Suchen Barrierefrei
BFH Beschluss v. - VIII R 18/22

Zur Besteuerung der Erträge aus einem ausländischen Investmentfonds

Leitsatz

1. Ein Gebot der Fremdverwaltung des Inhalts, dass für die Anwendbarkeit der Regelungen des Investmentsteuergesetzes 2004 die Vermögensverwaltung durch den Fondsverwalter von jeglicher Einflussnahme des oder der Anleger frei sein muss, besteht nicht.

2. Die Besteuerung nach dem Investmentsteuergesetz 2004 ist bei einem Privatanleger abschließend und vorrangig gegenüber einer Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften (vgl. , BFHE 282, 428, BStBl II 2025, 305). Dies schließt es auch aus, die Kapitalanlagen eines Fonds gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung dem Anteilseigner zuzuordnen.

Gesetze: InvStG 2004 § 1 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1; InvStG 2004 § 2 Abs. 1; InvStG 2004 § 18 Abs. 2a; InvG § 1 Satz 2; InvG § 2 Abs. 4, Abs. 8, Abs. 9; AO § 39 Abs. 2 Nr. 1

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) wird im Jahr 2011 (Streitjahr) einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er erzielte gewerbliche Beteiligungseinkünfte sowie Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit und Kapitalvermögen.

2 Am .2007 legte die A S.A. mit Sitz in Luxemburg den Y Fonds (im Folgenden: Fonds) als Spezialinvestmentfonds nach luxemburgischem Recht in der Rechtsform eines Fonds commun de placement (ISIN: .) auf. Die A S.A. war vertraglich für die Verwaltung und Geschäftsleitung des Fonds verantwortlich. Sie schloss mit der C Bank S.A., ebenfalls mit Sitz in Luxemburg, einen Fondsmanagervertrag und beauftragte diese mit der Anlageverwaltung des Fonds. Die C Bank S.A. war ferner Verwahr-, Register- und Transferstelle sowie Zentralverwaltungsstelle des Fonds.

3 Der Fonds wurde als rechtlich unselbständiges Sondervermögen aus Wertpapieren und sonstigen Vermögenswerten sowie als Alternativer Investmentfonds für gemeinschaftliche Rechnung der Inhaber von Anteilen unter Beachtung des Grundsatzes der Risikostreuung gegründet. Nach dem luxemburgischen Aufsichtsrecht war er als Spezialfonds konzipiert, der sich an institutionelle, professionelle und andere sachkundige Anleger im Sinne des Art. 2 Abs. 1 des Luxemburger Gesetzes vom über spezialisierte Investmentfonds richtete und dessen Anteile auch von einem einzelnen Anleger gezeichnet werden konnten. Der Fonds investierte im Streitjahr fast ausschließlich in andere Investmentfonds, die die X SICAV selbst auflegte und am Kapitalmarkt vertrieb. Die auf der Fondsebene erzielten Erträge wurden thesauriert. Die Besteuerungsgrundlagen des Fonds wurden jährlich im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht. Am .2007 zeichnete der Kläger . Anteile zu je 100 € Anteilswert für insgesamt . €.

4 Wenn der Kläger den Erwerb oder den Verkauf eines Vermögensgegenstands für den Fonds befürwortete, füllte er ein Anlagevorschlagsformular aus und sandte dieses an einen Mitarbeiter der Fondsmanagerin. Auf dem Vorschlagsformular konnte die Fondsmanagerin ihre Zustimmung oder Ablehnung des Anlagevorschlags vermerken. Im Streitjahr wich die Fondsmanagerin von den Vorschlägen des Klägers nicht ab.

5 Für das Streitjahr erklärte der Kläger in Übereinstimmung mit den im Bundesanzeiger veröffentlichten Besteuerungsgrundlagen ausschüttungsgleiche Erträge in Höhe von insgesamt . € als Kapitalerträge ohne inländischen Steuerabzug. Der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt —FA—) veranlagte den Kläger für das Streitjahr mit Einkommensteuerbescheid vom zunächst erklärungsgemäß.

