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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1737/23

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde eines Betreibers von Braunkohlekraftwerken gegen Regelungen des Strompreisbremsegesetzes (StromPBG) - keine grundsätzliche Bedeutung nach Senatsurteil vom (1 BvR 460/23 ua) - zudem insb keine hinreichende Darlegung einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung gegenüber Betreibern von Steinkohlekraftwerken

Gesetze: Art 3 Abs 1 GG, Art 12 Abs 1 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 14 StromPBG, § 28 StromPBG, § 29 StromPBG, § 41 StromPBG, § 43 StromPBG, § 44 StromPBG

Gründe

I.

1Die Beschwerdeführerin betreibt Anlagen zur Stromerzeugung aus Braunkohle in den Bundesländern Brandenburg und Sachsen. Mit der Verfassungsbeschwerde wendet sie sich unmittelbar gegen Erlösabschöpfungs- und Mitteilungsvorschriften sowie gegen Sanktionsvorschriften aus dem Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (Strompreisbremsegesetz - StromPBG) vom (BGBl I S. 2512, zuletzt geändert durch Art. 12a des Gesetzes zur Anpassung des Energiewirtschaftsrechts an unionsrechtliche Vorgaben und zur Änderung weiterer energierechtlicher Vorschriften vom , BGBl I Nr. 405). Konkret greift die Beschwerdeführerin die Vorschriften der §§ 14, 28, 29, 41, 43 und 44 StromPBG an. Sie beruft sich darauf, dass ihr wegen der Abschöpfung von Überschusserlösen nach dem Strompreisbremsegesetz aus dem Zeitraum von Dezember 2022 bis Juni 2023 eine finanzielle Belastung von bis zu 490 Millionen Euro drohe; davon habe sie aufgrund der bestehenden Sanktionsvorschriften trotz rechtlicher Einwände knapp 400 Millionen Euro bezahlt.

II.

2Die Beschwerdeführerin macht eine Verletzung ihrer verfassungsmäßigen Rechte aus Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG geltend.

31. Sie rügt mit der Verfassungsbeschwerde zunächst eine Verletzung der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 Abs. 1 GG. Die Erlösabschöpfung sei mit einem schwerwiegenden Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit verbunden, der nicht gerechtfertigt sei.

4a) Die Vorschriften über die Erlösabschöpfung verstießen gegen finanzverfassungsrechtliche Grundsätze. Es handele sich um eine verdeckte, verfassungsrechtlich unzulässige Sonderabgabe.

5b) Darüber hinaus sei der Eingriff in den Schutzbereich der Berufsfreiheit der Beschwerdeführerin auch unverhältnismäßig und schon deshalb nicht gerechtfertigt.

6aa) Die Erlösabschöpfung sei nicht geeignet, den Gesetzeszweck zu fördern, die Letztverbraucher von den stark steigenden Strompreisen zu entlasten. Vielmehr begründe die Ausgestaltung der Erlösabschöpfung das Risiko, dass die Strompreise insgesamt mittel- bis langfristig höher ausfielen als ohne die Markteingriffe. Denn Betreiber von Stromerzeugungsanlagen würden davon abgehalten, Langfriststromvermarktungsverträge abzuschließen. Eine Zugrundelegung der tatsächlichen Erlöse erfolge grundsätzlich nur, wenn ein solcher Vertrag vor dem geschlossen worden sei.

7bb) Unabhängig davon griffen die Vorschriften jedenfalls im engeren Sinne unverhältnismäßig in die Berufsausübungsfreiheit der Beschwerdeführerin ein. Vorliegend sei ihre besondere Situation, nämlich dass sie zur Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz auf eine umfassende und sehr kostenintensive Transformation hin zu einem modernen Energiedienstleister angewiesen sei, vom Gesetzgeber nicht angemessen berücksichtigt worden.

82. Darüber hinaus rügt die Verfassungsbeschwerde Verletzungen des Art. 14 Abs. 1 GG und der wirtschaftlichen Betätigungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG.

93. Schließlich beanstandet die Verfassungsbeschwerde einen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG. Der Gesetzgeber habe für bestimmte Energieträger, insbesondere für Steinkohle, systemwidrig und ohne einen ersichtlichen Sachgrund keine Erlösabschöpfung vorgesehen.

104. Auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts in den Sachen 1 BvR 460/23 und 1 BvR 611/23 vom hat die Beschwerdeführerin ihr Beschwerdevorbringen mit den Schriftsätzen vom 31. Januar und ergänzt.

III.

11Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen, weil die Annahmevoraussetzungen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht erfüllt sind.

121. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist nicht wegen grundsätzlicher verfassungsrechtlicher Bedeutung geboten (§ 93a Abs. 2 Buchstabe a BVerfGG).

13a) Eine entsprechende Grundsatzbedeutung ist nur gegeben, wenn die Verfassungsbeschwerde eine verfassungsrechtliche Frage aufwirft, die sich nicht ohne Weiteres aus dem Grundgesetz beantworten lässt und noch nicht durch die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung geklärt oder die durch veränderte Verhältnisse erneut klärungsbedürftig geworden ist (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 f.>). Der Klärungsbedarf entfällt, wenn in einem Parallelverfahren eine Senatsentscheidung zu den entsprechenden verfassungsrechtlichen Fragen ergeht (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1811/17 u.a. -, Rn. 4; Lenz/Hansel, BVerfGG, 4. Aufl. 2024, § 93a Rn. 34).

14b) So ist es vorliegend. Die verfassungsrechtlichen Fragen, die ursprünglich eine Grundsatzbedeutung der vorliegenden Verfassungsbeschwerde begründet haben, sind durch das zu den Aktenzeichen 1 BvR 460/23 und 1 BvR 611/23 entschieden.

15aa) Durch das Urteil vom (1 BvR 460/23 u.a.) ist geklärt, dass die Rüge eines Verstoßes gegen finanzverfassungsrechtliche Grundsätze unbegründet ist, weil die Abschöpfung von Überschusserlösen nach dem Strompreisbremsegesetz keine nichtsteuerliche Abgabe darstellt. In dem Urteil hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Regelungen gemäß § 14 Abs. 1, § 16 Abs. 1 und § 29 StromPBG formell verfassungsgemäß sind. Der Bund kann sich insoweit auf seine Sachgesetzgebungskompetenz für das Energiewirtschaftsrecht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 11, Art. 72 Abs. 2 GG berufen. Die von den Betreibern der Stromerzeugungsanlagen zu zahlenden Abschöpfungsbeträge (§ 14 Abs. 1 StromPBG) haben keine Aufkommenswirkung zugunsten des Bundes, sondern sind Gegenstand einer staatlichen Intervention in den Strommarkt durch Umverteilung von am Markt erzielten Erlösen unter privaten Marktteilnehmern. Daher bedarf es für die angegriffenen Regelungen keiner Steuergesetzgebungskompetenz (Art. 105 Abs. 1 GG); eine Sachgesetzgebungskompetenz reicht aus.

16bb) Durch das u.a.) ist weiter geklärt, dass der in den Abschöpfungsvorschriften des Strompreisbremsegesetzes liegende Eingriff in die nach Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit zumindest im Fall von Betreibern von Stromerzeugungsanlagen, deren Grenzkosten von den durch den Ukraine-Krieg bedingten Verwerfungen auf dem Gasmarkt unbeeinflusst blieben, auch materiell verfassungsgemäß ist. Er ist gerechtfertigt, weil die angegriffenen Regelungen einem legitimen Ziel dienen und zur Erreichung dieses Ziels geeignet, erforderlich und angemessen sind. Die abgeschöpften Überschusserlöse waren nicht geeignet, Anreize zu verstärkten Investitionen zu setzen und damit eine die ursprüngliche Knappheit überwindende preisdämpfende Ausweitung des Angebots zu bewirken. Der krisenbedingte Anstieg der Strompreise und damit auch das Entstehen von Überschusserlösen erfolgte plötzlich. Es konnte nicht davon ausgegangen werden, dass die extrem hohen Strompreise von langer Dauer sein würden.

