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BGH Beschluss v. - III ZB 82/24

Instanzenzug: Az: 4 U 1013/23vorgehend LG Regensburg Az: 23 O 1078/21

Gründe

I.

1    Der Kläger nimmt den beklagten Freistaat (nachfolgend Beklagter) im Zusammenhang mit der Übermittlung personenbezogener Daten auf immateriellen Schadensersatz, den er zuletzt mit 25.000 € beziffert hat, in Anspruch.

2    Der Kläger war seit dem Jahr 2015 an einer Reihe familien-, betreuungs- und unterbringungsrechtlicher Verfahren beteiligt. Ein - näher bezeichneter - Teil der darüber beim Amtsgericht Eggenfelden (nachfolgend Amtsgericht) geführten Akten wurde auf Ersuchen an andere Behörden (etwa die Polizeiinspektion Eggenfelden, die Staatsanwaltschaft Landshut, die Generalstaatsanwaltschaft München oder das Landgericht Landshut; nachfolgend jeweils ohne Ortsnamen bezeichnet) sowie einen Rechtsanwalt (Dr. R.    ) übersandt. Der Kläger macht geltend, dabei sei es in zahlreichen Fällen zu Datenschutzverletzungen gekommen. Weitere Datenschutzverletzungen lägen in einer telefonischen Auskunft, die ein in der Berufungsinstanz mit einer familiengerichtlichen Angelegenheit des Klägers befasster Richter gegenüber der Staatsanwaltschaft erteilt habe, sowie der Übermittlung von Informationen aus einer Betreuungssache an den Presse- und Informationsstab im Bundesministerium der Verteidigung (nachfolgend BMVG) durch das Amtsgericht. Der Beklagte ist diesen Vorwürfen entgegengetreten.

3    Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Von den vom Kläger geltend gemachten 32 Fällen der Datenschutzverletzung seien 29 Fälle gerügt worden, bei denen es sich um Akteneinsichtsgesuche anderer Behörden gehandelt habe. In insgesamt zehn Fällen (betreffend die Übersendung der Akten in den Verfahren 1 F 529/15, 1 F 459/15, 1 F 516/15, 26 UF 949/15, XIV 21/15, 1 F 280/16 und 1 F 280/19 sowie in den Verfahren XIV 21/15 und 22/15 in den Jahren 2015 und 2020; LGU A I 2 a-c) habe der Kläger zu einer unzulässigen Datenübermittlung bereits nicht substantiiert vorgetragen und eine solche nicht ausreichend unter Beweis gestellt. In 19 weiteren Fällen (betreffend die Übersendung der Akten in den Verfahren 1 F 680/19, 1 F 529/15, XIV 21/15, XIV 22/15, XVII 428/15 im selben Zeitraum; LGU A I 3 und 4 4.1-4.11), in denen es unstreitig zu einer Datenübermittlung durch das Amtsgericht an andere Behörden gekommen sei, sei dies jeweils gemäß Art. 5 BayDSG zulässig gewesen, weshalb Ansprüche sowohl nach Art. 82 DSGVO als auch nach § 839 BGB entfielen. Die Akten seien in jenen Fällen an die aktenanfordernden Behörden zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben übersandt worden. Ein Anspruch scheide auch aus, soweit die Akten betreffend die Verfahren XIV 21/15 und XVII 428/15 an Rechtsanwalt Dr. R.     übermittelt worden seien (LGU A II). Bei diesem habe es sich um einen früheren Verfahrensbevollmächtigten des Klägers gehandelt, der jedenfalls in dem Verfahren XIV 22/15 eine schriftliche Vollmacht vorgelegt habe. Ausweislich eines Telefonvermerks der stellvertretenden Direktorin des Amtsgerichts habe er die Vertretung auch in den beiden anderen Verfahren anwaltlich versichert. Es sei daher von einer ordnungsgemäßen Bevollmächtigung auszugehen gewesen. Die Übermittlung von Daten an den Presse- und Informationsstab im BMVG (betreffend die Verfahren XVII 428/15 sowie XIV 21/15 und 22/15 am 14. und ; LGU A III) sei ebenfalls zulässig gewesen, weil von dem Kläger, der am zu einer Wehrübung eingeladen gewesen sei, ein erhebliches Fremdgefährdungsrisiko ausgegangen sei. Dies habe sich auch an zwei - näher beschriebenen - Vorfällen vom gezeigt. Unabhängig von der Frage der materiellen Rechtmäßigkeit scheide schließlich ein Anspruch des Klägers wegen eines Datenschutzverstoßes aufgrund einer telefonischen Auskunft eines Richters am Oberlandesgericht gegenüber der Staatsanwaltschaft jedenfalls wegen fehlender Kausalität aus (LGU A IV). Denn unstreitig sei später eine Einwilligung zur Akteneinsicht erteilt worden. Im Übrigen scheitere ein Anspruch aus § 823 Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 1, 2 GG, § 839 BGB an der Erheblichkeit der Rechtsverletzung, denn eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts habe der Kläger weder vorgetragen noch nachgewiesen. Diese Geringfügigkeitsschwelle gelte auch für einen etwaigen Anspruch aus Art. 82 DSGVO.

