Instanzenzug: Az: S 37 AS 1191/20 Gerichtsbescheidvorgehend Landessozialgericht Hamburg Az: L 4 AS 211/23 D Urteil
Tatbestand
1Im Streit steht ein Anspruch auf zuschussweise Gewährung von Alg II noch für die Zeit vom 1.1. bis .
2Die Klägerin ist 1995 geboren und lebt nicht mehr im Haushalt ihrer Eltern. Ihr Studium der Politikwissenschaften, für das sie Leistungen nach dem BAföG erhalten hatte, hatte sie im 5. Fachsemester (Wintersemester 2017/2018) aufgegeben. Zum wurde sie exmatrikuliert. Ab bezog sie neben ihrem Gehalt aus einer geringfügigen Beschäftigung Alg II vom beklagten Jobcenter. Leistungen wurden ihr zuletzt für die Zeit vom 1.1. bis bewilligt.
3Nachdem sie mit einer privaten Berufsfachschule zum einen Vertrag zur schulischen Ausbildung zur Ergo-Therapeutin abgeschlossen und die Ausbildung aufgenommen hatte, hob der Beklagte zunächst die Bewilligung von Leistungen ab auf, nahm diese Entscheidung jedoch später wieder zurück und bewilligte Leistungen für die Zeit vom 1.4. bis .
4Ihren Antrag auf Bewilligung von BAföG-Leistungen für die schulische Ausbildung zur Ergo-Therapeutin lehnte das Fachamt für Grundsicherung und Soziales - Ausbildungsförderung für Schüler - (Amt für Ausbildungsförderung) ab (Bescheid vom ). Sie habe ihr Studium der Politikwissenschaften nach Beginn des 4.Fachsemesters abgebrochen, ohne dass unabweisbare Gründe hierfür vorgelegen hätten. Dies stehe der Förderung einer weiteren Ausbildung entgegen.
5Mit Wirkung ab hob der Beklagte sodann die Bewilligung von Leistungen (erneut) auf (Bescheid vom ). Die Klägerin absolviere eine dem Grunde nach durch Leistungen nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung und sei deshalb von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen. Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az: S 39 AS 3736/19 ER) ordnete das SG die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Aufhebungsbescheid vom mit der Begründung an, der Leistungsausschluss sei nach § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II noch nicht anzuwenden. Die Regelung verlange, dass eine abschließende, wenn auch nicht zwingend bestandskräftige Entscheidung über den BAföG-Anspruch vorliege. Das Amt für Ausbildungsförderung habe jedoch noch nicht über den Widerspruch gegen den ablehnenden BAföG-Bescheid entschieden. In Ausführung dieses Beschlusses bewilligte der Beklagte vorläufig Leistungen für November und Dezember 2019 (Bescheid vom ).
6Den Antrag, ihr Alg II ab zu bewilligen, lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom ; Widerspruchsbescheid vom ). Mit Beschluss vom verpflichtete das SG den Beklagten in einem weiteren Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (Az: S 39 AS 353/20 ER), der Klägerin vorläufig für die Zeit vom 1.2. bis , längstens jedoch bis zum Ablauf des Monats, der auf die Zustellung des Widerspruchsbescheids des Amts für Ausbildungsförderung folge, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II von monatlich 732 Euro als Darlehen zu erbringen. Der Beklagte bewilligte daraufhin "aufgrund der Entscheidung vom Sozialgericht vom " für Januar und Februar 2020 Leistungen als zinsloses Darlehen nach § 27 Abs 3 SGB II (Bescheid mit Rechtsbehelfsbelehrung vom ). Mit insoweit gleichlautendem Bescheid (vom ) bewilligte der Beklagte auch darlehensweise Leistungen für März 2020.
7Mit Widerspruchsbescheid vom wies das Amt für Ausbildungsförderung den Widerspruch der Klägerin gegen den ablehnenden BAföG-Bescheid vom zurück. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
8Der Widerspruch gegen den Darlehensbescheid des Beklagten vom ist im Wesentlichen ebenso erfolglos geblieben (nur Korrektur des Rückzahlungsbeginns des Darlehens vom in ; Widerspruchsbescheid vom ) wie der Widerspruch gegen den Bescheid vom (weiterer Widerspruchsbescheid vom ).
9Nachdem die Klägerin den Ausbildungsvertrag am mit Wirkung zum gekündigt hatte, besuchte sie ab die Schule nicht mehr. Der Beklagte bewilligte daraufhin zuschussweise Alg II ab (weiterer Bescheid vom ).
10Gegen den Ablehnungsbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom hat die Klägerin Klage erhoben, die Klage sodann gegen die Darlehensbescheide vom und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom erweitert (Schriftsatz vom ).