17cc) Die verfassungsrechtliche Würdigung im u.a.) betrifft zwar Verfassungsbeschwerden von Betreibern von Erneuerbare-Energien-Anlagen, deren Grenzkosten nicht vom Preis fossiler Brennstoffe abhängen. Maßgebend für die Würdigung ist aber, dass die Grenzkosten der entsprechenden Anlagen von den kriegsbedingten Verwerfungen auf dem Gasmarkt unbeeinflusst blieben, was aufgrund der für den Strommarkt maßgebenden Einheitspreisbildung nach den Grenzkosten (Merit Order) außerordentlich hohe Gewinne ermöglichte (siehe dazu BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom - 1 BvR 460/23 u.a. -, Rn. 87-89). Damit erfasst die Würdigung auch die Beschwerdeführerin als Betreiberin von Braunkohlekraftwerken. Diese werden zwar mit einem fossilen Brennstoff betrieben. Für den Kraftwerksbetrieb fallen gemäß der Verfassungsbeschwerde aber sehr hohe Fixkosten an, unter anderem die Vorhaltekosten für den Tagebau, Kraftwerke, Eisenbahnen und weitere Infrastrukturen. Eine Abhängigkeit vom Gaspreis besteht also nicht, mag dieser sich über die Inflation auch mittelbar kostensteigernd ausgewirkt haben.

182. Die Annahme der Verfassungsbeschwerde ist auch nicht zur Rechtsdurchsetzung geboten (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG).

19a) Die Annahme ist nach § 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG zur Rechtsdurchsetzung angezeigt, wenn die geltend gemachte Verletzung von Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten besonderes Gewicht hat oder den Beschwerdeführer in existentieller Weise betrifft. Ein besonders schwerer Nachteil ist jedoch insbesondere dann nicht anzunehmen, wenn die Verfassungsbeschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (siehe näher BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

20b) Vorliegend fehlt eine hinreichende Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde. Nach dem u.a.) ist die Abschöpfung von Überschusserlösen nach dem Strompreisbremsegesetz mit den dortigen Maßgaben formell und materiell verfassungsgemäß. Soweit die Beschwerdeführerin das Vorliegen spezieller Umstände rügt, auf die sich die Würdigung in jenem Urteil nicht bezieht, sind ihre Rügen mangels hinreichender Begründung unzulässig.

21aa) Die Begründung von Verfassungsbeschwerden erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit dem zugrundeliegenden einfachen Recht und mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts (§ 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG); darzulegen ist, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint. Soweit das Bundesverfassungsgericht bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, ist anhand dieser Maßstäbe aufzuzeigen, inwieweit Grundrechte verletzt sein könnten (vgl. BVerfGK 20, 327 <329> m.w.N.).

22bb) Diesen Anforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Schreiben der Beschwerdeführerin vom 31. Januar und vom nicht. Sie begründet nicht hinreichend, dass in ihrem Fall besondere Umstände vorliegen, die dazu führen, dass die Erlösabschöpfung als Eingriff in ihr Grundrecht auf Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG abweichend von der Würdigung im u.a.) als unverhältnismäßig zu bewerten ist.

23(1) Die Beschwerdeführerin legt nicht hinreichend anhand der durch Fixkosten geprägten Kostenstruktur ihrer Braunkohlekraftwerke dar, dass in ihrem Fall trotz der extremen Strompreissteigerungen nach dem russischen Angriff auf die Ukraine nicht von außergewöhnlichen Erlösen ausgegangen werden kann, die weit über die Erwartungen bei der Investition hinausgingen und weit oberhalb des für einen auskömmlichen Betrieb der Stromerzeugungsanlagen Notwendigen lagen. Nähere Angaben zu ihren Investitionserwartungen oder dazu, dass höhere Referenzkosten als in § 16 Abs. 1 Nr. 5 StromPBG vorgesehen hätten angesetzt werden müssen, macht sie nicht. Außerdem legt sie nicht dar, welche Erlöse sie konkret in der damaligen Ausnahmesituation erzielt hat. Stattdessen beschränkt sie sich insbesondere in ihrer Stellungnahme vom darauf, die fiktiv anhand der Börsenpreise ermittelten Überschusserlöse nach § 16 StromPBG mitzuteilen und zu beanstanden, dass ihr nach der Erlösabschöpfung gemäß § 14 Abs. 1 StromPBG nur 10 % davon und damit rund 54 Millionen Euro verblieben, diesem fiktiven Betrag aber weit höhere krisenbedingte Zusatzbelastungen von rund 563 Millionen Euro gegenüberstünden. Welche Erlöse sie tatsächlich erzielt hat, führt sie nicht aus.

