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BGH Beschluss v. - GSSt 1/24

Leitsatz

1.    Hat der Täter vorrätig gehaltenes Cannabis teilweise zur gewinnbringenden Veräußerung und teilweise für den Eigenkonsum bestimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis neben dem Handelsdelikt unter konkurrenzrechtlichen Gesichtspunkten aus, wenn die Eigenkonsummenge für sich gesehen keine der die Strafbarkeit regelnden Grenzen überschreitet.

2.    Bei der Einziehung von Cannabis als Tatobjekt muss eine dem Eigenkonsum des Täters oder Teilnehmers dienende Teilmenge, die für sich betrachtet die straffreien oder erlaubten Besitzmengen wahrt, nicht ausgenommen werden.

Gesetze: § 34 Abs 1 Nr 1 KCanG, § 34 Abs 1 Nr 4 KCanG, § 37 KCanG, § 74 Abs 2 StGB

Gründe

I.

1Die Vorlage betrifft die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG) am aufgekommene Frage, ob die Strafbarkeit des Besitzes gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG in den Fällen, in denen vorrätig gehaltenes Cannabis sowohl zum Handeltreiben als auch für den Eigenkonsum bestimmt ist, anhand der Gesamtmenge oder allein anhand der von der Handelsmenge zu unterscheidenden Eigenkonsummenge zu beurteilen ist. Zudem ist der Umfang, in dem nicht zu Handelszwecken besessenes Cannabis der Einziehung nach § 37 KCanG unterliegt, Gegenstand des Vorlagebeschlusses des 2. Strafsenats.

21. In dem beim 2. Strafsenat anhängigen Verfahren hat das Landgericht Frankfurt am Main den Angeklagten am wegen „gemeinschaftlichen“ Raubes in Tateinheit mit „gemeinschaftlicher“ gefährlicher Körperverletzung sowie wegen „unerlaubten“ Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt und angeordnet, dass „die in dem Verfahren sichergestellten Betäubungsmittel“ eingezogen werden.

3Das Landgericht hat zu dem – hier allein relevanten – Fall 1 der Urteilsgründe im Wesentlichen folgende Feststellungen getroffen:

4Der Angeklagte führte am gegen 16.30 Uhr auf öffentlichem Verkehrsgrund in F.                         27,48 Gramm Marihuana mit einem Wirkstoffgehalt von 2,41 Gramm THC sowie 19,8 Gramm Haschisch mit einem Wirkstoffgehalt von 3,64 Gramm THC mit sich, um die hälftige Menge gewinnbringend zu veräußern; die andere Hälfte diente seinem Eigenkonsum. Der Angeklagte wurde einer Polizeikontrolle unterzogen, das Marihuana und das Haschisch wurden sichergestellt.

52. Der 2. Strafsenat beabsichtigt, auf die Revision des Angeklagten das angefochtene Urteil im Fall 1 der Urteilsgründe dahin zu ändern, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Cannabis in Tateinheit mit Besitz von Cannabis schuldig und die Einziehung von 27,48 Gramm Marihuana sowie 19,8 Gramm Haschisch angeordnet ist. Hinsichtlich der zum gewinnbringenden Verkauf bestimmten Teilmenge sei der Angeklagte des Handeltreibens mit Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG schuldig. Tateinheitlich hierzu habe er den Tatbestand des Besitzes von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KCanG verwirklicht, denn bei der Bestimmung des strafbaren Besitzes sei angesichts der hier unerheblichen Motivlage auf die besessene Gesamtmenge und nicht nur auf die zum Eigenkonsum bestimmte Menge abzustellen.

63. An der beabsichtigten Entscheidung sieht sich der 2. Strafsenat – soweit sie die tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Cannabis und die Einziehungsentscheidung betrifft – durch divergierende Entscheidungen des Bundesgerichtshofs gehindert. So werde zum einen vertreten, die Besitzstrafbarkeit sei allein anhand der (hier die Sanktionsschwelle nicht erreichenden) Eigenkonsummenge zu beurteilen (vgl. 1. Strafsenat, Beschluss vom – 1 StR 205/24, juris Rn. 4; 5. Strafsenat, Beschluss vom – 5 StR 550/23, juris Rn. 9). Zum anderen habe der Gesetzgeber im Konsumcannabisgesetz erlaubte „Freimengen“ vorgesehen, die sanktionslos (vgl. 4. Strafsenat, Beschluss vom – 4 StR 50/24, StV 2024, 595 Rn. 12 ff.; 5. Strafsenat, Beschlüsse vom – 5 StR 68/24, juris Rn. 2; vom – 5 StR 153/24, NStZ-RR 2024, 216; 6. Strafsenat, Beschlüsse vom – 6 StR 536/23, juris Rn. 30; vom – 6 StR 24/24, juris Rn. 5 f.) und in der Folge von der Einziehung ausgenommen bleiben müssten. Dem entgegenstehend habe der 1. Strafsenat in nicht tragenden Ausführungen die Ansicht vertreten, die in § 34 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 12 KCanG normierten Einschränkungen der Strafbarkeit seien „Freigrenzen“, bei deren Überschreiten die Handlung hinsichtlich des gesamten besessenen, angebauten oder erworbenen Cannabis strafbewehrt sei und dieses als Bezugsgegenstand vollständig der Einziehung gemäß § 37 KCanG, § 74 Abs. 2 StGB unterliege (Beschluss vom – 1 StR 105/24, juris Rn. 22 ff.).

