Instanzenzug: Az: 1 StR 238/24 Beschlussvorgehend LG München I Az: 6 KLs 301 Js 149894/21
Gründe
1Das Landgericht hat die Angeklagte T. wegen Steuerhinterziehung in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und fünf Monaten verurteilt. Gegen den Angeklagten N. hat es wegen Steuerhinterziehung und Beihilfe zur Steuerhinterziehung eine Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und neun Monaten verhängt. Die Angeklagten wenden sich mit ihren auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revisionen gegen ihre Verurteilungen. Die Revisionen führen in dem aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Umfang zu einer Teileinstellung des Verfahrens, die eine Anpassung des Schuld- und Strafausspruchs nach sich zieht; im Übrigen sind sie unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
I.
2Das Landgericht hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
3Ende Februar 2020 trat ein Bekannter der Angeklagten T. , F. , an diese heran und teilte ihr mit, dass er in Kontakt mit der in der Schweiz ansässigen E. GmbH (im Folgenden: E. ) stehe, die über medizinische Schutzmasken und sonstige medizinische Schutzausrüstung (Schutzhandschuhe, Schutzanzüge etc.) verfüge und auf der Suche nach einem Vermittler zum Verkauf der Schutzausrüstung sei. Die Angeklagte T. und F. kamen daraufhin Ende Februar 2020 mit der E. überein, die Vermittlung der Schutzausrüstung in Deutschland zu übernehmen. Hierbei wollte sich die Angeklagte T. ihre guten Kontakte zu hochrangigen CSU-Politikern, insbesondere zu der ihr persönlich bekannten CSU-Europaabgeordneten H. , zunutze machen. Am einigten sich die E. und F. über die Vermittlung von Schutzausrüstung gegen eine Provision von 10 Prozent des Verkaufserlöses. Im Innenverhältnis vereinbarten die Angeklagte T. und F. eine Aufteilung der Provisionen im Verhältnis von 60 zu 40 zugunsten der Angeklagten T. . Im Zeitraum vom 3. bis zum vermittelte die Angeklagte T. daraufhin diverse Verträge über medizinische Schutzausrüstung zwischen der E. und den Gesundheitsministerien der Bundesländer Bayern und Nordrhein-Westfalen sowie dem Gesundheitsministerium der Bundesrepublik Deutschland mit einer Gesamtauftragssumme von 251.451.380 €. Hieraus resultierten Provisionsansprüche der Angeklagten T. in Höhe von 11.490.682,80 €. Die Schutzausrüstung wurde im Zeitraum vom 5. März bis zum geliefert. Die Provisionen wurden im Zeitraum vom 5. Mai bis zum auf Konten der L. GmbH überwiesen.
41. Die Angeklagte T. wollte dem Angeklagten N. , mit dem sie eine Liebesbeziehung unterhielt, die Hälfte der Provisionen zukommen lassen und diese zudem möglichst steuergünstig vereinnahmen. Aufgrund einer Beratung durch die von ihnen beauftragten Steuerberater entschlossen sich die Angeklagten daher Ende März 2020, gemeinsam eine GmbH zu gründen und wahrheitswidrig zu behaupten, dass die allein durch die Angeklagte T. mit ihrem Einzelunternehmen erzielten Provisionseinnahmen aus den Maskengeschäften von beiden Angeklagten als gleichberechtigten Mitunternehmern im Rahmen einer bereits Ende Februar 2020 gegründeten „L. GbR“ erwirtschaftet worden seien. Anschließend sollten die Anteile an der L. GbR in die neu zu gründende GmbH eingebracht und die Provisionseinkünfte dort lediglich dem geringeren Körperschaftsteuersatz unterworfen werden. In Umsetzung dieses Vorhabens erwarben die Angeklagten drei Vorratsgesellschaften, welche in „L. GmbH“, „A. GmbH“ und „D. GmbH“ umfirmiert wurden. Die Geschäftsanteile an der L. GmbH wurden zu 50 Prozent von der A. GmbH und zu 50 Prozent von der D. GmbH gehalten. Alleingesellschafterin und -geschäftsführerin der A. GmbH war die Angeklagte T. , Alleingesellschafter und -geschäftsführer der D. GmbH der Angeklagte N. . Geschäftsführer der L. GmbH waren die beiden Angeklagten. Die Angeklagten reichten sodann jeweils am für die A. GmbH bzw. die D. GmbH einen „Antrag auf Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtages und auf Buchwertfortführung nach § 20 UmwStG“ ein, mit welchem sie schilderten, dass sie am ihren jeweiligen Anteil an der L. GbR in die A. GmbH bzw. D. GmbH eingebracht und die GbR-Anteile sodann am auf die L. GmbH weiterübertragen hätten. Zugleich beantragten sie jeweils die Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags auf den . Hierbei wussten die Angeklagten, dass eine L. GbR zum nicht existierte, sodass deren Gewinne der L. GmbH nicht steuerlich zurechenbar waren. Der Angeklagte N. beschränkte sich bei der Vermittlung von Maskengeschäften auf die Herstellung einzelner – im Ergebnis erfolgloser – Erstkontakte und leistete im Übrigen in erster Linie moralisch-seelische Unterstützung als Lebenspartner.