4    Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht nach Erteilung eines entsprechenden Hinweises gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil sie nicht in einer den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO genügenden Weise begründet worden sei. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Klägers.

II.

5    Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 in Verbindung mit § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthafte sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete Rechtsbeschwerde hat im tenorierten Umfang Erfolg. Insoweit ist sie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2 ZPO) und begründet. Die Verwerfung der Berufung als unzulässig verletzt den Kläger in den betreffenden Punkten in seinem Verfahrensgrundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip; vgl. dazu zB BVerfG, BeckRS 2005, 34184 Rn. 17). Die weitergehende Rechtsbeschwerde ist jedoch mangels Zulassungsgrundes (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO) unzulässig.

61.    Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Betreffend die - bestrittenen - Datenübermittlungen an die Polizeiinspektion, die Staatsanwaltschaft beziehungsweise die Generalstaatsanwaltschaft sowie den Präsidenten des Landgerichts - im landgerichtlichen Urteil unter Punkt A I Nr. 2 a-c behandelt - habe der Kläger bezogen auf die jeweiligen Streitgegenstände keine konkreten Angaben dazu gemacht, welche Daten übermittelt worden seien beziehungsweise auf welchen Seiten der jeweiligen Verfahrensakten sich entsprechende Angaben über eine Datenübermittlung befänden (zu LGU A I 2 a sowie zu A I b und c) und wann genau die Datenübermittlung stattgefunden habe (zu LGU A I 2 b und c). Zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit sei die Mitteilung der Umstände erforderlich, die das Urteil aus der Sicht des Berufungsführers in Frage stellten. Der Kläger mache nur einen Verstoß gegen § 139 ZPO und Art. 103 GG geltend, ohne vorzutragen, was er auf den vermissten gerichtlichen Hinweis vorgetragen hätte. Auch der pauschale Bezug auf die beizuziehenden Verfahrensakten ohne Angabe der Blattzahlen genüge nicht. Hinsichtlich der Fälle unstreitiger Datenübermittlungen sei die Berufung ebenfalls unzulässig, soweit sie geltend mache, das Landgericht habe rechtsfehlerhaft Art. 5 BayDSG in der Fassung des Gesetzes vom auch auf vor diesem Zeitpunkt liegende Sachverhalte angewandt (zu LGU A I 4.3-4.9 <Aktenübermittlungen an die Staatsanwaltschaft und das Landgericht>, A II <Rechtsanwalt Dr. R.    > und A III <Presse- und Informationsstab BMVG>). Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO müsse die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergäben. Diesen Anforderungen werde die Berufungsbegründung des Klägers nicht gerecht. Sie zeige nicht auf, was sich ergeben hätte, wenn die nach Auffassung des Klägers zutreffenden gesetzlichen Grundlagen herangezogen worden wären. Damit sei die Erheblichkeit der geltend gemachten Rechtsverletzung für die Entscheidung nicht dargelegt. Soweit der Kläger im Zusammenhang mit der Datenübermittlung an den Presse- und Informationsstab des BMVG am rüge, das erstinstanzliche Gericht habe für deren Legitimation - vom Kläger bestrittene - Sachverhalte herangezogen, die erst am stattgefunden hätten, komme es darauf nicht an. Das Landgericht habe die Entscheidung hierauf ersichtlich nicht gestützt und die späteren Vorfälle nur im Rahmen überschießender Erwägungen angeführt. Weswegen die tragende Begründung des Landgerichts rechtsfehlerhaft sein solle, zeige der Kläger nicht zugeschnitten auf den vorliegenden Einzelfall auf. Gleichermaßen unzulässig sei die Berufung, soweit sie beanstande, dass für Sachverhalte, die nach dem eingetreten seien, die wesentlichen Leitsätze aus dem Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom (1 VA 33/20) nicht angewandt worden seien (zu LGU A I 4.1, 4.2, 4.10 und 4.11). Obwohl es sich um vier verschiedene Sachverhalte gehandelt habe, gehe aus der Berufungsbegründung nicht hervor, inwieweit der Prüfungsumfang vom Landgericht jeweils verkannt worden sei und sich dies auf die Entscheidung auswirke. Schließlich setze sich die Berufung bezüglich der telefonischen Auskunft des Richters am Oberlandesgericht mit dem Argument der fehlenden Kausalität einer Schadensverursachung überhaupt nicht auseinander (zu LGU IV). Auf die weitere Frage, ob ein Anspruch auch ("im Übrigen") deswegen ausscheide, weil es an einer Erheblichkeit der Rechtsverletzung fehle, komme es nicht mehr an. Unabhängig davon hätte der Kläger auch insoweit vortragen müssen, aus welchem Datenverstoß des Beklagten sich bezogen auf den jeweiligen Streitgegenstand jeweils ein Schaden ergeben habe solle.

