Erhebung eines sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrags
Leitsatz
1. Ob ein bestimmtes Gebiet sanierungsbedürftig ist und ob seine Sanierung aus der maßgeblichen Sicht der Gemeinde erforderlich ist, lässt sich abschließend nur unter Berücksichtigung des - seinerseits auf einer Abwägung beruhenden - Sanierungskonzepts und aller übrigen öffentlichen und privaten Belange (§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB), also im Wege einer Abwägung, entscheiden (im Anschluss an 4 C 8.98 - Buchholz 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 <juris Rn. 19> und Beschluss vom - 4 BN 60.09 - Buchholz 406.11 § 136 BauGB Nr. 7 <juris Rn. 3>).
2. Bei der Beurteilung, ob die Sanierung durchgeführt ist, steht der Gemeinde ein Einschätzungsspielraum zu, der aus ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit für das Sanierungskonzept folgt. Ob die Sanierung durchgeführt ist, beurteilt sich daher nach der jeweiligen städtebaulichen Situation, den von der Gemeinde formulierten Sanierungszielen, dem darauf aufbauenden Sanierungskonzept und dem Grad seiner Verwirklichung. Dabei ist auf das Sanierungskonzept der Gemeinde im Zeitpunkt der Aufhebung der Sanierungsverordnung abzustellen.
3. Bei der Prüfung, ob eine Bodenwerterhöhung sanierungsbedingt ist, bedarf es keiner Betrachtung der fiktiven Eigenentwicklung ohne den Erlass der Sanierungsverordnung.
Instanzenzug: Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg Az: 10 B 26/23 Urteilvorgehend Az: 13 K 267.19 Urteil
Tatbestand
1Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem sanierungsrechtlichen Ausgleichsbetrag für ihr Grundstück in Berlin-Pankow. Es hat eine Größe von 341 qm und ist mit einem fünfgeschossigen Wohnhaus bebaut. Das Grundstück liegt im ehemaligen Sanierungsgebiet "Prenzlauer Berg - Winsstraße", das der Senat von Berlin im November 1994 förmlich als Sanierungsgebiet im umfassenden Verfahren festlegte. Im April 2011 wurde die Sanierungsverordnung aufgehoben. Das Gebiet ist 34,7 ha groß und umfasste bei seiner Festlegung 225 Grundstücke mit 4 850 Wohneinheiten, bei der Aufhebung 228 Grundstücke mit 5 204 Wohneinheiten. Der Schwerpunkt der Sanierung lag in der Erhaltung des gründerzeitlichen Stadtgrundrisses und der typischen Mischung aus Wohnen, Arbeiten und sozialer Infrastruktur in der vorhandenen baulichen Dichte. Vorrangige bauliche Ziele waren die flächendeckende Grundinstandsetzung und Modernisierung der Bausubstanz von Wohngebäuden, die Erhaltung, die Weiterentwicklung und der Neubau von Gewerbe- und Infrastruktureinrichtungen sowie die Beseitigung von Leerstand. Die öffentlichen Gesamtkosten im Sanierungsgebiet schätzt der Aufhebungsbericht auf rund 117,5 Mio. €. Die Summe der auf die betroffenen Grundstücke entfallenden Ablösebeträge und mit Bescheiden festgesetzten sanierungsrechtlichen Ausgleichsbeträge belief sich Ende 2021 auf 10 891 649 €, von denen 10 658 699 € vereinnahmt bzw. verrechnet worden waren.
2Die Klägerin verwirklichte auf ihrem Grundstück mit Genehmigung des Beklagten u. a. Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen in einzelnen Wohnungen. Sanierungsbedingte Fördermittel oder Steuervergünstigungen nahm sie dafür nicht in Anspruch. Für ihr Grundstück wurde ausgehend von einem Anfangswert von 721 €/qm und einem Endwert von 798 €/qm eine sanierungsbedingte Bodenwerterhöhung von 77 €/qm errechnet und ein Ausgleichsbetrag in Höhe von 26 257 € festgesetzt. Den Anfangswert leitete das beklagte Land aus dem vom Gutachterausschuss für das Sanierungsgebiet ermittelten Bodenrichtwert in Anfangsqualität zum Stichtag ab. Der Endwert wurde durch einen Vergleich wertbestimmender Lagekriterien vor und nach der Sanierung im Wege der sog. Zielbaummethode ermittelt, wobei ein höchstmöglicher durch die Sanierung veränderlicher Lagewertanteil (LVmax) in Höhe von 0,25 zugrunde gelegt wurde.
3Widerspruch und Klage gegen den Heranziehungsbescheid blieben erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Der Ausgleichsbetrag sei sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach rechtmäßig. Die Festlegung des Sanierungsgebiets sei weder im Hinblick auf die Einwände der Klägerin gegen die landesrechtliche Ermächtigungsgrundlage noch hinsichtlich der Erforderlichkeit zu beanstanden. Die Sanierungsverordnung sei auch nicht verfrüht aufgehoben worden. Der Beklagte sei vielmehr zu Recht davon ausgegangen, dass die Sanierung im maßgeblichen Zeitpunkt durchgeführt gewesen sei. Der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen Sanierungsmaßnahmen und Bodenwerterhöhung liege vor. Dafür streite bei - wie hier - "herkömmlichen Sanierungsgebieten" eine tatsächliche Vermutung. Die Sanierungsbedingtheit der Bodenwertsteigerung werde ungeachtet dessen nicht durch besondere Umstände in Frage gestellt, wie sie der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg für das Sanierungsgebiet "Spandauer Vorstadt" angenommen habe und die Klägerin unter dem Schlagwort "wendebedingte Effekte" behaupte. Die Gebiete seien insofern nicht vergleichbar.
4Die Ermittlung des Ausgleichsbetrags sei auch sonst nicht zu beanstanden. Das gelte für die Bestimmung des Anfangswertes nach dem Bodenrichtwertverfahren wie für die Ableitung des Endwertes nach dem Zielbaumverfahren. Insbesondere habe der Beklagte weder für die Ermittlung des End- noch des Anfangswertes das Vergleichswertverfahren anwenden müssen. Bei der Festlegung des Endwertes sei das Bodenrichtwertverfahren nicht vorrangig gewesen, ein Bodenrichtwert in Endwertqualität habe zudem nicht vorgelegen. Eine gesetzliche Pflicht, dessen Ermittlung beim Gutachterausschuss zu beantragen, bestehe nicht. Ein Rückgriff auf den regulären Bodenrichtwert zum Stichtag komme mangels Eignung nicht in Betracht. Gegen die Bewertung der einzelnen Lagekriterien bestünden keine Bedenken. Gleiches gelte für den zugrunde gelegten Lagewertanteil (LVmax) mit dem Faktor 0,25. Dieser stelle eine hinreichend plausible Pauschalierung für die von 1993 bis 1995 förmlich festgelegten und bis 2015 aufgehobenen Sanierungsgebiete dar und halte der gebotenen Plausibilitätskontrolle auch unter dem Gesichtspunkt der Aktualität stand. Seine Verwendung verstoße nicht gegen höherrangiges Recht, insbesondere den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit oder den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Anrechnungsfähige Aufwendungen der Klägerin im Sinne von § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB seien weder konkret dargelegt noch sonst ersichtlich.
5Zur Begründung ihrer vom Oberverwaltungsgericht zugelassenen Revision wiederholt die Klägerin im Wesentlichen ihr Berufungsvorbringen. Ergänzend trägt sie vor, die Beweislast des Beklagten für die Sanierungsbedingtheit der Bodenwertsteigerung dürfe nicht durch die Annahme einer tatsächlichen Vermutung umgangen werden. Die Sanierung sei wegen "wendebedingter Effekte" nicht für die gesamte abgeschöpfte Bodenwertsteigerung kausal gewesen. Der im Rahmen der Zielbaummethode zugrunde gelegte LVmax von 0,25 sei nicht hinreichend plausibel. Dies gelte sowohl für die Methode seiner Ableitung als auch seine Aktualität. Die Vielzahl der im Sanierungsgebiet erfolgten Investitionen der Grundstückseigentümer müsse zu einer Anrechnung auf den Ausgleichsbetrag nach § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB führen.