5Am beantragte die Angeklagte T. beim zuständigen Finanzamt B. wegen der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zudem eine Herabsetzung ihrer persönlichen Einkommensteuervorauszahlungen auf 0 €, obwohl sie wusste, dass sie aufgrund der Vermittlung von Maskengeschäften im März 2020 Provisionen in Millionenhöhe erwirtschaftet hatte. Mit Bescheid des Finanzamts B. vom wurden die Vorauszahlungen rückwirkend für den und zukünftig für die zum 10. Juni, 10. September und fällig werdenden Vorauszahlungen auf 0 € festgesetzt. Die bereits geleistete Vorauszahlung für das erste Quartal 2020 in Höhe von 3.160 € wurde vom Finanzamt erstattet.
6Aufgrund der falschen Angaben in den Anträgen der Angeklagten T. vom auf Herabsetzung der Einkommensteuervorauszahlungen und beider Angeklagten vom auf Rückbeziehung des steuerlichen Übertragungsstichtags setzte das Finanzamt weder die Vorauszahlungen zutreffend fest noch wurden die Provisionseinkünfte der Angeklagten T. aus den Maskengeschäften ihrer progressiven Einkommensteuer unterworfen, sondern lediglich dem geringeren linearen Steuertarif der Körperschaftsteuer von 15 Prozent bei der L. GmbH. Hierdurch verkürzte die Angeklagte T. Einkommensteuer in Höhe von 3.545.386 € und Solidaritätszuschlag in Höhe von 194.996,23 € (Tat D. II.).
72. Die Angeklagten machten auch im Zusammenhang mit der auf die Provisionen entfallenden Gewerbesteuer unrichtige Angaben. Sie entschieden sich zur Vermeidung des in M. geltenden Gewerbesteuerhebesatzes von 490 Prozent, den Finanzbehörden wahrheitswidrig vorzuspiegeln, dass sie die Geschäfte der L. GmbH tatsächlich an einer Betriebsstätte in G. (Gewerbesteuerhebesatz: 240 Prozent) führen würden. Zuvor waren sie allerdings von den von ihnen beauftragten Steuerberatern darüber aufgeklärt worden, dass die Gemeinde G. nur dann für die Festsetzung der Gewerbesteuer zuständig sei, wenn sich der Sitz der L. GmbH „tatsächlich“ in G. befinde. Mit Schreiben vom erklärten die Angeklagten im „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ gegenüber dem Finanzamt M. dessen ungeachtet bewusst wahrheitswidrig, dass die Geschäftsleitung der L. GmbH an der Anschrift „ “ in G. ansässig sei. In der Gewerbeanmeldung der L. GmbH gegenüber der Gemeinde G. vom 14./ erklärten die Angeklagten ebenfalls wahrheitswidrig, dass die Betriebsstätte der L. GmbH an der vorgenannten Anschrift in G. belegen sei. Tatsächlich befand sich dort lediglich der statuarische Sitz der Gesellschaft. Die Angeklagte T. traf vielmehr seit dem alle geschäftlichen Entscheidungen für ihr Einzelunternehmen und danach für die L. GmbH von M. aus. Auch der Angeklagte N. arbeitete ab der Gründung der L. GmbH ausschließlich von M. aus.
8Um eine Betriebsstätte in G. zu plausibilisieren, schloss die L. GmbH, vertreten durch die Angeklagten, am einen bis zum laufenden Mietvertrag mit der durch den gesondert verfolgten S. vertretenen So. GmbH über einen 15 qm großen Büroraum in G. für eine monatliche Miete von 452,20 €. Die L. GmbH vermietete die Räumlichkeiten an die A. GmbH und die D. GmbH unter. Tatsächlich wurden die vermieteten Räumlichkeiten von S. genutzt, welcher sie noch an 20 weitere Unternehmen untervermietete, sodass die Angeklagten keine Möglichkeit hatten, das Büro tatsächlich zu nutzen. Zudem wurde vereinbart, dass S. , dem die Angeklagten Postvollmacht erteilten, die dort für die L. GmbH eingehende Post sammeln und dann an eine Anschrift in M. weiterleiten sollte. Nach Beendigung des Mietvertrags schlossen die L. GmbH und die von S. vertretene J. GbR einen weiteren unbefristeten Mietvertrag beginnend ab dem über einen im Erdgeschoss desselben Gebäudes in G. befindlichen 14,95 qm großen Büroraum zu einer monatlichen Miete von 990 €. Auch diese Räumlichkeiten wurden von den Angeklagten in der Folgezeit – bis zur Beendigung des Mietvertrages am – kaum genutzt; die Geschäfte der L. GmbH wurden weiterhin von M. aus betrieben.
9Nachdem die Angeklagten mit Schreiben an das Finanzamt M. vom 3. Juli und Gewinnprognosen für die L. GmbH in Höhe von 27 Mio. € und 53 Mio. € mitgeteilt hatten, erließ das Finanzamt M. daraufhin unter dem 31. Juli und Gewerbesteuermessbescheide zum Zweck der Vorauszahlung, welche Eingang in die Gewerbesteuervorauszahlungsbescheide der Gemeinde G. vom und fanden. Die festgesetzten Gewerbesteuervorauszahlungen beliefen sich hiernach auf insgesamt 4.032.000 €, welche die Angeklagten bezahlten. Aufgrund der falschen Angaben verkürzten die Angeklagten Gewerbesteuer in Höhe von 8.227.781,10 € zulasten der Landeshauptstadt M. , wobei hiervon 1.966.436,15 € auf das Einzelunternehmen der Angeklagten T. und 6.261.344,95 € auf die L. GmbH entfielen. Unter Berücksichtigung der geleisteten Gewerbesteuervorauszahlungen an die Gemeinde G. entstand im Ergebnis ein Steuerschaden in Höhe von 4.195.781,10 € (Tat D. III.). Die Steuerrückstände glichen die Angeklagten zwischenzeitlich vollständig aus.