6 Mit Schreiben vom unterrichtete der Kläger das FA über die Abwicklung der Transaktionen. Dabei gab er an, faktisch Einfluss auf die Verwaltung des Fonds genommen zu haben. Zudem teilte er die Besteuerungsgrundlagen vorsorglich unter Außerachtlassung der Regelungen des Investmentsteuergesetzes 2004 für den Fall mit, dass die faktische Einflussnahme entgegen seiner Auffassung zum Wegfall der Anwendbarkeit des Investmentsteuergesetzes 2004 führe. Gegen den Kläger wurde auf dieses Schreiben hin ein steuerstrafrechtliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.

7 Nach Auffassung des Finanzamts für Steuerfahndung und Steuerstrafsachen B (Steufa) war für den Fonds die Fondseigenschaft im Sinne des Investmentsteuergesetzes 2004 zu versagen. Im Bericht der Steufa vom heißt es für das Streitjahr unter anderem, dass ein Investmentvermögen ein von den Anlegern rechtlich und wirtschaftlich verselbständigtes, gepooltes Vermögen darstelle, das der gemeinsamen Kapitalanlage diene. Notwendige Voraussetzung für die Anerkennung des Investmentvermögens als eigenständig sei auch eine Abschirmung vom Vermögensverwaltungsrecht der Anleger. Die Voraussetzung der eigenständigen Verwaltung des Investmentvermögens ergebe sich aus der in § 1 Satz 2 des vormaligen Investmentgesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (InvG) niedergelegten Eigenständigkeit des gepoolten Vermögens. Nur wenn das Vermögen von der A S.A. verwaltet werde und von Einflussnahmen durch den Anleger abgeschirmt sei, werde die Kapitalanlagegesellschaft dem gesetzlichen Verwaltungsauftrag für ein verselbständigtes Vermögen gerecht (Grundsatz der Fremdverwaltung). Zwar lasse es § 16 InvG zu, dass Teile der Verwaltungstätigkeit unter bestimmten Voraussetzungen auf Dritte ausgelagert würden. Hierzu bedürfe es jedoch vertraglicher Vereinbarungen, einer maßgeblichen Qualifikation des Auslagerungsunternehmens sowie der Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Eine faktische Übernahme der Portfolioverwaltung durch konkrete Einzelanweisungen der Anleger an die Kapitalanlagegesellschaft sei gesetzlich gerade nicht vorgesehen. Aus dieser Gesetzessystematik folge, dass die Verwaltungsbefugnis der Kapitalanlagegesellschaft nicht unterlaufen werden dürfe. Konkrete Einzelanweisungen des Anlegers seien nicht zulässig. Nach dem Gesamtbild der Verhältnisse habe der Kläger nachhaltig in die Verwaltungsbefugnis der A S.A. als Kapitalanlagegesellschaft eingegriffen. Deren Verwaltungs- und Letztentscheidungsbefugnis sei nur formeller Art gewesen. Das Anlagevehikel „Y Fonds“ sei daher kein Investmentfonds, sondern eine Direktanlage, die mit Hilfe des Investmentsteuerrechts auf eine steuerliche Privilegierung in Gestalt der Steuerfreiheit thesaurierter Veräußerungsgewinne und von Gewinnen aus Termingeschäften abgezielt habe. Da kein Investmentfonds vorliege, finde das Investmentsteuergesetz 2004 keine Anwendung und die Erträge seien dem Kläger nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) unmittelbar zuzurechnen. Selbst wenn das Investmentsteuergesetz 2004 anzuwenden wäre, könne eine direkte Zurechnung der Erträge aus dem Fonds mit § 39 AO begründet werden, da ein faktisches Treuhandverhältnis angenommen werden könne. Für das Streitjahr seien vom Kläger dementsprechend weitere Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von insgesamt . € zu versteuern.