74. Der 2. Strafsenat hat dem Großen Senat für Strafsachen wegen grundsätzlicher Bedeutung gemäß § 132 Abs. 4 GVG folgende Rechtsfragen zur Entscheidung vorgelegt (Vorlagebeschluss vom – 2 StR 107/24, NStZ 2025, 48):

a)    Kommt es für die Beurteilung der Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG in Fällen, in denen vorrätig gehaltenes Cannabis sowohl zum Handeltreiben als auch für den Eigenkonsum bestimmt ist, auf die Gesamtmenge an, oder ist die dem Eigenkonsum dienende Teilmenge gesondert zu betrachten?

b)    Muss bei einer auf § 37 KCanG gestützten Einziehung eine dem Eigenkonsum dienende und die Grenzen des § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 3 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KCanG oder des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG nicht übersteigende Cannabismenge stets ausgenommen werden?

85. Der Generalbundesanwalt erachtet die Vorlage für zulässig und beantragt, entgegen der Rechtsansicht des 2. Strafsenats zu entscheiden. Er ist der Auffassung, dass in den Fällen, in denen vorrätig gehaltenes Cannabis sowohl zum Handeltreiben als auch für den Eigenkonsum bestimmt ist, im Hinblick auf die Strafbarkeit des Besitzes nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG die Handelsmenge und die Eigenkonsummenge aufgrund der Privilegierung des Eigenkonsumbesitzes getrennt zu betrachten seien. Zudem müsse bei der auf § 37 KCanG gestützten Einziehung eine die Erlaubnisgrenzen wahrende Cannabismenge stets ausgenommen werden.

II.

9Die Vorlage ist gemäß § 132 Abs. 4 GVG zulässig.

10Die Vorlegungsfragen sind von grundsätzlicher Bedeutung (§ 132 Abs. 4 GVG). Denn sie reichen über den Einzelfall hinaus und können sich jederzeit wieder stellen, wobei ihre Beantwortung voraussichtlich Bedeutung für eine große Zahl weiterer Verfahren erlangen wird (st. Rspr.; vgl. allgemein hierzu BGH, Beschlüsse vom  – GSSt 2/20, BGHSt 65, 242 Rn. 11; vom – GSSt 3/17, BGHSt 62, 247 Rn. 19). Der Große Senat für Strafsachen hat die Vorlegungsfragen nach Maßgabe der Beschlussformel neugefasst. Die zweite Vorlegungsfrage ist auch für die Einziehung von Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KCanG) relevant.

III.

11Der Große Senat für Strafsachen beantwortet die Vorlegungsfragen wie aus der Entscheidungsformel ersichtlich.

121. Die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG ist in den Fällen, in denen vorrätig gehaltenes Cannabis sowohl zum Handel als auch für den Eigenkonsum bestimmt ist, gesondert anhand der dem Eigenkonsum dienenden Teilmenge zu beurteilen. Auf die Gesamtbesitzmenge kommt es insoweit nicht an (vgl. über die Nachweise in der Vorlage hinaus BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 422/24, juris Rn. 7; vom – 4 StR 93/24, juris Rn. 4; vom – 3 StR 40/24, juris Rn. 10 ff.; offen , juris Rn. 6). Zwar besitzt der Täter das gesamte Cannabis. Das Handeltreiben mit Cannabis verdrängt aber dessen Besitz, soweit die Handelsmenge reicht. Daher richtet sich die Beurteilung, ob daneben eine – allein die Überschreitung der gesetzlichen Schwellenwerte erfassende – Strafbarkeit wegen Besitzes von Cannabis vorliegt, nach der Eigenkonsummenge. Diese ist im Ergebnis gesondert dahin zu betrachten, ob sie eine für sich genommen tatbestandsmäßige Mehrmenge über die Grenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG hinaus umfasst. Im Einzelnen:

13a) Das zum in Kraft getretene Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (CanG, BGBl. I Nr. 109) hat Cannabisprodukte dem Anwendungsbereich des Gesetzes über den Verkehr mit Betäubungsmitteln (BtMG) entzogen. Cannabis, das keinen medizinischen Zwecken dient, unterfällt seither dem Gesetz zum Umgang mit Konsumcannabis (KCanG, BGBl. I Nr. 109). Grundsätzlich verbietet § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 12 KCanG weiterhin den Umgang mit Cannabis einschließlich dessen Besitz. Jedoch ist gemäß § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 3 KCanG volljährigen Personen der Besitz von Cannabis in Grenzen von bis zu 25 Gramm in der Öffentlichkeit zum Eigenkonsum (§ 3 Abs. 1 KCanG) und von bis zu 50 Gramm an ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KCanG) gestattet; dort ist zudem der Besitz von drei lebenden Cannabispflanzen (§ 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 KCanG) erlaubt. Die besessene Cannabismenge in den Fällen des § 3 Abs. 1 KCanG und des § 3 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 KCanG darf „insgesamt“ 50 Gramm nicht übersteigen (§ 3 Abs. 2 Satz 2 KCanG).

14Das Umgangsverbot und die Erlaubnistatbestände nach §§ 2, 3 KCanG sind mit den Straf- und Bußgeldvorschriften in §§ 34, 36 KCanG verschränkt. Bei den konsumnahen Delikten des Besitzes, des Anbaus, des Erwerbs und der Entgegennahme (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 1, 2 und 12 KCanG) bleibt die Strafbarkeit hinter den verwaltungsrechtlichen Verbotsnormen zurück (vgl. Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 324 f.). Bei dem hier maßgeblichen Besitz zeigt sich dies schon darin, dass die straffreien Besitzmengen die entsprechenden Erlaubnisgrenzen des § 3 Abs. 1 und 2 KCanG übersteigen.