II.
101. Den erhobenen Verfahrensrügen bleibt aus den zutreffenden Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts der Erfolg versagt.
112. Die auf die Sachrüge gebotene umfassende materiell-rechtliche Überprüfung des Urteils führt zu einer Teileinstellung des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO im Hinblick auf die Tat D. II. der Urteilsgründe (Einkommensteuerverkürzung bzw. Beihilfe zur Einkommensteuerverkürzung betreffend den Veranlagungszeitraum 2020; [dazu unter a]), die eine Anpassung des Schuld- und Strafausspruchs nach sich zieht. Demgegenüber hat die Verurteilung der Angeklagten gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO wegen Verkürzung von Gewerbesteuer (Erhebungszeitraum 2020) zu Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren Bestand [dazu unter b]).
12a) Eine Verurteilung der Angeklagten T. wegen Einkommensteuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) und des Angeklagten N. wegen Beihilfe zur Einkommensteuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, § 27 StGB) betreffend den Veranlagungszeitraum 2020 wird durch die bisherigen Feststellungen nicht getragen.
13aa) Es bestehen in tatsächlicher Hinsicht erhebliche Zweifel, ob die Angaben der Angeklagten T. in den Anträgen an das Finanzamt vom und sowie des Angeklagten N. in seinem Antrag an das Finanzamt vom unrichtig bzw. unvollständig waren. Es ist vielmehr nicht auszuschließen, dass die Provisionen aus der Vermittlung der Maskengeschäfte in Höhe von 11.490.682,80 € der aus den beiden Angeklagten bestehenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts bereits zum zustanden. Dann wären diese Einkünfte aufgrund der Anträge vom gemäß § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG rückwirkend zum der A. GmbH und der D. GmbH bzw. nachfolgend der L. GmbH zuzurechnen (vgl. zum erfolgsneutralen Einbringen von Mitunternehmeranteilen an einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft mit Ablauf des gewählten steuerlichen Übertragungsstichtages: Rn. 22 und IV R 1/24 u.a. Rn. 22; vom – I R 1/17, BFHE 263, 433 Rn. 12 f. sowie vom – I R 72/08, BFHE 227, 445 Rn. 13 ff., 15; zum Einzelunternehmen vgl. Binnewies/Zapf, GmbH-StB 2016, S. 197, 204 f.). Da es sich dann um Einkünfte der vorgenannten Gesellschaften und nicht um Einkünfte der Angeklagten T. mit ihrem Einzelunternehmen handeln würde, wären diese in dem Herabsetzungsantrag vom nicht anzugeben gewesen. Auch die Angaben zu einer bereits zum bestehenden L. GbR in den beiden Anträgen der Angeklagten vom wären dann nicht unrichtig gewesen.
14Vom tatsächlichen Geschehensablauf her ist bereits zum das Bestehen einer BGB-Innengesellschaft als „andere Gesellschaft“ im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht auszuschließen. So schrieb die Angeklagte T. bereits am – mithin unmittelbar, nachdem F. ihr von der Geschäftsidee berichtet hatte, und vor der ersten Vermittlungstätigkeit – dem Angeklagten N. : „ich hab einen mega Deal für uns.“ (UA S. 58). Durch seine nachfolgende Kontaktaufnahme zu diversen potentiellen Interessenten für den Ankauf von Schutzmasken könnte der Angeklagte N. substantiell an der Vermittlung von Maskengeschäften mitgewirkt haben; dass sich seine Bemühungen im Regelfall in der Herstellung eines Erstkontakts erschöpften und seine Vermittlungsversuche – anders als diejenigen der Angeklagten T. – letztlich nicht zum Erfolg führten (UA S. 80 ff.), dürfte für das Ablehnen einer Mitunternehmerinitiative nicht ausschlaggebend sein. Unter diesen Umständen dürfte dem Angeklagten N. auch Mitunternehmerrisiko zugekommen sein. Wegen der Fokussierung auf das zwischen den Angeklagten bestehende persönliche Verhältnis (UA S. 57) ist das Landgericht von einem zu engen Verständnis der Mitunternehmerschaft im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG ausgegangen und hat sich mit den vorgenannten Punkten nicht rechtsfehlerfrei auseinandergesetzt. Zwar scheinen ergänzende tragfähige Feststellungen und eine neue tatgerichtliche Würdigung zum Ablehnen einer Mitunternehmerschaft in einem zweiten Rechtsgang möglich. Um das Verfahren in der Revisionsinstanz aber insgesamt abschließen zu können, stellt der Senat das Verfahren insoweit auf Antrag des Generalbundesanwalts gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO ein. Damit wird zugleich dem Umstand Rechnung getragen, dass die Einkommensteuerverkürzung hier nur die Vorauszahlungen betrifft und offensichtlich vor dem eigentlichen Festsetzungsverfahren entdeckt worden ist sowie fraglich erscheint, ob sich diese Gesichtspunkte ausreichend in der Gesamtstrafenbildung niederschlagen.
