BFH Beschluss v. - VIII B 93/21

Unbestimmter Tenor eines FG-Urteils

Leitsatz

NV: Will das FG nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO verfahren und die Steuerberechnung der Finanzbehörde übertragen, muss es über die Klage in einem Umfang entscheiden, dass der Finanzbehörde nur noch die Berechnung des Steuerbetrags überlassen bleibt. Dieser Anforderung wird nicht genügt, wenn das FG im Tenor des Urteils bestimmt, es sei für ein bestimmtes Fahrzeug „der Grundsatz der Kostendeckelung“ zu berücksichtigen und sich weder aus den Feststellungen des FG noch aus der Urteilsbegründung ergibt, von welchen Beträgen das FG insoweit ausgeht.

Gesetze: FGO § 100 Abs. 2 Satz 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 3;

Instanzenzug:

Gründe

1 Die Beschwerde ist begründet.

2 Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) macht zu Recht geltend, dass der Tenor der Vorentscheidung unbestimmt ist. Dies stellt einen Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) dar. Der Senat hält es für zweckdienlich gemäß § 116 Abs. 6 FGO die Vorentscheidung aufzuheben und den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht (FG) zurückzuverweisen.

3 1. Will das FG nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO verfahren und die Steuerberechnung der Finanzbehörde übertragen, muss es über die Klage in einem Umfang entscheiden, dass der Finanzbehörde nur noch die Berechnung des Steuerbetrags überlassen bleibt (z.B. , BFHE 173, 480, BStBl II 1994, 469, unter II.1.b, und vom  - X R 41/12, BFHE 246, 442, Rz 45). Dies ist dann nicht mehr gegeben, wenn der Finanzbehörde zugleich die Beurteilung steuerrechtlicher Fragen bei der Berechnung der Steuer übertragen wird (vgl. , BFH/NV 2018, 1275, Rz 23 bis 25). Eine solche Konstellation liegt im Streitfall vor.

4 Das FG hat dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt —FA—) die Berechnung der Steuer gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO übertragen und im Tenor der Vorentscheidung bestimmt, dass „bei dem Ansatz der Privatnutzung des PKW Sonata der Grundsatz der Kostendeckelung berücksichtigt wird“. In welcher Weise dies für die angefochtenen Bescheide zur Umsatzsteuer der Streitjahre 2007 bis 2009 und für die gesonderte Gewinnfeststellung der Streitjahre 2007 bis 2009 konkret zu erfolgen hat, ergibt sich auch unter Berücksichtigung der Urteilsbegründung nicht. Der dortige Hinweis des FG, „die Beträge als solche sind unstreitig“ genügt auch einschließlich der Bezugnahme auf den Schriftsatz des Klägers vom nicht, da das FG die für die Steuerberechnung maßgeblichen Beträge in der Vorentscheidung nicht festgestellt hat. Vielmehr hat das FA den klägerischen Vortrag aus dem Schriftsatz vom unter Anwendung der (BStBl I 2009, 1326) und der Vorgängerschreiben vom (BStBl I 2004, 864) und vom (BStBl I 2006, 446) eigenständig zu würdigen und bei der Steuerberechnung umzusetzen.

5 2. Durch die Aufhebung der Vorentscheidung wird der Rechtsstreit wieder in den Zustand versetzt, dass die Beteiligten über die zutreffende Umsetzung der tatsächlichen Verständigung und des im Verfahren 15 K 1558/16 F,U in den geänderten Gewinnfeststellungsbescheiden und Umsatzsteuerbescheiden für die Streitjahre vom streiten. Das im Verfahren 15 K 1558/16 F,U ist dem Kläger am und dem FA am zugestellt worden. Es ist nicht mit der Nichtzulassungsbeschwerde angefochten worden und daher rechtskräftig geworden (§ 110 Abs. 1 FGO). Soweit der Kläger in der vorliegenden Beschwerde auch Sachaufklärungsmängel des FG im Hinblick auf diese Entscheidung geltend macht, sind diese Rügen unerheblich. Die angefochtenen Bescheide vom wurden somit nach Rechtskraft des Urteils gemäß § 100 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 FGO bekanntgegeben. Zur Überprüfbarkeit dieser Bescheide verweist der Senat zur Vermeidung eines zweiten Rechtsgangs auf die in der Rechtsprechung des BFH geklärten Grundsätze (z.B. , BFH/NV 2017, 1044; vom  - I R 67/10, BFH/NV 2012, 6).

6 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BFH:2023:B.310323.VIIIB93.21.0

Fundstelle(n):
AO-StB 2023 S. 167 Nr. 6
AO-StB 2023 S. 168 Nr. 6
BB 2023 S. 918 Nr. 17
BFH/NV 2023 S. 738 Nr. 6
NJW 2023 S. 10 Nr. 19
WAAAJ-38077