11Während das SG den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom sowie der Bescheide vom und in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom verurteilt hat, der Klägerin für die Zeit vom 1.1. bis Leistungen als Zuschuss iHv 558 Euro für Januar 2020 und je 732 Euro für Februar und März 2020 zu gewähren (Gerichtsbescheid vom ), hat das LSG auf die Berufung des Beklagten den Gerichtsbescheid des SG geändert und den Beklagten unter Abweisung der Klage im Übrigen und Änderung der angefochtenen Bescheide verpflichtet, der Klägerin für die Zeit vom 15.2. bis Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts von monatlich 732 Euro als Zuschuss zu gewähren und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom ). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, die Klägerin sei bis einschließlich von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen, weil eine Rückausnahme vom Leistungsausschluss nicht greife. Insbesondere entfalte § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Regelung zeitliche Wirkung nur bis zur ersten Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung. Auf die Bestandskraft der Entscheidung komme es nicht an. Allerdings greife der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II ab schon deshalb nicht mehr, weil die Klägerin zu diesem Zeitpunkt nach Maßgabe des § 15b Abs 4 BAföG ihre Ausbildung abgebrochen und nach außen erkennbar endgültig aufgegeben habe. Auf den Zeitpunkt der Wirksamkeit der Kündigung des Vertrags mit der Schule zum komme es nicht an.
12Mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II sowie des § 80 VwGO und macht hilfsweise die Verfassungswidrigkeit des Leistungsausschlusses für Auszubildende nach § 7 Abs 5 SGB II geltend. Dem Widerspruch gegen die Ablehnung von BAföG-Leistungen komme hier wegen der Verknüpfung mit einem Leistungsanspruch nach dem SGB II gemäß § 80 VwGO aufschiebende Wirkung zu. Dem sei bei der Auslegung des § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II Rechnung zu tragen. Die Klägerin sei bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiterhin so zu behandeln, als habe das Amt für Ausbildungsförderung noch nicht über den Antrag entschieden. Zudem ziele die Regelung nicht darauf ab, Zahlungslücken durch die Bearbeitungsdauer bei der Entscheidung über den BAföG-Antrag zu vermeiden, sondern den Lebensunterhalt bis zur Entscheidung über den Antrag zu sichern. Sähe man dies anders, führte dies zu einem in Widerspruch zur Verfassung stehenden Ausschluss von Auszubildenden in schulischer Ausbildung von existenzsichernden Leistungen.
13Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom zu ändern und die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Hamburg vom insgesamt zurückzuweisen.
14Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
15Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend.
Gründe
16Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf zuschussweises Alg II für die Zeit vom 1.1. bis .
171. Gegenstand des Verfahrens ist zum einen der Bescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom , mit dem der Beklagte den Antrag der Klägerin auf zuschussweise Erbringung von Alg II abgelehnt hat. Eine zugleich (konkludente) Ablehnung von Darlehensleistungen ist darin nicht erfolgt (vgl dazu nur - SozR 4-5910 § 88 Nr 3 RdNr 10); solche hatte die Klägerin auch nicht beantragt. Soweit sie mit ihrem Widerspruch zumindest hilfsweise darlehensweise Leistungen geltend gemacht hat, hat der Beklagte darüber im Widerspruchsbescheid vom nicht entschieden. Er hat vielmehr auf die - gesonderte - Verfügung über die Darlehensbewilligung auf Grundlage des Beschlusses im einstweiligen Rechtsschutzverfahren verwiesen (dazu gleich).
18Verfahrensgegenstand ist zudem der Darlehensbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom . Es handelt sich nicht um einen Ausführungsbescheid zum ER-Beschluss vom , der lediglich im Sinne einer vorläufigen Regelung dem Ergebnis des ER-Verfahrens Rechnung trägt (vgl dazu AS 79/20 R - BSGE 133, 297 = SozR 4-4200 § 7 Nr 62 RdNr 10) und mit der Entscheidung in der Hauptsache seine Erledigung fände (§ 39 Abs 2 SGB X; dazu B 8/9b SO 20/06 R - SozR 4-3500 § 90 Nr 1 RdNr 12 mwN). Der Beklagte wollte mit dem Bescheid vom nach dessen eindeutigem Regelungsgehalt vielmehr eigenständige, der gerichtlichen Prüfung unterliegende Verfügungen treffen. Der Regelungsgehalt ist anhand des objektiven Empfängerhorizonts auszulegen, wozu das BSG als Revisionsgericht befugt ist (vgl zuletzt - für BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 16 unter Verweis auf - SozR 4-1300 § 45 Nr 19 RdNr 24; - BSGE 135, 237 = SozR 4-4200§ 20 Nr 2 RdNr 16). Schon aufgrund des Verfügungssatzes, der (abweichend vom Bescheid vom ) nicht lediglich "in Ausführung" des ER-Beschlusses, sondern "aufgrund der Entscheidung vom Sozialgericht vom " Leistungen als Darlehen auf Grundlage der "§ 27 Abs 3 Satz 2 iVm § 24 Abs 4 Satz 1 SGB II" bewilligt und zudem bestimmt, dass das Darlehen in einer Summe am zurückzuzahlen sei, ist bei verständiger Würdigung aus Sicht der Klägerin von einer Entscheidung des Beklagten über die darlehensweise Leistungsbewilligung nach eigener inhaltlicher Prüfung auszugehen. Der Beklagte hat dem Darlehensbescheid vom zudem eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt und über den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom auch in der Sache befunden. Schließlich wurden mit dem Darlehensbescheid Leistungen (auch) für Januar 2020 bewilligt, mithin für einen Monat, der gar nicht vom ER-Beschluss umfasst war.