24(2) Die Beschwerdeführerin beanstandet, wegen der hohen Fixkosten ihrer Braunkohlekraftwerke vermarkte sie den erzeugten Strom weit überwiegend (zu mehr als 90 %) an den Terminmärkten. Sie habe daher nicht in dem Ausmaß von der Preisentwicklung profitieren können, wie es die Spotmarktpreise zu jener Zeit vermuten ließen. Sie legt aber nicht hinreichend dar, dass § 17 StromPBG, der die Berücksichtigung des Ergebnisses aus Absicherungsgeschäften regelt, nicht ausreicht, um die Stromvermarktung mit Hilfe von Termingeschäften angemessen bei der Erlösabschöpfung zu berücksichtigen. Nach der Gesetzesbegründung soll § 17 StromPBG gerade dem von der Beschwerdeführerin geltend gemachten Umstand Rechnung tragen, dass Anlagenbetreiber nicht vollumfänglich von den hohen Spotmarktpreisen profitieren (vgl. BTDrucks 20/4685, S. 99).

25(3) Auch die Rüge, das Strompreisbremsegesetz lasse die Sondersituation, in der sich die Beschwerdeführerin aufgrund des vorgezogenen Ausstiegs aus der Braunkohleverstromung und der damit erforderlichen Transformation ihres Geschäftsmodells befinde, außer Acht, ist nicht genügend begründet. Die Rüge geht an der Würdigung im u.a.), dass der in der Erlösabschöpfung liegende Eingriff in die Berufsfreiheit der Anlagenbetreiber materiell verfassungsgemäß ist, vorbei und stellt diese Würdigung für die Beschwerdeführerin nicht in Frage. Die Würdigung knüpft daran an, dass die Stromerzeuger den Teil ihrer Erlöse, der ihre Investitionserwartungen übersteigt, an die durch den krisenbedingten massiven Anstieg der Stromkosten belasteten Stromverbraucher abgeben sollen.

26Im Ausgangspunkt musste die Beschwerdeführerin die Transformation der Stromerzeugung aus Braunkohle hin zu anderen Stromerzeugungsarten jedoch bewältigen, ohne dass sie mit dem außergewöhnlichen Strompreisanstieg infolge des Ukraine-Kriegs rechnen konnte. Die Erlösabschöpfung wiederum erfasst nur die im Strompreisbremsegesetz festgelegten Überschusserlöse, die die Investitionserwartungen übersteigen, und lässt die Erlöse, die den Erwartungen entsprechen und aus denen die Transformationskosten auch bei einer normalen Strompreisentwicklung aufzubringen gewesen wären, unberührt. Die anstehende Transformation musste daher nicht zusätzlich berücksichtigt werden. Dass die in § 16 Abs. 1 Nr. 5 StromPBG angesetzten Referenzkosten samt Sicherheitszuschlag nicht ausreichen, um die Investitionserwartungen der Beschwerdeführerin zu berücksichtigen, legt die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend dar. Ihr Hinweis auf ihr weniger breites Portfolio von Stromerzeugungsanlagen im Vergleich zu Wettbewerbern genügt nicht.

27(4) Die Verfassungsbeschwerde beruft sich für die Unangemessenheit der Erlösabschöpfung ihr gegenüber weiter darauf, dass der Gesetzgeber in § 16 Abs. 1 Nr. 5 Buchstabe a StromPBG eine Sonderregelung zugunsten von drei nicht von ihr betriebenen Stromerzeugungsanlagen aus dem Rheinischen Revier getroffen hat, deren endgültiges Stilllegungsdatum zeitgleich mit dem Inkrafttreten des Strompreisbremsegesetzes am um mehr als acht Jahre vom auf den vorgezogen wurde (vgl. das Gesetz zur Beschleunigung des Braunkohleausstiegs im Rheinischen Revier vom , BGBl I S. 2479). Mit der Vorverlegung des Stilllegungsdatums wurde die Laufzeit für zwei andere Kraftwerksblöcke über den hinaus auf den verlängert. Ein Grund für dieses Vorgehen war die angespannte Lage auf den Energiemärkten infolge des Angriffs Russlands auf die Ukraine (vgl. BTDrucks 20/4300, S. 1 f., 9 f.).

