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BAG Urteil v. - 9 AZR 122/24

Vergütung eines Psychologischen Psychotherapeuten in Ausbildung

Instanzenzug: Az: 13 Ca 3742/23 Urteilvorgehend Landesarbeitsgericht München Az: 11 Sa 505/23 Urteil

Tatbestand

1Die Parteien streiten über die Höhe der Vergütungsansprüche, die dem Kläger gegen die Beklagte für die praktische Tätigkeit im Rahmen seiner Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten zustehen.

2Der Kläger, der vor dem ein Studium der Psychologie aufnahm, leistete in der Zeit vom 15. März bis zum bei der Beklagten den praktischen Teil seiner Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten vom (BGBl. I S. 3749, zuletzt geändert durch das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vom , BGBl. I S. 1307; im Folgenden PsychTh-APrV aF) in der bis zum geltenden Fassung ab.

3Die von den Parteien unter dem 25. Februar/ geschlossene „Vereinbarung über die Ableistung des praktischen Teils der Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten gemäß Psychotherapeutengesetz (PsychThG) in der bis zum geltenden Fassung, sofern auch die anderen Voraussetzungen nach § 2 Abs. 1 des Psychotherapeutengesetzes in der bis zum geltenden Fassung erfüllt sind“ (Ausbildungsvereinbarung) sieht ua. folgende Bestimmungen vor:

4Die Vertragsurkunde lässt nicht erkennen, welche der beiden unter § 3 Abs. 1 Satz 1 der Ausbildungsvereinbarung genannten Vertragsvarianten die Parteien gewählt haben. Keine der beiden Absätze ist angekreuzt.

5Auf der Grundlage einer monatlichen Vergütung iHv. 779,22 Euro zahlte die Beklagte an den Kläger, der im Zeitraum vom 15. März bis zum 1.200 praktische Stunden praktischer Ausbildung absolvierte, eine Vergütung iHv. insgesamt 7.163,79 Euro. Mit Schreiben vom forderte er die Beklagte erfolglos auf, seine Vergütungsansprüche auf der Grundlage einer monatlichen Ausbildungsvergütung iHv. 1.000,00 Euro abzurechnen und den Differenzbetrag an ihn zu zahlen.

6Der Kläger hat die Auffassung vertreten, er sei in Vollzeitform ausgebildet worden und habe deshalb gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 des Psychotherapeutengesetzes vom (BGBl. I S. 1604; PsychThG) Anspruch auf eine monatliche Ausbildungsvergütung iHv. 1.000,00 Euro brutto.

7Der Kläger hat - soweit für die Revision von Bedeutung - beantragt,

8Die Beklagte hat die Abweisung der Klage mit der Begründung beantragt, die Parteien hätten für den Ausbildungszeitraum eine monatliche Bruttovergütung iHv. 779,22 Euro vereinbart. Der Kläger sei nicht in Vollzeit-, sondern in Teilzeitform tätig gewesen.

9Das Arbeitsgericht hat die Klage - soweit für die Revision von Bedeutung - abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und der Klage stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Gründe

10Die zulässige Revision der Beklagten ist nicht begründet. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht abgeändert und dem Kläger die geltend gemachte Differenzvergütung zugesprochen. Die Klage ist - soweit für die Berufung und die Revision von Bedeutung - zulässig und begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf eine monatliche Vergütung iHv. 1.000,00 Euro brutto für die von ihm bei der Beklagten erbrachten 1.200 Stunden praktischer Tätigkeit.

11I. Die Revision hat nicht schon deshalb Erfolg, weil - wie die Beklagte meint - bereits die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts mangels ausreichender Begründung unzulässig gewesen wäre. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger hat sich hinreichend mit dem klageabweisenden Urteil des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt (vgl. zu den Anforderungen  - Rn. 11). Er hat in der Berufungsbegründung im Einzelnen ausgeführt, das Arbeitsgericht habe versäumt, die Vorschrift des § 27 Abs. 4 PsychThG im Lichte der Vorgaben der PsychTh-APrV aF sowie nach Sinn und Zweck der Vorschrift, eine Mindestvergütung für in der Ausbildung befindliche Psychotherapeuten zu gewährleisten, auszulegen. Eine weitergehende Begründung kann im Hinblick auf die in Art. 19 Abs. 3 GG grundrechtlich verbürgte Rechtsschutzgarantie nicht verlangt werden.