19Die Darlehensbescheide sind zwar im Wege zulässiger Klageerweiterung (§ 99 Abs 1 iVm Abs 2 SGG) in Bezug auf die darin - vermeintlich - zugleich verfügte Ablehnung zuschussweiser Leistungen Gegenstand des Verfahrens geworden. Nur insoweit und nicht in Bezug auf die Darlehensgewährung selbst hat die Klägerin die Bescheide angreifen wollen. Nach § 99 Abs 1 SGG ist eine Änderung der Klage nur zulässig, wenn die übrigen Beteiligten einwilligen oder das Gericht die Änderung für sachdienlich hält. Die Einwilligung der Beteiligten in die Änderung der Klage ist anzunehmen (§ 99 Abs 2 SGG), wenn sie sich, ohne der Änderung zu widersprechen, in einem Schriftsatz oder in einer mündlichen Verhandlung auf die abgeänderte Klage eingelassen haben. Ein solcher Fall liegt hier vor. Der Beklagte hat sich nach dem vor dem SG gestellten Antrag, die Klage abzuweisen, auf die um die - fristgerecht in das Verfahren eingebrachte - Teilanfechtung der genannten Darlehensbescheide erweiterte Klage in diesem Sinne rügelos eingelassen.
20Allerdings ist die insoweit erweiterte Klage nicht zulässig. Denn es fehlt an einer Beschwer der Klägerin (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG). Die Bescheide enthalten weder in ihrem Verfügungssatz noch in der Begründung Regelungen bzw Ausführungen zu einem Anspruch auf zuschussweise Leistungen. Zudem handelt es sich bei den auf Grundlage von § 27 Abs 1 iVm Abs 3 Satz 1 SGB II (in der ab maßgeblichen Fassung des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom , BGBl I 1824) darlehensweise bewilligten Leistungen nicht nur um ein Minus zum begehrten Zuschuss, sondern um einen anderen Streitgegenstand als die abgelehnte zuschussweise Erbringung von Alg II im Sinne eines aliud (vgl zuletzt - für BSGE und SozR vorgesehen, RdNr 11 mwN). Nach § 27 Abs 1 Satz 2 SGB II gelten die Leistungen nach § 27 SGB II nicht als Alg II. Die Klage, gerichtet gegen die Darlehensbescheide, soweit darin zuschussweise Leistungen abgelehnt werden, geht folglich ins Leere. Insoweit hat das LSG im Ergebnis zurecht die Klage abgewiesen.
21Begrenzt ist der Streit auf die Zeit vom 1.1. bis ; gegen die ab zuschussweise Leistungen zusprechende Entscheidung des LSG hat sich der Beklagte nicht gewandt.
222. Die Klage auf zuschussweises Alg II ist als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs 1, 56 SGG) statthaft. Die Klägerin wendet sich gegen die verfahrensgegenständlichen, Alg II als Zuschuss ablehnenden Bescheide mit dem Ziel deren Aufhebung. Zugleich macht sie geltend, statt der gewährten Darlehen einen Anspruch auf einen Zuschuss in gleicher Höhe zu haben, also die bereits an sie gezahlten Leistungen behalten zu dürfen. Einen Anspruch auf höhere Leistungen als ihr bereits darlehensweise bewilligt hat die Klägerin im gesamten Verfahren nicht geltend gemacht.
233. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1.1. bis keinen Anspruch auf Alg II als Zuschuss. Die Klage gegen den Ablehnungsbescheid vom in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom ist unbegründet.
24a) Rechtsgrundlage für die geltend gemachte zuschussweise Bewilligung von Alg II ist § 19 Abs 1 Satz 1 iVm §§ 7 ff, 20 ff SGB II (idF, die das SGB II für den streitigen Zeitraum zuletzt durch das Gesetz zur Ermittlung der Regelbedarfe und zur Änderung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch sowie weiterer Gesetze vom , BGBl I 2855, erhalten hat; Geltungszeitraumprinzip, vgl - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f).
25b) Die alleinstehende Klägerin zählte, unabhängig von der Erfüllung der weiteren Voraussetzungen, schon deshalb nicht zum leistungsberechtigten Personenkreis nach Alg II, weil sie nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II als Auszubildende im Streitzeitraum von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen war (dazu aa) und ein Rückausnahmetatbestand nach § 7 Abs 6 SGB II nicht vorlag (dazu bb). Der Leistungsausschluss begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (dazu cc).
26aa) Nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II (idF des Gesetzes vom ) haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, über die Leistungen nach § 27 SGB II hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts.