6Der Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.
Gründe
7Die Revision ist zulässig und begründet. Das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht auf der Verletzung revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Es stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann nicht selbst in der Sache entscheiden; das erfordert die Zurückverweisung (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO).
81. Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der bei Erlass der Sanierungsverordnung geltende § 15 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB in der Fassung vom (GVBl. BE S. 2731) sei mit höherrangigem Recht vereinbar, steht mit Bundesrecht in Einklang.
9a) Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB 1987 treten in Berlin an die Stelle von Satzungen nach § 142 Abs. 3 und § 162 Abs. 2 Satz 1 BauGB Rechtsverordnungen des Senats. Die Vorschrift beruht auf der Stadtstaatenklausel in § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB. Durch diese werden die Länder Berlin und Hamburg, in denen eine den Flächenstaaten eigene Trennung von Gemeinden und Ländern nicht besteht, dazu ermächtigt, die Form der an die Stelle der im Baugesetzbuch vorgesehenen Satzungen tretende Rechtsetzung zu bestimmen. § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB soll den Stadtstaaten aus Gründen föderativer Selbständigkeit einen möglichst großen Entscheidungsfreiraum verschaffen, der nur inhaltlich durch die besonderen bauplanungsrechtlichen Erfordernisse begrenzt sein soll ( 4 NB 29.90 - Buchholz 406.11 § 10 BauGB Nr. 23 S. 26). Eine bundesgesetzliche Bindung bei der Formenwahl folgt daraus nur insoweit, als es sich in jedem Fall um eine Form der Rechtsetzung handeln muss. Dagegen lässt § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB den Stadtstaaten die Wahl, zu welcher der denkbaren Formen der Rechtsetzung - Rechtsverordnung oder Gesetz - sie greifen wollen (vgl. u. a. - BVerfGE 70, 35 <55>).
10Das Oberverwaltungsgericht hat zu Recht angenommen, dass der Bundesgesetzgeber damit den in § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB genannten Ländern nicht nur die Rechtsformenwahl, sondern auch die Bestimmung des Schöpfers der satzungsvertretenden Normen (Landesparlament oder Landesexekutive) überlässt. Nach der den Senat gemäß § 173 Satz 1 VwGO i. V. m. § 560 ZPO bindenden Würdigung des Oberverwaltungsgerichts entspricht § 15 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB 1987 der landesverfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 47 Abs. 1 Satz 1 VvB 1950 in der Fassung des Änderungsgesetzes vom , wonach der Erlass von Rechtsverordnungen dem Senat oder einem Mitglied des Senats obliegt. Dass § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB zum Erlass einer satzungsvertretenden Rechtsverordnung durch ein Exekutivorgan ermächtigt, wird durch § 47 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 VwGO bestätigt, der als Antragsgegenstand der Normenkontrolle Rechtsverordnungen aufgrund des § 246 Abs. 2 BauGB benennt und deren Zulässigkeit damit voraussetzt.
11b) § 15 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB 1987 ist entgegen der Revision mit den bundesverfassungsrechtlichen Vorgaben vereinbar. Mit der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes für das Bodenrecht (Art. 74 Abs. 1 Nr. 18, Art. 72 Abs. 1 GG) steht die Vorschrift im Einklang, weil der Bundesgesetzgeber dem Land Berlin in § 246 Abs. 2 Satz 1 BauGB die Befugnis zur Rechtsformenwahl eingeräumt hat. Sie verstößt auch nicht gegen Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG. Danach muss das Volk in den Gemeinden eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Dieser Vorgabe lässt sich kein eigenständiger materieller Gehalt in dem Sinne entnehmen, dass die Entscheidungsbefugnis für wesentliche kommunale Angelegenheiten, wie die gemeindliche Rechtssetzung, ausschließlich der demokratisch legitimierten gemeindlichen Vertretung - hier dem Berliner Abgeordnetenhaus - obliegt. Zu Recht ist das Oberverwaltungsgericht insoweit davon ausgegangen, dass der für die Abgrenzung von Legislativ- und Exekutivkompetenzen geltende Wesentlichkeitsgrundsatz sich nicht auf den Bereich interner gemeindlicher Zuständigkeiten übertragen lässt (vgl. auch VerfG Potsdam, Urteil vom - 53/98 - juris Rn. 103). Weder der Wortlaut des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG noch Sinn und Zweck der Regelung bieten dafür einen Anhalt. Die Gemeindevertretung ist kein Parlament, sondern Organ einer Selbstverwaltungskörperschaft; dementsprechend ist die Rechtssetzungstätigkeit der Gemeinden trotz eines gewissen legislatorischen Charakters im System der staatlichen Gewaltenteilung dem Bereich der Verwaltung und nicht dem der Gesetzgebung zuzuordnen (vgl. 7 NB 2.92 - BVerwGE 90, 359 <362 f.> unter Verweis auf - BVerfGE 65, 283 <289>; vgl. ferner - BVerfGE 120, 82 <112>). Wenn durch Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG die kommunale Ebene mit einer unmittelbaren demokratischen Legitimation ausgestattet wird, führt dies zu einer entsprechenden Legitimation der Verwaltung (vgl. Mehde, in: Dürig/Herzog/Scholz, GG, Stand Oktober 2024, Art. 28 Rn. 103; Engels, in: Sachs, GG, 10. Aufl. 2024, Art. 28 Rn. 18), stattet die kommunalen Vertretungen aber nicht mit Legislativbefugnissen aus. Aus Art. 28 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. dem über Art. 28 Abs. 1 Satz 1 GG in den Ländern anwendbaren Demokratieprinzip folgt nichts Abweichendes.
12Einen Verstoß des § 15 Abs. 1 Satz 1 AGBauGB 1987 gegen die Garantie der gemeindlichen Selbstverwaltung aus Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG hat das Berufungsgericht zutreffend verneint. Dagegen wendet sich die Revision nicht.
132. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Sanierung einen unzutreffenden Rechtsmaßstab zugrunde gelegt und so die gebotene Abwägungskontrolle verfehlt.
14Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen, durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände wesentlich verbessert oder umgestaltet wird. Es ist Sache der Gemeinde, wie sie insoweit ihre Planungshoheit handhabt. Hierzu gehört insbesondere die planerische, auch durch eine Sanierungsverordnung zum Ausdruck kommende Entschließung, wie und in welcher Richtung sie sich städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Das Gesetz räumt damit der Gemeinde einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum ein. Sie muss allerdings beachten, dass Sanierungsmaßnahmen nur bei Vorliegen städtebaulicher Missstände in Betracht kommen und erforderlich sein müssen. Ob ein bestimmtes Gebiet sanierungsbedürftig ist und ob seine Sanierung aus der maßgeblichen Sicht der Gemeinde erforderlich ist, lässt sich abschließend nur unter Berücksichtigung des - seinerseits auf einer Abwägung beruhenden - Sanierungskonzepts und aller übrigen öffentlichen und privaten Belange (§ 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB), also im Wege einer Abwägung, entscheiden (vgl. 4 C 8.98 - Buchholz 406.11 § 142 BauGB Nr. 5 S. 5 und Beschluss vom - 4 BN 60.09 - Buchholz 406.11 § 136 BauGB Nr. 7 Rn. 3). Dabei ist eine förmliche Sanierung entgegen der Auffassung der Revision nicht nur dann erforderlich, wenn die vorhandenen städtebaulichen Missstände ausschließlich durch Sanierungsmaßnahmen beseitigt werden können. Dies war zwar im Entwurf des § 3 Abs. 1 StBauFG so vorgesehen, wurde im Gesetzgebungsverfahren aber als zu weitgehend abgelehnt und stattdessen das Erforderlichkeitskriterium als Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes aufgenommen (vgl. BT-Drs. VI/510 S. 4, 57). Die Gemeinde muss daher bei ihrer Entscheidung für die förmliche Festlegung eines Sanierungsgebiets auch prüfen, ob weniger einschneidende Maßnahmen - etwa das allgemeine Städtebaurecht - zur Behebung der städtebaulichen Missstände eindeutig vorzugswürdig sind (vgl. - BGHZ 77, 338 <Rn. 14>; .NE - BRS 78 Nr. 213 S. 948 f.; Herrmann, in: Berliner Kommentar BauGB, Stand September 1994, § 142 Rn. 10).