15b) Nach dem Wortlaut von § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG macht sich strafbar, wer entgegen § 2 Abs. 1 Nr. 1 KCanG an einem Ort, der nicht sein Wohnsitz oder sein gewöhnlicher Aufenthalt ist, mehr als 30 Gramm Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KCanG) oder wer insgesamt mehr als 60 Gramm Cannabis besitzt (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b KCanG). Die Vorschrift knüpft – anders als der auf den Eigenkonsum zielende § 3 Abs. 1 KCanG – an den Begriff des Besitzes an, ohne nach dessen Grund oder Zweck zu differenzieren (vgl. Vorlagebeschluss Rn. 23).

16Der „Besitz“ von Cannabis ist ein tatsächliches Herrschaftsverhältnis verbunden mit einem (Eigen- oder Fremd-)Besitzwillen, der darauf gerichtet ist, sich die ungehinderte Einwirkung auf die Sache zu erhalten (vgl. , juris Rn. 10 mwN). Dieses Verständnis deckt sich mit jenem im Rahmen des Betäubungsmittelgesetzes, an dessen Begrifflichkeiten der Gesetzgeber die Tathandlungen des Konsumcannabisgesetzes ausdrücklich angelehnt hat (vgl. BT-Drucks. 20/8704 S. 94; s. hierzu BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 45/24, juris Rn. 6; vom – 4 StR 5/24, StV 2024, 593 Rn. 7; vom – 6 StR 117/24, StV 2024, 581 Rn. 11). Für die Besitzstrafbarkeit kommt es auf die der Sachherrschaft des Betroffenen zugrundeliegende Motivlage nicht an (vgl. , BGHR BtMG § 29 Abs. 1 Nr. 3 Besitz 1).

17c) Nach diesen Maßgaben besitzt der Täter gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG sowohl eine Cannabismenge, die er zum Handeltreiben vorgesehen hat, als auch eine zugleich verfügbare Eigenkonsummenge. Im Betäubungsmittelstrafrecht verwirklicht selbst der gleichzeitige Besitz verschiedener Betäubungsmittel – auch bei getrennt vorgehaltenen Mengen – den Tatbestand des Besitzes von Betäubungsmitteln nur einmal (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 233/23, juris Rn. 4; vom – 4 StR 580/16, StV 2018, 504 Rn. 4; vom – 4 StR 516/14, NStZ-RR 2015, 174 f.; vom – 4 StR 144/13, NStZ 2014, 163; Urteil vom – 3 StR 375/03, NStZ-RR 2004, 146, 147 f.). Es liegt materiell-rechtlich keine gleichartige Tateinheit, sondern eine einzige Besitzstraftat vor (vgl. , juris Rn. 8; Weber in Weber/Kornprobst/Maier, BtMG, 6. Aufl., § 29 Rn. 1393 mwN). Gründe, dies für den Besitz von Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG anders zu beurteilen, sind angesichts des an das Betäubungsmittelgesetz angelehnten Begriffsverständnisses nicht ersichtlich (vgl. , NJW 2025, 314 Rn. 26).

18d) Hat der Täter vorrätig gehaltenes Cannabis teilweise zur gewinnbringenden Veräußerung und teilweise für den Eigenkonsum bestimmt, scheidet ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG) neben dem Handelsdelikt (§ 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG) unter konkurrenzrechtlichen Gesichtspunkten aus, wenn die Eigenkonsummenge für sich gesehen keine der die Strafbarkeit regelnden Grenzen überschreitet. Insoweit erfährt der Besitz der Eigenkonsummenge – oder einer sonstigen Cannabismenge, die von keiner anderen Tatvariante des § 34 KCanG erfasst wird – eine eigenständige Betrachtung.

19aa) Das Tatgericht hat zu klären, ob und in welchem Umfang das – gegebenenfalls vermengt – besessene Cannabis einerseits dem Handeltreiben und andererseits dem Eigenkonsum diente (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 93/24, juris Rn. 4; vom – 3 StR 40/24, juris Rn. 10 ff.). Hiervon entbindet auch der Umstand nicht, dass § 34 Abs. 1 KCanG für den Besitz von Cannabis (Nr. 1) den gleichen Strafrahmen wie für das Handeltreiben mit diesem Stoff (Nr. 4) vorsieht. Denn im Verhältnis zu anderen (spezielleren) Begehungsformen des § 34 Abs. 1 KCanG hat der strafbare Besitz von Cannabis einen geringeren Unwertgehalt (vgl. etwa , juris Rn. 40 zum BtMG). Daher wirken sich die zum gewinnbringenden Verkauf und für den Eigenkonsum bestimmten Teilmengen sowie ihr Verhältnis zueinander sowohl bei der rechtlichen Einordnung des Sachverhalts als auch bei der Gewichtung der Taten im Rahmen der Strafzumessung aus (vgl. , NStZ-RR 2014, 344, 345; Beschlüsse vom – 2 StR 531/07, NStZ-RR 2008, 153; vom – 3 StR 116/04, StV 2004, 602, 603, jeweils zu § 29a BtMG).