15bb) In rechtlicher Hinsicht wäre für den Fall, dass die Angeklagten die Gesellschaft bürgerlichen Rechts tatsächlich erst zum gegründet haben sollten, der Frage nachzugehen gewesen, ob sich die Rückwirkungsfiktion des § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG nicht auch auf ein Bestehen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zum erstreckte (zur Beurteilung eines Wirtschaftsguts als wesentlicher Betriebsgrundlage vgl. , BFHE 236, 29 Rn. 31 ff. und vom – I R 97/08, BFHE 228, 203 Rn. 23; dazu etwa Nitzschke in Brandis/Heuermann, Ertragsteuerrecht, 175. EL Februar 2025, § 20 UmwStG, Rn. 57; Schmitt in Schmitt/Hörtnagl, UmwG, UmwStG, 10. Aufl. 2024, § 20 UmwStG Rn. 132; Herlinghaus, FR 2014, 441, 451; Kessler/Philipp, DStR 2011, 1065 ff.; Stangl/Grundke, DB 2010, 1851 ff. zu einem einzubringenden Teilbetrieb; vgl. im Übrigen Rn. 23 und , BStBl. I S. 92 Rn. 20.14 iVm 15.04.), es also zur Vermeidung einer Gewinnrealisierung genügen könnte, dass die BGB-Gesellschaft jedenfalls im Zeitpunkt der Einbringung in die A. GmbH und die D. GmbH bzw. die L. GmbH am 6. bzw. bestand.
16In diesem Falle wäre es für die Frage der Sofortversteuerung allein auf den Übergang der Provisionsforderungen vom Einzelunternehmen, das seinen Gewinn offensichtlich durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelte (UA S. 116), auf die L. GbR angekommen. Insoweit fehlt es aber an der Aufklärung, auf welchem Weg die Angeklagten die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gründeten. Sollte – naheliegend – die Angeklagte T. den Angeklagten N. in ihr Einzelunternehmen aufgenommen haben, wäre der Vorgang rechtlich aufzuspalten. Soweit die Angeklagte T. im Gegenzug für die Einbringung ihres Einzelunternehmens eigene Anteile an der L. GbR erhalten haben sollte, richtet sich der Vorgang nach § 24 UmwStG; soweit der Angeklagte N. unentgeltlich die Inhaberschaft an entsprechenden GbR-Anteilen erlangt haben sollte, richtet sich die Bewertung hingegen nach § 6 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 erste Alternative EStG (vgl. dazu , BFHE 242, 489 Rn. 27 ff.). Für den unentgeltlich erworbenen GbR-Anteil des Angeklagten N. sieht § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG zwingend eine Buchwertfortführung vor. Die Vorschrift führt zu einem vollständigen Eintritt des Rechtsnachfolgers in die betriebsbezogene Stellung des Rechtsvorgängers. Die unentgeltliche Betriebsübertragung bewirkt daher keinen Wechsel der Gewinnermittlungsart (vgl. Krumm in Brandis/Heuermann, 175. EL Februar 2025, § 6 EStG Rn. 1765 mwN). Dementsprechend sind offene Forderungen insoweit erst im Zeitpunkt des Zuflusses bei der GbR zu versteuern. Hier flossen die Erlöse nicht der L. GbR, sondern der L. GmbH nach Stellung der Anträge gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 UmwStG vom zu. Demgegenüber sind die Buchwerte in Bezug auf den GbR-Anteil der Angeklagten T. nur auf Antrag gemäß § 24 Abs. 2 Satz 2 UmwStG fortzuführen. Da ein solcher aber nicht gestellt wurde, hätte die Angeklagte T. jedenfalls insoweit vor der Einbringung ihres Einzelunternehmens in die L. GbR zwingend zur Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich im Wege der Bilanzierung gemäß § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 Satz 1 EStG übergehen müssen (vgl. Claß/Weggenmann in BeckOK-UmwStG, 31. Ed., § 24 Rn. 810 f.; Schmitt in Schmitt/Hörtnagel, UmwStG, 10. Aufl., § 24 Rn. 243; Rasche in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 24 Rn. 102; jeweils mwN). Ein aufgrund der Aktivierung der Provisionsforderungen in der Bilanz entstehender Übergangsgewinn erhöht den laufenden Gewinn des einbringenden Steuerpflichtigen im letzten Wirtschaftsjahr vor der Einbringung. Der Übergangsgewinn ist danach dem Einbringenden und nicht der Gesellschaft im Wege der Gewinnfeststellung zuzurechnen (, BFHE 196, 546, 548). Die Provisionen aus den Maskengeschäften wären daher von der Angeklagten T. gegebenenfalls nur zur Hälfte zu versteuern gewesen. Das Landgericht hat jedenfalls die von ihm angenommene Entnahme der Forderungen aus dem Einzelunternehmen mit der Folge einer vollständigen Gewinnrealisierung weder konkret festgestellt noch belegt.
