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Online-Nachricht - Montag, 26.05.2025

Verfahrensrecht | Unterschiedliche steuerliche Zinssätze für Aussetzungszinsen und Nachzahlungszinsen auch nach dem verfassungsrechtlich zweifelhaft (FG)

Das FG Köln entschied, dass an der unterschiedlichen Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen und Nachzahlungszinsen ernstliche Zweifel bestehen ().

Hintergrund: Der VIII. Senat des BFH hat dem BVerfG mit Beschluss vom 8.5.2024 - VIII R 9/23 die Frage in der Folge zur Entscheidung vorgelegt, ob § 237 i.V.m. § 238 Abs. 1 Satz 1 AO seit dem bis zum insoweit mit dem GG vereinbar ist, als der Zinsberechnung für die Zinsen bei AdV ein Zinssatz von 0,5 % pro Monat zugrunde gelegt wird. Dabei hat der VIII. Senat des BFH ausgeführt, dass seit dem Steuerpflichtige, die AdV-Zinsen schulden, weil sie die Steuer nach AdV des Verwaltungsakts nicht bezahlt haben, und Steuerpflichtige, die Nachzahlungszinsen entrichten müssen, weil ihre Steuerfestsetzung zu einem Unterschiedsbetrag (§ 233a Abs. 3 AO) geführt hat und sie die materiell-rechtlich von Anfang an geschuldete Steuer deshalb erst später zahlen müssen, ungleich behandelt würden. Die Zinsen bei AdV betrügen 0,5 % pro Monat. Nachzahlungszinsen würden dagegen seit dem mit einem Zinssatz von lediglich 0,15 % für jeden Monat berechnet. Der BFH vertrat die Ansicht, dass diese Ungleichbehandlung (Zinssatzspreizung) verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei (vgl. ; s. hierzu unsere Online-Nachricht v. 22.8.2024).

Sachverhalt: Das Finanzamt (FA) setzte gegenüber den Antragstellern Aussetzungszinsen für den Zeitraum Februar 2023 bis November 2024 fest und legte bei der Zinsberechnung den gesetzlichen Zinssatz von 0,5 % für jeden Monat zugrunde. Die Antragsteller legten gegen die Zinsfestsetzung Einspruch ein und beantragten beim FA erfolglos, die Zinsen in Höhe von 0,35 % (Differenzbetrag zwischen 0,5 % und 0,15 %) von der Vollziehung auszusetzen. Mit Blick auf die unterschiedlichen Zinssätze bei Nachzahlungszinsen (seit dem : 0,15 % monatlich) und Aussetzungszinsen (0,5 % monatlich) bestünden verfassungsrechtliche Zweifel an dem zugrunde gelegten Zinssatz von 0,5 %. Hierzu beriefen sie sich ergänzend auf einen , mit dem der BFH die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes von Aussetzungszinsen dem BVerfG vorgelegt hatte. Vor diesem Hintergrund ermittelten die Antragsteller ihre Aussetzungszinsen in Höhe von 0,15 % pro Monat, die sie auch bezahlten.

Das FA lehnte den Antrag ab und verwies darauf, dass sich die Vorlage des BFH an das BVerfG nur auf Zinsen für den Zeitraum vom bis beziehe. Zudem sei spätestens ab dem nicht mehr von einer Niedrigzinsphase auszugehen.

Die Richterinnen und Richter des 4. Senats gewährten den Antragstellern vorläufigen Rechtsschutz:

  • Die Antragsteller brauchen die vom FA geforderten weiteren Zinsen vorläufig nicht zu bezahlen.

  • Für Aussetzungszwecke bestehen bereits deshalb hinreichende Zweifel an der Höhe der angefochtenen Zinsen, weil die Rechtsprechung eine von der Ansicht der Finanzverwaltung divergierende Auffassung vertritt. Nicht nur eine anhaltende Niedrigzinsphase habe nach den Ausführungen des BFH verfassungsrechtliche Zweifel an der Höhe des Zinssatzes für Aussetzungszinsen begründet. Vielmehr habe der BFH auch den mangelnden Gleichlauf der Verzinsung ab 2019 und die hierdurch eingetretene Zinssatzspreizung (zwischen 0,15 % und 0,5 %) moniert.

  • Vor diesem Hintergrund sind ernstliche Zweifel zumindest dann zu bejahen, wenn – wie vorliegend – im Einspruchsverfahren um die Höhe der Aussetzungszinsen gestritten wird. Denn in einer solchen Konstellation findet kein anderweitiger (Zins-)Ausgleich statt, wie z.B. durch den Anspruch auf Prozesszinsen während eines Klageverfahrens.

Hinweise:

Den vollständigen Entscheidungstext finden Sie hier.

Die im vorläufigen Rechtsschutz ergangene Entscheidung ist rechtskräftig. Das FA hat die gegen den Beschluss zugelassene Beschwerde nicht eingelegt.

Quelle: und FG Köln, Pressemitteilung v. 26.5.2025 (lb)

Fundstelle(n):
GAAAJ-92170