Instanzenzug: Brandenburgisches Az: 15 UF 153/22vorgehend AG Fürstenwalde Az: 10 F 317/22 (2)
Gründe
1Der Antragsgegner wendet sich im Rahmen eines Stufenantrags gegen seine Verpflichtung zur Auskunftserteilung, Rechenschaftslegung und Belegvorlage hinsichtlich ihm anvertrauten Vermögens der Antragstellerin.
2Die Beteiligten heirateten am und leben seit Juli 2020 getrennt. Der Scheidungsantrag ist beim Amtsgericht rechtshängig. Bereits vorehelich hatte die Antragstellerin dem Antragsgegner Gelder im Umfang von 42.459,80 € anvertraut, die von ihm gemeinsam mit eigenen Anlagen in zwei auf ihn lautenden Aktiendepots verwaltet wurden.
3Das Amtsgericht hat den Antragsgegner durch Teilbeschluss verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum ab hinsichtlich der beiden Aktiendepots Auskunft zu erteilen, Rechnung zu legen über ihre Beteiligungen an diesen Depots und eine vollständige Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben bezüglich des von ihm verwalteten Vermögens der Antragstellerin sowie sämtliche hierzu bestehenden Belege vorzulegen. Die dagegen gerichtete Beschwerde des Antragsgegners hat das Oberlandesgericht als unzulässig verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 600 € nicht übersteige. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners.
II.
4Die nach § 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht erfüllt sind. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde erfordert die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts. Insbesondere verletzt die angefochtene Entscheidung den Antragsgegner nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), weil das Beschwerdegericht weder maßgeblichen Tatsachenvortrag übergangen noch seine Hinweispflicht aus § 139 ZPO verletzt hat.
51. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, der Wert der Beschwer eines Rechtsmittels gegen die Verpflichtung zur Auskunftserteilung bemesse sich nach dem Interesse, die Auskunft nicht erteilen zu müssen. Dafür sei grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten abzustellen, den die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erfordere. Regelmäßig liege dieser Aufwand (einschließlich Kopier- und Portokosten) unterhalb der Mindestbeschwer von mehr als 600 €. Abweichendes ergebe sich hier auch nicht aus der vom Antragsgegner vorgelegten Auskunft einer Sparkasse, wonach für eine Nacherstellung von Monatslisten ein Entgelt von 752 € anfalle, weil der Antragsgegner zur Vorlage von Monatslisten nicht verpflichtet worden sei und die Auskunft sich zudem nach der aufgeführten Kontonummer nicht auf die beiden betroffenen Depot-Konten beziehe, sondern ein anderweitiges Konto des Antragsgegners betreffe.
62. Diese Ausführungen halten sich im Rahmen der höchstrichterlichen Rechtsprechung.
7a) Zutreffend ist das Beschwerdegericht davon ausgegangen, dass sich die Beschwer eines zur Auskunft und Belegvorlage verpflichteten Beteiligten nach seinem Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen bzw. die Belege nicht vorlegen zu müssen. Dabei kommt es grundsätzlich auf den Aufwand an Zeit und Kosten an, den die Erteilung der Auskunft bzw. die Belegvorlage erfordern (st. Rspr.; vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 173/24 - FamRZ 2025, 375 Rn. 7 mwN und vom - XII ZB 250/22 - juris Rn. 7 mwN). Zur Bewertung des erforderlichen Aufwands an Zeit und Kosten für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft ist grundsätzlich auf die Stundensätze zurückzugreifen, die der Auskunftspflichtige als Zeuge in einem Zivilprozess erhalten würde, wenn er mit der Erteilung der Auskunft weder eine berufstypische Leistung erbringt noch einen Verdienstausfall erleidet (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 452/23 - FamRZ 2025, 536 Rn. 8 mwN und vom - XII ZB 376/20 - FamRZ 2021, 770 Rn. 11 mwN). Hinzu kommen die für die Erfüllung der Auskunfts- und insbesondere Belegvorlageverpflichtung erforderlichen Kopierkosten (vgl. Senatsbeschluss vom - XII ZB 11/19 - FamRZ 2019, 1440 Rn. 11 mwN). Hat die vom Rechtsmittelführer angegriffene Auskunftsverpflichtung keinen vollstreckbaren Inhalt oder ist sie auf eine unmögliche Leistung gerichtet, erhöht sich die Beschwer insoweit durch die mit der Abwehr einer ungerechtfertigten Zwangsvollstreckung verbundenen Kosten (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 173/24 - FamRZ 2025, 375 Rn. 7 mwN und vom - XII ZB 334/19 - FamRZ 2020, 1572 Rn. 11 mwN).