17b) Die Verurteilung der Angeklagten wegen Hinterziehung von Gewerbesteuer im Erhebungszeitraum 2020 gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO hat hingegen Bestand. Die Angeklagten machten gegenüber dem Finanzamt M. in dem mit Schreiben vom übermittelten „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“ der L. GmbH (§ 138 Abs. 1b Satz 4, § 137 AO) unrichtige Angaben über den Ort der (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte – eine steuerlich erhebliche Tatsache (vgl. § 2 Abs. 1 Satz 3, § 4 Abs. 1, § 16 Abs. 1 GewStG) – und bewirkten hierdurch in der Folge, dass die Gewerbesteuervorauszahlungen (§ 19 GewStG) statt durch die hebeberechtigte Landeshauptstadt M. mit einem Hebesatz von 490 Prozent durch die nicht hebeberechtigte Gemeinde G. mit einem geringeren Hebesatz von 240 Prozent festgesetzt wurden, was zu einer Steuerverkürzung in Höhe von 8.227.781,10 € führte.
18aa) Gibt der Steuerpflichtige, der tatsächlich eine Betriebsstätte in einer Gemeinde mit einem hohen Gewerbesteuerhebesatz unterhält, gegenüber den Finanzbehörden bewusst wahrheitswidrig an, eine Betriebsstätte in einer Gemeinde mit einem niedrigeren Gewerbesteuerhebesatz zu unterhalten (sogenannte Gewerbesteueroase), und setzt die nicht hebeberechtigte Gemeinde die Gewerbesteuer unter Anwendung des niedrigeren Hebesatzes zu niedrig fest, kann hierdurch eine Gewerbesteuerhinterziehung (§ 370 Abs. 1 Nr. 1 AO) zulasten der tatsächlich hebeberechtigten Gemeinde bewirkt werden (vgl. Grötsch in Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 9. Aufl., § 370 AO Rn. 357; Pelz in Leitner/Rosenau, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 2. Aufl., § 370 AO Rn. 347). Dies gilt nicht nur für eine unrichtige Erklärung zur Festsetzung des Steuermessbetrags gemäß § 14a GewStG. Auch unrichtige Angaben über den Ort einer Betriebsstätte gegenüber (Finanz-)Behörden im Vorfeld der Jahreserklärung, die zu einer zu niedrigen Festsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen (§ 19 GewStG) führen, begründen eine eigenständige Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO.
19bb) Die am übersandten Angaben im Erfassungsbogen waren unrichtig, weil sich die Geschäftsleitungsbetriebsstätte nicht in G. , sondern in M. befand.
20(1) Der Begriff der Betriebsstätte im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 3 GewStG richtet sich nach § 12 AO, der seinerseits in § 12 Satz 2 Nr. 1 AO auf den Begriff der Geschäftsleitung im Sinne von § 10 AO Bezug nimmt (vgl. Rn. 20). Eine Betriebsstätte ist gemäß § 12 Satz 1 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient. Als Betriebsstätte ist gemäß § 12 Satz 2 Nr. 1 AO insbesondere die Stätte der Geschäftsleitung anzusehen. Geschäftsleitung ist gemäß § 10 AO der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung. Der Mittelpunkt der geschäftlichen Oberleitung ist dort, wo der für die Geschäftsführung maßgebende Wille gebildet wird, mithin, wo sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in organisatorischer und wirtschaftlicher Hinsicht die bedeutsamste Stelle befindet. Folglich kommt es darauf an, an welchem Ort die für die Geschäftsführung nötigen Maßnahmen von einiger Wichtigkeit angeordnet werden. Bei einer Körperschaft ist das regelmäßig der Ort, an dem die zur Vertretung befugten Personen die ihnen obliegende laufende Geschäftsführertätigkeit entfalten, das heißt, an dem sie die tatsächlichen, organisatorischen und rechtsgeschäftlichen Handlungen vornehmen, die der gewöhnliche Betrieb der Gesellschaft mit sich bringt (sogenannte Tagesgeschäfte, vgl. BGH, aaO Rn. 13 ff.; , BFHE 276, 170 Rn. 35 mwN).
21(2) Nach diesen Grundsätzen befand sich die Geschäftsleitungsbetriebsstätte in M. . Die Angeklagte T. führte zunächst das Tagesgeschäft ihres Einzelunternehmens und ab dem mit dem Angeklagten N. das Tagesgeschäft der L. GmbH von M. aus, nämlich von dem dort jeweils vom Angeklagten betriebenen Café P. und dem Restaurant Ar. oder von ihrer Wohnung in M. („Homeoffice“). In den in G. angemieteten Büroräumen hielten sich die Angeklagten hierzu nicht auf. Die eingehende Post sandte der Vermieter aufgrund einer Postvollmacht umgehend nach M. weiter.
22(3) Bei dem Ort der (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte handelt es sich auch um eine steuerlich erhebliche Tatsache. Gemäß § 2 Abs. 1 GewStG unterliegt der Gewerbesteuer jeder stehende Gewerbebetrieb, der im Inland eine Betriebsstätte unterhält. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GewStG unterliegt er der Gewerbesteuer in der Gemeinde (sogenannte hebeberechtigte Gemeinde), in der eine Betriebsstätte zur Ausübung des stehenden Gewerbes unterhalten wird. Die Gewerbesteuer wird gemäß § 16 GewStG durch die hebeberechtigte Gemeinde unter Anwendung des von ihr bestimmten Gewerbesteuerhebesatzes auf den Gewerbesteuermessbetrag erhoben. Da der Ort der Betriebsstätte somit über die hebeberechtigte Gemeinde und die Höhe des Gewerbesteuerhebesatzes entscheidet, liegt hierin eine steuerlich erhebliche Tatsache.
