Das BMF als Investitionsministerium
Alles unter Vorbehalt
Am hat Vizekanzler und Bundesfinanzminister Lars Klingbeil dem Bundestag das Regierungsprogramm vorgestellt. Dabei wurde deutlich, aus dem Bundesfinanzministerium soll ein „Investitionsministerium“ werden. Schnell auf den Weg gebracht werden soll dafür der schon im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD vereinbarte Investitionsbooster – Abschreibungen bis zu 30 Prozent in den nächsten drei Jahren und Senkung der Körperschaftsteuer für Unternehmen ab 2028 (s. dazu Hechtner, NWB 17/2025 S. 1153). Wie schnell es gehen soll, lässt sich der Pressemitteilung zu den Ergebnissen der 168. Steuerschätzung entnehmen: „Den Bundeshaushalt 2025, den Investitionsbooster [...] und das Gesetz zum Infrastruktur-Sondervermögen werden wir bis Ende Juni im Kabinett beschließen“, wird dort der Bundesfinanzminister zitiert. Das wäre wirklich schnell. Aber es wäre auch erst der Startschuss für die folgenden parlamentarischen Beratungen, zudem müssen die Bundesländer „mit ins Boot geholt werden“ und dann gibt es da ja noch die Zeile 1627 des Koalitionsvertrags: „Alle Maßnahmen stehen unter Finanzierungsvorbehalt“.
Mit einem Vorbehalt ganz anderer Art, nämlich dem Vorbehalt der Nachprüfung und dessen Auswirkungen auf den Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen, befassen sich Müller/Wu auf Seite 1442. Solange der Vorbehalt der Nachprüfung wirksam ist, bleibt der gesamte Steuerfall „offen“, die Steuerfestsetzung kann daher jederzeit uneingeschränkt zugunsten wie zuungunsten des Steuerpflichtigen, aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen, geändert werden. So kann etwa aus einem im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung nicht beanstandeten steuerfreien oder ermäßigt besteuerten Umsatz nach einer Betriebsprüfung für denselben Zeitraum ein steuerpflichtiger oder dem Regelsteuersatz unterliegender Umsatz werden. Die damit eröffnete Möglichkeit von Mehrfachprüfungen durch die Finanzverwaltung steht weitgehend im Einklang mit der BFH-Rechtsprechung. Bezogen auf das Umsatzsteuerrecht – darauf machen Müller/Wu aufmerksam – kann sich ein Unternehmer jedoch mit Blick auf die EuGH-Rechtsprechung hiergegen zur Wehr setzen.
Auf ein interessantes Urteil des FG Nürnberg macht Scherf auf Seite 1430 aufmerksam. Darin widerspricht das Finanzgericht der Verwaltungsauffassung, die bei einer Wohnungsüberlassung an den Vermögensübergeber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs als Bestandteil der Versorgungsleistungen nur die mit der Nutzungsüberlassung tatsächlich zusammenhängenden Aufwendungen als Sonderausgaben beim Übernehmer anerkennt, den Miet- bzw. Nutzungswert der Wohnung aber unberücksichtigt lässt. Noch steht das FG-Urteil unter dem „Vorbehalt“ der eingelegten Revision. Es bleibt daher abzuwarten, ob der BFH dieser Rechtsansicht folgen wird.
Beste Grüße
Reinhild Foitzik
Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 1425
PAAAJ-91814