Suchen Barrierefrei
BFH Urteil v. - III R 12/22

Erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG und Drei-Objekt-Grenze bei En-bloc-Veräußerung einer Kapitalgesellschaft

Leitsatz

1. Veräußert eine Kapitalgesellschaft im dritten Jahr nach dem Erwerb fünf Mehrfamilienhaus-Grundstücke durch einen Verkaufsakt an einen Erwerber („en bloc“), wird durch die Drei-Objekt-Grenze ein für die erweiterte Kürzung schädlicher gewerblicher Grundstückshandel indiziert.

2. Für die Beantwortung der Frage, ob die Tätigkeit einer Kapitalgesellschaft den Rahmen der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes überschreitet, kommt es auf das Kriterium der Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes nicht an.

Gesetze: GewStG § 9 Nr. 1 Satz 2; GewStG § 9 Nr. 1 Satz 1; EStG § 15 Abs. 2

Instanzenzug:

Tatbestand

I.

1 Die Beteiligten streiten über die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) im Erhebungszeitraum 2018 (Streitjahr).

2 Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine in einen Immobilienkonzern (X-Gruppe) eingegliederte GmbH, die als XZ GmbH im Jahr 2016 gegründet wurde. Die Geschäftsführer der Klägerin waren auch die Geschäftsführer der Holdinggesellschaft, der Alleingesellschafterin der Klägerin. Eingetragener Geschäftsgegenstand der Klägerin war nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) unter anderem die Verwaltung eigenen Vermögens, der Erwerb von Immobilien und die Übernahme von Beteiligungen an anderen Unternehmen.

3


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Mit notariellem Vertrag vom erwarb die Klägerin als „Käufer 2“ die folgenden in…belegenen Grundstücke:  
A-Straße ...
? €
B-Straße ...
? €
C-Straße ...
? €
D-Straße ...
? €
E-Straße ...
__? €
Gesamtkaufpreis
? €

4 Neben der Klägerin erwarben zugleich andere Gesellschaften der X-Gruppe weiteren Grundbesitz von den Verkäuferinnen. Die Grundstücke waren jeweils mit mehrstöckigen Mehrfamilienhäusern bebaut und vermietet. Die Klägerin finanzierte ihren Erwerb mittels eines Darlehens mit zehnjähriger Laufzeit über einen Betrag von . € und im Übrigen durch Eigenmittel.

5


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Mit notariellem Vertrag vom veräußerte die Klägerin die fünf von ihr erworbenen Grundstücke an die Y GmbH, eine Objektgesellschaft des Konzerns:  
A-Straße ...
? €
B-Straße ...
? €
C-Straße ...
? €
D-Straße ...
? €
E-Straße ...
? €
Gesamtverkaufspreis
? €

6 Mit gleicher Urkunde veräußerten auch weitere Objektgesellschaften der X-Gruppe Grundbesitz an die Y GmbH (insgesamt 29 Grundstücke zu einem Gesamtverkaufspreis von . €). Der Übergang von Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten der von der Klägerin veräußerten Grundstücke erfolgte bei vier Objekten am und bei einem Objekt am , 23:59 Uhr. Die Klägerin tilgte das Finanzierungsdarlehen vollständig. An die finanzierende Bank zahlte sie eine Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von . €.

7 Für das Streitjahr erklärte die Klägerin einen Gewinn in Höhe von . € und beantragte gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG die erweiterte Kürzung in Höhe von . €.

8 Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt —FA—) erließ am einen Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für das Streitjahr und setzte ihn ohne Berücksichtigung von erweiterter oder einfacher Kürzung auf . € fest. Die Klägerin habe einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben, der über den Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hinausgegangen sei.

9 Den Einspruch der Klägerin wies das FA zurück (Einspruchsentscheidung vom ). Die hiergegen gerichtete Klage wies das FG Berlin-Brandenburg durch das in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 706 veröffentlichte Urteil als unbegründet zurück.

10 Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG.

11 Die Klägerin beantragt,

das aufzuheben und den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag für 2018 vom in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom dahingehend zu ändern, dass der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 € festgesetzt wird.

12 Das FA beantragt,

die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Gründe

II.