8 Das FA folgte der Rechtsauffassung der Steufa und erließ unter dem einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr, in welchem es die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Sinne des § 32d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes um . € auf . € erhöhte.

9 Mit Verfügung der Staatsanwaltschaft E vom .2019 wurde das Strafverfahren gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 der Strafprozessordnung eingestellt.

10 Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr legte der Kläger Einspruch ein, welchen das FA mit Einspruchsentscheidung vom als unbegründet zurückwies.

11 Die hiergegen erhobene Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2023, 579 mitgeteilten Gründen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat entschieden, der Anwendung des Investmentsteuergesetzes 2004 habe die nachhaltige Einflussnahme des Klägers auf die Anlageentscheidungen des Fondsverwalters nicht entgegengestanden. Nach den für das Streitjahr einschlägigen Fassungen des Investmentsteuergesetzes und des Investmentgesetzes sei das Vorliegen einer Fremdverwaltung bei ausländischen Investmentfonds keine notwendige Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Investmentsteuergesetzes gewesen.

12 Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Bundesrechts. Es meint, der Gesetzgeber habe den Fremdverwaltungsgrundsatz nicht explizit regeln müssen, da er sich aus der Grundsystematik der gesetzlichen Regelungen ergebe. Der Tatbestand der „gemeinschaftlichen Vermögensanlage auf Rechnung der Anleger“ setze eine Fremdverwaltung des Fondsvermögens voraus. Das Tatbestandsmerkmal der „gemeinschaftlichen Kapitalanlage“ in § 1 Satz 2 InvG decke sich mit den seit Einführung des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften 1957 normierten Prinzipien. Auch bei Einführung der ab 2018 geltenden Rechtslage habe der Gesetzgeber nicht das Erfordernis gesehen, den Fremdverwaltungsgrundsatz als eigenständiges Tatbestandsmerkmal in das Investmentsteuergesetz oder das Kapitalanlagegesetzbuch aufzunehmen, da dieser bereits seit jeher der Investmentidee und der „gemeinschaftlichen Vermögensanlage auf Rechnung der Anleger“ innewohne. Steuere der Anleger die Verwaltung des Fondsvermögens durch konkrete Einzelanweisungen, die von der Verwaltungsgesellschaft umgesetzt würden, sei die aufsichtsrechtliche Verselbständigung des Vermögens nicht mehr gegeben.

13 Das FA beantragt,

das aufzuheben und die Klage abzuweisen.

14 Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Gründe

II.

15 1. Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a der Finanzgerichtsordnung (FGO). Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.

16 2. Das FG hat zu Recht entschieden, dass es sich bei der zu beurteilenden Fondsbeteiligung des Klägers um einen ausländischen Investmentanteil im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 des Investmentsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (InvStG 2004) handelt (dazu a). Ebenfalls zutreffend hat das FG die Voraussetzungen für eine von § 2 Abs. 1 InvStG 2004 abweichende Zurechnung der Fondserträge nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO verneint (dazu b).

17 a) Die zu beurteilende Fondsbeteiligung des Klägers erfüllte die Voraussetzungen eines ausländischen Investmentanteils im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 2 InvStG 2004.

18 aa) Gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 1 InvStG 2004 erstreckt sich der Begriff der Investmentanteile im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 auch auf ausländische Investmentanteile im Sinne von § 2 Abs. 9 InvG. Nach der Begriffsbestimmung des § 2 Abs. 9 InvG sind ausländische Investmentanteile Anteile an ausländischen Investmentvermögen im Sinne von § 2 Abs. 8 InvG, bei denen der Anleger verlangen kann, dass ihm gegen Rückgabe des Anteils sein Anteil an dem ausländischen Investmentvermögen ausgezahlt wird, oder bei denen der Anleger kein Recht zur Rückgabe der Anteile hat, aber die den Anteil ausgebende ausländische Investmentgesellschaft in ihrem Sitzstaat einer Aufsicht über Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage unterstellt ist (vgl. auch , Betriebs-Berater —BB— 2021, 2337, Rz 21). Ausländische Investmentvermögen sind nach § 2 Abs. 8 Satz 1 InvG Investmentvermögen im Sinne des § 1 Satz 2 InvG, die dem Recht eines anderen Staates unterstehen.