27Der Ausschlusstatbestand ist erfüllt. Die Klägerin durchlief ab bis eine im Grundsatz nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG, dass maßgeblich für die Frage, ob der Leistungsausschluss greift, die konkrete Ausbildung und ihre abstrakte Förderungsfähigkeit ist; individuelle Versagensgründe im Rahmen der Ausbildungsförderung bleiben demgegenüber grundsätzlich außer Betracht (stRspr seit B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6, RdNr 16 mwN; vgl zuletzt nur - SozR 4-1300 § 28 Nr 3 RdNr 15; - SozR 4-4200 § 7 Nr 69 RdNr 15). Dies gilt nach Einführung des § 7 Abs 6 Nr 3 SGB II (zum durch das 22. Gesetz zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom , BGBl I 3254) und des § 27 Abs 3 Satz 2 SGB II (zum durch das Gesetz vom ), die demgegenüber beide an den individuellen Versagensgrund nach § 10 Abs 3 BAföG (Überschreiten der Altersgrenze) anknüpfen, gleichermaßen. Denn systematisch hat der Gesetzgeber die jeweiligen Tatbestände als Rückausnahme vom Leistungsausschluss (§ 7 Abs 6 Nr 3 SGB II) bzw als anspruchsbegründend nur für einen Härtefallzuschuss (§ 27 Abs 3 Satz 2 SGB II) konzipiert, also den grundsätzlichen Leistungsausschluss bei Überschreiten der Altersgrenze beibehalten. Die Prüfung der Förderungsfähigkeit richtet sich nach § 2 BAföG ( -SozR 4-4200 § 7 Nr 20 RdNr 16; zuletzt - SozR 4- 4200 § 7 Nr 69 , RdNr 15).
28Die Klägerin hat ab dem eine 36 Monate umfassende schulische Ausbildung zur Ergotherapeutin an einer Berufsfachschule aufgenommen. Diese Ausbildung war dem Grunde nach gemäß § 2 Abs 1 Nr 2 BAföG förderungsfähig. Danach wird Ausbildungsförderung geleistet ua für den Besuch von Berufsfachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, sofern sie in einem zumindest zweijährigen Bildungsgang einen berufsqualifizierenden Abschluss vermitteln. Die Klägerin war allerdings nach § 7 Abs 3 BAföG (idF des 25. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom , BGBl I 2475) von Leistungen der Ausbildungsförderung für eine weitere Ausbildung nach Maßgabe der bestandskräftigen Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung ausgeschlossen.
29bb) Eine Rückausnahme vom Leistungsausschluss nach § 7 Abs 6 SGB II (idF des Gesetzes vom ) liegt nicht vor.
30Danach ist Absatz 5 Satz 1 nicht anzuwenden auf Auszubildende, die entweder (Nr 1) aufgrund von § 2 Abs 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben, deren Bedarf sich (Nr 2) nach den §§ 12, 13 Abs 1 iVm Abs 2 Nr 1 oder nach § 13 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 2 BAföG bemisst und die Leistungen a) nach dem BAföG erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder b) beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung. § 7 Abs 6 Nr 3 SGB II erfasst Auszubildende, die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Abs 3 BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.
31Von diesen Rückausnahmen kommt allein § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II in Betracht (laufendes Antragsverfahren beim Amt für Ausbildungsförderung). Weder wohnte die Klägerin im streitbefangenen Zeitraum bei ihren Eltern, was der von § 7 Abs 6 Nr 1 SGB II in Bezug genommene § 2 Abs 1a BAföG ua voraussetzt, noch erhielt sie während ihrer schulischen Ausbildung tatsächlich BAföG oder solches nur wegen zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens nicht (§ 7 Abs 6 Nr 2a SGB II), noch besuchte die Klägerin eine der von § 7 Abs 6 Nr 3 SGB II erfassten Schulen.
32Im vorliegenden Streitzeitraum (ab ) war der Anwendungsbereich der Rückausnahme des § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II jedoch nicht mehr eröffnet. Die Klägerin absolvierte zwar als Schülerin einer Berufsfachschule, deren Besuch eine abgeschlossene Berufsausbildung nicht voraussetzt, eine nach § 12 Abs 1 Nr 1 BAföG dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung. Doch erfasst die Regelung - bei offenem Wortlaut - unter Berücksichtigung ihrer Entstehungsgeschichte (dazu unter <1>) sowie systematischen Gesichtspunkten im Zusammenhang mit den aufeinander bezogenen Tatbeständen des § 7 Abs 6 Nr 2a SGB II und des § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II nur die Zeit bis zur ersten Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung über den BAföG-Antrag (dazu unter <2>). Nur dieses Verständnis trägt auch Sinn und Zweck der Regelungen in § 7 Abs 5 und 6 SGB II iVm § 27 SGB II Rechnung (dazu unter <3>).
33 (1) Schon die Entstehungsgeschichte der Tatbestände zeigt, dass nur in eng begrenzten Fallkonstellationen der grundsätzliche Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II für Auszubildende entfallen sollte. Mit diesem Ausschluss bezweckt der Gesetzgeber in Fortführung sozialhilferechtlicher Regelungen des BSHG, eine (verdeckte) Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene durch die Zahlung von Alg II zu verhindern. Der historische Gesetzgeber ging dabei von der Vorstellung aus, dass die Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem BAföG bzw dem SGB III den ausbildungsbedingten Bedarf vollständig decken (dazu grundlegend B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr RdNr 17 ff; B 14/7b AS 28/06 R - SozR 4-4200 § 7 Nr 8 RdNr 25) und deshalb im Grundsatz nachrangige Leistungen zur Lebensunterhaltssicherung (vgl § 2 SGB II) nicht zu leisten sind. Werden Leistungen der Ausbildungsförderung aus individuellen Gründen nicht gewährt oder decken sie den ausbildungsbezogenen Bedarf nicht vollständig, wurde dieses Risiko in der ursprünglichen gesetzgeberischen Konzeption des in § 7 Abs 5 SGB II geregelten Leistungsausschlusses im Grundsatz als alleinige Folge der Ausgestaltung der Ausbildungsförderungssysteme und nicht des nachrangigen Existenzsicherungssystems nach dem SGB II angesehen (so zuletzt zu § 7 Abs 5 SGB II in der bis geltenden Fassung des Gesetzes vom - SozR 4-4200 § 22 Nr 89 RdNr 23 mwN). Bereits § 7 Abs 6 SGB II (idF des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom , BGBl I 2954) sah jedoch eng begrenzte Rückausnahmen vor für Auszubildende, die wegen der Regelung des § 2 Abs 1a BAföG keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung hatten oder deren Bedarf sich nach § 12 Abs 1 Nr 1 BAföG bzw § 66 Abs 1 Satz 1 SGB III bemaß. Ebenfalls existierte eine Härteregelung (§ 7 Abs 5 Satz 2 SGB II idF des Gesetzes vom ), wonach Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in besonderen Härtefällen als Darlehen geleistet werden konnten.