28Auch insofern ist ein Verfassungsverstoß nicht hinreichend dargetan. Eine mögliche Unangemessenheit des für die Beschwerdeführerin angesetzten Fixkostendeckungsbeitrags von nur 3 Cent pro kWh (statt 5 Cent pro kWh für die drei Anlagen aus dem Rheinischen Revier) ist nicht hinreichend ausgeführt. In der Gesetzesbegründung heißt es zu der Vergünstigung für jene Anlagen, durch das Vorziehen des Kohleausstiegs im Rheinischen Revier entstünden zusätzliche Kosten. Zum Beispiel verkürze sich die Abschreibungsdauer der drei betroffenen Stromerzeugungsanlagen. In den verbleibenden Jahren müssten also deutlich höhere Deckungsbeiträge erwirtschaftet werden, weil die Anlagen nur noch bis 2030 liefen (vgl. BTDrucks 20/4685, S. 97). Damit setzt die Verfassungsbeschwerde sich nicht auseinander. Sie legt weder dar noch ist ersichtlich, dass die Situation für die Beschwerdeführerin - etwa im Hinblick auf Zusatzkosten durch eine verkürzte Abschreibungsdauer - vergleichbar war. Insofern ist hier auch ein möglicher Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG nicht hinreichend vorgebracht.

29cc) Die erhobene Rüge einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes nach Art. 3 Abs. 1 GG in Bezug auf Betreiber von Anlagen zur Stromerzeugung aus Steinkohle ist ebenfalls nicht hinreichend begründet.

30(1) Bei der Rüge einer Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG ist darzulegen, zwischen welchen konkreten Vergleichsgruppen eine Ungleichbehandlung bestehen soll und inwieweit es sich bei den Vergleichsgruppen um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handelt (BVerfGE 161, 63 <84 Rn. 30>). Für eine zulässige Rüge muss plausibel dargelegt werden, wer in Bezug auf wen in welcher Weise benachteiligt wird. Die Verfassungsbeschwerde muss erkennen lassen, worin konkret ein individueller Nachteil liegt. Richtet sich der Angriff gegen eine Regelung, muss vorgetragen werden, zwischen welchen konkreten Vergleichsgruppen eine auch individuell nachteilig wirkende Gleich- oder Ungleichbehandlung bestehen soll. Dabei ist auf naheliegende Gründe für und gegen die angegriffene Differenzierung beziehungsweise deren Fehlen einzugehen (vgl. BVerfGE 161, 163 <249 Rn. 230>).

31(2) Diesen Anforderungen genügt die Gleichheitsrüge der Verfassungsbeschwerde im Hinblick auf Anlagen zur Stromerzeugung aus Steinkohle nicht. Gemäß § 13 Abs. 3 Nr. 1 StromPBG ist die Erlösabschöpfung nicht auf Strom aus Stromerzeugungsanlagen anzuwenden, wenn sie in einem Kalendermonat Strom ausschließlich oder überwiegend auf der Basis von Steinkohle erzeugt haben. Die Verfassungsbeschwerde rügt die Ungleichbehandlung der Betreiber von Braunkohlekraftwerken, die der Erlösabschöpfung unterliegen, gegenüber den von der Abschöpfung ausgenommenen Betreibern von Steinkohlekraftwerken als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG. Sie legt aber nicht hinreichend dar, inwieweit es sich bei den Vergleichsgruppen um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handelt (a). Darüber hinaus geht sie nicht hinreichend auf die Gründe ein, aus denen der Gesetzgeber zwischen diesen Stromerzeugungsarten differenziert hat (b).

32(a) Die Verfassungsbeschwerde legt bereits nicht genügend dar, dass es sich bei der Verstromung von Braunkohle einerseits und von Steinkohle andererseits um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte handelt. Zwar werden in beiden Fällen fossile Energieträger zur Verstromung verwendet. Die Besonderheit der von der Beschwerdeführerin betriebenen Braunkohlekraftwerke besteht aber darin, dass die Braunkohle im Tagebau unmittelbar für die Kraftwerke gefördert wird, also Kosten für die Brennstoffbereitstellung in Form der Kosten des Tagebaus und die Fixkosten des Braunkohlekraftwerks anfallen (vgl. BTDrucks 20/4685, S. 97). Die Beschwerdeführerin betont in ihrem Schriftsatz vom ihre sehr hohen Fixkosten. Die Preise für Steinkohle sind hingegen nach der Annahme des Gesetzgebers parallel mit den Gaspreisen stark angestiegen und bewegten sich auf hohem Niveau (vgl. BTDrucks 20/4915, S. 155). Die Verfassungsbeschwerde führt nicht näher aus, dass trotz der unterschiedlichen Kostenstruktur ihrer Braunkohlekraftwerke im Vergleich zu Steinkohlekraftwerken im Wesentlichen gleiche Sachverhalte vorliegen.