19 bb) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt.

20 aaa) Nach den Feststellungen des FG hatte der Kläger, wie von § 2 Abs. 9 InvG vorausgesetzt, nach dem von ihm gezeichneten Angebot einen Anspruch auf Auszahlung seines Anteils am Fondsvermögen gegen Rückgabe seines Fondsanteils.

21 bbb) Der Fonds unterstand luxemburgischem Aufsichtsrecht und damit im Sinne von § 2 Abs. 8 Satz 1 InvG dem Recht eines anderen Staates. Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob hierfür ein ausländischer Sitzstaat des die Anteile ausgebenden Vermögensträgers maßgeblich ist (so , BB 2021, 2337, Rz 21; Köndgen in Berger/Steck/Lübbehüsen, 1. Aufl. 2010, InvG § 2 Rz 52) oder ob es darauf ankommt, dass sich die rechtliche Ausgestaltung des Vermögens und der Vertragsbedingungen, der Satzung, der Anlagebedingungen oder vergleichbaren Bestimmungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Anleger zu dem Vermögen bestimmt, nach dem Recht eines anderen Staates oder eines seiner Gliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) richtet (so Rundschreiben der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht —BaFin— vom  - 14/2008 (WA), s. Anh. 7 zum , BStBl I 2009, 931). Nach beiden Definitionen unterstand der Fonds luxemburgischem Recht. Nach den Feststellungen des FG hatte die A S.A., die den Fonds aufgelegt hatte, ihren Sitz in Luxemburg. Der Fonds wurde außerdem nach den Feststellungen des FG auf der Grundlage des luxemburgischen Spezialfondsgesetzes vom errichtet. Auch die Rechtsbeziehungen zwischen dem Kläger und der A S.A. unterlagen dem luxemburgischen Recht; gleiches galt für den Fonds sowie die Rechtsbeziehungen zwischen den Anlegern, der Verwaltungsgesellschaft und der C Bank S.A. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

22 ccc) Der Fonds erfüllt auch die Voraussetzungen eines Investmentvermögens im Sinne des § 1 Satz 2 InvG. Bei dem Fonds handelte es sich um ein Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage, das nach dem Grundsatz der Risikomischung in Vermögensgegenstände im Sinne des § 2 Abs. 4 InvG angelegt war.

23 (1) Ein Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage setzt voraus, dass das Vermögen mehr als einen Anleger haben kann (so auch BaFin-Rundschreiben vom  - 14/2008 (WA), s. Anh. 7 zum BStBl I 2009, 931). Es muss sich um eine grundsätzlich zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage geeignete Struktur handeln. Vom Begriff des ausländischen Investmentvermögens werden somit auch Vermögensmassen erfasst, die nur einen Anleger haben, sofern sie rechtlich mehr als einen Anleger haben könnten (Helios/Schmies, BB 2009, 1100, 1105; Berger in Berger/Steck/Lübbehüsen, 1. Aufl. 2010, InvStG § 1 Rz 39, m.w.N.). Ein Vermögen zur gemeinschaftlichen Kapitalanlage erfordert außerdem, dass das Vermögen durch einen von dem oder den Anlegern verschiedenen Fondsverwalter auf Rechnung des oder der Anleger verwaltet wird.

24 Diese Voraussetzungen waren im Streitfall nach den Feststellungen des FG erfüllt. Nach dem Verkaufsprospekt war eine Beteiligung von mehr als einem Anleger an dem Fonds möglich. Der Fonds als rechtlich unselbständiges Sondervermögen wurde außerdem durch die A S.A. beziehungsweise in deren Auftrag durch die C Bank S.A. als Fondsmanagerin auf Rechnung des Anlegers oder der Anleger verwaltet.

