Instanzenzug: LG Siegen Az: 31 Ks 7/23 Urteil
Tenor
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Siegen vom wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und die den Nebenklägern im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen zu tragen.
Ergänzend zu den Ausführungen des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:
Die Verfahrensrüge der Mitwirkung eines wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnten Richters (§ 338 Nr. 3 StPO) ist bereits unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO an eine zulässige Verfahrensrüge.
Macht der Revisionsführer eine Verletzung des Verfahrensrechts geltend, muss er die Tatsachen, die den behaupteten Verfahrensmangel begründen, so vollständig und genau mitteilen, dass das Revisionsgericht aufgrund der Rechtfertigungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt, wenn die behaupteten Tatsachen bewiesen werden (st. Rspr.; vgl. , NStZ 2021, 178, 179 mwN; Beschluss vom – 1 StR 711/13, NStZ 2014, 532, 533 mwN). Für den hier geltend gemachten absoluten Revisionsgrund des § 338 Nr. 3 StPO bedarf es des Vortrages eines Sachverhalts, der tatsächlich die Besorgnis der Befangenheit des abgelehnten Richters rechtfertigen konnte und das Ablehnungsgesuch deshalb zu Unrecht verworfen wurde (vgl. , NStZ 2023, 53, 54; MüKo-StPO/Knauer/Kudlich, 2. Aufl., § 338 Rn. 64 mwN). Das Verhalten eines Richters im Verlauf der Hauptverhandlung begründet die Ablehnung, wenn es besorgen lässt, dass er nicht mehr unvoreingenommen an die Sache herangeht, insbesondere von der Schuld des Angeklagten bereits endgültig überzeugt ist (vgl. , NJW 2002, 3484; KK-StPO/Heil, 9. Aufl., § 24 Rn. 23). Hierbei kommt es maßgeblich auf die Umstände des Einzelfalls an, weshalb ein bestimmtes Verhalten nicht isoliert betrachtet werden darf, sondern stets im Gesamtzusammenhang des Verfahrensgeschehens gesehen werden muss und deshalb in der Revision entsprechend vorzutragen ist (vgl. , StV 2012, 587; Urteil vom – 2 StR 639/10, StraFo 2011, 312; Beschluss vom – 3 StR 106/99, NStZ 2000, 325; BeckOK-StPO/Cirener, 56. Ed., § 24 Rn. 35; KK-StPO/Gericke, 9. Aufl., § 344 Rn. 47).
Gemessen daran ist das Rügevorbringen unvollständig.
Gegenstand der Befangenheitsrüge ist die von der Revision beanstandete intendierte und ergebnisorientierte Beauftragung eines Sachverständigen. Hierzu teilt sie mit, dass der abgelehnte (beisitzende) Richter anlässlich eines Beweisantrages des Angeklagten, dass dieser Linkshänder sei, eine ergänzende Befragung des bereits angehörten rechtsmedizinischen Sachverständigen veranlasste und diesem hierzu drei Videoaufzeichnungen, die den Angeklagten an zwei Tankstellen und einer Autowaschanlage zeigen, zur Verfügung stellte. Im Zuge deren Übersendung wies er in einem Begleitschreiben den Sachverständigen ausdrücklich auf Videosequenzen hin, die Tätigkeiten des Angeklagten mit der rechten Hand abbilden. Dieses Vorgehen lasse nach Ansicht des Revisionsführers die Befangenheit des Richters besorgen. Denn durch die selektive Auswahl rechtshändiger Verrichtungen, die der Beweistatsache widersprechen, ohne jedoch auch auf solche Sequenzen hinzuweisen, auf denen der Angeklagte mit der linken Hand agiert, habe er auf den Sachverständigen gezielt Einfluss genommen und damit zu erkennen gegeben, dass er kein Interesse an einer ergebnisoffenen Gutachtenerstattung habe.
Für die Prüfung der Befangenheitsrüge kann jedoch von Belang sein, dass der abgelehnte Richter – was sich dem vorgelegten Ablehnungsbeschluss der Strafkammer entnehmen lässt – eine weitere Sachverständige mit der gutachterlichen Beantwortung dieser Beweisfrage beauftragte, der ebenfalls das gesamte Videomaterial und zwar ohne einen Hinweis auf den Inhalt etwaiger Sequenzen übersandt worden war. Hierzu verhält sich die Revision jedoch nicht. Dies führt zur Unzulässigkeit der Befangenheitsrüge. Ohne entsprechenden Tatsachenvortrag lässt sich nicht beurteilen, ob die Strafkammer zu Recht den Befangenheitsantrag abgelehnt hat. Denn sie stützt ihre Entscheidung im Rahmen einer Gesamtschau maßgeblich auch auf die Beauftragung einer bislang am Verfahren unbeteiligten Sachverständigen, weil „gerade dieser Umstand“ zeige, dass das Verhalten des Richters auf kein bestimmtes, für den Angeklagten negatives, Ergebnis abgezielt habe.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:150725B4STR185.25.0
Fundstelle(n):
YAAAJ-97906