20bb) Soweit die Handelsmenge reicht, verdrängt der Tatbestand des Handeltreibens mit Cannabis nach § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG deren Besitz gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b KCanG. In Anknüpfung an die konkurrenzrechtlichen Grundsätze nach dem Betäubungsmittelgesetz handelt es sich bei dem Besitz von Cannabis um einen Auffangtatbestand (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 296/24, juris Rn. 10; vom – 1 StR 274/24, NStZ-RR 2024, 345, 346; vom – 3 StR 98/24, juris Rn. 10; vom – 4 StR 187/24, juris Rn. 9; krit. Möllinger, NStZ 2025, 52, 55 ff.; Lichtenthäler, JR 2024, 328, 329 ff.). Dieser geht in der spezielleren Tatvariante des täterschaftlichen Handeltreibens mit Cannabis auf, dessen Teilakt er ist (vgl. , NStZ-RR 2024, 345, 346 mwN). Hingegen besteht zwischen dem Handeltreiben mit Cannabis und einem strafbaren Besitz der Eigenkonsummenge Tateinheit nach § 52 Abs. 1 StGB (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 299/24, juris Rn. 6; vom – 3 StR 317/24, juris Rn. 3; vom – 5 StR 303/24, juris Rn. 5; vom – 4 StR 430/15, NStZ-RR 2016, 82 f. [zum BtMG]).

21Das materiell-rechtliche Nebeneinander der Handels- und der Besitzstrafbarkeit erfordert allgemeinen konkurrenzrechtlichen Grundsätzen entsprechend eine Betrachtung, die eigenständig an die Handelsmenge auf der einen sowie an die Eigenkonsummenge auf der anderen Seite anknüpft. Eine Addition beider (Gewichts-)Mengen kommt ungeachtet des tateinheitlichen Zusammentreffens nicht in Betracht (vgl. Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 327; s. auch zur Berechnung der nicht geringen Menge im BtMG etwa , juris Rn. 4; Urteil vom – 1 StR 364/18, StV 2020, 378 Rn. 15). Dies kann – wie im vorgelegten Fall – dazu führen, dass das dem Eigenkonsum dienende Cannabis keine strafbare Besitzmenge umfasst und daher ein Schuldspruch wegen Besitzes von Cannabis neben dem Handelsdelikt ausscheidet.

22e) Ein solches Ergebnis ist nicht korrekturbedürftig, sondern entspricht der Grundkonzeption des § 34 KCanG. Die in der Vorlage befürwortete „Gesamtbetrachtung“ ist auch in den Fällen nicht angezeigt, in denen erst das Gesamtgewicht von zu verschiedenen Zwecken in Besitz gehaltenen Cannabismengen die Sanktionsgrenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG überschreitet. Für eine solche Durchbrechung der aufgezeigten Maßgaben fehlt es an einer inneren Rechtfertigung.

23aa) Die vorliegende Konstellation ist entgegen dem Vorlagebeschluss (vgl. Rn. 26) nicht mit der Rechtslage bei § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG vergleichbar. Übersteigen dort die Handels- und die Eigenkonsummenge nicht für sich, aber in ihrer Summe den Grenzwert zur nicht geringen Menge, so tritt zum Besitz der nicht geringen (Gesamt-)Menge gemäß § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG tateinheitlich ein „einfaches“ Handeltreiben nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BtMG hinzu (vgl. BeckOK BtMG/Becker, 25. Ed., § 29a BtMG Rn. 34 mwN). Der zum Verbrechen qualifizierte Besitz wird also (insgesamt) nicht von einem Vergehen des Handeltreibens verdrängt. Denn es wäre ein Wertungswiderspruch, wenn der – eine weitere Tatvariante verwirklichende – Täter statt wegen eines Verbrechens lediglich wegen zweier tateinheitlich zusammentreffender Vergehen nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BtMG bestraft würde (vgl. , juris Rn. 7 mwN).

24Ein ähnlicher Wertungswiderspruch droht im Anwendungsbereich von § 34 Abs. 1 und 3 KCanG nicht, wenn der Besitz von Cannabis ungeachtet der insgesamt überschrittenen Sanktionsgrenze teilweise zurücktritt und gegebenenfalls für sich straflos bleibt. Beim Umgang mit Cannabis sind alle Handlungsformen grundsätzlich Vergehen. Für den Besitz von Cannabis gilt dies ausnahmslos, denn die Verbrechenstatbestände des § 34 Abs. 4 KCanG erfassen ihn nicht. Die Einordnung als Vergehen des Handeltreibens oder Besitzes ist zugleich unabhängig davon, ob sich die Tat auf Cannabis in nicht geringer Menge bezieht. Denn darin liegt nach § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG jeweils nur ein Regelbeispiel für einen besonders schweren Fall, in dem der höhere Strafrahmen des § 34 Abs. 3 Satz 1 KCanG anzuwenden ist. Auch vor diesem Hintergrund ist die Einordnung des Besitzes von Cannabis als Auffangtatbestand nicht in Frage gestellt (vgl. zu § 29 Abs. 3 Nr. 4 BtMG aF etwa BGH, Beschlüsse vom – 1 StR 304/94, NStZ 1994, 548; vom – 3 StR 503/88, BGHR BtMG § 29 Abs. 3 Nr. 4 Menge 4; vom – 2 StR 647/84, WKRS 1984, 14619 Rn. 5).

25bb) Zur sachgerechten Abbildung des Unrechtsgehalts ist es ebenfalls nicht geboten, eine tateinheitliche Verurteilung wegen Besitzes von Cannabis in den Schuldspruch aufzunehmen, wenn die Eigenkonsummenge – anders als die Gesamtmenge unter Einbeziehung der Handelsmenge – hinter den Sanktionsgrenzen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG zurückbleibt.