34Diese Härteregelung wurde mit dem Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom (BGBl I 453) zum in § 27 Abs 4 SGB II überführt. Zugleich wurden in § 27 SGB II systematisch die Leistungen für vom Alg II ausgeschlossene Auszubildende in einer Norm zusammengefasst. Mit dieser Gesetzesänderung sollte einerseits - weiterhin - sichergestellt werden, dass keine verdeckte Ausbildungsförderung auf zweiter Ebene erfolgt. Zugleich erkannte der Gesetzgeber jedoch an, dass in bestimmten Ausbildungssituationen zur Sicherung des Lebensunterhalts und der Ausbildung ergänzende Leistungen nach dem SGB II erforderlich sein können (BT-Drucks 17/3404 S 103). Er normierte in Umsetzung von Rechtsprechung des BSG ( B 14/7b AS 36/06 R - BSGE 99, 67 = SozR 4-4200 § 7 Nr 6 RdNr 23) Ansprüche auf nicht ausbildungsbedingte Mehrbedarfe (§ 27 Abs 2 SGB II) und erweiterte den Personenkreis derer, die einen Zuschuss zu ihren angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beanspruchen können (§ 27 Abs 3 SGB II). Erstmals nahm der Gesetzgeber zudem auch die Schnittstelle am Übergang vom SGB II-Leistungsbezug zur Aufnahme einer Ausbildung in den Blick. Er fügte in § 27 Abs 4 Satz 2 SGB II aF (dem § 27 Abs 3 Satz 3 SGB II in der aktuellen Fassung entspricht) eine Darlehensregelung für den ersten Monat der Ausbildung ein. Diese solle eine Zahlungslücke vermeiden, die dem "unbelasteten Beginn der Ausbildung entgegen stehen" könne (BT-Drucks 17/3404 S 103). Denn Auszubildende erhalten in der Regel die Ausbildungsvergütung erst am Monatsende, Alg II wird hingegen monatlich im Voraus erbracht.
35 (2) Eine systematische Neuordnung der maßgeblichen Regelungen und Erweiterungen der Ausnahmetatbestände erfolgte mit dem Gesetz vom . Damit hat der Gesetzgeber zum die Regelungen in § 7 Abs 5 und Abs 6 SGB II umgestaltet, den Kreis der darlehensweise zu erbringenden Härtefallmehrbedarfe in § 27 Abs 3 SGB II um einen Verweis auf § 21 Abs 7 SGB II und § 28 SGB II erweitert sowie den Härtefallzuschuss für ältere Auszubildende in § 27 Abs 3 Satz 2 SGB II eingeführt. Ziel der gesamten Rechtsänderungen war eine (weitere) Entschärfung der Schnittstelle zwischen der Ausbildungsförderung und der Grundsicherung für Arbeitsuchende (BT-Drucks 18/8041 S 24, 30), um die Aufnahme und das Absolvieren einer Ausbildung zu erleichtern. Den Leistungsausschluss als solchen hat der Gesetzgeber allerdings nicht aufgegeben. Umgesetzt wurde dieses Ziel dadurch, dass einerseits in § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II der Kreis der vom Leistungsausschluss ausgenommenen Auszubildenden durch die Streichung der Wörter "oder der §§ 51, 57 und 58 SGB III" erweitert wurde. In der Folge können seitdem insbesondere diejenigen, die eine duale Berufsausbildung absolvieren (vgl § 57 SGB III), wegen einer zu geringen Ausbildungsvergütung (und ggf mit ergänzender Berufsausbildungsbeihilfe nach §§ 56 ff SGB III) ihren Lebensunterhalt aber nicht vollständig decken können, ergänzend Leistungen nach dem SGB II erhalten.
