Provisionsanspruch - Kryptowährung - Sachbezug
Leitsatz
1. Die Übertragung der sog. Kryptowährung Ether (ETH) zur Erfüllung von Provisionsansprüchen des Arbeitnehmers kann, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liegt, grundsätzlich als Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO vereinbart werden.
2. Der unpfändbare Betrag des Arbeitsentgelts muss dem Arbeitnehmer aber nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO in Geld ausgezahlt werden. Soweit dies nicht der Fall ist, ist die Sachbezugsvereinbarung - wegen der Teilbarkeit des Sachbezugs Ether ggf. nur teilweise - nichtig.
Instanzenzug: Az: 8 Ca 130/22 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az: 19 Sa 29/23 Urteil
Tatbestand
1Die Parteien streiten - soweit für die Revision noch von Interesse - über Provisionen für die Monate Februar und März 2020 in der sog. Kryptowährung Ether (ETH).
2Die Klägerin war seit dem bei der Beklagten, einem Unternehmen, das sich ua. mit Kryptowährungen befasst, zunächst auf Grundlage des Arbeitsvertrags vom (AV 2019) mit einer monatlichen Bruttovergütung von 960,00 Euro bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden beschäftigt. Zusätzlich war ein Provisionsanspruch auf Basis der monatlichen Geschäftsabschlüsse vereinbart. Die Provision war dabei in Euro zu ermitteln und zum Zeitpunkt der Fälligkeit - dem jeweiligen Letzten des Folgemonats - zum „aktuellen Wechselkurs“ in ETH umzurechnen und zu erfüllen.
3Der AV 2019 lautet auszugsweise:
4Ab dem war Grundlage der Beschäftigung ein auf denselben Tag datierter Arbeitsvertrag (AV 2020) mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden und einem Bruttomonatsgehalt von 2.400,00 Euro. Nach § 16 AV 2020 war der Abschluss einer gesonderten Provisionsvereinbarung vorgesehen. Darüber hinaus beinhalten sowohl § 13 AV 2019 als auch § 14 AV 2020 eine wortgleiche zweistufige Ausschlussfristenregelung.
5Die Beklagte übersandte der Klägerin am eine Excel-Tabelle mit ua. folgendem Inhalt:
6Die Klägerin vermittelte im Monat Februar 2020 ausschließlich Geschäfte mit Neukunden mit einem Volumen von 6.025,96 Euro. Im Monat März 2020 vermittelte sie Geschäfte mit Neukunden mit einem Volumen von 7.000,00 Euro und von 11.737,50 Euro mit Bestandskunden.
7Eine Übertragung von ETH und eine Abrechnung der Provisionsansprüche erfolgte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am nicht, obwohl die Klägerin die Beklagte hierzu mehrfach aufgefordert und ein sog. Wallet am mitgeteilt hatte. Mit der Gehaltsabrechnung für Dezember 2021 rechnete die Beklagte pauschal Provisionsansprüche iHv. 15.166,16 Euro brutto ab und brachte den sich ergebenen Nettobetrag zur Auszahlung. Zudem waren der Klägerin im Zusammenhang mit einem Geschäftsabschluss auf Wunsch des Geschäftsführers der Beklagten zur Verrechnung mit Provisionsansprüchen bereits 37.533 AGG Token (Coins) und 5.630 USDT (US-Dollar-Coins) auf zwei private Wallets übertragen worden.
8Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, nach § 15 AV 2019 habe sie Anspruch auf Provisionen für alle von ihr in den Monaten Februar und März 2020 vermittelten Geschäfte, wobei sie die in der Excel-Tabelle vom vorgesehenen unterschiedlichen Provisionssätze für Neu- bzw. Bestandskunden gegen sich gelten lasse. Danach hätten ihr als Provision für Februar 2020 1.205,19 Euro, umgerechnet 9,96 ETH, und für März 2020 2.573,75 Euro, umgerechnet 13,618 ETH, zugestanden. Die von der Beklagten gezahlten 15.166,16 Euro brutto habe sie nicht an Erfüllung statt angenommen. Allerdings habe sie bei der Ermittlung der ihr insgesamt zustehenden Provisionen diese Zahlung mit 4,687 ETH und die ihr übertragenen Kryptowährungen mit 5,032 ETH - jeweils zu dem am geltenden Kurs umgerechnet - berücksichtigt und die Klageforderung entsprechend gekürzt. Dass die Beklagte ihre Provisionsansprüche nicht rechtzeitig abgerechnet und bisher nicht erfüllt habe, könne nicht zu ihren Lasten gehen. Es sei zulässig, die Erfüllung von Provisionsansprüchen durch die Übertragung von ETH als Sachbezug zu vereinbaren. Die Grenzen des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO seien eingehalten. Ein Verstoß hiergegen schließe zudem ihre Ansprüche nicht aus, sondern allein die Anrechnung des Sachbezugs durch den Arbeitgeber auf die Nettovergütung.
9Die Klägerin hat - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zuletzt beantragt,
10Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Klageantrag sei wegen fehlender Bestimmtheit unzulässig. Es hänge allein vom zufälligen Wechselkurs ab, welchen Gegenwert der Vollstreckungsgläubiger erhalte. Auch sei das Wallet, auf das die Übertragung von ETH erfolgen solle, im Antrag nicht angegeben. Die Klage sei zudem unbegründet. Aus dem mit der Klägerin ausgehandelten Wortlaut von § 15 AV 2019 ergebe sich, dass lediglich Neukundengeschäfte provisionspflichtig seien. Die seit September 2019 entstandenen Provisionsansprüche der Klägerin habe sie durch die geleistete Zahlung erfüllt. Diese habe die Klägerin an Erfüllung statt angenommen. Unabhängig davon sei sie am berechtigt gewesen, ersatzweise eine Zahlung in Euro vorzunehmen. Die Provision in ETH sei als das taggenaue Äquivalent zum Euro-Kurs vereinbart worden. Wegen des bis nicht mitgeteilten Wallets könne die Klägerin nicht im Nachhinein die Auszahlung von ETH verlangen, die zwischenzeitlich eine exorbitante Wertsteigerung erfahren hätten. Andernfalls liege eine Äquivalenzstörung vor, die zu einem Wegfall der Geschäftsgrundlage führe. Unabhängig davon sei die Zahlung des Arbeitsentgelts in ETH nicht zulässig. Die Übertragung von ETH stelle auch keinen Sachbezug dar. Jedenfalls führe die Nichtbeachtung von § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO zur Nichtigkeit der Abrede. Zudem sei es aufgrund der starken Kursschwankungen allenfalls zulässig, die Leistung von 25 - 30 % des Arbeitsentgelts in ETH zu vereinbaren. Etwaige Ansprüche der Klägerin seien jedenfalls verfallen und verjährt.