26Nach der vom Gesetzgeber gewählten Regelungstechnik knüpft die Sanktionierung wegen eines Verstoßes gegen das Besitzverbot – insoweit im weitgehenden Einklang mit den Erlaubnistatbeständen nach § 2 Abs. 3, § 3 KCanG – an Mehrmengen an. Denn die Strafnorm nennt nicht anders als die Bußgeldnorm des § 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG absolute Gewichtsmengen, deren Überschreitung („mehr als“) den Tatbestand des verbotenen Besitzes von Cannabis (erst) erfüllt. Die betroffene Person missachtet das strafbewehrte Besitzverbot daher nur insoweit, als die Cannabismenge die Sanktionsschwellen des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b KCanG übersteigt. Gleiches gilt für den Besitz von Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KCanG). Allein im Besitz dieser überschießenden Menge liegt das tatbestandsmäßige Handeln des Täters (vgl. ebenso Möllinger, NStZ 2025, 52, 53, 55). Das Maß, in dem die strafrechtlichen Sanktionsschwellen überschritten sind, bestimmt damit den Unrechts- und Schuldgehalt der Tat (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 631/23, juris Rn. 8; vom – 6 StR 536/23, juris Rn. 27). Deshalb hat auch bei der Berechnung der nicht geringen Menge im Sinne des § 34 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4 KCanG die straffreie Menge außer Betracht zu bleiben (vgl. , NJW 2025, 314 Rn. 30; Beschlüsse vom – 6 StR 299/24, juris Rn. 8; vom – 1 StR 132/24, juris Rn. 10; vom – 6 StR 113/24 Rn. 5; vom – 1 StR 105/24, juris Rn. 26; vom – 6 StR 536/23, juris Rn. 27; vom – 4 StR 50/24, StV 2024, 595 Rn. 12 ff.).

27In der vorliegenden Konstellation besteht demnach für einen Schuldspruch wegen tateinheitlichen Besitzes von Cannabis kein Bedarf (aA Möllinger, NStZ 2025, 52, 55 f.). Vielmehr bildet das Handeltreiben mit Cannabis den Schuldumfang zutreffend ab, denn der weitergehende Besitz unterschreitet die Sanktionsgrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a KCanG. Sofern der Besitz einer zugleich vorgehaltenen Eigenkonsummenge – anders als hier – für sich ordnungswidrig wäre (§ 36 Abs. 1 Nr. 1 KCanG), kann eine solche Mengenüberschreitung ihrerseits straferschwerend berücksichtigt werden (vgl. allgemein Göhler/Thoma, OWiG, 19. Aufl., § 21 Rn. 12; s. auch , BGHSt 23, 342, 345).

282. Bei der Einziehung von Cannabis als Tatobjekt (§ 37 KCanG) muss eine dem Eigenkonsum des Täters oder Teilnehmers dienende Teilmenge, die für sich betrachtet die straffreien oder verwaltungsrechtlich erlaubten Besitzmengen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, § 3 KCanG) wahrt, nicht ausgenommen werden (vgl. i.E. , NJW 2025, 314 Rn. 32 unter Verweis auf – nicht tragend – , juris Rn. 22 ff. [„Freigrenzen“; mit Anm. Terwolbeck, StRR 2024, 24; Lichtenthäler, FD-StrafR 2024, 817914]; ebenso OLG Schleswig, SchlHA 2024, 449, 451; BeckOK BtMG/Hollering/Köhnlein, 25. Ed., § 37 KCanG Rn. 7; Ferner, jurisPR-StrafR 8/2024 Anm. 2; offen , juris Rn. 8). Die freigestellten Besitzmengen sind nicht als gleichsam einziehungsfest zu verstehen (so aber AG Bautzen, StV 2024, 585; AG Westerstede, Urteil vom – 42 Ls 209/23, juris Rn. 19; Fischer/Lutz, StGB, 72. Aufl., § 74b Rn. 8b; Möllinger, NStZ 2025, 52 ff.; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 325; i.E. ebenso, jedoch mit Blick auf die Verhältnismäßigkeit gemäß § 74f Abs. 1 Satz 1 StGB Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 37 KCanG Rn. 1). Dieses Ergebnis folgt aus allgemeinen einziehungsrechtlichen Maßgaben.

29a) Die Vorschrift des § 37 Satz 1 KCanG bestimmt, dass Gegenstände, auf die sich eine Straftat oder Ordnungswidrigkeit nach dem Konsumcannabisgesetz (§§ 34, 36 KCanG) bezieht, eingezogen werden können. Die Norm ermöglicht somit die Einziehung von Tatobjekten (§ 74 Abs. 2 StGB). Unter „Gegenständen“ sind Sachen oder Rechte zu verstehen. Sie unterfallen der Einziehung nach § 37 KCanG, §§ 74 ff. StGB, wenn sie notwendiges Objekt oder notwendiger Beziehungspunkt der tatbestandlichen Handlung sind. Erfasst wird in erster Linie das Cannabis selbst (entsprechend für Betäubungsmittel nach § 33 Satz 1 BtMG vgl. , BGHR BtMG § 33 Beziehungsgegenstand 1), mithin nach § 1 Nr. 4, 5 und 8 KCanG insbesondere die Cannabispflanzen und -pflanzenteile einschließlich der getrockneten Blüten und blütennahen Blätter (Marihuana) sowie das aus Cannabispflanzen abgesonderte Harz (Haschisch).