36Zugleich ist die bedarfsbezogene Rückausnahme vom Leistungsausschluss in § 7 Abs 6 Nr 2 SGB II um schulische Ausbildungen nach § 12 Abs 1 Nr 2 BAföG und Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 13 Abs 1 Nr 1 iVm Abs 2 Nr 2 BAföG bemisst, erweitert worden. Seitdem können ua alle Auszubildenden in schulischen Ausbildungen im Grundsatz aufstockend Leistungen nach dem SGB II beanspruchen. Dem Gedanken folgend, wie bei Auszubildenden in betrieblicher Ausbildung einen die Ausbildungsförderung nur ergänzenden Leistungsanspruch begründen zu wollen, müssen bei schulischen Ausbildungen Leistungen nach dem BAföG daher entweder tatsächlich bezogen oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen oder Vermögen nicht bezogen werden (§ 7 Abs 6 Nr 2a SGB II; vgl zu diesem Verständnis auch BT-Drucks 18/8041 S 31).
37Unter Berücksichtigung der systematisch aufeinander bezogenen Tatbestände in § 7 Abs 6 Nr 2a und 2b SGB II ist deshalb ein Verständnis des § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II geboten, das eine Rückausnahme vom Leistungsausschluss nur für den Beginn der Ausbildung erlaubt, zeitlich begrenzt bis zur ersten Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung (Ausgangsentscheidung) über einen BAföG-Antrag (für ein Abstellen auf den Abschluss des Widerspruchsverfahrens sprechen sich aus Leopold in jurisPK SGB II, 5. Aufl 2020, Stand , § 7 RdNr 377 und Geiger in Münder/Geiger/Lenze SGB II, 8. Aufl 2023, § 7 RdNr 197, beide unter Verweis auf SG Stade vom - S 39 AS 67/18). Nur vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen in der Entwurfsbegründung zu § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II zu verstehen, wonach die Jobcenter nicht vorab entscheiden könnten, "ob ein Anspruch auf Ausbildungsförderung, der erst zu einer ergänzenden Zahlung von Arbeitslosengeld II führen würde, wahrscheinlich bestehen wird" (BT-Drucks 18/8041 S 31). Ziel der Regelung in § 7 Abs 6 Nr 2 SGB II ist es also im Ergebnis (nur), wie für Auszubildende im dualen System der betrieblichen Ausbildung, aufstockende SGB II-Leistungen ua auch für Auszubildende in schulischen Ausbildungen zu ermöglichen. Da Auszubildende in schulischer Ausbildung allerdings ihren Lebensunterhalt regelhaft nicht durch eine Ausbildungsvergütung decken können, setzt das Entstehen einer Schnittstelle zwischen Ausbildungsförderung und Existenzsicherung die Bewilligung von Leistungen der Ausbildungsförderung voraus. Zu überbrücken ist damit die Zeit bis zur Entscheidung über den BAföG-Antrag. Der Gesetzgeber hat sich im Rahmen der ihm obliegenden Gestaltungsfreiheit dafür entschieden, die Unsicherheit über die Finanzierung des Lebensunterhalts bei schulischer Ausbildung bis zur Entscheidung des Amtes für Ausbildungsförderung durch zuschussweise Leistungen nach dem SGB II aufzufangen und den an sich bestehenden Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II (wegen der Absolvierung einer dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung) insoweit zu beschränken.
38Wird über den BAföG-Antrag durch das Amt für Ausbildungsförderung positiv entschieden, ist der Weg zur Rückausnahme nach § 7 Abs 6 Nr 2a Alt 1 SGB II und einer aufstockenden SGB II-Leistungserbringung eröffnet. Für den Fall der Ablehnung greift systematisch - rückwirkend - ab Beginn der Ausbildung zwar der Leistungsausschluss nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II. Ohne dass sich die Gesetzesbegründung ausdrücklich zu den Motiven verhält, hat sich der Gesetzgeber aber dafür entschieden, das Ende der Rückausnahme und damit den Beginn des Leistungsausschlusses nach § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 2 SGB II auf den Beginn des auf die Ablehnung folgenden Monats festzulegen. Damit wird das Wiedereingreifen des Leistungsausschlusses zeitlich abgefedert und zugleich unter dem Gesichtspunkt der Verwaltungsvereinfachung vermieden, dass eine bereits erfolgte Bewilligung von Alg II zurückgenommen und die Leistung zurückgezahlt werden muss. Härten im Einzelfall kann über darlehensweise Leistungen nach § 27 Abs 3 Satz 1 SGB II Rechnung getragen werden.
39Soweit die Klägerin einen Suspensiveffekt von Widerspruch und Anfechtungsklage gegen eine ablehnende BAföG-Entscheidung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach § 80 VwGO behauptet, weil das materielle Recht der Ausbildungsförderung an die Ablehnung weitergehende Wirkungen (gemeint: Entfallen der Rückausnahme vom Leistungsausschluss) knüpfe und daraus schließt, dem müsse durch die zuschussweise Gewährung von Alg II Rechnung getragen werden, überzeugt dies nicht. Schon eine im Sinne des Revisionsvorbringens "anerkannte Rechtsstellung", die infolge der ablehnenden BAföG-Entscheidung verloren ginge (zum im Grundsatz fehlenden Suspensiveffekt eines Widerspruchs gegen einen eine Begünstigung ablehnenden Bescheid vgl nur Funke-Kaiser in Bader/Funke-Kaiser/Stuhlfauth/von Albedyll, VwGO, 8. Aufl 2021, § 80 RdNr 2), liegt nicht vor. Die Systematik des § 7 Abs 5 Satz 1 iVm § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II geht, wie ausgeführt, von einem Leistungsausschluss aus, wird eine abstrakt förderungsfähige Ausbildung absolviert.