8Auf dieser rechtlichen Grundlage ist der Wert der Beschwer gemäß § 113 Abs. 1 FamFG iVm § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dabei kann das Rechtsbeschwerdegericht die Bemessung der Beschwer durch das Beschwerdegericht nur darauf überprüfen, ob dieses den ihm eingeräumten Ermessensspielraum gewahrt oder aber die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Senatsbeschlüsse vom - XII ZB 173/24 - FamRZ 2025, 375 Rn. 9 mwN und vom - XII ZB 472/22 - FamRZ 2023, 721 Rn. 8 mwN).
9b) Derartige Ermessensfehler liegen hier nicht vor.
10aa) Die Auffassung des Beschwerdegerichts, dass die geschuldeten Auskünfte und die Rechnungslegung nach der Entscheidung des Amtsgerichts lediglich aufgrund der bestehenden Belege und Urkunden zu erteilen seien, ist nicht zu beanstanden. Selbst wenn der Antragsgegner nach seinem Vorbringen dazu auf Unterlagen zurückgreifen muss, zu deren Aufbewahrung Banken verpflichtet sind, geht es insoweit entgegen der Auffassung des Antragsgegners lediglich um eine Beschaffung von Kopien von bestehenden Unterlagen, nicht aber um eine Erstellung von neuen Unterlagen.
11bb) Der Einwand der Rechtsbeschwerde, das Beschwerdegericht habe den Antragsgegner vor Erlass der angefochtenen Entscheidung nicht darauf hingewiesen, dass sich die von ihm vorgelegten Auskünfte der Sparkasse nicht auf die beiden Depot-Konten beziehen, sondern auf ein anderes Konto des Antragsgegners, bleibt schon deswegen ohne Erfolg, weil die Rechtsbeschwerde nicht aufzeigt, was der Antragsgegner auf einen entsprechenden Hinweis des Beschwerdegerichts etwa Entscheidungserhebliches vorgetragen hätte. Denn selbst wenn das Girokonto des Antragsgegners bei der Sparkasse, wie er vorgetragen hat, mit den beiden Depot-Konten verbunden war, erhellt daraus noch nicht, warum sich aus den Kontobewegungen auf dem Girokonto die allein geschuldeten Angaben zu den Kontoständen der Depots ergeben sollten.
12cc) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, kann das Erreichen der erforderlichen Beschwer auch nicht daraus hergeleitet werden, dass die Auskunftsverpflichtung sich auf eine unmögliche Leistung richte und die erstinstanzliche Entscheidung keinen vollstreckbaren Inhalt habe. Denn die insoweit erstmals mit der Rechtsbeschwerde geltend gemachten Kosten in Höhe von 262,28 € erreichen allein den Mindestbeschwerdewert nicht. Einen Zeitaufwand für die Auskunftserteilung und Belegvorlage oder Kopierkosten, die gegebenenfalls den Vollstreckungskosten hinzuzurechnen wären, hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht.
13Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 117 Abs. 1 Satz 4 FamFG iVm §§ 522 Abs. 1 Satz 4, 577 Abs. 6 Satz 3 ZPO).
Guhling Günter Nedden-Boeger
Krüger Pernice
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:160725BXIIZB545.24.0
Fundstelle(n):
ZAAAJ-97693