30Tatverstricktes Cannabis kann der Einziehung mit Strafcharakter oder der Sicherungseinziehung unterliegen. Im Fall der Einziehung mit Strafcharakter setzt die gegen den Täter oder Teilnehmer gerichtete Anordnung voraus, dass ihm das Cannabis gehört (§ 74 Abs. 3 StGB) und er die betreffende rechtswidrige Tat schuldhaft beging (vgl. , NStZ-RR 2023, 174; s. zudem zur Einziehung gegen einen Dritteigentümer nach § 37 Satz 2 KCanG, § 74a StGB , juris Rn. 17). Unabhängig davon betrifft im Fall der Sicherungseinziehung die Anordnung den Tatbeteiligten als (letzten) Inhaber der Sachherrschaft über das Cannabis, das im Sinne von § 74b Abs. 1 StGB gefährlich ist (vgl. Fischer/Lutz, StGB, 72. Aufl., § 74b Rn. 5, 8a; allgemein zu dieser Norm BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 128/21, wistra 2022, 292 Rn. 8; vom – 3 StR 44/21, NStZ-RR 2022, 12 f.; vom – 4 StR 366/20, NStZ 2021, 608 Rn. 16 f.). Die Anordnung steht nach § 37 Satz 1 KCanG im tatrichterlichen Ermessen. Zudem ist der in § 74f StGB kodifizierte Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten.

31b) Die Voraussetzungen für die Einziehung von Cannabis als Tatobjekt beziehen sich auf konkrete Gegenstände, die in einem gesetzlich definierten Verhältnis zu einer der tatrichterlichen Kognitionspflicht unterliegenden Tat stehen, und sind nicht an abstrakte Mengenangaben geknüpft. Die Einziehung erstreckt sich insoweit auf einzelne Sachen, nicht auf gedanklich umrissene – unverkörperte – Bruchteile von ihnen (vgl. BayObLGSt 1961, 277, 278 ff.). Sie bewirkt den Übergang des Eigentums (§ 75 Abs. 1 StGB), hat also eine bürgerlich-rechtliche Folge. Auch ihr Umfang bemisst sich daher grundsätzlich nach zivilrechtlichen Begriffen (vgl. , BGHSt 7, 78, 80 mwN). Besitzt etwa der Täter eine Haschischplatte oder einen Beutel mit Marihuana, die er je zur Hälfte zur gewinnbringenden Veräußerung und für den Eigenkonsum vorgesehen hat, sind die Platte als einheitliche Sache und der Beutelinhalt als – dieser gleichgestellte – Sacheinheit (vgl. § 948 BGB; MüKoBGB/Stresemann, 10. Aufl., § 90 Rn. 15) notwendiger Gegenstand des Handeltreibens mit Cannabis. Ohne Rücksicht auf § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG unterliegt damit hier beides nach § 37 KCanG der Einziehung schon als jeweiliges Tatobjekt der Straftat gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG. Auch die Cannabisblüten sind in einem solchen Fall unselbständige Stücke jener Einheit, die durch ihre Vermengung begründet ist (vgl. allgemein , BGHSt 7, 78, 80 mwN). Dass sich die Strafbarkeit des Besitzes von Cannabis – ebenso wie die wegen dessen Erwerbs oder Entgegennahme gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 12 KCanG – nach bestimmten Gewichtsmengen richtet, ist insoweit nicht bedeutsam.

32Diese Beurteilung entspricht dem Einziehungsrecht im Übrigen. So unterliegt bei der Geldwäschestrafbarkeit ein Vermögensgegenstand, der mit nicht völlig unerheblichen inkriminierten sowie mit legalen Geldmitteln erworben wurde und damit Tatobjekt des § 261 Abs. 1 und 2 StGB ist (vgl. , NZWiSt 2019, 148, 150 mwN; Beschluss vom – 1 StR 33/15, NJW 2015, 3254 Rn. 5 f.), insgesamt der Einziehung nach § 261 Abs. 10 Satz 1, § 74 Abs. 2 StGB, nicht nur im Umfang seiner Bemakelungsquote. Wie § 261 Abs. 10 Satz 1 StGB erfasst § 37 KCanG die seinem Anwendungsbereich unterfallenden Gegenstände jeweils als Ganzes. Unangemessene Härten im Einzelfall können gegebenenfalls im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 74f Abs. 1 StGB berücksichtigt und im Rahmen der Strafzumessung ausgeglichen werden (vgl. zur Geldwäsche , NJW 2022, 1028 Rn. 61 ff.).

33c) Die vorstehenden Erwägungen führen gleichfalls zu stimmigen Ergebnissen, wenn der Täter (nur) des Besitzes von Cannabis schuldig ist. In solchen Fällen ist es ebenfalls zulässig, das gesamte Cannabis einzuziehen.

34Tatobjekt des Besitzes ist zunächst wiederum eine einzige vom Täter besessene verkörperte Cannabismenge, die einen der in § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und b KCanG normierten Grenzwerte überschreitet, etwa eine Haschischplatte von 100 Gramm. In einem Behältnis aufbewahrtes Marihuana ist ebenso wenig teilweise ausscheidbar. Aber auch getrennt verwahrte Cannabiseinheiten, die insgesamt zur Besitzstrafbarkeit führen, sind allesamt Tatobjekte, selbst wenn jede oder einzelne von ihnen für sich gesehen den Besitztatbestand nicht erfüllen. Gleiches gilt für den Besitz von Cannabispflanzen (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KCanG).

35Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG. Hält der Täter beispielsweise an seinem Wohnsitz drei Beutel mit Marihuana zu jeweils 50 Gramm für die uneigennützige Abgabe oder den Eigenkonsum vorrätig, ist das gesamte Cannabis notwendiger Gegenstand des strafbaren Besitzes. Keines der Objekte kann hinweggedacht werden, ohne dass die tatbestandsmäßige Grenzwertüberschreitung von 90 Gramm (150 Gramm abzüglich 60 Gramm) entfiele. Alle drei definieren – vorbehaltlich unterschiedlicher Wirkstoffanteile – den Unrechtsgehalt in gleicher Weise. Diesen bestimmt auch der Besitz bereits für sich strafbewehrter Einzelmengen (z.B. 100 Gramm Haschisch) nicht allein. Vielmehr gehen zugleich gelagerte kleinere Einheiten (z.B. 10 Gramm Marihuana) ebenfalls in das jeweilige Maß der Grenzwertüberschreitung ein. Gleichermaßen hängt von der Gesamtzahl besessener Cannabispflanzen die im Sinne von § 34 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c KCanG tatbestandsmäßige Mengenüberschreitung ab. Eine Handhabe, einzelne Cannabismengen oder -pflanzen auszunehmen, sieht das Einziehungsrecht im Rahmen seiner Anordnungsvoraussetzungen nicht vor.

36d) Von der Einziehung müssen aber auch dann keine Teilmengen ausgenommen werden, wenn der Täter einen Handelsbestand und zusätzlich eine Eigenkonsummenge, welche die Sanktionsgrenze des § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG nur zusammen mit jenem überschreitet, getrennt voneinander aufbewahrt (etwa in verschiedenen Behältnissen). Obwohl der Täter hier nicht des – konkurrenzrechtlich verdrängten – Besitzes von Cannabis schuldig zu sprechen ist, bezieht sich eine solche Strafbarkeit nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG auf den gesonderten Eigenkonsumvorrat. So liegt es etwa, wenn der Täter in seiner Wohnung eine Handelsmenge von 50 Gramm und separat eine Eigenkonsummenge von 15 Gramm besitzt. Die über den Handelsbestand hinausgehende Einziehung kann sich auf die Besitzstrafbarkeit des Täters stützen, die unter Einbeziehung dieses Bestandes der Sache nach vorliegt (vgl. bereits III. 1. c; zur tatbestandsbezogenen Prüfung bei der Einziehung zudem , juris Rn. 20 mwN). Die konkurrenzrechtliche Betrachtung, die zu einem Schuldspruch allein wegen des Handelsdelikts führt (dazu oben III. 1. d), ist hinsichtlich der Einziehung von Tatobjekten irrelevant. Vielmehr kommt dem – wie im vorgelegten Fall – verdrängten Tatbestand des Besitzes von Cannabis(pflanzen) nach § 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG neben einer Tatvariante wie dem Handeltreiben mit Cannabis eine „Fortwirkung“ (vgl. allgemein Roxin, Strafrecht AT II, § 33 Rn. 227 ff.) für die Einziehung als Nebenfolge zu.

37Auch verdrängte Strafvorschriften sind zu berücksichtigen, soweit auf sie Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB gestützt werden können (vgl. , BGHSt 19, 188, 189; vom – 1 StR 245/55, BGHSt 8, 46, 52; vom – 1 StR 478/54, BGHSt 7, 307, 312; ebenso LK-StGB/Scholze, 14. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 116; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 30. Aufl., Vor §§ 52 ff. Rn. 144 mwN; Matt/Renzikowski/Bußmann, StGB, 2. Aufl., § 52 Rn. 22; Fischer, StGB, 72. Aufl., Vor § 52 Rn. 45; Graf/Jäger/Wittig/Ganter, Wirtschafts- und Steuerstrafrecht, 3. Aufl., § 52 StGB Rn. 18). Denn die Verwirklichung eines schwereren Delikts darf den Täter nicht begünstigen (vgl. zudem § 21 Abs. 1 Satz 2 OWiG). Diese Wertung greift auch hier. Damit besteht von vornherein – einziehungsrechtlich – kein rechtserheblicher Unterschied zu Fällen einer ausschließlichen Besitzstrafbarkeit oder der Beihilfe zum Handeltreiben mit Cannabis, hinter die ein mitverwirklichter Besitz von Cannabis nicht konkurrenzrechtlich zurücktritt (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 362/24; vom – 2 StR 158/24, juris Rn. 8). Denn der an sich verbotene Besitz von Cannabis, der nur kraft des ihn (teilweise) verdrängenden Handeltreibens und aufgrund der hierdurch verfehlten gesetzlichen Schwellenwerte nicht in den Schuldspruch eingeht, ist in gleicher Weise für die Einziehung der Tatobjekte relevant.

38In Fällen schließlich, in denen der gleichzeitige Besitz einer Handels- und einer getrennt verwahrten Eigenkonsummenge den ordnungswidrigen Bereich nicht überschreitet (z.B. Handelsmenge 40 Gramm und Eigenkonsummenge 15 Gramm am Wohnsitz), ist § 36 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a oder b KCanG in den Blick zu nehmen. Im Hinblick auf die Einziehung der Tatobjekte über den Handelsbestand hinaus kann eine solche Ordnungswidrigkeit gemäß § 21 Abs. 1 Satz 2 OWiG bei einem Schuldspruch allein wegen Handeltreibens mit Cannabis herangezogen werden (vgl. hierzu allgemein KK-OWiG/Mitsch, 5. Aufl., § 21 Rn. 15; Göhler/Thoma, OWiG, 19. Aufl., § 21 Rn. 13; s. im hiesigen Kontext auch Möllinger, NStZ 2025, 52, 55).

39e) Für die Einordnung als Tatobjekt ist nach alldem nicht danach zu differenzieren, ob und inwieweit verwaltungsrechtliche Erlaubnistatbestände greifen.