13 Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der FinanzgerichtsordnungFGO—). Das FG hat zutreffend entschieden, dass der Klägerin die erweiterte Kürzung im Streitjahr zu versagen ist, weil ihre Tätigkeit gewerblichen Charakter hatte und sich nicht mehr als Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes darstellte. Die antragsunabhängige einfache Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes in seiner im Streitjahr anwendbaren Fassung (GewStG a.F.) kann der Klägerin im Revisionsverfahren nicht mehr gewährt werden; auch eine Urteilsaufhebung und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG kommt insoweit nicht in Betracht.

14 1. Die Voraussetzungen der sogenannten erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei einer Kapitalgesellschaft sind durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) im Wesentlichen bereits geklärt.

15 a) Eine Kapitalgesellschaft wie die Klägerin unterliegt nach § 2 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 GewStG kraft ihrer Rechtsform der Gewerbesteuer. Gemäß § 6 i.V.m. § 7 GewStG ist die Besteuerungsgrundlage ihr Gewerbeertrag, das heißt ihr nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes (EStG) und des Körperschaftsteuergesetzes ermittelter Gewinn, vermehrt und vermindert um die in den §§ 8 und 9 GewStG genannten Hinzurechnungs- und Kürzungsbeträge (vgl. Senatsurteil vom  - III R 49/20, BFHE 280, 293, BStBl II 2024, 126, Rz 11).

16 b) In § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG ist die sogenannte einfache Kürzung geregelt. Gemäß dem bis zum Erhebungszeitraum 2024 anwendbaren § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG a.F. wurde die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden Grundbesitzes gekürzt. Nach der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG tritt an die Stelle der einfachen Kürzung auf Antrag bei Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder daneben Wohnungsbauten betreuen oder Einfamilienhäuser, Zweifamilienhäuser oder Eigentumswohnungen errichten und veräußern, die Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.

17 c) Notwendige Voraussetzung für ein Grundstücksunternehmen im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ist, dass die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes nicht den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung überschreitet. Bloße Vermögensverwaltung ist (noch) gegeben, wenn der Erwerb von Grundstücken lediglich den Beginn und die spätere Veräußerung das Ende einer grundsätzlich auf Fruchtziehung gerichteten Tätigkeit darstellt, also kein gewerblicher Grundstückshandel vorliegt (vgl. , BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28, unter II.2.b). Hingegen ist die erweiterte Kürzung ausgeschlossen, wenn die Verwaltung oder Nutzung des eigenen Grundbesitzes die Grenzen zur Gewerblichkeit überschreitet (, BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434, unter II.1.c aa; vom  - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 45). Die Grenze zur Gewerblichkeit wird überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten (zum Beispiel durch Vermietung) entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.1.). Anders ausgedrückt wird die Grenze von der Vermögensverwaltung zur Gewerblichkeit überschritten, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit als Ganzes das Gepräge einer gewerblichen Betätigung geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung in den Hintergrund tritt (, BFH/NV 2025, 271, Rz 37 f.).

18 d) Nach der typisierenden Drei-Objekt-Grenze kann von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgegangen werden, wenn innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs von in der Regel fünf Jahren (zwischen der Anschaffung oder Errichtung und dem Verkauf) mindestens vier Objekte veräußert werden. Solche Veräußerungen lassen typischerweise darauf schließen, dass es dem Steuerpflichtigen auf die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung ankommt (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.2. mit Verweis unter anderem auf , BFHE 148, 480, 483, BStBl II 1988, 244; vgl. auch C.III.5. mit Verweis auf Beschluss des Großen Senats des , BFHE 178, 86, BStBl II 1995, 617, unter C.II.2.). Objekte im Sinne der Drei-Objekt-Grenze zur Abgrenzung einer privaten Vermögensverwaltung vom gewerblichen Grundstückshandel können nicht nur Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen, sondern auch Mehrfamilienhäuser und Gewerbebauten sein (, BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28 und vom  - X R 130/97, BFHE 191, 360, BStBl II 2001, 530; vgl. auch , BFHE 234, 1, BStBl II 2011, 787).

19 e) Durch die Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze wird die bereits im Zeitpunkt des Erwerbs oder des Baubeginns vorliegende innere Tatsache der bedingten Veräußerungsabsicht indiziert (vgl. , BFHE 251, 369, BStBl II 2016, 95, Rz 23; zu der dem FG als Tatsacheninstanz obliegenden Gesamtwürdigung aller Einzelfallumstände vgl. , BFH/NV 2018, 1255, Rz 26). Die dadurch indizierte bedingte Veräußerungsabsicht kann nur durch objektive Umstände widerlegt werden, nicht hingegen durch bloße Erklärungen des Steuerpflichtigen über seine Absichten (, BFHE 228, 65, BStBl II 2010, 541; vom  - III R 19/11, BFHE 240, 278, BStBl II 2013, 433).