11Das Arbeitsgericht hat der Klage - soweit für die Revision von Interesse - iHv. 5,576 ETH für den Monat Februar 2020 und iHv. 13,618 ETH für den Monat März 2020 stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte insoweit weiterhin eine vollständige Klageabweisung. Soweit die Klägerin darüber hinausgehend die Übertragung von ETH als Provision aus dem Arbeitsverhältnis und Auslagenersatz verlangt hat, haben die Vorinstanzen die Klage rechtskräftig abgewiesen. Soweit die Klägerin Urlaubsabgeltung begehrt hat, ist der Klage hingegen rechtskräftig stattgegeben worden.
Gründe
12Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Mit der gegebenen Begründung kann der Klage auf Übertragung von ETH als Provision für in den Monaten Februar und März 2020 getätigte Geschäfte nicht im vom Landesarbeitsgericht ausgeurteilten Umfang stattgegeben werden. Mangels Feststellung aller notwendigen Tatsachen kann der Senat nicht selbst entscheiden. Dies führt - soweit die Klage in die Revisionsinstanz gelangt ist - zur Aufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
13I. Die Klage ist zulässig. Sie genügt den Anforderungen von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
141. Der Klageantrag ist hinreichend bestimmt.
15a) Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO muss der Antrag die Maßnahme, für die ein Recht bejaht oder verneint wird, so genau bezeichnen, dass die eigentliche Streitfrage zwischen den Beteiligten mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann (st. Rspr., vgl. zB - Rn. 14 mwN). Ein Klageantrag ist unter Beachtung des Gebots eines effektiven Rechtsschutzes hinreichend bestimmt, wenn er den erhobenen Anspruch durch Bezifferung oder gegenständliche Beschreibung so konkret bezeichnet, dass der Rahmen der gerichtlichen Entscheidungsbefugnis (§ 308 Abs. 1 ZPO) klar abgegrenzt ist, Inhalt und Umfang der materiellen Rechtskraft der begehrten Entscheidung (§ 322 Abs. 1 ZPO) erkennbar sind, das Risiko des eventuell teilweisen Unterliegens des Klägers nicht durch vermeidbare Ungenauigkeit auf den Beklagten abgewälzt und eine etwaige Zwangsvollstreckung nicht mit einer Fortsetzung des Streits im Vollstreckungsverfahren belastet wird (vgl. - Rn. 12, 21 f. mwN, BAGE 177, 13; - 4 AZR 403/20 - Rn. 27, BAGE 176, 27).
16b) Diesen Anforderungen genügt der Klageantrag wie auch der Tenor des Berufungsurteils (vgl. dazu - Rn. 12 f. mwN, BAGE 177, 13). Das Klagebegehren ist nach dem Antrag darauf gerichtet, die Beklagte zu verurteilen, eine bestimmte Anzahl von Ether-Einheiten an ein von der Klägerin zu bezeichnendes Wallet „zu übertragen“. Damit wird hinreichend deutlich, worin die angestrebte Verpflichtung der Beklagten bestehen soll.
17aa) Die im Antrag bezeichnete Einheit „Ether“ (ETH) ist ein Kryptowert. Kryptowerte sind digitale Darstellungen eines Wertes, der von keiner Zentralbank oder öffentlichen Stelle emittiert wurde oder garantiert wird und nicht den gesetzlichen Status einer Währung oder von Geld besitzt, aber von natürlichen oder juristischen Personen aufgrund einer Vereinbarung oder tatsächlichen Übung als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient (vgl. § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG idF vom (im Folgenden aF); - Rn. 27 ff., BFHE 280, 24). Aufgrund dieser Funktion werden Kryptowerte, obwohl sie nicht den Status einer amtlichen Währung besitzen, auch als Krypto„währung“ bezeichnet (vgl. Höring DStZ 2022, 520, 521).
18bb) Kryptowerte können - unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie oder einer ähnlichen Technologie (vgl. hierzu Rn. 6, BStBl. I S. 658) auf elektronischem Weg übertragen, gespeichert und gehandelt werden (vgl. § 1 Abs. 11 Satz 4 KWG aF; Rn. 1, aaO). Um eine Zähleinheit Ether - wie beantragt - zu übertragen, benötigt jeder Nutzer ein sog. Wallet. Bei einem Wallet handelt es sich um eine Anwendung zum Erzeugen, Verwalten und Speichern privater und öffentlicher Schlüssel (vgl. Rn. 16 f., aaO; OLG Braunschweig - 1 Ws 185/24 - zu II 3 a cc (1) der Gründe). In dem Wallet selbst werden keine Kryptowerte gehalten, diese verbleiben stets in der Blockchain, dh. in einer in der Regel keiner zentralen Kontrolle unterliegenden Datenbank mit mehreren Beteiligten, die die Distributed-Ledger-Technologie verwendet (vgl. Rn. 6, aaO; OLG Braunschweig - 1 Ws 185/24 - aaO).
19cc) Für die Transaktion von einem Wallet auf ein anderes Wallet werden zwei Schlüssel benötigt. Der eine ist ein öffentlicher Schlüssel (sog. Public Key), der mit einer E-Mail-Adresse bzw. mit einer Kontonummer vergleichbar ist. Bei dem anderen handelt es sich um einen privaten Schlüssel (sog. Private Key), vergleichbar mit einem Passwort, der es dem Inhaber des Wallets ermöglicht, über das zu seinen Gunsten bestehende Guthaben zu verfügen (vgl. Höring DStZ 2022, 520, 521). Zur Übertragung nimmt der Übertragende Bezug auf eine frühere, seinem Wallet gutgeschriebene Transaktion von Zähleinheiten der Kryptowährung in mindestens der zu übertragenden Anzahl und gibt den Public Key des Empfängers an. Anschließend signiert der Übertragende die Transaktion mit seinem Private Key und überträgt die Transaktion an das Netzwerk (vgl. Rn. 18, 21, BStBl. I S. 658; OLG Braunschweig - 1 Ws 185/24 - zu II 3 a cc (1) der Gründe; Bachert CR 2021, 356 f.).