15Der Abwägungsbegriff des § 136 Abs. 4 Satz 3 BauGB unterscheidet sich nicht von demjenigen, der den Planerhaltungsvorschriften zugrunde liegt. Auch für das sanierungsrechtliche Abwägungsgebot gilt die vom Senat entwickelte Abwägungsfehlerlehre (vgl. 4 BN 38.18 - BauR 2019, 1432 <1433 f.>).
16Diesen Maßstäben wird das Oberverwaltungsgericht nicht gerecht. Das angegriffene Urteil lässt schon nicht erkennen, dass die Erforderlichkeit Gegenstand einer Abwägungsentscheidung ist. Das Oberverwaltungsgericht hat der Gemeinde bei der Prüfung der Erforderlichkeit der Sanierung zwar einen gewissen Beurteilungsspielraum zugebilligt und lediglich eine vertretbare, plausible Einschätzung dahingehend verlangt, dass die Anwendung des sanierungsrechtlichen Instrumentariums geboten sei (UA S. 40). Die angegriffene Entscheidung nimmt auch wiederholt auf die Begründung der Sanierungsverordnung Bezug; dies allerdings nur hinsichtlich der städtebaulichen Missstände und des Sanierungskonzepts (UA S. 41 f.). Die Eignung möglicher Alternativmaßnahmen zur Erreichung der Sanierungsziele prüft das Oberverwaltungsgericht demgegenüber aus objektiver ex-post-Perspektive und nimmt insofern anstelle der gebotenen nachvollziehenden Kontrolle der Abwägungsentscheidung des Beklagten eine eigene Erforderlichkeitsprüfung vor.
173. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zum Abschluss der Sanierung stehen ebenfalls nicht in jeder Hinsicht mit revisiblem Recht im Einklang.
18a) Der sanierungsrechtliche Ausgleichsbetrag ist gemäß § 154 Abs. 3 Satz 1 BauGB nach Abschluss der Sanierung (§§ 162 und 163 BauGB) zu entrichten. Der Begriff des Abschlusses der Sanierung ist förmlich zu verstehen. Die Pflicht zur Zahlung des Ausgleichsbetrags entsteht mit der rechtsförmlichen Aufhebung der Sanierungssatzung gemäß § 162 Abs. 1 BauGB (oder - hier nicht von Interesse - mit der Erklärung der Gemeinde gemäß § 163 BauGB, dass die Sanierung für ein Grundstück abgeschlossen ist, vgl. 4 C 11.13 - BVerwGE 149, 211 Rn. 14 m. w. N.).
19Als Aufhebungstatbestand kommt hier allein § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB in Betracht. Danach ist die Sanierungssatzung aufzuheben, wenn die Sanierung durchgeführt ist. Insoweit steht der Gemeinde - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend angenommen hat - ein Einschätzungsspielraum zu, der aus ihrer planerischen Gestaltungsfreiheit für das Sanierungskonzept folgt. Ob die Sanierung durchgeführt ist, beurteilt sich daher nach der jeweiligen städtebaulichen Situation, den von der Gemeinde formulierten Sanierungszielen, dem darauf aufbauenden Sanierungskonzept und dem Grad seiner Verwirklichung ( OVG 2 S 23.10 - juris Rn. 2). Dabei besteht entgegen der Auffassung der Revision keine gesetzliche Verpflichtung zur Totalsanierung. Das bestätigen die Gesetzesmaterialien. Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass der Begriff Behebung (vgl. § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB) nicht "eine - totale - Behebung" meint, sondern die Minderung städtebaulicher Missstände einschließt und vornehmlich auf die Sanierungskonzeption der Gemeinde abzustellen ist (vgl. BT-Drs. 10/2039 S. 12). Dies ermöglicht auch die Aufhebung der Sanierungssatzung, bevor sämtliche geplanten Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen sind.
20b) Mit Bundesrecht nicht in Einklang steht hingegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, für die Beurteilung der Durchführung der Sanierung seien allein die bei Erlass der Sanierungsverordnung geltenden Leitsätze zur Stadterneuerung vom (AGH-Drs. 13/41, S. 78 ff., im Folgenden: Leitsätze 1993) maßgeblich.
21Das Oberverwaltungsgericht hat übersehen, dass das Sanierungskonzept als Konkretisierung der Ziele und Zwecke der Sanierung (vgl. § 140 Nr. 3 BauGB) nicht statisch, sondern im Laufe der Sanierung inhaltlichen Änderungen und Anpassungen zugänglich ist. Nach der Rechtsprechung des Senats sind zu Beginn des Sanierungsverfahrens noch keine hohen Anforderungen an die Konkretisierung zu stellen, mit fortschreitendem Sanierungsverfahren ist aber eine weitere Konkretisierung geboten (vgl. 4 C 13.10 - BVerwGE 141, 302 <Rn. 17> m. w. N., vgl. ferner Urteil vom - 4 C 20.81 - BVerwGE 70, 83 <91>; Krautzberger/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2024, § 140 Rn. 34b, 35). Die Zulässigkeit späterer Anpassungen umfasst auch eine nachträgliche Absenkung der Sanierungsziele in Bezug auf den angestrebten Verwirklichungsgrad, etwa aufgrund einer veränderten finanziellen Situation der Gemeinde. Dies führt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht dazu, dass die weiteren Aufhebungstatbestände des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BauGB (Undurchführbarkeit der Sanierung) sowie Nr. 3 (Aufgabe der Sanierungsabsicht aus anderen Gründen) leerlaufen. Denn die Durchführung nach § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB setzt im Unterschied zur sonstigen Beendigung der Sanierung eine wesentliche Verbesserung oder Umgestaltung im Sinne von § 136 Abs. 2 Satz 1 BauGB voraus. Wird diese Schwelle nicht erreicht, scheidet § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB als Aufhebungstatbestand aus.
22Ausgehend davon ist bei der Beurteilung, ob eine Sanierung durchgeführt ist, auf das Sanierungskonzept der Gemeinde im Zeitpunkt der Aufhebung der Sanierungsverordnung abzustellen. Danach waren die Leitsätze zur Stadterneuerung aus dem Jahr 2005 (AGH-Drs. 15/5556 S. 73 ff., im Folgenden: Leitsätze 2005) zur Bestimmung der maßgeblichen Sanierungsziele heranzuziehen. Diese gelten ausdrücklich auch für die bei ihrem Erlass laufenden Sanierungsverfahren (vgl. AGH-Drs. 15/5556 S. 73).