23cc) Diese unrichtigen Angaben über den Ort der (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte führten in der Folge zu einer Steuerverkürzung in Höhe von 8.227.781,10 €.
24(1) Der maßgebliche Taterfolg im Sinne von § 370 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 4 AO liegt hier nicht bereits in dem Erlass der Gewerbesteuermessbescheide für Zwecke der Vorauszahlungen vom und durch das Finanzamt M. . Grundsätzlich kann zwar auch bereits ein unrichtiger Gewerbesteuermessbescheid (§ 14 GewStG) einen nicht gerechtfertigten Steuervorteil im Sinne von § 370 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 AO darstellen, weil der Gewerbesteuermessbescheid (Grundlagenbescheid) hinsichtlich der persönlichen und sachlichen Steuerpflicht gemäß § 184 Abs. 1 Satz 2 und 4 in Verbindung mit § 182 Abs. 1 Satz 1 AO Bindungswirkung für die den Gewerbesteuerbescheid (Folgebescheid) erlassende Gemeinde entfaltet (vgl. , BGHR AO § 370 Abs. 1 Steuervorteil 4). Dies kommt hier aber nicht in Betracht. Denn das Finanzamt entscheidet in einem Gewerbesteuermessbescheid im Regelfall nicht mit bindender Wirkung über die hebeberechtigte und damit für den Gewerbesteuerbescheid zuständige Gemeinde (§ 4 GewStG); dies gilt selbst dann, wenn in einem Gewerbesteuermessbescheid eine Gemeinde namentlich als hebeberechtigt bezeichnet wird. Die Bestimmung der Hebeberechtigung ist als materiell-rechtliche Voraussetzung von der Gemeinde eigenständig beim Erlass des Gewerbesteuerbescheids zu prüfen, sofern sie nicht Gegenstand eines Zuteilungs- oder Zerlegungsbescheids nach §§ 185 ff. AO ist (vgl. Rn. 38 ff. und vom – I R 88/02, BFHE 204, 283, 289; Beschluss vom – IV B 64/11 Rn. 3). Dies muss erst Recht im Hinblick auf die begrenzte Bindungswirkung eines Gewerbesteuermessbescheids für Zwecke der Vorauszahlungen (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 3, 4 GewStG) gelten.
25(2) Maßgeblicher Taterfolg ist daher hier die Nichtfestsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen (§ 19 GewStG) durch die hebeberechtigte Landeshauptstadt M. . Insoweit liegt auch der gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO erforderliche Kausalzusammenhang zwischen dem Machen unrichtiger Angaben und dem Taterfolg der Steuerhinterziehung („dadurch“) vor. An den erforderlichen Kausalzusammenhang sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Es genügt, dass die unrichtigen oder unvollständigen Angaben für die Steuerverkürzung oder das Erlangen nicht gerechtfertigter Steuervorteile ursächlich werden und sich im späteren Taterfolg gerade die durch das Machen unrichtiger Angaben über steuerlich erhebliche Tatsachen geschaffene rechtlich missbilligte Gefahr für das Steueraufkommen realisiert (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 275/10, BGHR AO § 370 Abs. 1 Nr. 1 Angaben 10 Rn. 26 f. mwN und vom – 1 StR 391/12 unter 2.). Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die unrichtigen Angaben der Angeklagten gegenüber dem Finanzamt über das angebliche Bestehen einer (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte in G. können nicht hinweggedacht werden, ohne dass der Taterfolg in seiner konkreten Gestalt – Nichtfestsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen durch die hebeberechtigte Landeshauptstadt M. – entfiele. Gemäß § 184 Abs. 3 AO teilen die Finanzbehörden den Inhalt des Steuermessbescheids den Gemeinden mit, denen die Steuerfestsetzung (der Erlass des Realsteuerbescheids) obliegt. Dadurch werden die Gemeinden in die Lage versetzt, die Realsteuerbescheide zu erlassen (vgl. Klein/Ratschow, AO, 18. Aufl., § 184 Rn. 19). Die Mitteilung ergeht an diejenige Gemeinde, die nach den der Finanzverwaltung vorliegenden Informationen als hebeberechtigte Gemeinde gemäß § 16 GewStG für den Erlass des Gewerbesteuerbescheids zuständig ist. Diese erlässt sodann regelmäßig auf der Grundlage des mitgeteilten Gewerbesteuermessbescheids den Gewerbesteuerbescheid unter Anwendung des von ihr bestimmten Hebesatzes. Der Steuerpflichtige wirkt durch unrichtige Angaben gegenüber dem Finanzamt betreffend den Ort der (Geschäftsleitungs-)Betriebsstätte – was für ihn regelmäßig auch erkennbar ist – auf den vorgenannten Informationsfluss zwischen Finanzämtern und Gemeinden ein und begründet hierdurch die Gefahr einer Nichtfestsetzung von Gewerbesteuer durch die hebeberechtigte Gemeinde.
26(3) Die Nichtfestsetzung von Gewerbesteuervorauszahlungen begründet eine eigenständige Steuerverkürzung im Sinne von § 370 Abs. 4 Satz 1 AO.
