Umsatzsteuer | Zur umsatzsteuerlichen Behandlung des Handels mit Non-Fungible Token (NFT) (FG)
Das Niedersächsische FG hat
entschieden, dass bei einem unternehmerischen, entgeltlichen Handel aus dem
Inland mit Non-Fungible Token (NFT) zu digitalen Bilddateien im Rahmen von
Kollektionen (sog. NFT Collectibles), bei dem nicht das Sammelobjekt selbst,
sondern nur ein Datenbankeintrag auf einer dezentralen Blockchain gehandelt
wird, mit dem sich ein Erwerber als "Eigentümer" des digitalen Guts ausgeben
kann, die NFT-Transaktionen keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen nach
§ 3 Abs. 9
UStG darstellen; eine Pseudonymisierung der
Krypto-Wallet-Adressen der Leistungsempfänger steht insofern der
Umsatzsteuerbarkeit nicht entgegen (; Revision
zugelassen).
Hintergrund: Als NFT werden kryptografische Token bezeichnet, die durch eine Blockchain als spezielle Art der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) erzeugt werden und nicht austauschbar bzw. nicht fungibel, sondern einzigartig sind. Eine Blockchain ist eine in der Regel keiner zentralen Kontrolle unterliegende dezentrale Datenbank mit mehreren Beteiligten, die Informationen chronologisch in Intervallen bzw. Blöcken speichert, die durch kryptografische Verfahren miteinander verbunden sind. Im Kontext von Kryptowerten ist eine Blockchain eine dezentrale Datenbank auf der Grundlage der DLT, in der insbesondere alle bestätigten Transaktionen festgehalten werden, vergleichbar mit einem dezentral geführten Kassenbuch. Als Token wird ein Eintrag auf einer dezentralen Blockchain-Datenbank bezeichnet, der ausschließlich, einzigartig und nicht vervielfältigbar ist.
Sachverhalt: Der Kläger ist Einzelunternehmer, der im Jahr 2021 aus dem Inland mit NFT zu digitalen Bilddateien im Rahmen von Kollektionen als Sammelobjekte (sog. NFT Collectibles) handelte. Die NFT-Verkäufe erfolgten über die weltweit genutzte Plattform „OpenSea“ als digitalen Marktplatz durch Verwendung von sog. Smart Contracts. Dabei wurde nicht das jeweilige digitale Bild bzw. Sammelobjekt selbst, sondern nur ein Datenbankeintrag auf einer dezentralen Blockchain gehandelt, mit dem sich ein Erwerber als „Eigentümer“ des digitalen Guts ausgeben konnte. Die Transaktionsvorgänge wurden auf der jeweiligen Blockchain u. a. mit den zugehörigen pseudonymisierten Krypto-Wallet-Adressen des Verkäufers und der Käufer gespeichert. Die Erwerber teilten dem Kläger keine Umsatzsteuer-Identifikationsnummern oder vergleichbare ausländische Bescheinigungen mit. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass seine Umsätze aus den NFT-Verkäufen nicht der Umsatzsteuer unterliegen würden, da die Käufer als Leistungsempfänger nicht identifizierbar seien. Per Fiktion einer Dienstleistungskommission gemäß § 3 Abs. 11a UStG könnten seine Leistungen als an die NFT-Handelsplattform OpenSea mit Sitz in den USA erbracht gelten, sodass der Leistungsort nicht im Inland sei. Sofern man demgegenüber von direkten Leistungen des Klägers an inländische Käufer ausgehe, könne dies nur einen geringen Teil seiner Umsätze betreffen, die dann jedenfalls umsatzsteuerfrei sein müssten. Bei Geschäften mit NFT liege auch ein strukturelles Vollzugdefizit vor, was im Falle der Festsetzung von Umsatzsteuer zu einem Verstoß gegen Art. 3 GG führe. Das beklagte Finanzamt folgte dem nicht und unterwarf alle Umsätze des Klägers der Umsatzsteuer zum Regelsteuersatz von 19 %.
Der 5. Senat des FG gab der hiergegen gerichteten Klage teilweise statt:
Der Kläger ist unstreitig Unternehmer und hat mit den Transaktionen zu NFT Collectibles keine Lieferungen, sondern sonstige Leistungen nach § 3 Abs. 9 UStG gegen Entgelt erbracht. Leistungsempfänger sind die Käufer der NFT und nicht die NFT-Handelsplattform OpenSea.
Insofern lagen im Streitjahr 2021 nicht die Voraussetzungen der Fiktionsregelung einer Dienstleistungskommission nach § 3 Abs. 11a UStG vor. Die Pseudonymisierung der Krypto-Wallet-Adressen der Leistungsempfänger steht dem Leistungstatbestand nicht entgegen.
Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die Käufer Unternehmer gewesen sind. Bei der Erbringung von solchen sonstigen Leistungen im Zusammenhang mit den NFT-Transaktionen an Nichtunternehmer als Leistungsempfänger handelt es sich um auf elektronischem Weg erbrachte sonstige Leistungen gemäß § 3a Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 3 UStG.
Der Kläger hat seine erweiterten Mitwirkungs- und Aufklärungspflichten bei der Feststellung des Wohnsitzes oder Ansässigkeitsstaats der Leistungsempfänger verletzt. Es ist jedoch wegen der weltweiten Nutzung von OpenSea nicht anzunehmen, dass der Kläger die Leistungen ausschließlich im Inland erbracht hat. Da der genaue Anteil der im Inland erbrachten Leistungen des Klägers nicht ermittelt werden konnte, wurden die umsatzsteuerbaren Umsätze des Klägers unter Würdigung der Gesamtumstände des Streitfalles auf die Hälfte seiner streitgegenständlichen Umsätze aus den Verkäufen der NFT geschätzt.
Im Streitfall sind keine Steuerbefreiungen oder Steuersatzermäßigungen einschlägig. Bei der Umsatzbesteuerung des Handels mit NFT Collectibles hat im Jahr 2021 auch kein strukturelles Vollzugsdefizit vorgelegen.
Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision wurde zugelassen, das Aktenzeichen ist noch nicht bekannt.
Den Entscheidungsvolltext finden Sie hier.
Quelle: Niedersächsisches FG, Newsletter 9/2025 (lb)
Fundstelle(n):
KAAAJ-97928