20 2. Noch nicht geklärt ist durch die bisherige Rechtsprechung, ob beziehungsweise inwieweit eine Überschreitung der Drei-Objekt-Grenze bei einer nur kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Gesellschaft nicht nur eine bedingte Veräußerungsabsicht, sondern auch die Überschreitung des für die erweiterte Kürzung maßgeblichen Rahmens der Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG indizieren kann. Der BFH hat insbesondere noch nicht die im Streitfall relevante Frage entschieden, ob im Hinblick auf die erweiterte Kürzung auch bei einer Kapitalgesellschaft das Kriterium der Nachhaltigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG in derselben Weise zu prüfen ist wie bei einem Personenunternehmen, wenn für dieses zu entscheiden ist, ob es originär gewerblich tätig ist. Diese Frage ist, wie das FG zu Recht entschieden hat, zu verneinen (a.A. Güroff in Glanegger/Güroff, GewStG, 11. Aufl., § 9 Nr. 1 Rz 22d).

21 a) § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG will den nur kraft ihrer Rechtsform gewerbliche Einkünfte erzielenden Unternehmen die erweiterte Kürzung gewähren, wenn sie ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen, ihre Tätigkeit insoweit also nicht über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung hinausgeht (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 91, vgl. zur Historie Rz 92 ff., 101 ff.). Der Regelungszweck der erweiterten Kürzung besteht darin, die Erträge aus der bloßen Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes zum Zwecke der Gleichbehandlung mit Steuerpflichtigen, die nur private Vermögensverwaltung betreiben, von der Gewerbesteuer freizustellen (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 96, m.w.N.). Im Hinblick auf diesen Regelungszweck erweist sich § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Ergebnis als eine am ursprünglichen gewerbesteuerrechtlichen Belastungsgrund ausgerichtete Korrektur einer darüber hinausgehenden allein rechtsformveranlassten Steuerbelastung, soweit die Regelung allein das Verwalten und Nutzen eigenen Grundbesitzes betrifft (Beschluss des Großen Senats des , BFHE 263, 225, BStBl II 2019, 262, Rz 97).

22 b) Im (Neue Juristische Wochenschrift 2010, 2116, Rz 12) wurde die „einhellige Auffassung“ zum „Regelungsanliegen der Kürzungsvorschrift des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG“ dahin beschrieben, die Gewerbesteuerbelastung der nach § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG kraft ihrer Rechtsform gewerbesteuerpflichtigen Kapitalgesellschaften derjenigen von Einzelunternehmen oder Personengesellschaften anzunähern, die sich nur mit der Verwaltung von Grundvermögen befassen und damit nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Der Begriff der Annäherung bringt zum Ausdruck, dass die Vorschrift keine uneingeschränkte Gleichbehandlung bewirken kann. Die nur eingeschränkte Gleichbehandlung erklärt sich bereits dadurch, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 2 Satz 1 GewStG eine rechtsformbedingte Ungleichbehandlung der Kapitalgesellschaft gegenüber einer natürlichen Person oder einer Personengesellschaft anordnet und die Gleichstellung bei der erweiterten Kürzung nur in dem durch § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG ausdrücklich angeordneten Umfang erfolgt (vgl. hierzu , BFH/NV 2014, 1395, Rz 23, das im Fall der unterjährigen Veräußerung des einzigen gehaltenen Grundstücks nicht zu einer Gleichstellung einer Kapitalgesellschaft mit einer natürlichen Person führt, s.a. 3. NV-Leitsatz).