20dd) Das Netzwerk überprüft anhand der übermittelten Daten unter Verwendung eines Konsensmechanismus, ob das anweisende Wallet ausreichend Zähleinheiten der Kryptowährung enthält und die Transaktion tatsächlich mit dem entsprechenden Private Key signiert wurde. Ist das der Fall, wird die Transaktion akzeptiert und in das „digitale Kassenbuch“ (sog. Ledger) der Kryptowährung eingetragen (vgl. Rn. 21, BStBl. I S. 658; vgl. zu Bitcoin Ammann CR 2018, 379).
21c) Die Angabe eines Wallets im Klageantrag ist für dessen Bestimmtheit nicht erforderlich. Auch ohne dessen Benennung wird dem Schuldner der Umfang seiner Verpflichtung deutlich und es ist ihm möglich, die zu deren Erfüllung notwendigen Kryptowerte - soweit erforderlich - zu beschaffen. Rechtliche oder wirtschaftliche Nachteile erleidet er dadurch nicht. Das zur Erfüllung der Übertragungsverbindlichkeit durch den Schuldner erforderliche Wallet kann dann im Vollstreckungsverfahren angegeben werden (zur Frage der Vollstreckung eines entsprechenden Tenors auf § 887 ZPO abstellend vgl. - zu II der Gründe; Taufmann/Schumacher WM 2023, 908, 910; Bachert CR 2021, 356, 359 f.; auf § 888 ZPO abstellend Ammann CR 2018, 379, 386; vgl. zum Sonderfall der Herausgabe der Bitcoins aus bestimmten Wallets - zu II 1 der Gründe), zumal Kryptowerte nicht in einem bestimmten Wallet, sondern in der Blockchain gespeichert sind (vgl. Rn. 18) und die Übertragungsmöglichkeit auf ein bestimmtes Wallet im Verlauf eines längeren gerichtlichen Verfahrens entfallen kann (vgl. Bachert CR 2021, 356, 358).
22d) Zur Unbestimmtheit des Klageantrags führt entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht, dass der Wert von ETH („Kurs“) großen Schwankungen unterliegen kann. Dies betrifft nicht die Bestimmtheit des Klageantrags, sondern die Frage, welche wirtschaftliche Belastung die ggf. notwendige Beschaffung des zu übertragenden Wertes für den Schuldner bedeutet. Diese Frage kann sich gleichermaßen bei erst zu beschaffenden Sachen stellen wie auch bei der Verpflichtung zur Zahlung einer Geldschuld, wenn der Kurs einer (Fremd-)Währung Schwankungen unterliegt.
232. Gegenstand und Grund des erhobenen Anspruchs können, wie nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO neben einem bestimmten Antrag erforderlich, unter Heranziehung der Klagebegründung und der Anrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB festgestellt werden.
24a) Provisionsansprüche für mehrere Kalendermonate gegen denselben Beklagten können nach § 260 ZPO in einer Klage verbunden werden (vgl. - Rn. 15, BAGE 169, 285). Bei mehreren im Weg einer objektiven Klagehäufung nach § 260 ZPO in einer Klage verfolgten Ansprüchen muss erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die sog. Gesamtklage zusammensetzt (st. Rspr., zB - Rn. 14; - 10 AZR 256/20 - Rn. 12 mwN). Kann die Zusammensetzung der Klageforderung nach dem Klagevorbringen mithilfe der Anrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB festgestellt werden, ist - auch ohne ausdrückliche Erklärung der klagenden Partei - eine entsprechende Auslegung des Klageantrags geboten (vgl. - Rn. 14; - VIII ZR 84/17 - Rn. 38 mwN).
25b) Der Klageschrift ist zu entnehmen, für welche Kalendermonate die Klägerin in welcher Höhe Provisionsansprüche in ETH geltend macht. Unter Heranziehung der Anrechnungsgrundsätze des § 366 Abs. 2 BGB kann zudem festgestellt werden, welche in ETH umgerechneten Provisionsansprüche infolge der von ihr vorgenommenen Kürzungen nicht bzw. nur anteilig Gegenstand der Klage sein sollen. Am bestanden mehrere fällige, gleich sichere und gleich lästige Schulden der Beklagten. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Klägerin die geleistete Zahlung mit 4,687 ETH und die ihr übertragenen Kryptowährungen mit 5,032 ETH beginnend mit der ältesten Schuld - jeweils zum Fälligkeitszeitpunkt in Euro berechnet und mit dem jeweiligen Kurs in ETH umgerechnet - von ihrer Gesamtforderung abziehen wollte. Danach war - soweit für die Revision noch von Interesse - Gegenstand der Klage zunächst ein von 9,96 ETH auf 8,056 ETH gekürzter Anspruch für Februar 2020 und ein ungekürzter Anspruch iHv. 13,618 ETH für März 2020. Sämtliche davorliegenden Ansprüche waren demgegenüber aufgrund der von der Klägerin vorgenommenen Abzüge nicht streitgegenständlich. Aufgrund der rechtskräftigen teilweisen Klageabweisung durch die Vorinstanzen ist Streitgegenstand im Revisionsverfahren nur noch ein Anspruch der Klägerin auf Übertragung von 5,576 ETH für den Monat Februar 2020 und von 13,618 ETH für den Monat März 2020, insgesamt 19,194 ETH.
26c) Die Klägerin hat darüber hinaus erklärt, ihren Berechnungen die Provisionsstaffel der Excel-Tabelle vom und nicht die des § 15 AV 2019 zugrunde zu legen, aus der sich ein höherer Provisionsanspruch ergeben würde. Die Klage ist damit für den streitbefangenen Zeitraum auch unter diesem Gesichtspunkt als abschließende Gesamtklage zu verstehen (vgl. - Rn. 17; - 9 AZR 266/20 - Rn. 12 mwN, BAGE 179, 372).
27II. Der Senat kann aufgrund der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden, ob die Klage in vom Landesarbeitsgericht zugesprochener Höhe begründet ist. Das Landesarbeitsgericht hat zwar zu Recht erkannt, dass der Klägerin dem Grunde nach Provisionen, zu erfüllen durch Übertragung von ETH, als Sachbezug zustehen. Es hat aber bei der Ermittlung der Pfändungsfreigrenzen die gesetzlichen Vorgaben nicht in jeder Hinsicht zutreffend berücksichtigt. Daher ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
281. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Klägerin gemäß § 15 AV 2019 dem Grunde nach für alle von ihr in den Monaten Februar und März 2020 vermittelten Geschäfte ein Anspruch auf Provisionen zusteht, der durch Übertragung von ETH zu erfüllen ist.