25 (2) Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob ein ausländisches Sondervermögen nur dann als ausländisches Investmentvermögen angesehen werden kann, wenn das Vermögen zum Zwecke der Risikostreuung in mehr als drei Vermögensgegenständen mit unterschiedlichen Anlagerisiken angelegt ist und außerdem tatsächlich oder nach seinem objektiven Geschäftszweck unmittelbar zu mehr als 90 % des Nettoinventarwertes in die in § 2 Abs. 4 InvG einschließlich der in Nr. 8 bis 11 genannten Vermögensgegenstände angelegt oder auf eine solche Anlage ausgerichtet ist (so BaFin-Rundschreiben vom  - 14/2008 (WA), s. Anh. 7 zum BStBl I 2009, 931). Nach den Feststellungen des FG bestand das Vermögen des Fonds nahezu ausschließlich aus Investmentfondsanteilen als Vermögensgegenstände im Sinne von § 2 Abs. 4 Nr. 7 InvG an jeweils mehr als drei anderen in Luxemburg aufgelegten Y Fonds jeweils unterschiedlicher Risikoklasse. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.

26 ddd) Weitergehende materielle Anforderungen an die Art und den Inhalt der Vermögensverwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft ergeben sich weder aus dem Wortlaut des § 1 Satz 2 InvG noch aus systematischen oder gesetzeshistorischen Erwägungen. Insbesondere lässt sich § 1 Satz 2 InvG kein Gebot der Fremdverwaltung des Inhalts, dass die Vermögensverwaltung durch den Fondsverwalter von jeglichen Einflussnahmen durch den oder die Anleger abgeschirmt sein müsse, entnehmen.

27 (1) Der Wortlaut des § 1 Satz 2 InvG spricht von einer „gemeinschaftlichen Kapitalanlage“. Aus diesem Begriff lassen sich keine Anforderungen an den Grad zulässiger Einflussnahmemöglichkeiten des Anlegers ableiten.

28 (2) In systematischer Hinsicht knüpft der Anwendungsbereich des Investmentsteuergesetzes an den Anwendungsbereich des Investmentgesetzes an. Das Investmentsteuergesetz 2004 war aufgrund der unmittelbaren Verweise auf die Vorschriften des Investmentgesetzes stets anwendbar, wenn ein Investmentvermögen im investmentaufsichtsrechtlichen Sinn vorlag (vgl. Brandis/Heuermann/Wenzel, 176. Ergänzungslieferung, April 2025, InvStG 2004 § 1 Rz 10). Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob aufgrund der Anknüpfung des Anwendungsbereichs des Investmentsteuergesetzes 2004 an das Investmentgesetz dem aufsichtsrechtlichen Begriffsverständnis einer „gemeinschaftlichen Kapitalanlage“ für das Steuerrecht zwingend zu folgen ist (so BStBl I 2009, 931, Tz. 5). Nach der Definition der BaFin ist ein Vermögen zur „gemeinschaftlichen Kapitalanlage“ ein eigenständiges Vermögen, dessen objektiver Geschäftszweck hauptsächlich auf die Anlage und Verwaltung seiner Mittel für gemeinschaftliche Rechnung der Anteilsinhaber gerichtet ist (so BaFin-Rundschreiben vom  - 14/2008 (WA), s. Anh. 7 zum BStBl I 2009, 931). Zur Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen und zu unschädlichen oder schädlichen Einflussnahmemöglichkeiten der Anleger äußert sich die aufsichtsrechtliche Definition der BaFin nicht. Erst recht ergibt sich aus dieser kein Gebot der Fremdverwaltung im Sinne einer Abschirmung des Fondsvermögens vor jeglicher Einflussnahme der Anleger.