23 c) Die Abgrenzung, ob (noch) eine Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gegeben ist, hat anhand der Kriterien zu erfolgen, welche die Rechtsprechung für die als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Gewerbebetriebs gemäß § 15 Abs. 2 EStG verstandene Voraussetzung entwickelt hat, dass „keine private Vermögensverwaltung“ vorliegt (vgl. Beschluss des Großen Senats des , BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter C.III.3.b aa; , BFHE 282, 300, Rz 24). Dieses Negativmerkmal beinhaltet die auch im Rahmen des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG maßgebliche Abgrenzung, ob nach dem Gesamtbild der Betätigung und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung der Vermögenswerte im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. , BFHE 282, 300, Rz 31 mit Verweis auf den Beschluss des Großen Senats des , BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291, unter C.III.1.). Auf eben diese Abgrenzung kommt es im Bereich der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei der Frage, ob die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung wahrt oder verlässt, entscheidend an (s. dazu oben II.1.c).

24 d) Das für das Vorliegen eines Gewerbebetriebs im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG bei einem Personenunternehmen notwendige Merkmal der Nachhaltigkeit der Betätigung ist demgegenüber bei einer Kapitalgesellschaft auch auf der Ebene des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG keine notwendige Voraussetzung dafür, dass der Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung überschritten sein kann.

25 aa) In den Kapitalgesellschaften als Klägerinnen betreffenden bisherigen BFH-Entscheidungen zur erweiterten Kürzung wurde die Relevanz oder Irrelevanz der Nachhaltigkeit noch nicht eindeutig geklärt.

26 (1) Im Urteil vom  - I R 118/97 (BFHE 188, 561, BStBl II 2000, 28) war die Frage der Nachhaltigkeit jedenfalls nicht entscheidungserheblich. Die Ausführungen des I. Senats des BFH unter II.2.a dieses Urteils könnten zwar so verstanden werden, dass sämtliche Merkmale eines Gewerbebetriebs gemäß § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sein müssen und somit auch die Nachhaltigkeit im Sinne der Legaldefinition gegeben sein muss, um den Rahmen der bloßen Grundbesitzverwaltung und -nutzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG zu überschreiten. Unter II.2.b stellte der I. Senat bei der diesbezüglichen Abgrenzung allerdings darauf ab, dass ein gewerblicher Grundstückshandel anzunehmen sei, wenn die Umschichtung von Vermögenswerten und deren Verwertung als Vermögenssubstanz entscheidend in den Vordergrund treten.

27 (2) Auch in dem späteren Urteil vom  - I R 56/07 (BFH/NV 2008, 1359, unter II.2.a), das ebenfalls die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG betraf, hat der I. Senat des BFH im Hinblick auf den Betrieb eines Schwimmbads eine Tätigkeit bejaht, die einen „gewerblichen Charakter“ aufweise, und dabei ausdrücklich hervorgehoben, dass er in diesem Kontext nicht sämtliche Begriffsmerkmale der einkommensteuerrechtlichen Legaldefinition des § 15 Abs. 2 EStG für notwendig erachtet („ohne dass es insoweit entscheidend ist, ob mit dieser Tätigkeit alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind“).

28 bb) In Übereinstimmung mit dem FG geht der erkennende Senat davon aus, dass der Rahmen bloßer Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes bei einer einmaligen En-bloc-Veräußerung von Grundbesitz in einer für die erweiterte Kürzung schädlichen Weise unabhängig davon überschritten sein kann, ob insofern auch eine nachhaltige gewerbliche Tätigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG vorliegt (vgl. zu diesem Merkmal im Fall der Veräußerung an nur einen Erwerber die , BFHE 208, 147, BStBl II 2005, 164, unter 2.; vom  - IV R 62/07, BFH/NV 2010, 2261, Rz 36 ff.; vom  - X R 25/13, BFHE 250, 55, BStBl II 2015, 897, Rz 21 ff.).

29 (1) Dafür, dass das In-den-Vordergrund-Treten der von Anfang beabsichtigten Veräußerung genügt, um nicht mehr eine bloße Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes im Sinne der Fruchtziehung (zum Beispiel durch Vermietung) annehmen zu können, spricht der Normwortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG („Unternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz oder neben eigenem Grundbesitz eigenes Kapitalvermögen verwalten und nutzen oder ...“). Maßgeblich ist danach, ob der Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung eingehalten ist. Bei der zeitnahen Veräußerung ein und derselben Anzahl von Objekten kann dieser Rahmen unabhängig von der Frage überschritten werden, ob die Objekte an einen oder mehrere Erwerber veräußert werden. Auf die Erwerberzahl oder die „Nachhaltigkeit der Veräußerung“ stellt der Wortlaut nicht ab.