72.    Dies hält rechtlicher Überprüfung nur teilweise stand.

8    a) Gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO hat die Berufungsbegründung die Bezeichnung der Umstände zu enthalten, aus denen sich nach Ansicht des Rechtsmittelführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt; nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 ZPO muss sie konkrete Anhaltspunkte bezeichnen, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen in dem angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine neue Feststellung gebieten. Die Berufungsbegründung hat - zugeschnitten auf den konkreten Streitfall und aus sich heraus verständlich - diejenigen Punkte darzulegen, die der Berufungskläger als unzutreffend beurteilt ansieht, und dazu die Gründe anzugeben, aus denen sich die Fehlerhaftigkeit jener Punkte und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung herleitet (st. Rspr.; zB Senat, Beschlüsse vom - III ZB 46/20, NJW-RR 2021, 1438 Rn. 7 und vom - III ZB 127/15, NJW 2016, 2890 Rn. 10; , NJW-RR 2020, 573 Rn. 13; jew. mwN). Erforderlich und ausreichend ist die Mitteilung der Umstände, die aus der Sicht des Berufungsklägers den Bestand des angefochtenen Urteils gefährden (zB , NJW-RR 2022, 998 Rn. 6). Besondere formale Anforderungen bestehen nicht; für die Zulässigkeit der Berufung ist es insbesondere ohne Bedeutung, ob die Ausführungen in sich schlüssig oder rechtlich haltbar sind (st. Rspr.; zB Senat, Beschlüsse vom - III ZB 48/19, juris Rn. 10 und vom aaO; aaO; jew. mwN). Es reicht indessen nicht aus, die Auffassung des Erstgerichts mit formularmäßigen Sätzen oder allgemeinen Redewendungen zu rügen oder lediglich auf das Vorbringen erster Instanz zu verweisen. Vor allem muss das Rechtsmittel die tragenden Erwägungen des angefochtenen Urteils angreifen und darlegen, warum diese aus Sicht des Berufungsklägers nicht zutreffen (zB Senat, Beschluss vom aaO und mwN). Hat das Erstgericht die Abweisung der Klage auf mehrere voneinander unabhängige selbständig tragende Erwägungen gestützt, muss die Berufungsbegründung jede dieser Erwägungen angreifen (st. Rspr.; zB Senat, Beschluss vom - III ZB 32/13, BeckRS 2014, 3372 Rn. 13; , NJW-RR 2015, 511 Rn. 8; jew. mwN). Betrifft die erstinstanzliche Entscheidung mehrere prozessuale Ansprüche, ist für jeden Anspruch eine den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO genügende Begründung der Berufung erforderlich (zB , NJW-RR 2012, 1207 Rn. 10 und vom - I ZR 177/95, NJW 1998, 1399, 1400; jew. mwN). Decken sich die Voraussetzungen für die verschiedenen Ansprüche, reicht es jedoch aus, wenn die Berufungsbegründung einen einheitlichen Rechtsgrund im Ganzen angreift (vgl. und vom jew. aaO).