23Das Urteil beruht auf diesem Bundesrechtsverstoß. Das Oberverwaltungsgericht hat bei der Prüfung, ob die Sanierung durchgeführt ist, ausschließlich auf die Leitsätze 1993 und die dort enthaltenen Maßgaben für die Erreichung der Sanierungsziele zurückgegriffen. Zwar ist der Anteil der Grundstücke, auf denen (mindestens) Erneuerungsmaßnahmen durchgeführt werden sollen, von 70 % (Leitsätze 1993) auf 60 % (Leitsätze 2005) gesenkt worden und hat das Oberverwaltungsgericht festgestellt, dass die höhere Quote erreicht ist. Allerdings hat es nicht geprüft, ob die weitere Vorgabe der Leitsätze 2005, die wesentlichen Infrastrukturprojekte zu erneuern bzw. zu realisieren, erfüllt worden ist. Insoweit unterscheiden sich die Leitsätze 2005 auch inhaltlich von den Leitsätzen 1993, die darauf abstellten, ob die wesentlichen Infrastrukturprojekte errichtet bzw. gesichert sind. Auch eine dahingehende Prüfung hat das Oberverwaltungsgericht im Übrigen nicht angestellt.
244. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Sanierungsbedingtheit der abgeschöpften Bodenwerterhöhung verstoßen ebenfalls gegen revisibles Recht.
25Nach § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB hat der Eigentümer eines im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet gelegenen Grundstücks zur Finanzierung der Sanierung an die Gemeinde einen Ausgleichsbetrag in Geld zu entrichten, der der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwertes seines Grundstücks entspricht. Diese besteht gemäß § 154 Abs. 2 Satz 1 BauGB aus dem Unterschied zwischen dem Bodenwert, der sich für das Grundstück ergeben würde, wenn eine Sanierung weder beabsichtigt noch durchgeführt worden wäre (Anfangswert) und dem Bodenwert, der sich für das Grundstück durch die rechtliche und tatsächliche Neuordnung des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets ergibt (Endwert). Aus diesem Regelungszusammenhang folgt, dass allein diejenige Erhöhung des Bodenwertes abzuschöpfen ist, die kausal auf die Sanierung zurückzuführen ist. Für das Vorliegen einer sanierungsbedingten Bodenwertsteigerung ist nach den § 153 Abs. 1, § 154 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 BauGB die Gemeinde beweispflichtig ( 4 B 18.19 - BRS 88, Nr. 131).
26Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, in einem "herkömmlichen" Sanierungsgebiet bestehe eine tatsächliche Vermutung für die Sanierungsbedingtheit der im Sanierungszeitraum eingetretenen Bodenwertsteigerung. Einen atypischen Fall im Sinne der Rechtsprechung des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zur Spandauer Vorstadt wegen "wendebedingter" Effekte hat es mit der Begründung verneint, es stehe nicht mit Gewissheit fest, dass es auch ohne Sanierung in einem vergleichbaren Umfang zur Verbesserung der städtebaulichen Qualität des Gebiets und zur Beseitigung der städtebaulichen Missstände gekommen wäre (UA S. 48 ff.).
27Es kann dahinstehen, ob das Oberverwaltungsgericht die allgemeinen Voraussetzungen für die Anwendung einer tatsächlichen Vermutung zutreffend erkannt und festgestellt hat. Hierfür müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein: Zum einen muss die nachzuweisende Tatsache auf einen typischen Sachverhalt gestützt werden können, der aufgrund allgemeinen Erfahrungswissens zu dem Schluss berechtigt, dass die Tatsache vorliegt. Zum anderen dürfen keine tatsächlichen Umstände gegeben sein, die ein atypisches Geschehen im Einzelfall ernsthaft möglich erscheinen lassen ( 6 B 67.17 - Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 431 Rn. 6, 8 sowie Urteil vom - 8 C 24.98 - Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 305 S. 12 f.). Eine tatsächliche Vermutung ist daher nicht erst dann erschüttert, wenn ein atypischer Fall mit Gewissheit vorliegt.
28Abgesehen davon, dass das Oberverwaltungsgericht im Ausgangspunkt als typischen Fall ein "herkömmliches Sanierungsgebiet" beschreibt, im nächsten Satz dann aber von einer Bandbreite typischer Sanierungsgebiete die Rede ist, hält es diesen Maßstab jedenfalls bei der Frage der Atypik nicht durch. Es verwendet insoweit zwar mehrfach den Begriff "Anhaltspunkte", verknüpft diesen aber mit einer vergleichbaren fiktiven qualitativen Fortentwicklung des Gebiets im Sinne des Sanierungskonzepts (UA S. 49 f., 53 f.) und stellt der Sache nach auf die Gewissheit eines atypischen Geschehensablaufs ab (UA S. 54, 55, 56).
29Ungeachtet dessen besteht bei der Prüfung der Sanierungsbedingtheit der Bodenwerterhöhung im Sinne von § 154 Abs. 1 BauGB weder Bedarf noch Raum für die Annahme einer tatsächlichen Vermutung. Aus dem Beschluss des Senats vom - 4 B 18.19 - (juris Rn. 7) lässt sich für eine solche entgegen der Auffassung der Vorinstanz nichts herleiten. Auch Sinn und Zweck des Ausgleichsbetrags sowie die Regelungssystematik des förmlichen Sanierungsverfahrens erfordern bzw. rechtfertigen die Annahme einer tatsächlichen Vermutung nicht.
30Mit dem Ausgleichsbetrag werden die Bodenwertsteigerungen abgeschöpft, die durch die Aussicht auf und die Durchführung der Sanierung eingetreten sind. Schon die (bloße) Sanierungsabsicht führt in der Regel zu Bodenwerterhöhungen, weil der Grundstücksmarkt die erwartete Aufwertung vorwegnimmt (vgl. etwa Kleiber/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2024, § 153 Rn. 5). Die Werterhöhung infolge der Durchführung der Sanierung bildet die qualitative Verbesserung des Sanierungsgebiets ab. Der Begriff der "Durchführung der Sanierung" umfasst sämtliche Ordnungs- und Baumaßnahmen innerhalb des förmlich festgelegten Sanierungsgebiets, die nach den Zielen und Zwecken der Sanierung erforderlich sind (§ 146 Abs. 1 BauGB). Die vorrangig den Grundstückseigentümern obliegenden Baumaßnahmen (§ 148 BauGB), wie etwa Modernisierung und Instandsetzung, sind damit - ebenso wie die Ordnungsmaßnahmen (§ 147 BauGB) - von Gesetzes wegen Teil der Sanierung und bei der Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung zugrunde zu legen. Das gilt unabhängig davon, ob sie ausschließlich privat finanziert und/oder mit Mitteln des Denkmalschutzes gefördert wurden. Dies kommt u. a. darin zum Ausdruck, dass privat finanzierte Sanierungsaufwendungen nach Maßgabe des § 155 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BauGB auf den Ausgleichsbetrag anzurechnen sind.