40Anders als dies die Beteiligten sehen, ist auch der Umstand, dass im Verhältnis zu Leistungen anderer Träger in § 5 Abs 3 Satz 3 SGB II auf eine bestandskräftige Entziehung oder Versagung abgestellt wird, für die Auslegung des § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II schon wegen des abweichenden Regelungskontextes nicht von Bedeutung. § 5 Abs 3 SGB II zielt darauf ab, dass Leistungsberechtigte vorrangige Leistungen anderer Träger realisieren und damit den Nachrang von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende sicherstellen (BT-Drucks 15/1516 S 51 f). Die Zielerreichung sichert § 5 Abs 3 Satz 3 SGB II verfahrensrechtlich dadurch ab (S. Knickrehm in Luik/Harich SGB II, 6. Aufl 2024, § 5 RdNr 27), dass die bestandskräftige Versagung/Entziehung der vorrangigen Leistung wegen mangelnder Mitwirkung auch die Versagung/Entziehung von Leistungen nach dem SGB II nach sich zieht. Damit ist die Situation des § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II nicht zu vergleichen und daher für die Frage, ob aus der dort normierten Bestandskraft Ableitungen zu § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II möglich sind, unergiebig. § 7 Abs 6 Nr 2b SGB II setzt gerade einen beim Amt für Ausbildungsförderung als dem vorrangigen Träger gestellten Antrag voraus.
41 (3) Das zu § 7 Abs 6 Nr 2b Halbsatz 1 SGB II gefundene Verständnis entspricht schließlich auch Sinn und Zweck des § 7 Abs 5 Satz 1 iVm § 7 Abs 6 Nr 2 SGB II. Der Leistungsausschluss und das damit angestrebte Ziel der Vermeidung einer verdeckten Ausbildungsfinanzierung durch Alg II liefe vielfach leer, würde auf den Abschluss des Widerspruchs- bzw eines sich anschließenden Klageverfahrens gegen die Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung abgestellt. Die Auszubildenden wären dann häufig in ihrer Ausbildung weit fortgeschritten und hätten - trotz ihres grundsätzlichen Ausschlusses von Alg II nach § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II - in dieser Zeit im Ergebnis zu Unrecht zuschussweise Leistungen erhalten. Selbst wenn dieser Grundsatz durch die Rechtsänderungen seit Inkrafttreten des § 7 Abs 5 SGB II zum , insbesondere durch die Erweiterung der Möglichkeiten, aufstockend SGB II-Leistungen zusätzlich zur Ausbildungsvergütung bzw Ausbildungsförderung zu erhalten, nicht mehr in der ursprünglichen Klarheit seinen gesetzlichen Niederschlag findet, hat ihn der Gesetzgeber doch aufrechterhalten. Weder hat er vom Leistungsausschluss gänzlich abgesehen, noch die Rückausnahmetatbestände auf jede denkbare Ausbildungs- bzw Lebenssituation erweitert. Gleiches gilt für die Tatbestände, an die die Rückausnahmen in Nr 2 geknüpft werden. Ziel ist, Auszubildenden aufstockend SGB II-Leistungen als Zuschuss bewilligen zu können und nur für die absehbar vorübergehende Dauer der Antragsbearbeitung durch das Amt für Ausbildungsförderung den Leistungsausschluss zurücktreten zu lassen. Rechtsschutz gegen eine ablehnende BAföG-Entscheidung ist im vorgelagerten Leistungssystem und damit in der Anfechtung des ablehnenden BAföG-Bescheids bzw dem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor den Verwaltungsgerichten zu suchen. Eine andere Sichtweise widerspräche letztlich auch dem mit den Gesetzesänderungen verbundenen Gedanken der Abfederung von Notlagen im Schnittstellenbereich.
42c) Verfassungsrechtliche Bedenken gegen den Leistungsausschluss in der seit bestehenden Fassung bestehen nicht. Der Senat sieht daher keine Veranlassung für eine Vorlage an das BVerfG zur konkreten Normenkontrolle nach Art 100 GG.
43Das BVerfG hat die Regelung des § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II in der bis zum maßgeblichen Fassung des 22. Gesetzes zur Änderung des Bundesausbildungsförderungsgesetzes vom (BGBl I 3254) auch unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG) verfassungsrechtlich nicht beanstandet ( - juris RdNr 22). Es hat betont, dass § 7 Abs 5 Satz 1 SGB II aF den Nachrang existenzsichernder Leistungen nach dem SGB II gegenüber vorrangigen besonderen Sozialleistungssystemen zur Sicherung des Lebensunterhalts wie dem BAföG konkretisiere. Der Gesetzgeber dürfe im Rahmen seines Gestaltungsspielraums in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgehen, dass das menschenwürdige Existenzminimum, soweit eine durch die Ausbildung bedingte Bedarfslage entstanden sei, vorrangig durch Leistungen nach dem BAföG beziehungsweise dem SGB III zu decken sei. Einzubeziehen in die verfassungsrechtliche Würdigung sei zudem ua die Möglichkeit der Darlehensgewährung in Härtefällen (dazu - juris RdNr 20 ff).