27Die Steuerverkürzung besteht in diesen Fällen auf der Schuldspruchebene in Höhe der gesamten der hebeberechtigten Gemeinde entgangenen Gewerbesteuervorauszahlungen. Insoweit ist zunächst jedes Steuerschuldverhältnis gesondert für sich zu betrachten (vgl. , BGHR AO § 370 Abs. 4 Satz 3 Kompensationsverbot 4 Rn. 45-46). Aber auch die Strafzumessung birgt keinen Rechtsfehler zulasten der Angeklagten. Denn die Strafkammer hat nach Bezifferung des Verkürzungsumfangs mit 8.227.781,10 € zugleich ausgeführt, dass unter Berücksichtigung bereits gezahlter Gewerbesteuervorauszahlungen auf der Grundlage eines Hebesatzes von 240 Prozent in Höhe von 4.032.000 € ein „wirtschaftlicher Schaden“ nur in Höhe von 4.195.781,10 € entstanden sei (UA S. 112). Es kann daher in jedem Fall ausgeschlossen werden, dass das Landgericht die Angeklagten beschwerend von einem zu hohen Unrechts- und Schuldumfang ausgegangen ist.
28dd) Der Annahme einer Steuerverkürzung im obigen Umfang steht auch nicht entgegen, dass im Falle wahrheitsgemäßer Angaben – wie die Revision meint – neben der Geschäftsleitungsbetriebsstätte in M. (angeblich) eine weitere Betriebsstätte im Sinne von § 12 Satz 1 AO in G. bestand mit der Folge, dass der Gewerbesteuermessbetrag gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2, § 28 Abs. 1 Satz 1, §§ 29 ff. GewStG zu zerlegen und zwischen den Betriebsstätten aufzuteilen gewesen wäre.
29(1) Die Voraussetzungen einer (sonstigen) Betriebsstätte in G. liegen nicht vor. Bei den dort angemieteten Büroräumen handelte es sich – wie bereits ausgeführt – um eine bloße Schein- bzw. Briefkastenadresse. Eine „dienende Funktion“ der angemieteten Räumlichkeiten in Bezug auf das Gewerbe der Angeklagten und eine ausreichende Verfügungsmacht der Angeklagten über diese Räumlichkeiten bestand unter diesen Umständen nicht. Es fehlt zunächst an einer auf gewisse Dauer angelegten „Verwurzelung“ der Geschäftstätigkeit an diesem Ort. Die Geschäftstätigkeit im Zusammenhang mit der Vermittlung von Verträgen über medizinische Schutzausrüstung übten die Angeklagten nach den obigen Ausführungen ausschließlich in M. in den vom Angeklagten N. geführten Gastronomiebetrieben (Café P. und Restaurant Ar. ) und vereinzelt im „Homeoffice“ in der Wohnung der Angeklagten T. aus. Die angemieteten Räumlichkeiten im Dachgeschoss des Bürogebäudes in G. , welche zugleich an 20 weitere Gesellschaften vermietet waren, wurden tatsächlich vom Vermieter, dem gesondert verfolgten S. als Geschäftsführer der So. GmbH, genutzt. Dieser leitete aufgrund einer ihm erteilten Postvollmacht sämtliche in G. eingehende Post umgehend an die Angeklagten in M. weiter. Es fand lediglich am ein einziges Kundengespräch mit dem Zeugen Ec. nach vorheriger „Buchung“ der Büroräumlichkeiten statt. Weitere geschäftliche Nutzungen der angemieteten Büroräumlichkeiten – auch derjenigen im Erdgeschoss ab dem – sind nicht festgestellt. Die Angeklagten hielten sich abgesehen von diesem einzigen Kundengespräch oder Terminen mit dem Vermieter S. betreffend mietvertragliche Angelegenheiten nicht in den Räumen in G. auf. Die Angeklagten konnten das angemietete Büro im Dachgeschoß nicht etwa jederzeit mit einem Schlüssel betreten. Vielmehr war eine Nutzung nur nach vorheriger „Anmeldung“ bei S. möglich, wobei sich die Angeklagten die Nutzungsmöglichkeit mit etwa 20 weiteren Unternehmen teilten, welche potentiell ebenfalls dort Zeitfenster „buchen“ konnten (sogenanntes Roomsharing). Ob und wenn ja zu welchem Zeitpunkt die Büroräume durch die Angeklagten genutzt werden konnten, lag daher letztendlich in der Entscheidungsgewalt des S. .
30(2) Das Landgericht ist – entgegen den Ausführungen der Revision – nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht von einer teilweisen Betriebstätigkeit der L. GmbH und damit einer (sonstigen) Betriebsstätte in G. neben der Geschäftsleitungsbetriebsstätte in M. ausgegangen. Zwar hat sie die Einlassungen der Angeklagten, dass die L. GmbH „nur zu 15 % von G. aus tätig geworden“ sei bzw. „der deutlich überwiegende Schwerpunkt der Tätigkeit in M. und nicht in G. gelegen habe“ für „glaubhaft“ erachtet und als durch das Ergebnis der Beweisaufnahme „verifiziert“ angesehen (UA S. 33 f., 101). Im weiteren Verlauf macht das Landgericht dann aber an zahlreichen Stellen deutlich, dass es davon ausgeht, dass die Anmietung der Büroräume in G. allein der Vortäuschung einer Betriebsleitung in G. gegenüber dem Finanzamt diente und dort tatsächlich keine Geschäftsräume unterhalten werden sollten und auch nicht wurden (UA S. 102 ff.). Die Ausführungen der Strafkammer sind daher erkennbar dahingehend zu verstehen, dass sie die Einlassungen der Angeklagten insoweit als glaubhaft befunden hat, als diese darin angaben, die Geschäftsleitung des Unternehmens sei nicht in G. , sondern in M. gelegen, nicht aber auch insoweit, als von G. aus ca. 15 Prozent der Geschäftstätigkeit ausgeübt worden sein soll. Hierfür spricht auch, dass eine von der Angeklagten T. behauptete Büronutzung in G. im Umfang von etwa 15 Prozent der Geschäftstätigkeit durch die Beweisaufnahme, wie vorstehend aufgezeigt, nicht belegt wird. Die Erwägungen der Strafkammer, dass im Büro in G. „ganz vereinzelt [dort] Besprechungen stattgefunden haben mögen“ (UA S. 120), sind ersichtlich bloße hypothetische Überlegungen.