31Dieser Dogmatik entsprechen die Vorgaben zu den Stichtagen für die Ermittlung des Ausgleichsbetrags. Anfangs- und Endwert sind auf denselben Zeitpunkt zu ermitteln (vgl. § 16 Abs. 5 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Grundstücken (Immobilienwertermittlungsverordnung - ImmoWertV) vom (BGBl. I S. 639; 4 C 31.13 - NVwZ 2015, 531 Rn. 6). Von diesem Wertermittlungsstichtag ist der Qualitätsstichtag zu unterscheiden. Er bezeichnet den Zeitpunkt, auf den sich der für die Wertermittlung maßgebliche Grundstückszustand bezieht, vgl. § 4 Abs. 1 ImmoWertV 2010. Der Qualitätsstichtag für den Anfangswert ist grundsätzlich durch den Zeitpunkt des beginnenden Sanierungseinflusses bestimmt und damit dem Wertermittlungsstichtag vorgelagert (BVerwG, Beschlüsse vom - 4 B 66.17 - ZfBR 2018, 478 Rn. 11 f. und vom - 4 B 18.19 - juris Rn. 6; Kleiber/Fieseler, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, Stand November 2024, § 154 Rn. 96 und Rn. 131 ff.; Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Aufl. 2023, VI Rn. 318 ff. und 556). Für die Ermittlung des Endwertes ist demgegenüber der Grundstückszustand nach Abschluss der Sanierung maßgeblich. Die unterschiedlichen Stichtage ermöglichen einen Qualitätsvergleich des Grundstückszustands vor und nach der Sanierung und ordnen sämtliche Zustandsveränderungen im Ausgangspunkt der Sanierung, d. h. der Gesamtheit der einzelnen Sanierungsmaßnahmen zu. Dabei gewährleistet der identische Wertermittlungsstichtag für Anfangs- und Endwert, dass Änderungen in den allgemeinen Wertverhältnissen auf dem Grundstücksmarkt (vgl. § 153 Abs. 1 Satz 2 BauGB) bei der Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung außer Betracht bleiben. Als nicht sanierungsbedingt ausgeschieden werden müssen ferner solche wertbeeinflussenden Änderungen des Grundstückszustands (vgl. § 4 Abs. 2 ImmoWertV 2010), etwa durch sog. externe Effekte, die zwar im Zeitraum des Sanierungseinflusses eintreten, aber in keinem Kausalzusammenhang mit der Sanierung stehen. Eine entsprechende Vorgabe enthalten auch die hier maßgeblichen Ausführungsvorschriften zur Ermittlung der sanierungsbedingten Bodenwerterhöhung und zur Festsetzung von Ausgleichsbeträgen nach §§ 152 bis 155 des Baugesetzbuchs vom (AV Ausgleichsbeträge 2008) in Ziffer 6.2.4. Dies erfolgt in der Regel durch eine entsprechende Anpassung bzw. Fortschreibung des Anfangswertes (siehe dazu Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Aufl. 2023, VI Rn. 337 ff.; vgl. auch 4 B 18.19 - juris Rn. 8).
32Angesichts dieser Regelungssystematik bedarf es bei der Prüfung, ob eine Bodenwerterhöhung sanierungsbedingt ist, keiner Betrachtung der fiktiven Eigenentwicklung ohne den Erlass der Sanierungsverordnung, die über eine Fortschreibung des Anfangswertes zu berücksichtigen wäre (so auch Kleiber, Verkehrswertermittlung von Grundstücken, 10. Aufl. 2023, VI Rn. 367 ff.). Der Einwand der Klägerin, das Sanierungsgebiet hätte sich mithilfe privater Investoren auch ohne förmliche Sanierung qualitativ weiterentwickelt, ist deshalb ohne Belang. Er zielt der Sache nach auf die mangelnde Erforderlichkeit der Sanierung, stellt aber die Sanierungsbedingtheit der Bodenwertsteigerung rechtlich nicht in Frage.
33Für die regelhafte Abbildung hypothetischer Kausalverläufe geben auch die Beschlüsse des Senats vom - 4 B 66.17 - (ZfBR 2018, 478 Rn. 12) und vom - 4 B 18.19 - (juris Rn. 7) nichts her. Sie beziehen sich - wie aus dem Zusammenhang deutlich wird - auf einen von der Vorinstanz angenommenen besonders gelagerten Einzelfall. Im Übrigen hat das Oberverwaltungsgericht die Gewissheit einer (fiktiven) Eigenentwicklung im Sinne der Entscheidungen des 2. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg zum "historisch einmaligen Sonderfall Spandauer Vorstadt" mit für den Senat bindender Wirkung (§ 137 Abs. 2 VwGO) verneint.
345. Auch die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts zur Ermittlung des Ausgleichsbetrags stehen nicht in jeder Hinsicht mit revisiblem Recht in Einklang.
35In Übereinstimmung mit Bundesrecht ist das Oberverwaltungsgericht davon ausgegangen, dass bei der Bewertung von Grundstücksflächen ein Wertermittlungsspielraum der Gemeinde besteht, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle zugänglich ist. Der Gesetzgeber hat keine ausdrückliche (gesetzliche) Regelung zur Methode der Wertermittlung und zur Notwendigkeit eines Wertermittlungsspielraums getroffen. Die Vorgaben der Immobilienwertermittlungsverordnung machen deutlich, dass sich zur Bewertung von Grundstücken lediglich allgemeine Grundsätze aufstellen lassen. Mit der Errichtung (und Beibehaltung) von unabhängigen Gutachterausschüssen gemäß § 192 BauGB trägt der Gesetzgeber zudem den besonderen Sachgesetzlichkeiten der Wertermittlung Rechnung. Die Einräumung eines Wertermittlungsspielraums folgt aus diesem Regelungssystem und beruht auf der Erkenntnis, dass die eigentliche Bewertung immer nur eine Schätzung darstellen kann und Erfahrung und Sachkunde voraussetzt, über die ein insoweit nicht sachkundiges Gericht weniger verfügt als die Mitglieder der Gutachterausschüsse. Ein derartiger Wertermittlungsspielraum ist jedoch beschränkt. Er erstreckt sich nicht auf die rechtlichen und tatsächlichen Grundlagen der Bewertung. Soweit der Wertermittlungsspielraum reicht, findet eine eingeschränkte gerichtliche Kontrolle in Form einer Plausibilitätskontrolle statt (vgl. 4 C 6.01 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 4 S. 13 f. und vom - 4 C 31.13 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 7 Rn. 12; Beschluss vom - 4 B 18.19 - BRS 88 Nr. 131). Nach allgemeinen Grundsätzen bleibt aber auch dann noch verwaltungsgerichtlicher Kontrolle unterworfen, ob der Behörde bei der Ermittlung und der Anwendung der von ihr aus dem Spektrum des Vertretbaren gewählten fachlichen Methode Verfahrensfehler unterlaufen, ob sie anzuwendendes Recht verkennt, von einem im Übrigen unrichtigen oder nicht hinreichend tiefgehend aufgeklärten Sachverhalt ausgeht, allgemeingültige Bewertungsmaßstäbe verletzt oder sich von sachfremden Erwägungen leiten lässt (vgl. u. a. - BVerfGE 149, 407 Rn. 30 m. w. N.).
36Diesen Maßstäben wird die angegriffene Entscheidung auf der Grundlage der nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz mit Ausnahme der Ausführungen zum (fehlenden) Vorrang der Bodenrichtwertmethode und der Aktualität des LVmax gerecht.
37a) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Wertermittlung habe mithilfe der Zielbaummethode erfolgen dürfen, ist im Ergebnis mit Bundesrecht vereinbar.
38Mehr als die Anordnung, dass es auf die Differenz zwischen Anfangs- und Endwert ankommt, gibt § 154 BauGB zur Frage der Wertermittlung nicht her. Die Vorschrift verhält sich nicht dazu, wie die Differenz und insbesondere die für sie maßgeblichen Anfangs- und Endwerte zu ermitteln sind. Vorgaben zur Ermittlung und Bewertung finden sich in der an die Gutachterausschüsse nach § 192 BauGB gerichteten, hier anwendbaren Immobilienwertermittlungsverordnung 2010, der jedoch keine unmittelbare Bindungswirkung für andere Sachverständige oder gar für die Gerichte zukommt. Die allgemein anerkannten Grundsätze der Immobilienwertermittlungsverordnung müssen indes bei jeder Wertermittlung beachtet werden. Zu ihnen gehört jedenfalls der in § 16 Abs. 1 ImmoWertV 2010 enthaltene, auf die Grundaussagen der §§ 194 bis 196 BauGB zurückgehende Vorrang der Vergleichswertmethode (vgl. 4 C 6.01 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 4 S. 11 und vom - 4 C 31.13 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 7 Rn. 7). Danach ist der Bodenwert ohne Berücksichtigung der vorhandenen baulichen Anlagen auf dem Grundstück vorrangig im Vergleichswertverfahren nach § 15 ImmoWertV 2010 zu ermitteln; dabei kann der Bodenwert auch auf der Grundlage geeigneter Bodenrichtwerte ermittelt werden (§ 16 Abs. 1 Satz 1 und 2 ImmoWertV 2010). Satz 1 betrifft das "direkte" Vergleichswertverfahren, bei dem der Vergleichswert aus einer ausreichenden Zahl von Vergleichspreisen abgeleitet wird. Satz 2 gestattet die (ggf. ergänzende) Ableitung des Bodenwertes aus - vom Gutachterausschuss ermittelten - Bodenrichtwerten (vgl. § 196 BauGB).