9    Soweit die Berufungsbegründung einen Verstoß gegen § 139 ZPO und damit die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) rügt, muss sie zur Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensfehlers darlegen, was bei Gewährung des rechtlichen Gehörs vorgetragen worden wäre und dass nicht auszuschließen ist, dass dieser Vortrag zu einer anderen Entscheidung geführt hätte (vgl. zB Senat, Beschluss vom aaO Rn. 11 mwN; BGH, Beschlüsse vom aaO Rn. 14 und vom aaO Rn. 12). Dieser Darlegung bedarf es nur dann nicht, wenn die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich ist (Senat aaO mwN).

10    b) Dies zugrunde gelegt, hat das Oberlandesgericht die Anforderungen an die Zulässigkeit des Rechtsmittels betreffend die vom Landgericht unter Punkt A I 4.1, 4.2, 4.10 und 4.11 (Aktenübermittlungen durch das Amtsgericht an die Staatsanwaltschaft beziehungsweise die Generalstaatsanwaltschaft jeweils im Jahr 2020) und III (Übermittlung von Daten am an den Presse- und Informationsstab im BMVG) erörterten Vorgänge überspannt und dadurch dem Kläger den Zugang zur Berufungsinstanz in unzulässiger Weise versagt (nachfolgend aa). Im Übrigen hat es die Berufung zu Recht als unzulässig verworfen (nachfolgend bb).

11    aa) Die Gründe, aus denen das Landgericht in den vorstehend bezeichneten Fällen einen sich aus einem Datenschutzverstoß ergebenden Anspruch des Klägers verneint hat, hat dieser mit der Berufungsbegründung hinreichend angegriffen.

12    (1) Im Hinblick auf die - im Jahr 2020 erfolgten - Übersendungen von Akten und die damit verbundene Übermittlung der darin befindlichen Daten durch das Amtsgericht an die Staatsanwaltschaften, die das Landgericht unter Punkt A I 4.1, 4.2, 4.10 und 4.11 seines Urteils behandelt und deren Zulässigkeit es gemäß Art. 5 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 Satz 3 BayDSG für jeden dieser Fälle bejaht hat, wird die Berufungsbegründung den Anforderungen an § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO gerecht. Sie lässt (noch) erkennen, mit welchen Gründen der Kläger den Erwägungen des Landgerichts zur Zulässigkeit der Datenübermittlung entgegengetreten ist.

13    Der Kläger hat insoweit beanstandet, das Landgericht habe sich in allen Fällen, die sich nach dem - mithin nach Inkrafttreten des Bayerischen Datenschutzgesetzes in der Fassung vom (BayGVBl. 2018, S. 230; im Folgenden BayDSG nF) - ereignet hätten, nicht mit den - von ihm auszugsweise wiedergegebenen - im Beschluss des Bayerischen Obersten Landesgerichts im vom (FamRZ 2020, 1942) aufgestellten Voraussetzungen auseinandergesetzt, wonach die um Aktenübersendung ersuchte ebenso wie die ersuchende Stelle gemäß Art. 5 Abs. 4 Satz 3 BayDSG berechtigt und verpflichtet sei, die materielle Zulässigkeit der Datenübermittlung zu prüfen, wenn ein besonderer Anlass gegeben sei, was bereits aus der besonderen Schutzwürdigkeit der sich aus einer Betreuungsakte ergebenen sensiblen Daten folge (vgl. BayObLG aaO Rn. 56 f). Er hat dazu geltend gemacht, er habe bereits in erster Instanz darauf hingewiesen, dass die Prüfung eines berechtigten Interesses beziehungsweise schutzwürdiger Belange der Verfahrensbeteiligten aus den Verfahrensakten nicht nachvollzogen werden könne. Es spiele daher entgegen der - vom Kläger als fehlerhaft bewerteten - Auffassung des Landgerichts keine Rolle, ob es für die angeforderte Stelle offensichtlich gewesen sei, dass die anfordernde Behörde die Daten zur Erfüllung ihrer Aufgaben benötigt habe. Damit hat der Kläger die inhaltliche Richtigkeit der Entscheidung des Landgerichts in den genannten Fällen hinreichend in Zweifel gezogen. Einer zwischen den einzelnen Vorgängen differenzierenden Betrachtung bedurfte es nicht, weil sich die Voraussetzungen für die Aktenübersendung - nach der vom Kläger vertretenen Rechtsauffassung - insoweit unabhängig von der zugrunde liegenden individuellen Fallgestaltung jeweils deckten (vgl.o.; und vom ; jew. aaO). Der vom Berufungsgericht vertretenen abweichenden Auffassung ist der Kläger mit seiner Stellungnahme zu dem Hinweisbeschluss noch genügend entgegengetreten. Auf die inhaltliche Richtigkeit der Rechtsausführungen des Klägers kam es für die Zulässigkeit des Rechtsmittels nicht an und ebenso wenig darauf, ob die weitere Berufungsrüge, das Landgericht habe sich auf den unvollständigen Sachvortrag des Beklagten gestützt, hinreichend ausgeführt ist.