30 (2) Die Gesetzessystematik spricht nicht gegen dieses Wortlautverständnis. Zum einen verweist § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht auf § 15 EStG und insbesondere auch nicht auf die Legaldefinition des einkommensteuerrechtlichen Begriffs des Gewerbebetriebs in § 15 Abs. 2 EStG. Zum anderen lässt sich auch aus § 9 Nr. 1 Satz 3 ff. GewStG kein Argument dafür ableiten, dass das Kriterium der Nachhaltigkeit im Fall der Grundbesitzveräußerung im Sinne eines grundsätzlich wiederholten, das heißt mindestens zweimaligen Verkaufs zu fordern wäre. Im Übrigen wurden in Bezug auf das Kriterium der Nachhaltigkeit im Einkommensteuerrecht von der BFH-Rechtsprechung wiederholt Ausnahme-Fallgruppen entwickelt, die auch in „Ein-Objekt-Fällen“ oder „Ein-Erwerber-Fällen“ zur Bejahung eines gewerblichen Grundstückshandels führen können (z.B. , BFHE 250, 55, BStBl II 2015, 897, Rz 25 ff.; vom  - IV R 65/04, BFHE 212, 106, BStBl II 2006, 259, unter II.2.b, und vom  - IV R 17/04, BFHE 209, 372, BStBl II 2005, 606, unter 2.d).

31 (3) Auch der Normzweck und die Normhistorie des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG sprechen nicht dagegen, bei einer Kapitalgesellschaft das Kriterium der Nachhaltigkeit bei der Abgrenzung der Grundbesitzverwaltung/-nutzung von der nicht mehr bloßen Vermögensverwaltung/-nutzung für verzichtbar zu halten. Denn wie oben ausgeführt (s. unter II.2.b) bezweckt die Vorschrift zwar eine Gleichstellung von Kapitalgesellschaften mit Personenunternehmen im Sinne einer gewerbesteuerrechtlichen Annäherung, nicht jedoch eine Gleichstellung im Sinne einer uneingeschränkten Gleichbehandlung.

32 (4) Hieraus folgt, dass das vom Gesetzeswortlaut nicht erfasste und nicht der Ebene der erweiterten Kürzung zuzurechnende Nachhaltigkeitskriterium auch aus teleologischen Gründen nicht in § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hineinzulesen ist (vgl. zu einer gewerblich geprägten Personengesellschaft gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG das , BFH/NV 2025, 271, Rz 34 ff., s. dort insbesondere Rz 37 f. mit Verweis auf die , BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175, Rz 36, und vom  - IV R 33/19, BFHE 280, 320, BStBl II 2023, 927, Rz 45). Die teleologische Extension des sachlichen Anwendungsbereichs der erweiterten Kürzung über den Wortlaut des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG hinaus kommt insoweit nicht in Betracht (vgl. , BFH/NV 2014, 1395, Rz 23).

33 e) Soweit das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze eine zumindest bedingte Veräußerungsabsicht von Anfang an indiziert, die aufgrund der Veräußerung von mehr als drei Objekten innerhalb von (regelmäßig) fünf Jahren offenbar geworden ist, wird somit zugleich die Überschreitung des Rahmens der bloßen Grundbesitzverwaltung und -nutzung indiziert. Dem steht aus den dargelegten Gründen nicht entgegen, dass das Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze im Einkommensteuerrecht nicht auch die Nachhaltigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG indiziert (vgl. , BFHE 208, 147, BStBl II 2005, 164). Denn hierauf kommt es für die Versagung der erweiterten Kürzung wegen Veräußerung von Grundbesitz bei einer Kapitalgesellschaft nicht an. Eine im Hintergrund verbleibende, nur gelegentliche Grundbesitzveräußerung kann im Hinblick auf die erweiterte Kürzung bei einer größeren Anzahl von zeitnah veräußerten Objekten im Sinne der Drei-Objekt-Grenze unabhängig davon nicht mehr zu bejahen sein, an wie viele Erwerber die Veräußerung erfolgt. Für die erweiterte Kürzung ist bereits schädlich, wenn die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung entscheidend in den Vordergrund tritt und die Veräußerung auf diese Weise die Gesamttätigkeit als gewerbliche Betätigung prägt. Werden Grundstücke zeitnah nach dem Erwerb wieder veräußert, deutet dies auf einen Erwerb in Wiederveräußerungsabsicht und nicht auf einen Erwerb zur langfristigen Vermietung hin (vgl. Senatsurteil vom  - III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297 zur Wiederveräußerung bereits nach zwei Jahren).