39aa) Das Oberverwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Vorrang des Vergleichswertverfahrens nach § 16 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV 2010 hier nicht greift. Das Vergleichswertverfahren ist nur anzuwenden, wenn ausreichende Daten zur Verfügung stehen, die gewährleisten, dass der Verkehrswert und - im Falle der Sanierung - dessen Erhöhung zuverlässig zu ermitteln sind. Fehlt es an aussagekräftigem Datenmaterial, ist eine andere geeignete Methode anzuwenden (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom - 4 B 69.95 - Buchholz 406.11 § 142 BauGB Nr. 3 S. 4, vom - 4 B 71.04 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 5 S. 18 und vom - 4 B 46.13 - BRS 82 Nr. 229 Rn. 6).
40Nach den auf den Widerspruchsbescheid gestützten Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts lag aussagekräftiges Datenmaterial nicht vor. Eine Recherche in der Kaufpreissammlung, bei der nach unbebauten Grundstücken mit den Merkmalen Wohnbauland in mehrgeschossiger Bauweise mit geringem gewerblichem Anteil, Geschossflächenzahl 2,5, im Zeitraum Oktober 2010 bis April 2011 gesucht worden sei, habe keine bzw. keine ausreichende Anzahl an Kaufpreisen für die Ermittlung von Anfangs- und Endwert ergeben. An diese Feststellungen ist der Senat mangels zulässiger und begründeter Verfahrensrügen gebunden (§ 137 Abs. 2 VwGO).
41bb) Unter Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht hingegen einen grundsätzlichen Vorrang des Bodenrichtwertverfahrens (§ 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV 2010) abgelehnt.
42Das Bodenrichtwertverfahren, bei dem Anfangs- und/oder Endwert aus Bodenrichtwerten abgeleitet werden, ist gegenüber sonstigen, deduktiven Wertermittlungsmethoden vorrangig heranzuziehen. Ist das direkte Vergleichswertverfahren nicht anwendbar, müssen alternative Verfahren zur Anwendung kommen, zu denen auch die Wertermittlung anhand von Bodenrichtwerten zählt. Wenn dem Bodenrichtwertverfahren unter diesen sonstigen Verfahren keine Sonderstellung zukommen soll, hätte es seiner expliziten Erwähnung in § 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV 2010 nicht bedurft. Die Begründung der Immobilienwertermittlungsverordnung 2010 belegt, dass der Verordnungsgeber einen Vorrang des Bodenrichtwertverfahrens gegenüber sonstigen, nicht normierten Methoden regeln wollte (BR-Drs. 296/09 S. 54).
43Das Urteil beruht aber nicht auf diesem Bundesrechtsverstoß. Den Anfangswert hat der Beklagte aus einem Bodenrichtwert abgeleitet. Für den Endwert hat das Oberverwaltungsgericht die Anwendbarkeit des Bodenrichtwertverfahrens mit der weiteren selbständig tragenden Begründung verneint, dass besondere Bodenrichtwerte in Endwertqualität nicht vorgelegen hätten, auch nicht beim Gutachterausschuss beantragt werden mussten und der allgemeine Bodenrichtwert zum Stichtag ungeeignet sei. Diese Würdigung ist bundesrechtlich nicht zu beanstanden.
44(1) Der in § 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV 2010 normierte Vorrang des Bodenrichtwertverfahrens steht seinerseits unter dem Vorbehalt, dass geeignete Bodenrichtwerte vorhanden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat insoweit festgestellt, dass ein besonderer Bodenrichtwert mit Endwertqualität zum Stichtag nicht vorgelegen habe (UA S. 63, 65). Daran ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden.
45(2) Die weitere Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, einen besonderen Bodenrichtwert beim Gutachterausschuss zu beantragen, steht mit revisiblem Recht in Einklang. Für das Bestehen einer solchen Antragspflicht bieten weder das Baugesetzbuch noch die Immobilienwertermittlungsverordnung 2010 einen Anhalt. Nach § 196 Abs. 1 Satz 7 BauGB sind auf Antrag der Gemeinde besondere Bodenrichtwerte vom Gutachterausschuss zu ermitteln; dies erfasst auch Bodenrichtwerte in Endwertqualität für Sanierungsgebiete. Die Vorschrift begründet nach ihrem Wortlaut nur ein Antragsrecht der Gemeinde. Auch die sanierungsrechtlichen Vorschriften des Baugesetzbuchs enthalten - im Gegensatz zu einzelnen Bestimmungen im früheren Städtebauförderungsgesetz (siehe etwa § 15 Abs. 3 Satz 3, § 18 Abs. 1 Satz 3 StBauFG) - keine Verpflichtung der Gemeinde, den Gutachterausschuss bei der Ermittlung des Ausgleichsbetrags einzubeziehen. Die Immobilienwertermittlungsverordnung 2010 ist für die Frage einer Antragspflicht schon deshalb unergiebig, weil sie an die Gutachterausschüsse, nicht aber die Gemeinden gerichtet ist. Im Übrigen würde eine Pflicht zur Beantragung von besonderen Bodenrichtwerten im Sanierungsverfahren den gemeindlichen Wertermittlungsspielraum erheblich einschränken.
46Das Antragsrecht des Beklagten hat sich hier nicht aufgrund besonderer Umstände zu einer Antragspflicht verdichtet. Zu einem Rückgriff auf Bodenrichtwerte in Endwertqualität war der Beklagte entgegen der Revision nicht deshalb gehalten, weil sich nach der entsprechenden Ermittlung der Anfangswerte nur auf diese Weise ein "Methodenwechsel" vermeiden ließ. Zulässig ist jedes Verfahren, mit dem der gesetzliche Auftrag, die Bodenwerterhöhung nach dem Unterschied zwischen Anfangs- und Endwert zu ermitteln, erfüllt werden kann. Dies kann auch ein Verfahren sein, bei dem - wie im Zielbaumverfahren - Anfangs- und Endwert nicht getrennt festgestellt werden, sondern der Endwert aus dem festgestellten Anfangswert und dem modellhaft berechneten Betrag der sanierungsbedingten Wertsteigerung abgeleitet wird ( 4 B 71.04 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 5 S. 18). Ein unzulässiger Methodenwechsel liegt darin nicht (vgl. dazu AV Ausgleichsbeträge 2008, Ziffer 6.2.1, 6.2.2).
47Eine Antragspflicht ergab sich auch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz. Die Klägerin sieht einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin, dass der Beklagte in anderen Sanierungsgebieten des ersten Gesamtberliner Stadterneuerungsprogramms - nach anfänglich einheitlicher Ermittlung der Ausgleichsbeträge mittels Zielbaummethode - inzwischen teilweise dazu übergegangen sei, besondere Bodenrichtwerte zu beantragen und den Endwert für die einzelnen Grundstücke daraus abzuleiten. Für diese "Umstellung" gibt es aber einen sachlichen Grund. Der 2. Senat des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg hat die Anwendung der Zielbaummethode, namentlich des LVmax, in zahlreichen Verfahren beanstandet und die Heranziehungsbescheide des Beklagten aufgehoben. Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte seine Praxis geändert, soweit für die Verfahren der 2. Senat zuständig ist.