40aa) Innerhalb der Regelungssystematik des Konsumcannabisgesetzes zeigt sich dies bereits am ebenfalls konsumnahen Tatbestand des Erwerbs oder der Entgegennahme von Cannabis gemäß § 34 Abs. 1 Nr. 12 Buchst. a oder b KCanG (wie er regelmäßig dessen Besitz vorausgehen wird). Insofern ist ein Erlaubnistatbestand gesetzlich nicht vorgesehen, obgleich die Strafbarkeit dieser Tathandlungen ebenfalls erst an die Überschreitung bestimmter Gewichtsmengen geknüpft ist (hier die Einziehung der Gesamtmenge befürwortend Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321, 325). Der Umgang mit Cannabis ist zudem Jugendlichen weiterhin generell untersagt (§ 2 Abs. 1, 3 Satz 1 KCanG), obwohl ihre Strafbarkeit wie die erwachsener Personen erst bei Überschreitung der in § 34 KCanG geregelten Schwellenwerte beginnt. Die Erlaubnistatbestände können daher auch hier keine Rechtfertigung sein, von einer Einziehung teilweise abzusehen. Ebenso liegt es in (Fremd-)Besitzfällen, in denen das Cannabis außerhalb des eigenen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts nicht dem Eigenkonsum dient (vgl. , juris Rn. 17).

41bb) Das Einziehungsrecht kennt auch ansonsten nicht das Erfordernis, dass der Umgang mit dem Tatobjekt als solches nichtstrafrechtlichen Verbotsnormen zuwiderläuft. Dass der Gesetzgeber hieran im Anwendungsbereich des Konsumcannabisgesetzes etwas ändern wollte, ist weder dem Gesetzestext noch den -materialien (vgl. BT-Drucks. 20/8704 S. 134) zu entnehmen. Maßgeblich bleiben daher ein das Tatobjekt betreffendes rechtswidriges Verhalten des Tatbeteiligten und entweder – von § 74a StGB abgesehen – sein Verschulden und sein Eigentum beziehungsweise seine Rechtsinhaberschaft oder die Gefährlichkeit des Gegenstandes. Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann mit der Tatobjekteinziehung auf das legale Vermögen des Täters zugegriffen werden. Dies zeigen weitere gesetzliche Regelungen:

42Die Vorschriften der § 4 Abs. 1 Nr. 3, § 2 Abs. 3 AntiDopG sehen ebenfalls eine allein mengenqualifizierte Besitzstrafbarkeit vor, die dort an die nicht geringe Menge eines Dopingmittels anknüpft (vgl. dazu BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 345/17, NStZ-RR 2019, 86; vom – 4 StR 389/17, NStZ 2018, 475; s. ferner , SpuRt 2022, 332). Die Einziehung der Tatobjekte regelt § 5 Satz 1 AntiDopG dahin, dass Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach § 4 AntiDopG bezieht, eingezogen werden können. Im Anwendungsbereich dieser Normen ist die Einziehung der gesamten Besitzmenge zulässig (vgl. Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 34 KCanG Rn. 23; Huth ebda. § 4 AntiDopG Rn. 152; NK-MedizinStR/Heger, § 5 AntiDopG Rn. 2: „alle Dopingmittel“). Dies ergibt schon der Wortlaut von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AntiDopG („wer entgegen § 2 Abs. 3 … ein Dopingmittel … besitzt“). Auch die auf die Gefahr der Weitergabe abstellenden Gesetzesmaterialien enthalten keinen Anhalt, dass allein ein den Grenzwert übersteigender Besitzanteil der Einziehung nach § 5 AntiDopG unterläge (vgl. BT-Drucks. 18/4898 S. 25 f., 29, 33). Vielmehr hatte der Gesetzgeber durch die bis zum gültigen Vorgängerregelungen in § 6a Abs. 2a Satz 1, § 95 Abs. 1 Nr. 2b AMG die Strafbarkeit auf das Besitzverbot erstreckt, weil „nur eine solche Pönalisierung“ diesem „Beachtung verschaffen kann“ (BT-Drucks. 16/5526 S. 9). Außerhalb einer bloßen Besitzstrafbarkeit ermöglicht die Tatobjekteinziehung gleichfalls den Zugriff auf legal besessene Vermögensgegenstände, etwa auf das Kraftfahrzeug im Fall des Fahrens ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 3 StVG). Dieser Umstand kann allerdings das Ergebnis der Ermessensausübung oder der Verhältnismäßigkeitsprüfung beeinflussen.

43f) Im Anschluss an die Bestimmung der Tatobjekte hat das Tatgericht das ihm nach § 37 KCanG zustehende Ermessen auszuüben und zu prüfen, ob ihre Einziehung verhältnismäßig ist (vgl. § 74f Abs. 1 StGB; zur Prüfung auch im Rahmen von § 74b StGB s. LK-StGB/Lohse, 14. Aufl., § 74f Rn. 5). In den Erlaubnistatbeständen liegt nach dem zuvor Ausgeführten noch kein hinreichender Grund, von der Einziehung des Cannabis insoweit teilweise abzusehen (aA Patzak in Patzak/Fabricius, BtMG, 11. Aufl., § 37 KCanG Rn. 1; Fischer/Lutz, StGB, 72. Aufl., § 74b Rn. 8b). Vielmehr hat das Tatgericht im Einzelfall darüber zu befinden, ob dem Betroffenen eine besessene Eigenkonsummenge zu belassen und daher lediglich eine Teileinziehung (§ 74f Abs. 1 Satz 5 StGB) anzuordnen ist. Die auf § 37 KCanG gestützte Einziehungsanordnung wird jedoch in der Regel keinen besonderen Darlegungsanforderungen unterliegen, wenn vorgehaltenes Cannabis nicht nur teilweise, sondern vollständig eingezogen wird.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:030225BGSST1.24.0

Fundstelle(n):
NAAAJ-94463