34 3. Nach diesen Grundsätzen kann der Klägerin die beantragte erweiterte Kürzung im Streitjahr nicht gewährt werden. Zwar stimmt der vom FG in seinem Urteil zugrunde gelegte Prüfungsmaßstab nicht in allen Teilbereichen mit der Rechtsauffassung des erkennenden Senats überein. Das FG hat im Ergebnis aber zu Recht entschieden, dass die Tätigkeit der Klägerin wegen der im Streitjahr erfolgten en-bloc-Veräußerung aller fünf im Jahr 2016 erworbenen Grundstücke den Rahmen bloßer Vermögensverwaltung überschritten hat. Das FG ist nach Maßgabe der Drei-Objekt-Grenze in zutreffender Weise von einem gewerblichen Grundstückshandel der Klägerin ausgegangen. Ob eine Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG trotz der en-bloc-Veräußerung aller fünf Grundstücke an nur eine Erwerberin vorliegt, ist unerheblich für die Bejahung des Grundstückshandels der Klägerin, der gegenüber der nur kurzzeitigen Vermietung entscheidend in den Vordergrund getreten ist.

35 a) Das FG hat festgestellt, dass die Klägerin binnen eines kurzen Zeitraums von unter drei Jahren seit dem Erwerb fünf Objekte veräußert hat, und daraus seine Überzeugung abgeleitet, dass eine von Anfang an bestehende, zumindest bedingte Veräußerungsabsicht indiziert sei. Eindeutige Anhaltspunkte, die geeignet seien, diese zu widerlegen, lägen nicht vor. Die langfristige Finanzierung durch ein Darlehen mit zehnjähriger Laufzeit stelle keinen eindeutigen Anhaltspunkt dar, welcher der anfänglichen Veräußerungsabsicht entgegenstehe (Hinweis auf das Senatsurteil vom  - III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297). Die Tatsache der Fremdfinanzierung sei nach der Überzeugung des Gerichts nicht gewichtig genug, um die diesbezügliche Vermutung zu widerlegen. Die Darlehensverpflichtung und die Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von ... €, die weit unterhalb der schon im Erwerbszeitpunkt absehbaren Wertsteigerung der Objekte gelegen habe, hätten die Klägerin nicht ernsthaft an der Veräußerung gehindert. Die Zusammenfassung mehrerer Grundstücke in einer Objektgesellschaft (der Klägerin) spreche ebenfalls nicht gegen eine anfängliche bedingte Veräußerungsabsicht. Auch weitere gegen sie sprechende Indizien seien nicht ersichtlich. Insbesondere sei unerheblich, ob die Klägerin sich aktiv um Kaufinteressenten bemüht oder sich der Hilfe eines Maklers bedient habe, und ebenso, dass die Veräußerung in einem Vertragsdokument zusammengefasst worden sei. So wie das konkrete Veräußerungsmotiv die Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze nicht zu widerlegen vermöge, könne die Art des Zustandekommens des Kaufvertrages keine tragende Rolle spielen. Die indizierte bedingte Veräußerungsabsicht umfasse regelmäßig auch den Abschluss unverhoffter Gelegenheitsgeschäfte. Die von der Klägerin selbst vorgetragene gute Vernetzung ihrer Geschäftsführer in der Immobilienbranche mit weitreichenden Kontakten spreche nicht gegen, sondern für eine von Anfang an bestehende bedingte Veräußerungsabsicht. Selbst wenn eine besondere Branchennähe für sich genommen kein Indiz für die Veräußerungsabsicht sein sollte, sei ihr Fehlen jedenfalls kein Indiz dagegen; die Branchenkenntnis wäre in die Beurteilung schlicht nicht einzustellen. Es bleibe dann dabei, dass die Veräußerungsabsicht der Klägerin durch Überschreiten der Drei-Objekt-Grenze indiziert und nicht widerlegt sei. Der Umstand, dass die Klägerin alle Grundstücke in einem einzigen Akt veräußert habe, sage über ihre anfängliche Veräußerungsabsicht nichts aus und sei jedenfalls kein eindeutiger Anhaltspunkt, der die Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze zu widerlegen vermöge.