12II. Die Klage ist zulässig. Die Vorschrift des § 111 Abs. 2 Satz 5 ArbGG, der zufolge bei Streitigkeiten zwischen Ausbildenden und Auszubildenden aus einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis vor Erhebung der Klage zwingend ein Schlichtungsverfahren durchzuführen ist, lässt die Zulässigkeit der Klage unberührt.

131. Das Rechtsverhältnis, aus dem der Kläger die Beklagte in Anspruch nimmt, ist kein Berufsausbildungsverhältnis iSd. § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG. Die Zuständigkeit der in § 111 Abs. 2 Satz 1 ArbGG genannten Schlichtungsausschüsse erstreckt sich ausschließlich auf Berufsausbildungsverhältnisse iSd. BBiG (vgl. GK-ArbGG/Krumbiegel Stand § 111 Rn. 3). Streitigkeiten aus Ausbildungsverhältnissen, die nicht unter den Geltungsbereich des BBiG fallen, können vor dem Arbeitsgericht anhängig gemacht werden, ohne dass es zuvor der Durchführung eines Schlichtungsverfahrens bedarf (vgl. HK-ArbGG/Görg/Zimmermann 3. Aufl. ArbGG § 111 Rn. 7). Gemäß § 7 PsychThG aF finden die Vorschriften des BBiG auf die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, wie sie die Parteien im Streitfall vereinbart haben, keine Anwendung.

142. Die Anrufung eines Schlichtungsausschusses ist außerdem dann nicht erforderlich, wenn das Ausbildungsverhältnis vor Klageerhebung sein Ende gefunden hat (vgl.  - Rn. 10). Nach der Beendigung der Rechtsbeziehung zwischen Ausbildendem und Auszubildenden besteht nicht mehr die Gefahr, dass ihr Verhältnis mit einem Rechtsstreit belastet wird (vgl.  - Rn. 13, BAGE 126, 12). Der praktische Teil seiner Ausbildung, den der Kläger bei der Beklagten absolvierte, endete ausweislich § 1 Unterabs. 1 der Ausbildungsvereinbarung mit Ablauf des und damit vor Erhebung der Klage am .

15III. Die Klage ist begründet. Dem Kläger steht die geltend gemachte Differenzvergütung gemäß § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG zu. Der Kläger absolvierte seine Ausbildung in Vollzeitform. Die Ausbildungsvereinbarung, die die Parteien geschlossen haben, hebt den gesetzlichen Vergütungsanspruch des Klägers weder auf noch modifiziert sie ihn zu seinen Lasten. Davon ist das Landesarbeitsgericht zu Recht ausgegangen.

161. Nach § 27 Abs. 1 PsychThG wird eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, die der Auszubildende vor dem begonnen hat, nach dem Psychotherapeutengesetz in der bis zum geltenden Fassung abgeschlossen. In diesem Fall erhält der Auszubildende von dem Träger der Einrichtung, in der er die praktische Tätigkeit nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PsychTh-APrV aF absolviert, für die Dauer der praktischen Tätigkeit eine monatliche Vergütung iHv. mindestens 1.000,00 Euro, sofern die praktische Tätigkeit in Vollzeitform abgeleistet wird (§ 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG). Wird die praktische Tätigkeit in Teilzeitform abgeleistet, reduziert sich die Vergütung entsprechend (§ 27 Abs. 4 Satz 2 PsychThG).