31ee) Die Revision rügt in ihrer Gegenerklärung schließlich zu Unrecht, dass das Landgericht nicht ausreichend zwischen der Hinterziehung von Gewerbesteuervorauszahlungen zugunsten des Einzelunternehmens der Angeklagten T. und hinsichtlich der Hinterziehung von Gewerbesteuervorauszahlungen zugunsten der L. GmbH differenziert habe. Zwar trifft es zu, dass von dem gesamten mit den Maskengeschäften erwirtschafteten Gewerbeertrag für das Jahr 2020 in Höhe von (gerundet) 48.000.000 € ein Betrag in Höhe von 11.490.682,80 € auf die gewerbliche Tätigkeit der Angeklagten als Einzelunternehmerin und in Höhe von 36.509.317,20 € auf die gewerbliche Tätigkeit der L. GmbH entfielen, sofern die Gestaltung nach § 20 Abs. 5 Satz 1 UmwStG tatsächlich fehlgeschlagen sein sollte. Insofern bleibt es aber dabei, dass die Angeklagten sämtliche Provisionseinkünfte der L. GmbH zugerechnet wissen wollten. Sollten sie nunmehr einwenden wollen, ein Teil der Einkünfte stünde doch dem Einzelunternehmen der Angeklagten T. zu, wäre dies für die steuerstrafrechtliche Betrachtung jedenfalls auf Tatbestandsebene unbeachtlich (vgl. § 370 Abs. 4 Satz 3 AO). Die Strafzumessung weist bereits deswegen keinen Rechtsfehler zulasten der Angeklagten auf, weil nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe nicht zu besorgen ist, dem Landgericht könnte dieser Gesichtspunkt bei der Gewerbesteuerverkürzung aus dem Blick geraten sein. Das Landgericht ist allenfalls infolge der Aufspaltung der Erlöse zugunsten der Angeklagten von einer zu niedrigen zugunsten der L. GmbH begangenen Gewerbesteuerverkürzung ausgegangen.
32ff) Auch die Berechnung des Verkürzungsumfangs im Übrigen (UA S. 111 f.) lässt – entgegen den Ausführungen der Revision – keinen Rechtsfehler zulasten der Angeklagten erkennen. Dass die Strafkammer bei den dem Einzelunternehmen zugerechneten Provisionserlösen in Höhe von 11.490.682,80 € einen Freibetrag in Höhe von 24.500 € gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 GewStG in Abzug gebracht hat, belastet die Angeklagten jedenfalls von vornherein nicht. Dass sie es rechtsfehlerhaft unterlassen hat, von den Provisionen in Höhe von gerundet 48.000.000 € in nennenswertem Umfang angefallene Betriebsausgaben abzuziehen, ist gleichfalls nicht ersichtlich. Die Vermittlungstätigkeit wurde als Dienstleistung in den Räumen der vom Angeklagten N. geführten Gastronomiebetriebe oder im „Homeoffice“ im Wesentlichen mittels Computer und Internetzugang sowie unter Einsatz eines Mobiltelefons (E-Mails, SMS, Anrufe, Whatsapp-Chats etc.) erbracht (vgl. UA S. 34 ff., 108). Nennenswerte Kosten für Miete, Personal und Arbeitsmaterial fielen nicht an. Hierfür spricht auch, dass die Angeklagten für die L. GmbH dem Finanzamt gegenüber mit Schreiben vom eine „Gewinnprognose“ in Höhe von 53 Mio. € mitteilten (UA S. 18), die sogar noch deutlich über dem tatsächlich von der Strafkammer zugrunde gelegten Betrag in Höhe von 48 Mio. € liegt. Schließlich bestehen auch keine konkreten Anhaltspunkte für unterlassene Kürzungen gemäß § 9 GewStG.
33c) Die Teileinstellung gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO führt zum Wegfall der Verurteilungen der Angeklagten T. wegen Steuerhinterziehung und des Angeklagten N. wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung (Einkommensteuer 2020) und der deswegen verhängten Einzelstrafen. Es verbleibt daher für beide Angeklagte bei der Verurteilung wegen Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO (Gewerbesteuer 2020) sowie bei den hierfür verhängten und unbeeinflusst bleibenden, auf einer rechtsfehlerfreien Strafzumessung beruhenden Freiheitsstrafen von jeweils drei Jahren.
Jäger Fischer Bär
Leplow Welnhofer-Zeitler
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:290425B1STR238.24.0
Fundstelle(n):
LAAAJ-95615