14    Auch die weitere das erstinstanzliche Urteil selbständig tragende Begründung, er habe eine - vom Landgericht als erforderlich angesehene - schwerwiegende Beeinträchtigung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts weder vorgetragen noch die von ihm behaupteten Beeinträchtigungen unter Beweis gestellt (LGU unter Punkt A V 2), hat der Kläger mit der Berufungsbegründung in ausreichendem Umfang angegriffen. Denn er hat diesbezüglich nicht nur Ausführungen zu der von ihm jedenfalls im Zusammenhang mit Art. 82 DSGVO für nicht erforderlich erachteten Erheblichkeitsschwelle, sondern auch zu den von ihm durch die jeweiligen Verstöße erlittenen Beeinträchtigungen gemacht, die er der Höhe nach beziffert hat. Zudem hat er für den ihm entstandenen Schaden Sachverständigenbeweis angeboten. Ob all dies erheblich und in zweiter Instanz zu berücksichtigen war, war für die Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels unbeachtlich.

15    (2) Bezüglich der Datenübermittlung an den Presse- und Informationsstab im BMVG am (LGU A III) genügt die Berufungsbegründung ebenfalls noch den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO. Dort hat der Kläger weiter beanstandet, das landgerichtliche Urteil sei willkürlich, weil sich die zur Legitimation herangezogenen Sachverhalte erst am ereignet hätten, und beruhe zudem in tatsächlicher Hinsicht auf einer unterbliebenen Klärung der zugrunde liegenden streitigen Tatsachen. Damit hat er entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts sowohl eine Rechtsverletzung (§ 513 in Verbindung mit § 546 ZPO) als auch eine unzureichende Tatsachenfeststellung (§ 529 ZPO) dargelegt. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist nicht auszuschließen, dass das Landgericht seine Entscheidung tragend auch auf diesen Gesichtspunkt gestützt hat. Im Übrigen kann auf die vorstehenden Ausführungen zu dem weiteren selbständigen Begründungsstrang des Landgerichts Bezug genommen werden.

16    bb) Was die sonstigen vom Landgericht unter Punkten A I 2 a-c (als unsubstantiiert bewertete Fälle der Datenschutzverletzung) und 4.3-4.9 (Aktenübermittlungen in den Jahren 2015 und 2017 an verschiedene Behörden), A II (Aktenübersendung an Rechtsanwalt Dr. R.    ) und A III (betreffend einen Datenschutzverstoß vom ) sowie A IV (Auskunft durch Richter am Oberlandesgericht) und A VII (betreffend den Schriftsatz des Klägers vom ) seines Urteils abgehandelten Fälle der vom Kläger gerügten Datenschutzverletzungen betrifft, ist die Beurteilung des Oberlandesgerichts, die Berufungsbegründung des Klägers genüge inhaltlich nicht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO, aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

17    Im Einzelnen:

18    (1) Die in der Berufungsbegründung erhobene Rüge des Klägers, das Landgericht habe im Zusammenhang mit den unter Punkt A I 2 a-c abgehandelten zehn Fällen einen gebotenen richterlichen Hinweis zu der Ergänzungsbedürftigkeit seines Vortrags nicht erteilt und damit sein rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verletzt, genügt den oben wiedergegebenen Maßstäben nicht. Denn dem Berufungsvorbringen ist (genügender) Vortrag zur Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Verfahrensfehler nicht zu entnehmen.