172. Die Beklagte bildete den Kläger im Zeitraum vom 15. März bis zum in ihrem Krankenhaus, einer Einrichtung nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PsychTh-APrV aF, in „Vollzeitform“ aus. Der Senat braucht im Streitfall nicht darüber zu befinden, ab welcher konkreten Wochenstundenzahl eine solche Ausbildung vorliegt. Zumindest in Fällen, in denen ein Psychologe - wie der Kläger - den praktischen Teil seiner klinischen Ausbildung, 1.200 Praxisstunden (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PsychTh-APrV aF), in der kürzest vorgesehenen Zeit, nämlich innerhalb eines Jahres (vgl. § 8 Abs. 3 Nr. 3 des Gesetzes über die Berufe des Psychologischen Psychotherapeuten und des Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom [BGBl. I S. 1311], idF vom [BGBl. I S. 1307], PsychThG aF), absolviert, liegt eine Ausbildung in Vollzeitform vor. Dies ergibt die Auslegung des § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG (vgl. zu den für die Auslegung von Gesetzen maßgebenden Grundsätzen  - Rn. 13, BAGE 175, 342).

18a) Der Wortlaut der Vorschrift („praktische Tätigkeit in Vollzeitform“) ist für die Beantwortung der Frage, wo die zeitliche Grenze zwischen einer Ausbildung in Vollzeitform und einer Ausbildung in Teilzeitform anzusetzen ist, unergiebig. Die Verwendung des Begriffes „Vollzeitform“ anstelle des in arbeitsrechtlichen Vorschriften üblichen Begriffs der „Vollzeit“ gibt allerdings einen Hinweis darauf, dass bei der Bestimmung des Ausbildungsumfangs den spezifischen Umständen, unter denen ein Psychologe den praktischen Teil seiner Ausbildung ableistet, Rechnung zu tragen ist.

19b) Der systematische Zusammenhang, in den die Bestimmung des § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG eingebettet ist, gibt das Auslegungsergebnis, zu dem das Landesarbeitsgericht gelangt ist, zwingend vor.

20aa) § 8 Abs. 1 Satz 1 PsychThG aF ermächtigt das Bundesministerium für Gesundheit, die Mindestanforderungen an die Ausbildung in einer Ausbildungs- und Prüfungsverordnung für Psychologische Psychotherapeuten unter den dort genannten Voraussetzungen zu regeln. Nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 PsychThG aF ist in den Verordnungen vorzuschreiben, dass die praktische Tätigkeit für die Dauer von „mindestens einem Jahr“ in Abschnitten von mindestens drei Monaten an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung durchgeführt wird. Die auf dieser Grundlage vom Bundesministerium für Gesundheit erlassene PsychTh-APrV aF verlangt für den praktischen Teil der Ausbildung ua., dass der Auszubildende „mindestens 1.200 Stunden“ an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung ableistet (§ 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 PsychTh-APrV aF).

21bb) Eine Ausbildung in Vollzeitzeitform liegt damit zumindest in den Fällen vor, in denen ein Psychologe 1.200 Ausbildungsstunden in der kürzest möglichen Zeit absolviert. Ginge man vom Gegenteil aus, wäre es einem Psychologen nicht möglich, den praktischen Teil seiner Ausbildung in Vollzeitform zu absolvieren, obwohl er die gesetzlichen Anforderungen an den Ausbildungsumfang erfüllt. Für eine solche Annahme findet sich in dem für die Ausbildung von Psychotherapeuten maßgebenden Regelwerk kein Hinweis.

22cc) Arrondierend hinzu tritt die Bestimmung des § 5 Abs. 1 Satz 1 PsychThG aF, auf die das Landesarbeitsgericht maßgeblich abgestellt hat. Danach dauert die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten in Vollzeitform mindestens drei Jahre. Setzt man die in § 1 Abs. 3 PsychTh-APrV aF bestimmte Mindestanzahl an Ausbildungsstunden (4.200 Stunden) zu der Mindestdauer der Ausbildung von drei Jahren unter Abzug des gesetzlichen Mindesturlaubs von 20 Arbeitstagen in der Fünf-Tage-Woche (zum Urlaubsanspruch von Auszubildenden und Praktikanten sh. Bayreuther/Kiel/Zimmermann/Kiel 3. Aufl. BUrlG § 2 Rn. 57; vgl. insoweit auch § 3 Abs. 3 der Ausbildungsvereinbarung der Parteien vom 25. Februar/: „… vergütete ausbildungsfreie Zeiten in Höhe von 20 Arbeitstagen“) ins Verhältnis, ergibt sich eine Arbeitszeit von 29,17 Stunden in der Woche (4.200 Stunden geteilt durch 144 Wochen).