48(3) Das Oberverwaltungsgericht hat schließlich ohne Verstoß gegen revisibles Recht angenommen, dass der vom Gutachterausschuss nach Abschluss der Sanierung zum Stichtag ermittelte reguläre Bodenrichtwert kein "geeigneter" Bodenrichtwert im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 2 ImmoWertV 2010 ist, weil er - wie vom Beklagten vorgetragen und von der Klägerin nicht bestritten - keine Endwertqualität hat (UA S. 65), also weder Qualitäts- noch Wertermittlungsstichtag auf den Zeitpunkt der Aufhebung der Sanierungsverordnung bezogen sind. An diese tatrichterliche Würdigung ist der Senat nach § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Ob eine Wertermittlungsmethode geeignet ist, die Erhöhung des Bodenwertes zuverlässig abzubilden, ist eine Tatfrage (vgl. 4 C 31.13 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 7 Rn. 7 und Beschluss vom - 4 B 46.13 - BRS 82 Nr. 229 Rn. 6 m. w. N.). Nichts anderes gilt für die Eignung der einzelnen Wertermittlungsfaktoren einer Methode.
49b) Die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, die Anwendung der Zielbaummethode sei rechtlich nicht zu beanstanden, lässt sich nur teilweise mit Bundesrecht vereinbaren.
50aa) Das Oberverwaltungsgericht hat einen Verstoß gegen den Grundsatz der Abgabengerechtigkeit durch die Verwendung eines einheitlichen LVmax in Höhe von 0,25 für alle Sanierungsgebiete des ersten Gesamtberliner Stadterneuerungsprogramms zutreffend verneint.
51Nach den auf ein Sachverständigengutachten vom gestützten Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts beruht der LVmax auf der Empfehlung eines Sachverständigengremiums aus dem Jahre 2001. Er wurde mithilfe zweier unterschiedlicher Modelle abgeleitet. Beim ersten Modell wurden Bodenrichtwerte zum von sieben paarweise (überwiegend Ost-/Westpaare) ausgesuchten Quartieren je gleicher Nutzungsmaße und Siedlungscharakteristik zusammengestellt. Die Richtwertpaare wurden mit der Vorgabe ausgewählt, dass sie hinsichtlich ihrer stadträumlichen Lagequalität und überörtlichen Imageeinschätzung weitgehend gleichwertig sein sollten. Die für die Gebietspaare ermittelten Werte für den veränderlichen Lagewertanteil lagen zwischen 15,5 % und 37,9 %, im Mittel bei 24,9 %. Ferner betrachtete das Sachverständigengremium die vom Berliner Gutachterausschuss für sechs Sanierungsgebiete beratenen Bodenrichtwerte in Anfangs- und Neuordnungsqualität und leitete aus diesen ebenfalls einen maximalen veränderlichen Lagewertanteil ab. Die Werte lagen zwischen 18,2 % und 32,4 %, im Mittel bei 25,3 %. Aus den Mittelwerten beider Modelle bildete das Sachverständigengremium den LVmax in Höhe von 0,25 (25 %).
52Das Oberverwaltungsgericht hat die Ableitung des einheitlichen LVmax als plausibel erachtet. Die Klägerin habe Methodik, Grundannahmen und Schlussfolgerungen nicht substantiell in Frage gestellt. Dagegen sind zulässige und begründete Revisionsrügen nicht erhoben. Die Klägerin macht geltend, ein einheitlicher LVmax von 0,25 für alle Sanierungsgebiete des ersten Berliner Stadterneuerungsprogramms verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Der LVmax überschreite die Grenze einer zulässigen Typisierung, weil die Spannbreite der Werte, aus denen er als Durchschnittswert gebildet worden sei, zu groß sei. Zur Begründung verweist sie u. a. auf höchstrichterliche Rechtsprechung zur Typengerechtigkeit im Steuer- und Beitragsrecht. Danach darf der Normgeber bei der Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen in der Weise verallgemeinern, dass an Regelfälle eines Sachbereichs angeknüpft wird und die Besonderheiten von Einzelfällen außer Betracht bleiben. Der Normgeber darf dabei aber keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren (vgl. etwa u. a.- BVerfGE 137, 1 <juris Rn. 50>; 9 B 60.08 - Buchholz 401.9 Beiträge Nr. 57 Rn. 4 m. w. N. und Urteil vom - 6 C 49.15 - BVerwGE 156, 358 Rn. 42).
53Mit diesem Einwand dringt die Klägerin nicht durch. Bei der Ermittlung von Bodenwerterhöhungen geht es nicht um eine normative Typisierung. Die Behörde verfügt insoweit - wie bereits ausgeführt - über einen Wertermittlungsspielraum, der auf der Besonderheit beruht, dass es sich bei der Bestimmung von Grundstückswerten letztlich immer um eine bloße Schätzung handelt. Gleiches gilt für den Faktor LVmax, der sich nach dem Sachverständigengutachten vom (S. 12) nicht mathematisch exakt berechnen lässt, sondern ein Durchschnittswert innerhalb einer plausiblen Spanne ist. Mit dem LVmax wird daher weder der "Regelfall" abgebildet noch begründet die Spannbreite der Werte, die seiner Ermittlung zugrunde gelegt wurden, unzulässige Abweichungen vom Regelfall im Sinne der zitierten Rechtsprechung. Bei dem gebildeten Mittelwert handelt es sich vielmehr um eine Pauschalierung zu Zwecken der Verwaltungsvereinfachung. Die gerichtliche Kontrolle seiner Eignung geht nicht weiter als die der Wertermittlungsmethode insgesamt und beschränkt sich auf eine Plausibilitätsprüfung.
54Bei pauschalierten Schätzungen ist maßgeblich, ob der Schätzwert auf einer geeigneten Grundlage beruht und die daran anknüpfende Pauschalierung sachlich nachvollziehbar ist (vgl. etwa zur Schätzung von Sicherheitsleistungen 4 C 5.11 - BVerwGE 144, 341 Rn. 34 und vom - 10 C 8.23 - NVwZ 2025, 179 Rn. 33). Dies hat das Oberverwaltungsgericht u. a. unter Bezugnahme (UA S. 33, 74, 78) auf die Ausführungen im Urteil des Verwaltungsgerichts vom (VG 13 K 267.19), das Sachverständigengutachten vom sowie das Protokoll über die Sachverständigenanhörung in der mündlichen Verhandlung vom vor dem Verwaltungsgericht Berlin im Verfahren 13 K 271.14 nachvollzogen und bejaht (UA S. 74 ff.). Es hat dabei insbesondere darauf abgestellt, dass die Streuung der Zwischenwerte beider Modelle gemäß der fachlichen Einschätzung des Sachverständigen nach den einschlägigen stochastischen Grundsätzen unbedenklich sei und die einheitliche Anwendung des LVmax von 0,25 auf alle Sanierungsgebiete des ersten Gesamtberliner Stadterneuerungsprogramms angesichts der Vergleichbarkeit der betroffenen Quartiere hinsichtlich Nutzungsausprägung, städtebaulicher Struktur und Art und Umfang der städtebaulichen Missstände sowie ihrer zeitlich weitgehend parallelen Sanierung nach denselben städtebaulichen Leitsätzen sachlich gerechtfertigt sei. Dagegen ist nach dem oben genannten Maßstab revisionsrechtlich nichts zu erinnern.
55bb) Nicht mit Bundesrecht vereinbar ist hingegen die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagte habe die Aktualität des LVmax hinreichend plausibel gemacht. Die Ausführungen des Oberverwaltungsgerichts verfehlen insoweit die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Plausibilitätsprüfung und verletzen das Recht auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG.
