Instanzenzug: Az: I-6 U 114/23 Urteilvorgehend LG Wuppertal Az: 4 O 412/21 Urteil
Gründe
1 I. Die in der Schweiz geschäftsansässige Klägerin macht gegen die Beklagte im Wege der Stufenklage Auskunftsansprüche zu Beitragserhöhungen in Krankenversicherungsverträgen sowie Ansprüche auf Feststellung der Unwirksamkeit der Beitragserhöhungen und Erstattung von Beiträgen aus abgetretenem Recht geltend. Ihre Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt; die Revision ist nicht zugelassen worden. Dagegen hat sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde gewandt.
2 Am hat das Kreisgericht St. Gallen das Konkursverfahren über das Vermögen der Klägerin vorläufig eröffnet. Die Klägerin beantragt die deklaratorische Feststellung der Verfahrensunterbrechung.
3 II. Das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ist gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1, § 343 Abs. 1 InsO unterbrochen.
4 1. Das Konkursverfahren nach Art. 197 ff. des schweizerischen Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (im Folgenden: SchKG) ist ein in Deutschland nach § 343 Abs. 1 InsO anerkennungsfähiges Insolvenzverfahren mit Unterbrechungswirkung für inländische Verfahren (vgl. , NZI 2019, 423 Rn. 14 ff.). Die in § 343 Abs. 1 Satz 2 InsO genannten Hindernisse für eine Anerkennung liegen nicht vor, insbesondere ergibt sich die internationale Zuständigkeit der schweizerischen Gerichte für ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Schuldners mit Sitz in der Schweiz - wie hier die Klägerin - aus der die örtliche und internationale Zuständigkeit regelnden Vorschrift des § 3 InsO (vgl. aaO Rn. 17).
5 2. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft im Sinne von § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO die Insolvenzmasse. Diese ist nach § 35 Abs. 1 InsO das gesamte Vermögen, das dem Schuldner zur Zeit der Eröffnung des Verfahrens gehört und das er während des Verfahrens erlangt; nicht zur Insolvenzmasse gehören Gegenstände, die nicht der Zwangsvollstreckung unterliegen, § 36 Abs. 1 InsO. Die an die Klägerin abgetretenen Ansprüche auf Rückerstattung von Krankenversicherungsbeiträgen nebst vorbereitenden Ansprüchen gehören zu ihrem pfändbaren Vermögen.
6 3. Die Unterbrechung tritt auch bei der hier erfolgten "vorläufigen" Eröffnung des Konkursverfahrens ein. Diese Vorläufigkeit bezieht sich nur auf die noch ausstehende Bestimmung der Art des Konkursverfahrens durch das Gericht. Der Konkurs wird nach Art. 232 Abs. 1 SchKG öffentlich bekanntgemacht, sobald feststeht, ob dieser im ordentlichen oder summarischen Verfahren durchgeführt wird. Ist absehbar, dass bis zum Entscheid über die Verfahrensart eine längere Zeit vergehen wird, erfolgt regelmäßig die Publikation des Konkurses als sogenannte vorläufige Konkursanzeige mit dem Hinweis darauf, dass die Verfahrensart erst später bestimmt werde (vgl. Strub in BeckOK-InsR, Internationales Insolvenzrecht - Schweiz Rn. 143 [Stand: ]). Der Konkurs gilt jedoch nach Art. 175 Abs. 1 SchKG mit dem Konkurserkenntnis als eröffnet; die Konkurspublikation ist nicht ausschlaggebend (vgl. Heinel/Rodriguez in Kindler/Nachmann/Bitzer, Handbuch Insolvenzrecht in Europa, Schweiz Rn. 218 [Stand: Februar 2023]).
Prof. Dr. Karczewski Harsdorf-Gebhardt Dr. Brockmöller
Dr. Bußmann Rust
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:020425BIVZR176.24.0
Fundstelle(n):
TAAAJ-93771