29a) Bei § 15 AV 2019, wie den Bestimmungen des AV 2019 im Übrigen, handelt es sich unabhängig davon, ob die Klausel für eine Vielzahl von Verträgen iSv. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB vorformuliert worden ist, jedenfalls um eine sog. Einmalbedingung iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB.
30aa) Arbeitsverträge zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern sind Verbraucherverträge iSv. § 310 Abs. 3 BGB (st. Rspr., - Rn. 30 mwN, BAGE 163, 282).
31bb) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass es sich bei § 15 AV 2019 um eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung handelt, auf deren Inhalt die Klägerin keinen Einfluss iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB nehmen konnte (vgl. hierzu - Rn. 16, BAGE 181, 227; - 10 AZR 233/18 - Rn. 31 mwN, BAGE 165, 19). Die Beklagte selbst trägt vor, die Vereinbarung sei auf Veranlassung ihres Geschäftsführers getroffen worden. Es hätte ihr daher oblegen, konkret vorzutragen, wie sie die Klausel zur Disposition gestellt hat (vgl. - Rn. 23, BAGE 154, 178). Dem ist die Beklagte nicht nachgekommen. Ihr Vortrag, die Klausel sei „auch auf Wunsch der Klägerin“ vereinbart worden, lässt weder erkennen, dass die Beklagte den Inhalt der Klausel ernsthaft zur Disposition gestellt hätte noch, dass die Klägerin auf ihre Bereitschaft hätte schließen können, etwa von ihr gewünschte Änderungen vorzunehmen. Soweit die Beklagte auf unter Umständen von § 15 AV 2019 abweichende Wünsche anderer Arbeitnehmer bezüglich der Modalitäten der Provisionszahlung und deren Ambitionen hinsichtlich der Akquise neuer Kunden abstellt, hat dies keinen Bezug zum konkreten Vertragsschluss der Parteien.
32b) § 15 AV 2019 gewährt der Klägerin dem Grunde nach einen Provisionsanspruch, der zunächst als Berechnungsgrundlage in Euro zu ermitteln, zum Zeitpunkt der jeweiligen Fälligkeit der Provisionen - dem jeweiligen Letzten des Folgemonats - zum „aktuellen Wechselkurs“ in ETH umzurechnen und durch die Übertragung von ETH-Einheiten zu erfüllen ist. Darüber besteht zwischen den Parteien zuletzt kein Streit mehr.
33c) Provisionspflichtig sind nach § 15 AV 2019 sowohl Geschäftsabschlüsse mit Neukunden als auch solche mit Bestandskunden. Dies ergibt die Auslegung der Klausel.
34aa) Einmalbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB sind nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Grundsätzen auszulegen (vgl. - Rn. 25; zu den Auslegungsgrundsätzen vgl. zB - Rn. 21 mwN). Die Auslegung durch das Berufungsgericht unterliegt der uneingeschränkten Prüfung durch das Revisionsgericht (vgl. zB - Rn. 36, BAGE 179, 9). Dieser Überprüfung hält das Berufungsurteil stand.
35bb) Der Wortlaut von § 15 AV 2019 schließt entgegen der Auffassung der Beklagten eine Auslegung nicht aus, nach der ein Provisionsanspruch der Klägerin nicht nur für Neukundengeschäfte, sondern auch für Bestandskundengeschäfte besteht. Die Formulierung im Eingangssatz der Klausel, „Partner-Akquise + Sales“ werde mit einer zusätzlichen Provisions-Staffel vergütet, ist nicht eindeutig. Soweit von Partner-Akquise die Rede ist, könnte sich dies auf Geschäfte mit Kunden beziehen, zu denen die Beklagte noch keine Geschäftsbeziehungen unterhalten hat - zwingend ist dies allerdings nicht. Auch der Zusatz „+ Sales“ ist nicht unbedingt so zu verstehen, dass Geschäfte mit Bestandskunden von der Provisionspflicht ausgenommen sein sollten. Die Begriffe „NEW Business“ und „NEW Businesses“ können sich gleichermaßen auf neue Kunden wie auf neue Geschäfte beziehen. Unter den Begriffen kann zum einen das Bemühen zu verstehen sein, neue Kunden zu gewinnen und diese an sich zu binden. Genauso können sie aber in einem weiteren Sinn gedeutet werden, wonach auch die Bemühungen erfasst sind, das Geschäft mit bestehenden Kunden auszubauen und mehr Aufträge zu erhalten.
36cc) Entscheidend für einen Provisionsanspruch der Klägerin auch für Bestandskundengeschäfte spricht allerdings, dass § 65 iVm. § 87 Abs. 1 Satz 1 HGB regelmäßig für den Abschluss aller Geschäfte während des Vertragsverhältnisses einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Provisionen begründet (vgl. - Rn. 46; ErfK/Oetker 25. Aufl. HGB § 87 Rn. 17). Danach hätte der Ausschluss eines Provisionsanspruchs für Bestandskundengeschäfte einer klaren und eindeutigen Regelung bedurft. Eine solche ist weder § 15 AV 2019 zu entnehmen noch den sonstigen Bestimmungen des Arbeitsvertrags.
372. Ausgehend hiervon ergab sich zunächst - rein rechnerisch - für den Monat Februar 2020, in dem die Klägerin lediglich Neukundengeschäfte vermittelt hat, ein von 9,96 ETH auf 8,056 ETH gekürzter (Rn. 25) Anspruch auf Übertragung und für den Monat März 2020, in dem die Klägerin auch Bestandskundengeschäfte vermittelte, iHv. 13,618 ETH.
38a) Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass maßgeblicher Zeitpunkt für die Zuordnung eines vermittelten Geschäfts zu einem bestimmten Monat und für die in der Folge anzuwendende Provisionsstaffel das Datum der Rechnungsstellung ist.
39b) Es ist ferner - wie vom Landesarbeitsgericht angenommen - der von der Klägerin jeweils zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Forderung herangezogene Umrechnungswert von Euro in ETH zugrunde zu legen. Die Beklagte hat die Bewertung und Berechnung des Landesarbeitsgerichts mit der Revision nicht angegriffen und keine Verfahrensrüge gemäß § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhoben (vgl. dazu die st. Rspr., zB - Rn. 30 mwN).
