit der Anstiftung zum Mord ein besonders schwerwiegender Tatvorwurf erhoben. Mit der in solchen Fällen zwingend vorgesehenen lebenslangen Freiheitsstrafe steht die schwerste der im Strafgesetzbuch vorgesehenen Sanktionen im Raum.

69(c) Die dem abgelehnten Beweisantrag zugrundeliegenden Beweisbehauptungen waren - auch nach Auffassung der Strafkammer selbst - von "große[r], teilweise sogar zentrale[r] Bedeutung". Träfen sie zu, hätte der Beschwerdeführer die ihm vorgeworfene Tat nicht begangen. Hinzu kommt, dass die Strafkammer ihre Überzeugung von der Täterschaft des Beschwerdeführers in Bezug auf die Anstiftungshandlung allein auf Indizien gestützt hat. Zwar ist dies für sich gesehen verfassungsrechtlich ohne Weiteres zulässig. Dies ändert aber nichts daran, dass ein deutlich sachnäheres Beweismittel zur Verfügung stand, nachdem sich U. zu einer audiovisuellen Vernehmung durch die Strafkammer in einem türkischen Gericht bereit erklärt hatte.

70(d) Dass U. im gesamten Verfahren noch nicht vernommen worden war, stützt - anders als die Strafkammer meint - die Ablehnung des Beweisantrags schon im Ansatz nicht. Vielmehr hat dieser Umstand zur Folge, dass es dem Beschwerdeführer im gesamten Strafverfahren verwehrt war, eine Aussage des nach seinen Angaben zentralen (und einzigen) Entlastungszeugen in das Verfahren einführen (vgl. insoweit auch Art. 6 Abs. 3 Buchstabe d EMRK). Dass U. als einer derjenigen, die vom Beschwerdeführer zur Haupttat angestiftet worden sein sollen, objektiv in der Lage gewesen wäre, in erheblichem Umfang zur Aufklärung in Bezug auf die Beweisbehauptungen beizutragen, steht außer Frage.

71(e) Offenbleiben kann, ob die vorgenannten, ganz erheblich für eine Vernehmung des (audiovisuell) erreichbaren Zeugen sprechenden Gesichtspunkte die Ablehnung des Beweisantrags gemäß § 244 Abs. 5 Satz 2 StPO mit der - im Rahmen einer antizipierten Beweiswürdigung angestellten - Erwägung verfassungsrechtlich ausgeschlossen hätten, eine die Beweisbehauptungen bestätigende (hypothetische) Aussage des Zeugen U. sei mit Sicherheit unwahr. Denn eine solche Annahme hat die Strafkammer gerade nicht getroffen. Sie ist vielmehr allein davon ausgegangen, eine bloß audiovisuelle Vernehmung des Zeugen sei wegen der dabei fehlenden Möglichkeit, sich einen unmittelbaren Eindruck von ihm zu verschaffen, nicht geeignet, zur Sachaufklärung beizutragen und die Beweiswürdigung zu beeinflussen. Welche Bedeutung eine entsprechende Aussage des Zeugen im Falle seiner persönlichen Anwesenheit in der Hauptverhandlung möglicherweise hätte haben können, hat sie hingegen offengelassen.

72Diese Erwägung der Strafkammer kann schon im Ansatz nicht überzeugen. Unabhängig von der Frage, ob sie der in § 247a StPO zum Ausdruck kommenden gesetzgeberischen Wertung gerecht wird, verkennt sie, dass sich die Strafkammer im Falle, sie wäre auch nach Durchführung der audiovisuellen Vernehmung nicht in der Lage, hinreichend sicher auszuschließen, dass eine persönliche Vernehmung des Zeugen in der Hauptverhandlung zu einer Entlastung des Beschwerdeführers führen würde, der Frage stellen müsste, ob nicht schon darin die Verurteilung des Beschwerdeführers hindernde Zweifel liegen.

73(f) Dass die Organisation der audiovisuellen Vernehmung des Zeugen U. im Wege der Rechtshilfe zu einer - von der Strafkammer zwar angesprochenen, aber nicht weiter konkretisierten - Verfahrensverzögerung führen könnte, vermag an der verfassungsrechtlich unvertretbaren Gesamtwürdigung nichts zu ändern.

II.

74Es ist danach festzustellen, dass das und der soweit sie (auch) den Vorwurf der versuchten Anstiftung zum Mord betreffen, den Beschwerdeführer jeweils in seinem Recht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG verletzen (§ 95 Abs. 1 Satz 1 BVerfGG). Die angegriffenen Entscheidungen sind daher insoweit aufzuheben und die Sache an das Landgericht Köln zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 93c Abs. 2 i.V.m. § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG).

C.

751. Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG.

762. Die Festsetzung des Gegenstandswerts für die anwaltliche Tätigkeit stützt sich auf § 37 Abs. 2 Satz 2, § 14 Abs. 1 RVG in Verbindung mit den Grundsätzen über die Festsetzung des Gegenstandswerts im verfassungsrechtlichen Verfahren (vgl. BVerfGE 79, 365 <368 ff.>).

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250824.2bvr006425

Fundstelle(n):
KAAAJ-98952