19    Dass das Landgericht die beanstandeten Datenschutzverletzungen als jeweils selbständige prozessuale Ansprüche einheitlich mit der Begründung abgelehnt hat, eine Datenübermittlung sei bereits nicht substantiiert vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, enthob den Kläger - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - nicht von der Verpflichtung, in Bezug auf alle unter Punkt A I 2 a-c des landgerichtlichen Urteils erörterten Datenschutzverstöße darzulegen, was er auf den von ihm für erforderlich erachteten gerichtlichen Hinweis zur Substantiierung der behaupteten Datenschutzverletzungen vorgetragen und inwieweit dies die Entscheidung aus seiner Sicht beeinflusst hätte. Die bloße - für alle Fälle gleichermaßen geltende - Rüge der Verletzung einer gerichtlichen Hinweispflicht und der unterbliebenen Beiziehung der jeweiligen Verfahrensakten genügte zur Erhebung eines wirksamen Berufungsangriffs nicht. Die einzelnen Datenschutzverstöße beruhten auf unterschiedlichen Lebenssachverhalten und deckten sich deshalb nicht. Entsprechender Vortrag ist jedoch unterblieben. Vielmehr hat der Kläger lediglich erklärt, hätte ihn das Gericht auf Mängel oder Lücken im Sachvortrag oder Beweisantritt hingewiesen, hätte er "entsprechend reagiert" und es wäre der Klage stattgegeben worden. Mit der materiell-rechtlichen Frage der hinreichenden Substantiierung der Ansprüche hatte dies nichts zu tun. Darauf hat das Berufungsgericht - ungeachtet einer gegebenenfalls missverständlichen Formulierung - auch nicht maßgeblich abgestellt.

20    Ebenso wenig kann der Kläger damit durchdringen, er habe mit der Berufungsbegründung "vordergründig" eine gehörswidrige Nichtberücksichtigung der von ihm benannten Beweismittel geltend gemacht, weshalb es für die Zulässigkeit der Berufung nicht darauf ankomme, ob er zu einer Hinweispflichtverletzung des Landgerichts, die erst im Anschluss an die Berücksichtigung des Beweismittels relevant gewesen wäre, hinreichend vorgetragen habe. Es ist bereits fraglich, ob sich der Kläger zur Begründung seines Rechtsmittels überhaupt auf ein übergangenes erhebliches Beweisangebot hat berufen wollen. In der Berufungsbegründung heißt es dazu nur, ihm sei auf mehrfache Anfrage nicht mitgeteilt worden, ob die Beiziehung der Beweismittel erfolgt sei. Dies kann jedoch dahinstehen, denn er hat durch den pauschalen Hinweis auf die beizuziehenden Akten der Ausgangsverfahren eine Entscheidungserheblichkeit der gerügten Gehörsverletzung ebenso wenig dargelegt. Welche Feststellungen sich durch die Beiziehung der Akten hätten treffen lassen und inwieweit diese die gerichtliche Entscheidung hätten beeinflussen können, ergibt sich aus seinem Vortrag nicht.

21    Die Darlegung der Entscheidungserheblichkeit der gerügten Gehörsverletzungen war auch nicht deshalb entbehrlich, weil sie unmittelbar und zweifelsfrei aus dem bisherigen Prozessstoff ersichtlich gewesen wäre. Denn über die Rügen des Klägers hinausgehende Anhaltspunkte für eine Gehörsverletzung finden sich nicht.