44Vor diesem Hintergrund bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Grenzen seines Gestaltungsspielraums mit den hier maßgeblichen, zum in Kraft getretenen Änderungen in § 7 Abs 5 und 6 SGB II sowie Folgeänderungen in § 27 SGB II überschritten hat. Im Gegenteil: Er hat - unter Beibehaltung des Nachrangs der Leistungen nach dem SGB II - die Möglichkeiten eines aufstockenden zuschussweisen Bezugs von Alg II neben Leistungen der Ausbildungsförderung erweitert und zugleich den vom Leistungsausschluss erfassten Kreis der Auszubildenden an der Schnittstelle zwischen Ausbildungsbeginn und der Entscheidung des Amts für Ausbildungsförderung vorübergehend davon ausgenommen. Mit dem Ziel, die Ausbildungsbereitschaft der Betroffenen zu erhalten bzw zu stärken, hat er damit bestimmte Lücken im Recht der Ausbildungsförderung ausgeglichen, die er nach der Rechtsprechung des BVerfG im Rahmen seines Gestaltungsspielraums als nicht dem System des BAföG zugehörig ansehen durfte (dazu zuletzt - NZS 2025, 21 RdNr 43 mwN). Zugleich liegt kein Verstoß gegen Art 1 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG vor, wenn Bedürftigkeit beispielsweise durch die Aufnahme einer existenzsichernden Erwerbstätigkeit beendet oder vermieden werden kann (vgl dazu auch - BVerfGE 152, 68 RdNr 126), selbst wenn infolge dessen eine grundrechtlich durch Art 12 Abs 1 GG geschützte schulische Ausbildung ggf nicht mehr möglich ist (zuletzt - NZS 2025, 21 RdNr 37 ff).
45Anders als dies die Klägerin sieht, liegt insbesondere in der unterschiedlichen Behandlung Auszubildender in betrieblicher Ausbildung (vom Leistungsausschluss ausgenommen) und schulischer Ausbildung (Leistungsausschluss besteht, im Wege der Rückausnahme aufstockende Leistungen zur Ausbildungsförderung möglich) kein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG.
46Art 3 Abs 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitsgrundsatz will vielmehr ausschließen, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (stRspr; - BVerfGE 104, 126 = SozR 3-8570 § 11 Nr 5, juris RdNr 56). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Maß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Aus dem allgemeinen Gleichheitssatz ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen. Dabei gilt insoweit ein stufenloser Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (stRspr; vgl - BVerfGE 138, 136 RdNr 121; - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15 RdNr 69). Eine strenge Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft. Dabei verschärfen sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art 3 Abs 3 GG annähern (stRspr; vgl - BVerfGE 138, 136 RdNr 122 mwN). Weitergehende Einschränkungen können sich auch aus anderen Verfassungsnormen ergeben (vgl - BVerfGE 112, 50 = SozR 4-3800 § 1 Nr 7, juris RdNr 56). Auf dem Gebiet des Sozialrechts ist dem Gesetzgeber eine besonders weite Gestaltungsfreiheit zuzugestehen (zuletzt - NZS 2025, 21 RdNr 43 ff). Rechtfertigender Grund für eine Ungleichbehandlung kann dabei insbesondere der Nachrang von Sozialleistungen sein, zu dem auch der Einsatz anderweitigen Einkommens gehört.
47Gemessen an diesem Prüfungsmaßstab begegnet die Ausgestaltung des § 7 Abs 5 und Abs 6 SGB II keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Gruppen der Auszubildenden in betrieblicher und schulischer Ausbildung sind nur insoweit vergleichbar, als sie sich in Ausbildung befinden. Die Auszubildenden in betrieblicher Ausbildung erhalten aber infolge des Durchlaufens dieser Ausbildung eine Ausbildungsvergütung, die typisierend den Lebensunterhalt deckt oder ggf durch Leistungen der Berufsausbildungsbeihilfe, der Höhe nach auf Leistungen nach dem BAföG begrenzt, ergänzt wird. In Fällen, in denen das Existenzminimum trotzdem nicht gesichert ist, sind aufstockende SGB II-Leistungen möglich. Auszubildende in schulischer Ausbildung hingegen decken ihren Lebensunterhalt regelhaft nicht durch eine Ausbildungsvergütung, sondern durch Leistungen der Ausbildungsförderung (BAföG/SGB III). Ist dies der Fall, ermöglicht auch § 7 Abs 6 Nr 2a SGB II aufstockenden SGB II-Leistungsbezug. Keine Kompensation durch zuschussweises Alg II sieht das SGB II also auf der ersten Ebene der Lebensunterhaltssicherung beim Durchlaufen einer Ausbildung vor. Dieser Bedarf kann nicht bei beruflicher Ausbildung, sondern nur im Bereich der schulischen Ausbildung anfallen. An diesen Unterschied durfte der Gesetzgeber vor dem Hintergrund des gewollten Ausschlusses der Ausbildungsförderung durch Leistungen der Existenzsicherung mithin ohne Verstoß gegen Verfassungsrecht im Rahmen des § 7 Abs 5 und 6 SGB II unterschiedliche Rechtsfolgenkonzepte anknüpfen.
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2025:120325UB7AS524R0
Fundstelle(n):
LAAAJ-94549