36 b) Die Würdigung des FG, dass aufgrund der zeitnahen Veräußerung nach Maßgabe der Drei-Objekt-Grenze ein gewerblicher Grundstückshandel vorlag und eine von Anfang bestehende bedingte Wiederverkaufsabsicht indiziert wurde, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

37 aa) Ob Tatsachen vorhanden sind, die das für gewerblichen Grundstückshandel sprechende Indiz der zeitnahen Veräußerung von mehr als drei Objekten widerlegen können, hat das FG jeweils im Einzelfall zu prüfen. Welche Tatsachen für eine Widerlegung geeignet sind und welches Gewicht ihnen für die Entscheidung des Streitfalls beizumessen ist, ist Gegenstand der Tatsachen- und Beweiswürdigung des FG. Erscheint das vom FG aufgrund der festgestellten Tatsachen gewonnene Ergebnis zumindest als möglich, genügt dies, um einer revisionsgerichtlichen Prüfung standzuhalten (Senatsurteil vom  - III R 20/01, BFHE 200, 388, BStBl II 2003, 297, unter 2., m.w.N.; Senatsbeschluss vom  - III R 14/23, zur amtlichen Veröffentlichung bestimmt). Dies ist vorliegend der Fall.

38 bb) Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin die Voraussetzungen der erweiterten Kürzung im Streitjahr nicht erfüllt hat, weil sich ihre Tätigkeit nicht mehr als Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes darstellte, sondern bereits gewerblichen Charakter hatte. Nach den Feststellungen des FG war die Gesamttätigkeit der Klägerin von Beginn an primär auf die im Streitjahr vollzogene Vermögensumschichtung durch gewinnbringende Veräußerung ausgerichtet.

39 Die Klägerin hat die kurz nach ihrer Gründung erworbenen fünf eigenständigen Mehrfamilienhaus-Grundstücke bereits im dritten Jahr nach dem Erwerb schon wieder veräußert. Dies indiziert die anfängliche bedingte Veräußerungsabsicht der Klägerin. Das FG durfte von einer nicht mehr nur gelegentlichen Veräußerung von Grundbesitz ungeachtet dessen ausgehen, dass die Veräußerung aufgrund nur eines Vertrags an nur eine einzige Erwerberin („en bloc“) erfolgte. Der vergleichsweise kurze Zeitraum der Vermietung lässt nicht mehr auf eine im Vordergrund der Gesamttätigkeit der Klägerin stehende Fruchtziehung schließen, sondern legt eine von Beginn an intendierte Wiederveräußerung des nur kurze Zeit gehaltenen Grundbesitzes nahe. Das FG ist im Rahmen seiner Gesamtwürdigung daher zu Recht davon ausgegangen, dass die sowohl inhaltlich als auch zeitlich eng abgegrenzte Gesamttätigkeit der Objektgesellschaft nur den Schluss zulässt, dass die Klägerin ihren Grundbesitz nicht als längerfristige Erwerbsquelle der Fruchtziehung durch Wohnungsvermietung, sondern primär zur Umschichtung durch gewinnbringende Veräußerung zu nutzen beabsichtigte und so auch tatsächlich genutzt hat.

40 c) Ebenfalls zu Recht hat das FG entschieden, dass neben der Indizwirkung der Drei-Objekt-Grenze des gewerblichen Grundstückshandels nicht auch noch eine nachhaltige Tätigkeit gemäß § 15 Abs. 2 EStG vorliegen muss, um den Rahmen der bloßen Vermögensverwaltung als überschritten anzusehen. Denn auf die Nachhaltigkeit im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG und die diesbezügliche BFH-Rechtsprechung kommt es bei der Klägerin als Kapitalgesellschaft auch im Kontext des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht an (s. dazu ausführlich II.2.d). Insbesondere kann deshalb dahinstehen, ob die vom FG getroffenen Feststellungen ausreichen würden, um hierüber zu entscheiden. Nicht entscheidungserheblich ist im vorliegenden Fall schließlich auch, dass der erkennende Senat die Rechtsauffassung des FG zur „konzerninternen Zurechnung“ einer generellen, über die Person der Klägerin hinausreichenden Wiederholungsabsicht innerhalb der X-Gruppe auch im Fall der Personalunion in der Geschäftsführung nicht teilt.