22    (2) Was die vom Kläger beanstandete - unstreitige - Übermittlung von Daten durch das Amtsgericht - an die Strafverfolgungsbehörden, die Dienstaufsicht, Rechtsanwalt Dr. R.     sowie am an den Presse- und Informationsstab im BMVG - anbelangt (LGU A I 4.3-4.9, A II und A III), hat das Berufungsgericht ebenfalls zu Recht angenommen, dass die Begründung der Berufung den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO nicht genügt.

23    Zwar hat der Kläger mit der Berufungsbegründung einheitlich für alle vor dem erfolgten Datenübermittlungen gerügt, das erstinstanzliche Gericht, habe - ohne zu differenzieren - alle Datenschutzverletzungen ausschließlich unter dem rechtlichen Gesichtspunkt des am in Kraft getretenen Art. 5 des Bayerischen Datenschutzgesetzes (BayDSG) in der Fassung vom (BayGVBl. 2018, S. 230; im Folgenden nF) gewürdigt, ohne zu berücksichtigen, dass sich ein Teil der Fälle noch unter Geltung der Vorgängernorm (Art. 18 BayDSG in der Fassung vom ; BayGVBl. 1993, 498, nachfolgend aF) abgespielt habe. Zur Darlegung der Erheblichkeit eines solchen alle zugrunde liegenden Lebenssachverhalte gleichermaßen betreffenden Rechtsfehlers hätte er jedoch auch aufzeigen müssen, inwieweit sich die im Wesentlichen inhaltsgleichen Vorschriften im entscheidenden Gesichtspunkt unterscheiden und warum das erstinstanzliche Urteil deswegen insoweit anders hätte ausfallen müssen.

24    Nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 BayDSG nF ist eine Übermittlung personenbezogener Daten zulässig, wenn sie zur Erfüllung einer der übermittelnden oder der empfangenden öffentlichen Stelle obliegenden Aufgabe erforderlich ist. Art. 18 Abs. 1 BayDSG aF sah ebenfalls die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten an andere öffentliche Stellen vor, wenn sie zur Erfüllung der in der Zuständigkeit der übermittelnden oder der empfangenden Stelle liegenden Aufgaben erforderlich war und für Zwecke erfolgte, die nach Art. 17 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 bis 4 des Gesetzes zulässig waren. Dass und aus welchen Gründen - etwa wegen der sich aus Art. 17 BayDSG aF ergebenden weiteren Voraussetzungen - die beanstandeten Datenübermittlungen auf der Grundlage des früheren Gesetzes anders zu beurteilen gewesen wären, ergibt sich aus der Berufungsbegründung ebenso wenig wie eine sonstige inhaltliche Auseinandersetzung mit den genannten Vorschriften.

25    Gleiches gilt für die Übermittlung personenbezogener Daten an einen Empfänger, der keine öffentliche Stelle ist, wie dies vorliegend auf Rechtsanwalt Dr. R.      zutraf. Sowohl nach Art. 5 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG nF als auch nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 BayDSG aF ist beziehungsweise war dies zulässig, wenn die nicht öffentliche Stelle ein berechtigtes Interesse an der Kenntnis der zu übermittelnden Daten glaubhaft darlegte und der Betroffene kein schutzwürdiges Interesse an dem Ausschluss der Übermittlung hatte. Hinzu kommt, dass sich der Kläger zur hinreichenden Darlegung eines Berufungsangriffs überdies mit den Erwägungen des Landgerichts, der in einem anderen Verfahren unstreitig mit seiner Vertretung beauftragte Rechtsanwalt Dr. R.     habe gegenüber der um Übermittlung der Akten ersuchten Richterin anwaltlich versichert, auch insoweit mit der Vertretung des Klägers beauftragt gewesen zu sein und mithin in dessen Interesse gehandelt zu haben, inhaltlich hätte auseinandersetzen müssen.

26    Dass der Kläger mit Schriftsatz vom nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist und Erlass des Hinweisbeschlusses des Berufungsgerichts "klargestellt" hat, dass außerdem alle 20 "bestätigten" Datenübermittlungen im Hinblick auf eine Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom (1 VA 33/20, FamRZ 2020, 1942) rechtswidrig gewesen seien, vermochte die bereits eingetretene Unzulässigkeit der auf diese Datenschutzverstöße bezogenen Berufung nicht mehr zu heilen (vgl. zB aaO Rn. 15 mwN).