33(b) Ferner setzt die Verfassungsbeschwerde sich nicht hinreichend mit den Gründen des Gesetzgebers für die Differenzierung zwischen Braunkohle und Steinkohle bei der Erlösabschöpfung auseinander.

34(aa) Einschlägig ist insoweit neben der Ausnahmeregelung des § 13 Abs. 3 Nr. 1 StromPBG die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Nr. 6 StromPBG. Diese enthält eine Verordnungsermächtigung zur Erstreckung der Erlösabschöpfung auf Steinkohlekraftwerke. In der Gesetzesbegründung zu § 48 Abs. 1 Nr. 6 StromPBG wird darauf abgestellt, dass die Preise für Steinkohle parallel mit den Gaspreisen stark angestiegen seien und sich auf hohem Niveau bewegt hätten. Eine Einbeziehung der Stromerzeugung aus Steinkohle in die Abschöpfung hätte Auswirkungen auf die Merit Order und führe zu einem Mehrverbrauch von Gas in der Stromerzeugung. Die Verordnungsermächtigung - die eine spätere Einbeziehung von auf Basis von Steinkohle erzeugtem Strom in die Erlösabschöpfung ermöglichte - trage der Unsicherheit hinsichtlich der zukünftigen Preisentwicklung für Strom, Gas und Steinkohle Rechnung (vgl. BTDrucks 20/4915, S. 155, und Erwägungsgründe Nr. 23, 33, 41 sowie Art. 8 Abs. 1 Buchstabe d der dem Strompreisbremsegesetz zugrundeliegenden Verordnung (EU) 2022/1854 des Rates vom über Notfallmaßnahmen als Reaktion auf die hohen Energiepreise, ABl L 261 I S. 1, berichtigt in ABl L 318, S. 207).

35(bb) Auf diese Begründung für die Ausnahmeregelung zu Steinkohle geht die Verfassungsbeschwerde nicht hinreichend ein. Ihre Rüge wendet sich speziell gegen Ausführungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz in einer FAQ-Liste zur Abschöpfung von Zufallsgewinnen nach dem Strompreisbremsegesetz mit Stand vom . Sie beanstandet die Antwort auf die Frage: "Warum ist Steinkohle von der Abschöpfung ausgenommen?" Die dortigen Ausführungen zum Zusammenhang zwischen Day-ahead- und Intraday-Markt hält sie für nicht überzeugend. Mit dem Ziel, einen Mehrverbrauch von Gas zu vermeiden, das auch in § 48 Abs. 1 Nr. 6 Buchstabe c StromPBG zum Ausdruck kommt, setzt sie sich aber nicht hinreichend auseinander.

36So heißt es in der von der Verfassungsbeschwerde zitierten Antwort aus der FAQ-Liste, Steinkohle solle nur dann in die Erlösabschöpfung einbezogen werden, wenn die Preise für Steinkohle und Gas so weit auseinander lägen, dass beide Technologien in der Merit Order - der Einsatzreihenfolge der Stromerzeugungsanlagen nach ihren Grenzkosten - klar getrennt seien, die Erzeugungskosten von Steinkohlekraftwerken also deutlich unterhalb denen von Gaskraftwerken lägen. Die Verfassungsbeschwerde legt nicht hinreichend dar, dass eine solche Situation gegeben oder sonst eine Abschöpfung möglich war, ohne den Einsatz von Steinkohlekraftwerken zu gefährden. Nach der in der Verfassungsbeschwerde enthaltenen Grafik mit einem Vergleich der täglichen Einsatzkosten von Steinkohle- und Gasanlagen lagen die erheblich schwankenden Einsatzkosten von Gasanlagen im November 2022 zeitweise unter denen von Steinkohleanlagen.

37Dass die Betreiber von Steinkohlekraftwerken gemäß dem Beschwerdevorbringen im Dezember 2022 extrem hohe Gewinne erwirtschaftet haben, stellt die vom Gesetzgeber aus damaliger Sicht vorgenommene Differenzierung nicht in Frage.

38Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

39Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250512.1bvr173723

Fundstelle(n):
LAAAJ-93953