41 4. Die Revision ist auch nicht teilweise begründet, denn auch die der Klägerin materiell-rechtlich zustehende einfache Kürzung kann ihr im Revisionsurteil nicht mehr gewährt werden. Denn es liegt insoweit weder ein Verfahrensfehler noch ein materieller Rechtsfehler des FG vor.

42 a) Im Streitjahr 2018 galt mit § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG a.F. noch die auf den Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunkts vor dem Erhebungszeitraum Bezug nehmende Gesetzesfassung. Das FG hat im angegriffenen Urteil ausgeführt, dass die Klägerin keine Angaben zu den Einheitswerten gemacht habe. Noch im Klageverfahren habe das FA darauf aufmerksam gemacht, dass ihm keine Einheitswertbescheide vorlägen. In der mündlichen Verhandlung sei die Klägerin nochmals auf diesen Umstand hingewiesen worden. Das FG sei nicht zu weiteren Ermittlungsmaßnahmen gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO verpflichtet gewesen, da sich das Maß der Sachaufklärung insoweit mindere, wie die Beteiligten ihren prozessualen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen seien. Soweit das FA ausdrücklich die fehlenden Einheitswertbescheide angemahnt habe und die Klägerin dennoch nicht entsprechende Unterlagen vorgelegt habe, habe das FG die anwaltlich vertretene Klägerin nicht nochmals auf diesen Umstand hinweisen müssen.

43 b) Ob die Auffassung zutrifft, dass keine Verletzung der Sachaufklärungspflicht gemäß § 76 Abs. 1 FGO des FG vorliegt, bedarf im Revisionsverfahren keiner Entscheidung, da die Klägerin insoweit keine Verfahrensrüge erhoben hat und einen solchen Verstoß nicht dargelegt hat (§ 120 Abs. 3 Nr. 2 Buchst. b FGO). Auf die vom FG der Sache nach aufgeworfene und mit knapper Begründung verneinte Frage, ob die für die Entscheidung relevanten Einheitswertbescheide vom FG von Amts wegen hätten eingeholt werden müssen (sei es direkt beim zuständigen Lagefinanzamt, §§ 13, 86 FGO, sei es indirekt über das beklagte FA), muss im Streitfall daher nicht eingegangen werden. Eine Aufhebung und Zurückverweisung wegen eines von der Klägerin nicht geltend gemachten Verfahrensmangels kommt nicht in Betracht (vgl. § 118 Abs. 2 FGO).

44 c) Auch die Möglichkeit, das FA im Revisionsurteil nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO zu verpflichten, die streitgegenständliche Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags dahin zu ändern, dass die einfache Kürzung doch noch zu berücksichtigen ist, besteht mangels hinreichender Bestimmtheit eines solchen Tenors nicht (vgl. , BFH/NV 2014, 1395, Rz 12 f.). Gemäß den Rechtsgrundsätzen zu § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO setzt die Übertragung der Steuerberechnung nach dieser Norm voraus, dass dem FA nur noch die Berechnung der Steuer verbleibt, das heißt es darf keinen Wertungs-, Beurteilungs- oder Entscheidungsspielraum mehr geben. Sind noch Ermittlungen zur Höhe der Bemessungsgrundlage anzustellen, kommt die Übertragung der Steuerberechnung nicht in Betracht (vgl. , BFH/NV 2014, 1395, Rz 13; vom  - II R 34/16, BFHE 267, 440, BStBl II 2020, 465, Rz 44, und vom  - II R 3/20, BFHE 279, 222, BStBl II 2023, 717, Rz 8; s.a. , BFH/NV 2023, 738, Rz 3). Die Gewährung der einfachen Kürzung im Revisionsurteil scheidet deshalb aus.

45 d) Hiervon ausgehend schied auf der Ebene des FG im Zeitpunkt seiner Entscheidung ein Urteilstenor gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO zum Zwecke der Gewährung der einfachen Kürzung ebenfalls aus. Auch insofern liegt daher kein materiell-rechtlicher Fehler des FG-Urteils vor, der unabhängig von einer etwaigen (vorliegend nicht gerügten) Sachaufklärungspflichtverletzung zur Aufhebung des FG-Urteils führen könnte.

46 5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

Diese Entscheidung steht in Bezug zu

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2025:U.030625.IIIR12.22.0- 3 -

Fundstelle(n):
CAAAJ-98570