29 (3) Die Gesetzesmaterialien des Investmentmodernisierungsgesetzes vom (BGBl I 2003, 2676), durch die die im Streitfall anwendbaren Fassungen des Investmentgesetzes und des Investmentsteuergesetzes eingeführt wurden, lassen nicht den Schluss zu, dass der Gesetzgeber mit § 1 Satz 2 InvG materielle Anforderungen an die Art und den Inhalt der Vermögensverwaltung durch die Kapitalanlagegesellschaft regeln wollte. Das Investmentsteuergesetz 2004 trat an die Stelle der steuerlichen Regelungen des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften und des Auslandinvestment-Gesetzes. Der Gesetzgeber wollte die Änderungsrichtlinien 2001/107/EG und 2001/108/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom zur Änderung der Richtlinie 85/611/EWG des Rates vom zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften betreffend bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW-Richtlinie) umsetzen und gleichzeitig in einem eigenständigen Investmentsteuergesetz die bisherigen steuerrechtlichen Regelungen im Investmentwesen im Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften und im Auslandinvestment-Gesetz zusammenfassen und modernisieren (BTDrucks 15/1553, S. 65). Das Investmentgesetz sollte durch die Legaldefinition des Begriffes „Investmentvermögen“ in § 1 Satz 2 InvG auch für die Regulierung neuer Anlagevehikel, die von dem Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften bisher nicht erfasst worden waren, geöffnet werden (BTDrucks 15/1553, S. 74). Ein Gebot der Fremdverwaltung wird weder in der Gesetzesbegründung des Investmentgesetzes noch des Investmentsteuergesetzes 2004 als Voraussetzung für die Annahme eines Investmentvermögens erwähnt. Vielmehr geht die Gesetzesbegründung von einem weiten Begriff des Investmentvermögens aus, der (nur) durch die im Investmentgesetz ausdrücklich geregelten Einschränkungen der Formen, die abschließende Aufzählung der Vermögensgegenstände und die Anlagegrenzen beschränkt werden sollte (BTDrucks 15/1553, S. 74).

30 Auch die Änderungsrichtlinie 2001/107/EG zur OGAW-Richtlinie, die in Abschn. III die Verpflichtungen der Fondsverwaltungsgesellschaften regelt, stellt keine Anforderungen an die Unabhängigkeit der Fondsverwaltung von Einflussnahmen der Anleger. Insbesondere in Abschn. III, Titel C, Art. 5h der Änderungsrichtlinie, der Grundsätze für Wohlverhaltensregeln der Verwaltungsgesellschaft formuliert, findet sich keine Regel, nach der eine Abschirmung der Fondsverwaltung von Einflüssen der Anleger sichergestellt sein müsste.

31 Auch die Gesetzesmaterialien zu späteren Gesetzesänderungen lassen nicht erkennen, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers nur solche Kapitalanlagen unter das Investmentgesetz und das Investmentsteuergesetz fallen sollten, die von jeglicher Einflussnahme der Anleger abgeschirmt sind. In seiner Stellungnahme zum Entwurf eines Jahressteuergesetzes 2008 (BTDrucks 16/6739, S. 30) wies der Finanzausschuss darauf hin, Luxemburg habe sein Investmentrecht dahingehend geändert, dass Privatpersonen sich bereits ab einer Mindesteinlage von 1,25 Mio. € als alleinige Anleger an einem Spezialfonds beteiligen könnten. Derartige Fonds unterlägen mangels öffentlichen Vertriebs in Deutschland nicht der strengen deutschen Investmentaufsicht nach dem Investmentgesetz. Die Anleger könnten —vergleichbar einem Direktanleger— zumindest faktisch auf die Anlagepolitik ihres Fonds Einfluss nehmen und von den speziellen Besteuerungsregeln des Investmentsteuergesetzes 2004 profitieren. Auf Vorschlag des Finanzausschusses wurde daraufhin durch das Jahressteuergesetz 2008 vom (BGBl I 2007, 3150) § 18 Abs. 2a InvStG 2004 (später § 21 Abs. 2a InvStG) mit dem Ziel eingeführt, ungerechtfertigte Steuervorteile für sogenannte Millionärsfonds zu verhindern und eine steuerfreie Umschichtung von Portfolien nach Einführung der Abgeltungsteuer zu erschweren (vgl. Bäuml in Berger/Steck/Lübbehüsen, 1. Aufl. 2010, InvStG § 18 Rz 46). Diese Entwicklung zeigt, dass nach der Vorstellung des Gesetzgebers auch ausländische Ein-Anleger-Fonds, bei denen der Anleger Einfluss auf die für den Fonds getroffenen Anlageentscheidungen nehmen konnte, in den Anwendungsbereich des Investmentgesetzes und des Investmentsteuergesetzes 2004 fielen. Andernfalls hätte keine Veranlassung bestanden, diese Gestaltungen mit der Regelung in § 18 Abs. 2a InvStG 2004 einzudämmen.