27    (3) Des Weiteren hat die Vorinstanz die Berufung zu Recht für unzulässig gehalten, soweit sich der Kläger gegen die Abweisung des auf eine Datenschutzverletzung gestützten Anspruchs durch die telefonische Auskunft eines am Oberlandesgericht tätigen Richters (LGU Punkt A IV) wendet. Denn mit der tragenden Begründung des Landgerichts, dass unabhängig von der Frage der materiellen Rechtswidrigkeit dieser Auskunft ein Anspruch des Klägers ausscheide, weil es wegen einer später unstreitig erteilten Einwilligung zur Akteneinsicht an der haftungsausfüllenden Kausalität fehle, hat sich die Berufungsbegründung nicht befasst. Durchgreifende Einwände bringt die Rechtsbeschwerde dagegen nicht vor.

28    (4) Der Rechtsbeschwerde bleibt schließlich auch im Hinblick auf den mit erstinstanzlichem Schriftsatz vom geltend gemachten weiteren Datenschutzverstoß durch Übersendung von Akten der Betreuungs- und Unterbringungsverfahren (XVII 428/15 sowie XIV 21 und 22/15) an die Staatsanwaltschaft am , in dessen Folge ein Unterbringungsbefehl gegen den Kläger erlassen wurde, der Erfolg versagt.

29    Das Landgericht hat das auf diesen Lebenssachverhalt gestützte Schadensersatzbegehren mit der Begründung für nicht gerechtfertigt gehalten, dem Vortrag des Klägers sei nicht zu entnehmen, welchen Anspruch er auf diesen Sachverhalt stützen wolle. Sein Vorbringen sei daher unsubstantiiert und unerheblich (LGU Punkt A VII). Dem ist der Kläger mit der Berufungsbegründung mit dem Hinweis entgegengetreten, er habe mit Schriftsatz vom ausgeführt, er sei "wegen der Datenschutzverletzung" vom untergebracht worden, und habe damit seinen Schadensersatzanspruch ergänzend (in voller Höhe) begründet. Dieser Einwand, mit dem sich das Berufungsgericht weder mit dem angefochtenen Beschluss noch dem vorangegangenen Hinweis befasst hat, mag aus Sicht des Klägers zwar geeignet gewesen sein, die landgerichtliche Entscheidung im Ganzen in Frage zu stellen. Denn hiernach wollte er sein (gesamtes) Schadensersatzbegehren zumindest hilfsweise auf eine einzige Datenschutzverletzung stützen. Auf eine etwaige in dem Übergehen dieses Vorbringens liegende Gehörsverletzung kann sich der Kläger aber wegen des entgegenstehenden Grundsatzes der Subsidiarität nicht mehr berufen. Dieser fordert, dass ein Beteiligter über das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs im engeren Sinne hinaus alle nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden prozessualen Möglichkeiten ergreifen muss, um eine Korrektur der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken oder eine solche zu verhindern (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Urteil vom - III ZR 54/17, BGHZ 219, 77 Rn. 36 ff; BGH, Beschlüsse vom - VI ZB 4/20, NJW-RR 2022, 998 Rn. 13; vom - VI ZB 14/21, ZfS 2022, 259 Rn. 12 und vom - VII ZB 37/21, ZfBR 2022, 356 Rn. 7; jew. mwN). Dieser Grundsatz gilt nicht nur im Verhältnis zwischen Verfassungs- und Fachgerichtsbarkeit, sondern auch im Nichtzulassungs-, Revisions- und Rechtsbeschwerdeverfahren (vgl. zB BGH, Beschlüsse vom , vom und vom ; jew. aaO). Der Kläger hat jedoch die Gelegenheit versäumt, das Berufungsgericht auf den von ihm offensichtlich übersehenen und deswegen im Hinweisbeschluss nicht erwähnten Gesichtspunkt vor Abschluss der Instanz - namentlich innerhalb der ihm eingeräumten Stellungnahmefrist - hinzuweisen, um dadurch die Verletzung seiner Rechte auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes sowie rechtlichen Gehörs noch rechtzeitig zu verhindern.

Herrmann                              Remmert

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:310725BIIIZB82.24.0

Fundstelle(n):
AAAAJ-97700