40c) Von den sich rechnerisch ergebenden Provisionsansprüchen hat die Klägerin - unter Beachtung der allein auf § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO gestützten rechtskräftigen teilweisen Klageabweisung durch das Landesarbeitsgericht - im Revisionsverfahren nur noch 5,576 ETH für den Monat Februar 2020 und 13,618 ETH für den Monat März 2020 verlangt, insgesamt 19,194 ETH.
413. Das Landesarbeitsgericht hat weiter zutreffend angenommen, dass Provisionsansprüche der Klägerin für Februar und März 2020 nicht - unabhängig von § 107 GewO (dazu Rn. 53 ff.) - bereits aus sonstigen Gründen ganz oder teilweise ausscheiden.
42a) Dem Anspruch steht nicht entgegen, dass der nach § 15 AV 2019 in ETH zu gewährende Teil des Arbeitsverdiensts im streitgegenständlichen Zeitraum weit über 25 % des Gesamtverdiensts der Klägerin lag (zu einer solchen Begrenzung vgl. Arnold/Günther ArbR 4.0-HdB/Arnold/Winzer 2. Aufl. § 3 Rn. 228; Plitt/Fischer NZA 2016, 799, 803; Günther/Böglmüller NZA-Beilage 2019, 95, 100).
43aa) Entgegen der Ansicht der Beklagten können vorliegend die vom Bundesarbeitsgericht im Zusammenhang mit Widerrufsvorbehalten entwickelten Grundsätze (vgl. dazu grdl. - zu B I 4 c bb der Gründe, BAGE 113, 140; vgl. auch - Rn. 25) schon deshalb nicht unmittelbar herangezogen werden, weil weder § 15 AV 2019 noch sonstige Bestimmungen des Arbeitsvertrags der Beklagten das Recht einräumen, die der Klägerin versprochene Leistung iSv. § 308 Nr. 4 BGB zu ändern oder von ihr abzuweichen. Unabhängig davon könnte sich die Beklagte als Verwenderin auch insoweit nicht auf eine Unwirksamkeit der von ihr gestellten Klausel berufen. Die Inhaltskontrolle schafft lediglich einen Ausgleich für die einseitige Inanspruchnahme der Vertragsfreiheit durch den Klauselverwender, sie dient nicht dem Schutz des Klauselverwenders vor den von ihm selbst geschaffenen Formularbestimmungen (st. Rspr., vgl. zuletzt zB - Rn. 69 mwN).
44bb) Ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen eine Vereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder in sog. Einmalbedingungen, den Anspruch des Arbeitnehmers auf Provisionen durch Übertragung von Einheiten einer Kryptowährung zu erfüllen, im Hinblick auf deren hohe Volatilität und die eingeschränkte Verwendbarkeit als Zahlungsmittel für den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligend iSv. § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 BGB sein kann, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung. § 15 AV 2019 unterliegt zwar, soweit die Parteien die Umrechnung und Erfüllung der Provisionsansprüche der Klägerin in ETH vereinbart haben, nach § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, weil die Klausel insoweit nicht das unmittelbare Gegenleistungsverhältnis von Arbeit und Entgelt betrifft, sondern die Leistungspflichten der Parteien lediglich näher ausgestaltet (st. Rspr., vgl. zB - Rn. 22 mwN, BAGE 182, 85; - 1 AZR 265/22 - Rn. 23 f., BAGE 181, 227; - 5 AZR 128/22 - Rn. 46 ff., BAGE 179, 9). Die Beklagte kann sich aber zur Abwehr von Ansprüchen der Klägerin aus § 15 AV 2019 auch insoweit nicht darauf berufen, die von ihr als Verwenderin gestellte Klausel sei unwirksam.
45b) Die Beklagte kann auch nicht wegen der Wertsteigerung von ETH nach Fälligkeit der Provisionen oder der erst am erfolgten Mitteilung eines Wallets durch die Klägerin eine Vertragsanpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB; zu den Voraussetzungen vgl. - Rn. 53 mwN; - 5 AZR 129/16 - Rn. 55 mwN, BAGE 156, 157) etwa dahingehend verlangen, dass der Klägerin als Provisionen lediglich die als Berechnungsgrundlage ermittelten Eurobeträge zustünden. Weder eine schwerwiegende Veränderung der Umstände, die zur Grundlage des Vertrags iSv. § 313 BGB geworden sind, noch eine Unzumutbarkeit für die Beklagte, am unveränderten Vertrag festzuhalten, ist erkennbar oder von der Beklagten vorgebracht.
46aa) Dem Vortrag der Beklagten lässt sich nicht entnehmen, dass eine bestimmte, nach Fälligkeit der Provisionsansprüche der Klägerin eintretende (Markt-)Wertentwicklung von ETH zur Geschäftsgrundlage geworden ist. Beiden Parteien waren die schwankenden Bewertungen des Kryptowertes ETH auf dem Markt - dh. auf den speziellen Handelsplattformen bzw. Börsen, an denen sie gehandelt werden (vgl. dazu - Rn. 29, BFHE 280, 24; Höring DStZ 2022, 520, 524) - bekannt. Zudem nimmt die Vereinbarung, dass bei Fälligkeit der Provisionen eine auf Basis eines Eurobetrags berechnete Zahl von ETH zu übertragen ist, wie vom Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt, dem Arbeitgeber gerade jedes Risiko einer Kursschwankung, denn es besteht zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt eine Kongruenz zwischen beiden Werten (vgl. Plitt/Fischer NZA 2016, 799, 802). Dementsprechend hat die Beklagte mit § 15 AV 2019 eine Vertragsgestaltung gewählt, bei der die Provisionen in ETH nach eigenem Vortrag „das taggenaue Äquivalent“ zum Wert in Euro darstellten, der als Berechnungsgrundlage diente. Die Regelung entsprach dem Interesse der Beklagten, denn bei einer ordnungsgemäßen Vertragserfüllung lagen das Risiko - wie auch die Chancen - der Kursentwicklung nach Fälligkeit allein bei der Klägerin.