23dd) Der Umstand, dass die PsychTh-APrV aF seit dem nicht mehr gilt, ändert hieran nichts.

24(1) Die Bestimmungen der PsychTh-APrV aF sind mit Wirkung zum von den Bestimmungen der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom (BGBl. I S. 448, zuletzt geändert durch Art. 1 der Zweiten Verordnung zur Änderung der Approbationsordnung für Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten vom [BGBl. I Nr. 309], im Folgenden PsychThApprO) abgelöst worden (§ 85 Satz 1 und Satz 2 Nr. 2 PsychThApprO).

25(2) Der Gesetzgeber, der die Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten im Jahr 2020 umfassend reformiert hat, hat für Auszubildende, die sich zu dem Zeitpunkt, zu dem die gesetzlichen Änderungen in Kraft traten, dh. am (Art. 12 Abs. 2 des Gesetzes zur Reform der Psychotherapeutenausbildung vom , BGBl. I S. 1604), in Ausbildung befanden, Übergangsregelungen geschaffen, zu denen insbesondere die Bestimmung des § 27 PsychThG gehört. Nach § 27 Abs. 1 Satz 1 PsychThG wird eine Ausbildung zum Psychologischen Psychotherapeuten, die vor dem begonnen wurde, nach dem Psychotherapeutengesetz in der bis zum geltenden Fassung, dh. nach dem PsychThG aF, abgeschlossen. Für diesen Personenkreis gilt die Vergütungsregelung in § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG. Auch diese Bestimmung nimmt auf solche „Alt-Ausbildungen“ Bezug („Wer sich nach dem in einer Ausbildung zum Beruf der Psychologischen Psychotherapeutin, des Psychologischen Psychotherapeuten … nach dem Psychotherapeutengesetz in der bis zum geltenden Fassung befindet …“).

26(3) Über den Wortlaut des § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG hinaus gelten für Auszubildende, die ihre Ausbildung vor der Ausbildungsreform begonnen haben, nicht nur die Bestimmungen des PsychThG aF, sondern auch die Verordnungen, die das Bundesministerium für Gesundheit auf der Grundlage von § 8 Abs. 1 Satz 1 PsychThG aF erlassen hat, insbesondere die PsychTh-APrV aF. Das ergibt sich bereits aus dem Umstand, dass die Norm selbst - bezüglich der Einrichtungen, in denen die praktische Ausbildung absolviert wird - auf Vorschriften der PsychTh-APrV aF Bezug nimmt. Folgerichtig hat auch das Bundesministerium für Gesundheit in seiner Antwort auf die Kleine Anfrage der FDP-Fraktion vom (BT-Drs. 19/21270), also zu einem Zeitpunkt, zu dem das PsychThG bereits verabschiedet war, auf die PsychTh-APrV aF rekurriert. Abgesehen davon sollen die Übergangsregelungen in § 27 Abs. 4 PsychThG sicherstellen, dass Auszubildende, die ihre Ausbildung vor der Reform begonnen, aber nicht beendet haben, ihre Ausbildung innerhalb der in § 27 PsychThG bestimmten zeitlichen Grenzen unter Fortgeltung des alten Rechts abschließen können. Hierzu gehören insbesondere die in der PsychTh-APrV aF formulierten Anforderungen an Inhalt und Umfang der praktischen Ausbildung.

27ee) Der Kläger absolvierte den praktischen, 1.200 Stunden umfassenden Teil seiner klinischen Ausbildung im Zeitraum vom 15. März bis zum . Die Ausbildungszeit liegt mit neun Monaten und sechs Tagen sogar unterhalb der zeitlichen Grenze von zwölf Monaten, bis zu der er eine Vergütung für eine Ausbildung in Vollzeitform verlangen könnte.

283. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der nicht allgemeinverbindliche Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst vom , zuletzt geändert durch Änderungstarifvertrag Nr. 21 vom für die Bestimmung der maßgeblichen Ausbildungszeit und damit die Vergütungsansprüche des Klägers ohne Belang. Auf der Grundlage der Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kommt eine Anwendung tarifvertraglicher Bestimmungen auf das Ausbildungsverhältnis der Parteien nicht in Betracht. Die Parteien haben nicht vorgetragen, tarifgebunden zu sein oder Tarifbestimmungen vertraglich in Bezug genommen zu haben. Das Gegenteil ist der Fall. § 2 Abs. 2 der Ausbildungsvereinbarung bestimmt, dass auf das Ausbildungsverhältnis tarifvertragliche Vorschriften nicht anzuwenden sind.

294. Die Ausbildungsvereinbarung der Parteien vom 25. Februar/ schränkt den Vergütungsanspruch des Klägers nicht ein.

30a) Die formularmäßige Ausbildungsvereinbarung sieht unter § 3 Abs. 1 Satz 1 zwei Vergütungsmodelle vor. Das erste geht „bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 38,50 Stunden“ von einer Vergütung iHv. 1.000,00 Euro, das zweite „bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 30 Stunden“ von einer Vergütung iHv. 779,22 Euro aus. Die Vertragsurkunde lässt nicht erkennen, welches Modell die Parteien gewählt haben.

31b) Für die Entscheidung des Rechtsstreits ist nicht erheblich, auf welches Vergütungsmodell sich die Parteien verständigt haben.

32aa) Der Anspruch auf die Mindestvergütung der Ausbildung nach § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG tritt als gesetzlicher Anspruch eigenständig neben den arbeits- oder tarifvertraglichen Entgeltanspruch. Dabei bildet die gesetzliche Mindestvergütung, auf die nach § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG jeder Auszubildende während einer in Vollzeit absolvierten praktischen Tätigkeit Anspruch hat, eine Art Sockel, der in jedem höheren Entgeltanspruch enthalten ist (vgl. zum MiLoG  - Rn. 18, BAGE 165, 205). Soweit sich beide Vergütungsregelungen decken, besteht zwischen ihnen Anspruchskonkurrenz. Ist die vereinbarte Vergütung höher als die gesetzliche bestimmte Ausbildungsvergütung, verbleibt es bei der vereinbarten Vergütung. Liegt die vereinbarte Vergütung unterhalb der in § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG bezeichneten Grenze, führt dies zu einem Differenzanspruch (so zum Anspruch auf Mindestlohn nach dem MiLoG  - Rn. 70, BAGE 163, 282 unter Bezugnahme auf  - Rn. 22, BAGE 155, 202). Seiner Rechtsnatur nach ist der Anspruch aus § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG damit ein die vertragliche Vergütungsabrede korrigierender gesetzlicher Anspruch (so zum MiLoG  - Rn. 32, BAGE 175, 193).

33bb) Der Kläger hat Anspruch auf die Differenz zwischen der Vergütung, die ihm nach der vertraglichen Absprache mit der Beklagten zusteht, und der gesetzlichen Mindestvergütung. Beide Vertragsvarianten, die die Ausbildungsvereinbarung der Parteien unter § 3 Abs. 1 Satz 1 nennt, senken die Vergütung, die der Kläger aufgrund der Ausbildungsvereinbarung beanspruchen kann, auf ein Niveau, das unterhalb der in § 27 Abs. 4 Satz 1 PsychThG bestimmten Mindestvergütung liegt.

345. Die Summe der streitgegenständlichen Differenzbeträge für den Vertragszeitraum vom 15. März bis zum beträgt 2.336,21 Euro brutto. Sie berechnet sich auf der Grundlage einer monatlichen Bruttovergütung iHv. 1.000,00 Euro abzüglich der seitens der Beklagten hierauf gezahlten Vergütung iHv. 7.163,79 Euro. Hinsichtlich dieser Beträge herrscht zwischen den Parteien kein Streit.

356. Der Zinsanspruch findet seine Rechtfertigung in den gesetzlichen Vorschriften über den Schuldnerverzug (§ 288 Abs. 1, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

36IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Beklagte hat die Kosten der erfolglosen Revision zu tragen.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BAG:2025:290425.U.9AZR122.24.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-94843