32 eee) Es bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, ob und in welchen Ausnahmefällen es trotz eines vorhandenen institutionalisierten investmentrechtlichen Rahmens für das Sondervermögen an einer gemeinschaftlichen Kapitalanlage fehlen könnte, wenn der Anleger auf die täglichen Geschäfte des Fonds Einfluss nimmt. Im Schrifttum wird dies beispielsweise für den Fall diskutiert, dass dem oder den Anlegern vertraglich bindende Weisungsrechte hinsichtlich der Anlageentscheidungen zukommen oder die Anleger über einzelne Vermögensgegenstände des Fondsvermögens verfügen können (vgl. etwa Helios/Schober, BB 2023, 1623, 1626). Im Streitfall ist jedenfalls kein solcher Ausnahmefall gegeben. Nach den vertraglichen Vereinbarungen über die Errichtung und Verwaltung des Fonds oblagen die Anlageentscheidungen ausschließlich der A S.A. oder einem von dieser hinzugezogenen Fondsmanager. Weder aus dem Verkaufsprospekt noch aus dem Fondsmanagervertrag mit der C Bank S.A. ergaben sich Weisungs- oder Verfügungsrechte des Klägers als Anleger. Der Kläger war auch nicht faktisch in der Lage, der Fondsmanagerin Anlageentscheidungen bindend vorzugeben. Nach den Feststellungen des FG hatte der Kläger der Fondsmanagerin im Gegenteil reine Anlagevorschläge unterbreitet, an die diese weder vertraglich noch faktisch gebunden war. Der Umstand, dass den Anlagevorschlägen des Klägers gefolgt wurde, genügt nicht für die Annahme von durchsetzbaren Kontroll-, Weisungs- und Verfügungsrechten, die auf eine Eigenverwaltung des Sondervermögens durch den Kläger schließen ließen. Durch die Errichtung des Sondervermögens hatte der Kläger auch keinen Zugriff auf das Vermögen des Sondervermögens mehr, sondern unterlag den Vorgaben des luxemburgischen Investmentrechts und der konkreten Ausgestaltung der Möglichkeiten zur Anteilsrücknahme und Liquidation.

33 b) Schließlich kommt auch eine direkte Zuordnung der Vermögensgegenstände des Fondsvermögens zum Kläger und damit eine von § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 abweichende Zurechnung der Fondserträge nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO nicht in Betracht. Die Besteuerung nach dem Investmentsteuergesetz 2004 ist bei einem Privatanleger abschließend und vorrangig gegenüber einer Besteuerung nach den allgemeinen Vorschriften (, BFHE 282, 428, BStBl II 2025, 305, Rz 23, 24). Dies steht auch einer Zuordnung der Kapitalanlagen des Fonds gemäß § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO zum Kläger entgegen.

34 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:B.010725.VIIIR18.22.0

Fundstelle(n):
QAAAJ-98574