47bb) Dass die Klägerin ein Wallet erst nach Fälligkeit der Provisionsansprüche mitgeteilt hat, rechtfertigt nicht die Annahme, wesentliche Umstände, die Grundlage des Vertrags geworden sind, hätten sich geändert mit der Folge, dass eine Störung des Äquivalenzverhältnisses eingetreten sei. Die Erfüllung der sich aus § 15 AV 2019 ergebenden Verpflichtungen der Beklagten setzte zwar die Mitwirkung der Klägerin durch die Angabe eines Wallets voraus. Allerdings musste die Beklagte unabhängig hiervon aufgrund der vertraglichen Begründung ihrer Übertragungspflicht bereits bei Fälligkeit der Provisionen über entsprechende - dem Euro-Wert kongruente - Einheiten von ETH verfügen.
48c) Die noch streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin für die Monate Februar und März 2020 sind weder insgesamt noch teilweise gemäß § 364 Abs. 1 BGB aufgrund der durch die Beklagte iHv. 15.166,16 Euro brutto geleisteten Zahlung erloschen. Die Parteien haben keine Vereinbarung getroffen, nach der die Beklagte berechtigt sein sollte, die Ansprüche der Klägerin statt durch Übertragung von ETH durch Zahlung von Euro zu erfüllen (vgl. - Rn. 56 mwN). Die Klägerin war hiermit nicht einverstanden, was sie nach den nicht mit Verfahrensrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO angegriffenen und den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl. dazu die st. Rspr., zB - Rn. 30) mit ihrer WhatsApp-Nachricht vom klargemacht hat.
49d) Die erhobenen Ansprüche sind nicht verfallen oder verjährt.
50aa) Die Klägerin war nicht gehalten, im Zusammenhang mit den von ihr geltend gemachten Provisionsansprüchen, die vertraglichen Ausschlussfristen einzuhalten, weil deren erste Stufe - wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben - Ansprüche wegen einer sonstigen vorsätzlichen Vertragsverletzung nicht ausnimmt und damit entgegen § 202 Abs. 1 BGB die Haftung wegen Vorsatzes begrenzt. Das führt zur Nichtigkeit der Klauseln, weil § 202 Abs. 1 BGB eine Verbotsnorm iSv. § 134 BGB darstellt (vgl. - Rn. 27 ff. mwN). Es gibt daher keinen Zeitpunkt, an den der Fristenlauf der zweiten Stufe anknüpfen könnte ( - Rn. 26; - 5 AZR 251/11 - Rn. 36 ff. mwN, BAGE 141, 340).
51bb) Die Beklagte ist nicht nach § 214 Abs. 1 BGB berechtigt, die Leistung zu verweigern. Die streitgegenständlichen Ansprüche unterliegen nach § 195 BGB der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren. Diese Frist begann nach § 199 Abs. 1 BGB mit Ablauf des und war im Zeitpunkt der Klageerhebung im Jahr 2022 noch nicht verstrichen.
524. Ebenfalls zutreffend ist die Annahme des Landesarbeitsgerichts, dass die Übertragung von ETH zur Erfüllung von Provisionsansprüchen des Arbeitnehmers grundsätzlich als Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO vereinbart werden kann, wenn dies bei objektiver Betrachtung im Interesse des Arbeitnehmers liegt.
53a) Nach § 107 Abs. 1 GewO ist das Arbeitsentgelt in Euro zu berechnen und auszuzahlen. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt, wenn Arbeitsentgelt nicht in Euro geleistet wird, sondern der Arbeitgeber stattdessen an den Arbeitnehmer ETH überträgt. Bei der Einheit „Ether“ (ETH) handelt es sich schon nicht um „Geld“; es ist kein umlaufendes, allgemein als Universaltauschmittel anerkanntes, gesetzliches Zahlungsmittel (vgl. - Rn. 29, BFHE 280, 24).
54b) Abweichend von § 107 Abs. 1 GewO ist es nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO zulässig, Sachbezüge als Teil des Arbeitsentgelts zu vereinbaren, wenn dies im Interesse des Arbeitnehmers liegt.
55aa) Sachbezug iSv. § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO ist jede Leistung des Arbeitgebers, die er als Gegenleistung für die Arbeitsleistung in anderer Form als in Geld erbringt. Sachleistung und Arbeitsleistung müssen im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis stehen. Dies richtet sich nach der - ggf. konkludent - getroffenen Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien. Deren Inhalt ist durch Auslegung zu ermitteln (vgl. dazu im Einzelnen - Rn. 14 mwN, BAGE 181, 136).
56bb) Die Gewährung der Sachbezüge muss zudem den Interessen des Arbeitnehmers oder der Eigenart des Arbeitsverhältnisses entsprechen. Für die Bewertung des Arbeitnehmerinteresses kommt es auf eine objektive Betrachtung an, nicht auf die Interessen des konkreten Arbeitnehmers. Im Regelfall wird ein solches Interesse bestehen, wenn mit dem Sachbezug ein besonderer Nutzen einhergeht (vgl. dazu im Einzelnen - Rn. 15 f. mwN, BAGE 181, 136).
57cc) Ausgehend von diesem weiten Begriffsverständnis sind Sachbezüge nicht nur Sachleistungen (zu Beispielen vgl. ErfK/Preis 25. Aufl. GewO § 107 Rn. 4 mwN; HWK/Lembke 11. Aufl. § 107 GewO Rn. 26 mwN). Unter den in § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO genannten Voraussetzungen können auch sonstige Leistungen des Arbeitgebers, wie die Übertragung einer Kryptowährung, Sachbezüge sein (vgl. dazu Tölle NZA 2019, 141, 142; Günther/Böglmüller/Gerigk NZA 2022, 1509, 1514; Plitt/Fischer NZA 2016, 799, 801 f.).
58c) § 15 AV 2019 wird den Vorgaben in § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO gerecht.
59aa) Die Übertragung von ETH steht im unmittelbaren Gegenseitigkeitsverhältnis zu der von der Klägerin zu erbringenden Arbeitsleistung; sie knüpft an die Vermittlung von Verträgen zwischen der Beklagten und Dritten als Teil dieser geschuldeten Leistung an.