56Die Klägerin hat geltend gemacht, der im Jahre 2001 bestimmte LVmax von 0,25 sei inzwischen "überholt". Zur Begründung hat sie u. a. auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung am beim Verwaltungsgericht Berlin im Verfahren VG 13 K 271.14 verwiesen. Danach hat der Vorsitzende des Sachverständigengremiums und vormalige Vorsitzende des Berliner Gutachterausschusses auf Nachfrage, ob der LVmax veraltet sei, erklärt, es sei grundsätzlich sinnvoll, jedenfalls den LVmax alle fünf Jahre zu überprüfen, er meine aber nicht, dass die dort erfolgte Wertermittlung bezogen auf den Wertermittlungsstichtag 2009 schon nicht mehr vertretbar sei. Das Oberverwaltungsgericht hat den LVmax auch in Ansehung dieser Einlassung als nicht überholt betrachtet und zur Begründung auf seine Ausführungen in einem Urteil vom (- OVG 10 B 6.19 - juris Rn. 104) sowie die Gründe des erstinstanzlichen Urteils verwiesen (UA S. 74, 81 f.). Letzteres führt aus (UA S. 22), der LVmax dürfte eher durch andere als konjunkturelle Umstände und die Marktverhältnisse beeinflusst werden. Der Sachverständige im Verfahren VG 13 K 271.14 habe eine Überprüfung nach fünf Jahren für sinnvoll, aber nicht für geboten oder gar zwingend erachtet. Sinnvollerweise wäre sie wohl auch nicht auf den LVmax zu beschränken, sondern müsse alle Parameter des Zielbaumverfahrens erfassen. Schon wegen des erheblichen Aufwands einer solchen Überprüfung und weil die Ermittlung des Ausgleichsbetrags immer eine Schätzung bleibe, erachte die Kammer eine solche Überprüfung allenfalls in größeren Zeitabständen für rechtlich geboten. Insoweit könne die in § 142 Abs. 3 Satz 3 BauGB genannte 15-Jahres-Frist einen Anhaltspunkt geben (VG 13 K 267/19, UA S. 22).
57Eine nähere Begründung des Beklagten zur Aktualität des LVmax hat das Oberverwaltungsgericht nicht verlangt. Es hat sich vielmehr an einer "weiteren Verschärfung" der Begründungsanforderungen durch die "Grenzen seines Rechtsschutzauftrags aus Art. 19 Abs. 4 GG" gehindert gesehen (UA S. 83). Diese Ausführungen verkennen, dass die Beschränkung der gerichtlichen Überprüfung auf eine Plausibilitätskontrolle nur deshalb gerechtfertigt ist, weil die Grundstücksbewertung eine Schätzung darstellt und Erfahrung und Sachkunde voraussetzt, über die ein Gericht weniger verfügt als die Mitglieder von Gutachterausschüssen ( 4 C 31.13 - Buchholz 406.11 § 154 BauGB Nr. 7 Rn. 10 ff.). Damit ist unvereinbar, dass speziellen Fachfragen, wie der Frage der Aktualität des LVmax, nicht unter Rückgriff auf entsprechende Erfahrung und Sachkunde nachgegangen wird, sondern dazu eigene Erwägungen - etwa zu möglichen Einflüssen auf den LVmax, zum erforderlichen Überprüfungsumfang (LVmax oder alle Parameter des Zielbaums) und zum maßgeblichen Prüfintervall (15 Jahre) - angestellt werden, die sachkundiger Grundlage entbehren. Ein unzulässiger Eingriff in den Wertermittlungsspielraum liegt darin entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht. Der Wertermittlungsspielraum befreit die Behörde nicht davon, die verwendete Methode und die Wertermittlungsfaktoren näher darzulegen. Eben diese Darlegungen hat das Gericht auf ihre Plausibilität zu überprüfen. Es ist auch nicht ansatzweise erkennbar, dass sich die Frage, ob der LVmax von 0,25 zum hier maßgeblichen Zeitpunkt bei Aufhebung der Sanierungsverordnung im April 2011 noch fachlich vertretbar war, nicht sachverständig beantworten lässt.
58c) Den Anrechnungstatbestand des § 155 Abs. 1 Nr. 2 BauGB hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint.
59Nach § 155 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BauGB sind Bodenwerterhöhungen des Grundstücks, die der Eigentümer zulässigerweise durch eigene Aufwendungen bewirkt hat, auf den Ausgleichsbetrag anzurechnen. Das Oberverwaltungsgericht hat angenommen, private Baumaßnahmen am Gebäude des Grundstückseigentümers wirkten sich grundsätzlich nicht auf den Bodenwert aus, sondern erhöhten nur den Wert des Gebäudes. Anderes gelte nur für - hier nicht in Rede stehende - gebietsprägende Baumaßnahmen, wie etwa den Abbruch eines verunstaltend auf die Umgebung wirkenden Gebäudes oder die Errichtung von Tiefgaragenstellplätzen. Ob weitere Ausnahmen in Betracht kämen, könne mangels notwendiger Darlegungen der Klägerin offenbleiben (UA S. 84 ff.).
60Diese Ausführungen begegnen im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken. Der Wert des Bodens eines bebauten Grundstücks bemisst sich grundsätzlich ohne Berücksichtigung der vorhandenen Bebauung (§ 16 Abs. 1 Satz 1 ImmoWertV 2010, § 40 Abs. 1 ImmoWertV 2022). Baumaßnahmen an einzelnen Gebäuden wirken sich daher in aller Regel nicht auf den hier allein maßgeblichen Bodenwert aus. Der Einwand der Klägerin, nötig sei eine Gesamtbetrachtung aller privat finanzierten Maßnahmen, andernfalls entstehe ein Wertungswiderspruch zu § 146 Abs. 1 BauGB, greift nicht durch. Zwar kann eine Vielzahl von Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen an Gebäuden in ihrem Zusammenwirken zu einer Lagewertverbesserung beitragen, die sich auch im Bodenwert eines einzelnen Grundstücks niederschlägt (vgl. OVG 2 S 13.10 - juris Rn. 3). Diese Annahme liegt auch dem hier angewendeten Zielbaumschema zugrunde, das entsprechende Lagewertkriterien vorsieht (etwa "Erneuerungsbedarf" und "Ausstattung der Wohnungen"). Die (anteilige) Anrechnung einer durch die Gesamtmaßnahme oder jedenfalls ein Maßnahmenbündel bewirkten Bodenwertsteigerung ist aber nach Wortlaut und Konzeption des § 155 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 1 BauGB ausgeschlossen. Die Vorschrift stellt auf den einzelnen Grundstückseigentümer und die von ihm bewirkte Erhöhung des Bodenwertes ab. Dass die Sanierungsmaßnahmen an ihrem Gebäude ausnahmsweise, etwa wegen einer besonders prägenden Wirkung des Objekts auf das übrige Sanierungsgebiet, geeignet waren, die Lagequalität des Sanierungsgebiets zu verändern, trägt die Klägerin nicht vor.
61Dieses Verständnis des Anrechnungstatbestandes führt nicht zu einer ungerechtfertigten Abschöpfung eines selbstfinanzierten Vermögensvorteils. Die durch die einzelne Baumaßnahme bewirkte Erhöhung des Gebäudewertes bleibt dem Eigentümer erhalten. Die durch die Summe der privaten Baumaßnahmen bewirkte Bodenwertsteigerung ist hingegen das Ergebnis der Sanierungsentscheidung und nicht dem einzelnen Eigentümer zuzurechnen. Im Übrigen wird durch die Abschöpfung in aller Regel nur ein Teil der investierten öffentlichen Mittel refinanziert (hier unter 10 % der öffentlichen Gesamtkosten, UA S. 84).
626. Das Urteil stellt sich nicht aus anderen Gründen als im Ergebnis richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Der Senat kann mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen, u. a. zur Frage der Aktualität des LVmax, nicht selbst entscheiden. Die Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerwG:2025:250325U4C1.24.0
Fundstelle(n):
MAAAJ-97667