60bb) Die Erfüllung des Provisionsanspruchs durch die Übertragung von ETH lag objektiv betrachtet auch im Interesse der Klägerin. Diese war nicht nur in einem Unternehmen beschäftigt, das sich auch mit Kryptowährungen befasst. Sie war zudem aufgrund ihrer Tätigkeit mit deren Übertragung vertraut. Zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Provisionen bestand eine Kongruenz zwischen den als Berechnungsbasis ermittelten Eurobeträgen und dem zu übertragenden Kryptowert ETH. Mit der Übertragung war zudem ein besonderer Nutzen für die Klägerin in Gestalt einer Gewinnchance verbunden. ETH sind, wie andere Currency Token, wie reale Zahlungsmittel einzeln übertragbar bzw. tauschbar (vgl. - Rn. 67). Sie werden - wie reale Währungseinheiten - auf speziellen Handelsplattformen bzw. Börsen (sog. Exchanges) gehandelt und verfügen über jederzeit abrufbare zeitaktuelle Kurse. Der dort für den jeweiligen Token und die jeweilige Transaktion ermittelte (Kurs-)„Wert“ bestätigt die Realisierbarkeit ihres Vermögenswertes (vgl. - Rn. 29, BFHE 280, 24; Höring DStZ 2022, 520, 524). Die vorliegend nach Fälligkeit der Provisionen eingetretene Steigerung des Marktwertes von ETH belegt, dass deren Übertragung der Klägerin eine reale und nicht nur ganz entfernte Gewinnchance bot (vgl. in Abgrenzung hierzu - zu II 3.2 der Gründe [zu Aktienoptionen]).
615. Die durch § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO eröffnete Möglichkeit der Vereinbarung eines Sachbezugs wird allerdings - wovon das Landesarbeitsgericht im Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist - durch § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO begrenzt.
62a) Nach § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO darf der Wert der vereinbarten Sachbezüge die Höhe des pfändbaren Teils des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Dem Arbeitnehmer muss danach zumindest der unpfändbare Betrag seines Entgelts in Geld ausgezahlt werden (vgl. - Rn. 16 mwN, BAGE 181, 136; ErfK/Preis 25. Aufl. GewO § 107 Rn. 7; HWK/Lembke 11. Aufl. § 107 GewO Rn. 40).
63b) § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO soll - vergleichbar mit der Intention und den im Streitfall eingehaltenen Vorgaben von § 1 MiLoG (vgl. dazu BT-Drs. 18/1558 S. 28; - Rn. 24 mwN, BAGE 180, 340; grdl. - 5 AZR 135/16 - Rn. 29 f., BAGE 155, 202; Riechert/Nimmerjahn MiLoG 2. Aufl. Einführung Rn. 67 ff., 73 ff. und § 1 Rn. 82 ff.) - zum einen sicherstellen, dass Arbeitnehmer innerhalb des Abrechnungszeitraums über ein bestimmtes Mindesteinkommen in Geld verfügen, um ihren notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten. Zum anderen soll die Bestimmung verhindern, dass Arbeitnehmer gezwungen werden, aufgrund des Sachbezugs Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen, um die Bedürfnisse des täglichen Lebens befriedigen zu können. Die Regelung dient somit nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers, sondern - entgegen der Ansicht der Klägerin - auch dem Schutz der Sozialkassen und damit einem öffentlichen Interesse (vgl. - Rn. 16 mwN, BAGE 181, 136; HWK/Lembke 11. Aufl. § 107 GewO Rn. 42 f.).
64c) Der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens iSd. § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO ist gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850a bis 850i ZPO (in den für den jeweiligen Streitzeitraum maßgeblichen Fassungen) zu bestimmen.
65aa) Erhält der Arbeitnehmer neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen oder sonstige Leistungen des Arbeitgebers als Sachbezug, wozu auch die Übertragung von Kryptowerten gehört, sind Geldleistungen und Sachbezüge nach § 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO zusammenzurechnen. Hierzu ist der Wert des Sachbezugs zu bestimmen. Zur Bewertung der Übertragung von Einheiten eines Kryptowertes an den Arbeitnehmer als vereinbarten Sachbezug sind im Rahmen von § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO grundsätzlich die einkommensteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Regelungen (§ 8 Abs. 2 EStG; § 3 Sozialversicherungsentgeltverordnung - SvEV) heranzuziehen (vgl. - Rn. 23, BAGE 181, 136). Wird auf Basis eines in Euro errechneten Betrags bestimmt, in welcher Höhe Kryptowerte zu übertragen sind, kann der Eurobetrag als Wert des Sachbezugs bei der Bestimmung des pfändbaren Arbeitseinkommens herangezogen werden.
66bb) Von dem sich durch Zusammenrechnung ergebenden Bruttobetrag sind die nach § 850a ZPO unpfändbaren Beträge mit dem Bruttobetrag abzusetzen. Im Anschluss daran sind von dem so errechneten Betrag die Steuern und die vom Arbeitnehmer zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge sowie ggf. die in § 850e Nr. 1 Satz 2 ZPO aufgeführten Beträge in Abzug zu bringen (vgl. zur Auslegung des § 850e Nr. 1 Satz 1 ZPO - Rn. 19 ff., BAGE 145, 18). Das so ermittelte Nettoeinkommen ist Grundlage der in § 850c ZPO (vorliegend in der Fassung vom ; im Folgenden aF) und der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung (vorliegend in der Fassung vom ) geregelten Pfändungsgrenzen (vgl. - Rn. 22, BAGE 181, 136). § 850c Abs. 1 ZPO regelt einen vom nach § 850e ZPO errechneten Nettoeinkommen abhängigen unpfändbaren Grundbetrag. Dieser ist, wenn keine berücksichtigungsfähigen Unterhaltsverpflichtungen bestehen, nach § 850c Abs. 2 Satz 1 ZPO aF (inzwischen § 850c Abs. 3 Satz 1 ZPO) erhöht und nach oben begrenzt (vgl. - Rn. 30, aaO).
67d) Ist die Summe aus in Geld zahlbarem Einkommen und der Naturalleistung nach §§ 850c, 850e Nr. 3 Satz 1 ZPO unpfändbar, liegt bei Anrechnung des Sachbezugs auf das Arbeitsentgelt ein Verstoß gegen § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO vor. Dieser führt zur Nichtigkeit der Vereinbarung, einen Teil des Arbeitsentgelts durch Sachbezug zu tilgen, denn § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO ist ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB ( - Rn. 28, BAGE 181, 136). Bei Teilbarkeit des Sachbezugs ist die Vereinbarung allerdings nur nichtig, soweit der unpfändbare Betrag des Entgelts nicht in Geld gezahlt wird. Das Arbeitsentgelt ist im Fall der Teilnichtigkeit bis zur Pfändungsfreigrenze in Geld zu leisten und der Sachbezug entsprechend zu kürzen (vgl. HWK/Lembke 11. Aufl. § 107 GewO Rn. 44). Der Arbeitnehmer hat stattdessen einen - vorliegend nicht streitgegenständlichen - Anspruch auf Auszahlung des dem Wert des gekürzten Teils des Sachbezugs entsprechenden Geldbetrags.
686. Bei der Anwendung dieser Grundsätze sind dem Landesarbeitsgericht allerdings Rechtsfehler unterlaufen. Nachdem die für die Berechnung erforderlichen Tatsachen nicht vollständig festgestellt sind, kann der Senat nicht entscheiden, ob der Klägerin ein Anspruch auf Übertragung von ETH in zugesprochener Höhe zusteht. Dies wird das Landesarbeitsgericht im fortgesetzten Berufungsverfahren - nach Gewährung rechtlichen Gehörs - erneut zu prüfen haben.
69a) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht den Wert des Sachbezugs ETH als Bruttobetrag mit dem als Berechnungsgrundlage in Euro ermittelten Betrag in Ansatz gebracht. Aus § 15 AV 2019 und den vertraglichen Abreden im Übrigen ergeben sich keinerlei Hinweise dafür, dass die Parteien im Hinblick auf die Übertragung von ETH eine Nettoabrede getroffen hätten. Nettolohnvereinbarungen, dh. Abreden des Inhalts, dass der Arbeitgeber im Innenverhältnis zum Arbeitnehmer sämtliche auf das Arbeitsentgelt entfallende Steuern und Beiträge zur Sozialversicherung trägt, sind die Ausnahme und müssen deshalb einen entsprechenden Willen klar erkennen lassen (vgl. - Rn. 81; - 5 AZR 251/19 - Rn. 11 mwN). Daran fehlt es vorliegend. Deshalb ist durchgängig zu beachten, dass es sich um einen Bruttoanspruch handelt.
70b) Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht die Pfändungsgrenzen auf Basis des Gesamtbruttoeinkommens der Klägerin und der hierauf entfallenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge im jeweiligen Folgemonat - im Monat März bzw. April 2020 - berechnet, in dem die Provisionen für Februar und März 2020 fällig wurden.
71c) Hinsichtlich der Berechnung für den Monat März 2020 gilt Folgendes: Die Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass die Klägerin von der Beitragspflicht zur gesetzlichen Kranken-, Pflege- und Arbeitslosenversicherung befreit war, weil die tatbestandlichen Voraussetzungen von § 6 Abs. 1 Nr. 3 SGB V und § 27 Abs. 4 Nr. 2 SGB III aF erfüllt waren und die Klägerin nicht zur Zahlung von Kirchensteuer verpflichtet war, hat die Beklagte nicht mit Verfahrensrügen nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO angegriffen. Sie sind damit für den Senat nach § 559 Abs. 2 ZPO bindend (vgl. dazu die st. Rspr., zB - Rn. 30 mwN). Gleiches gilt für die Feststellung der von der Klägerin bei einem Gesamtbruttoeinkommen von 2.165,19 Euro im Monat März 2020 zu tragenden Steuerlast und der Höhe des von ihr zu zahlenden Solidaritätszuschlags. Bei der Ermittlung des Beitrags zur gesetzlichen Rentenversicherung wurde aber nicht ein Gesamtbruttoeinkommen der Klägerin iHv. 2.165,19 Euro (Grundgehalt und Provisionsanspruch), sondern unzutreffend allein deren Bruttogrundgehalt iHv. 960,00 Euro zugrunde gelegt. Übersehen hat das Landesarbeitsgericht auch, dass bei der Anwendung des § 850c ZPO aF iVm. der Pfändungsfreigrenzenbekanntmachung vom die Pfändungsfreigrenze nicht nur auf Basis des unpfändbaren Grundbetrags zu bestimmen ist, sondern die nach § 850c Abs. 2 Satz 1 ZPO aF erhöhten Werte bei Mehrverdienst zu beachten sind.
72d) Hinsichtlich der Abrechnung für den Monat April 2020 ist den getroffenen Feststellungen nicht zu entnehmen, ob das Landesarbeitsgericht die Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung unter Beachtung des allgemeinen Beitragssatzes iHv. 14,6 % gemäß § 241 SGB V und des gemäß § 242 Abs. 1 SGB V maßgeblichen Zusatzbeitrags zutreffend berechnet hat. Auch ist der - vom Landesarbeitsgericht nur geschätzte - tatsächlich abgerechnete und ausgezahlte Nettobetrag für April 2020 nicht festgestellt und der pfändungsfreie Betrag nur anhand des Grundbetrags ohne Berücksichtigung des Mehrverdiensts (Rn. 71) ermittelt worden.
73e) Bei der neu vorzunehmenden Feststellung des Nettoeinkommens der Klägerin und der Prüfung der Einhaltung der Grenzen des § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO wird das Landesarbeitsgericht auch die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast zu berücksichtigen haben. Wird - wie vorliegend - um die Gewährung eines Sachbezugs gestritten, ist es zunächst Sache des Arbeitnehmers, die anspruchsbegründenden Tatsachen nach § 107 Abs. 2 Satz 1 GewO darzulegen und ggf. zu beweisen. Dies ist durch die Klägerin erfolgt. Sodann ist es Sache des Arbeitgebers, der sich zur Abwehr solcher Ansprüche auf § 107 Abs. 2 Satz 5 GewO als Rückausnahme beruft, darzulegen und zu beweisen, dass die Pfändungsfreigrenzen der Gewährung des Sachbezugs entgegenstehen. Dies ist dem Arbeitgeber aufgrund seiner regelmäßig vorhandenen Kenntnis aller maßgeblichen Umstände typischerweise unschwer möglich. Das Gericht ist hingegen nicht verpflichtet, die Voraussetzungen für das Eingreifen der Rückausnahme von Amts wegen zu ermitteln, denn im Urteilsverfahren gilt der Beibringungsgrundsatz (vgl. - Rn. 25, BAGE 129, 335; - 6 AZR 569/01 - zu 2 b der Gründe).
74III. Im fortgesetzten Berufungsverfahren wird das Landesarbeitsgericht auch über die Kosten der Revision zu entscheiden haben.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:160425.U.10AZR80.24.0
Fundstelle(n):
DStR 2025 S. 1353 Nr. 24
NAAAJ-98925