Leitsatz
1. Für eine analoge Anwendung des ordre-public-Vorbehalts des Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ auf die Anerkennung einer Schiedsvereinbarung im Sinn des Art. II UNÜ im Vollstreckbarerklärungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Schiedsspruch wegen der Ungültigkeit einer Schiedsvereinbarung die Anerkennung nach Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ zu versagen ist, fehlt es an einer Regelungslücke.
2. Eine auf der Unionsrechtswidrigkeit der Streitbeilegungsklausel (vgl. , SchiedsVZ 2018, 186 [juris Rn. 60] - Achmea; Urteil vom - C-741/19, RIW 2021, 661 [juris Rn. 66] - Komstroy) beruhende Unwirksamkeit einer Schiedsvereinbarung im Sinn des Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ steht nicht nur der Vollstreckbarerklärung eines (klageabweisenden) Schiedsspruchs in der Sache entgegen, sondern ebenso der Vollstreckbarerklärung (nur) einer auf der Entscheidung in der Sache beruhenden Kostenentscheidung des Schiedsgerichts.
3. Mögliche einem Schiedsgericht von Natur aus innewohnende Kompetenzen ("inherent powers") existieren nicht abstrakt oder losgelöst von einer wirksamen Schiedsvereinbarung, sondern ergänzen diese lediglich. Nur und erst auf der Grundlage einer wirksamen Schiedsvereinbarung, mit der die Parteien eine Streitigkeit der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte entziehen und der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterstellen, stellt sich die Frage, ob und welche (immanenten) Kompetenzen das Schiedsgericht hat, die über das hinausgehen, was die Parteien explizit in der Schiedsvereinbarung vorgesehen haben oder was sich aus der vereinbarten Schiedsverfahrensordnung und dem anwendbaren Recht ergibt.
4. Dem Investor als Schiedskläger ist es nicht verwehrt, sich im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs in einem Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel wegen Unionsrechtswidrigkeit zu berufen. Die Anerkennung eines solchen auf Treu und Glauben gestützten Einwands wäre mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur effektiven Anwendung des Unionsrechts unvereinbar, weil sich dann die unionsrechtswidrige Zuweisung von Streitigkeiten an ein Schiedsgericht in der streitgegenständlichen Schiedsklausel teilweise als faktisch wirksam erwiese.
Gesetze: § 1061 Abs 1 ZPO, Art 26 ECHVertr, Art 2 SchSprAnerkÜbk, Art 5 Abs 1 Buchst a SchSprAnerkÜbk, Art 5 Abs 2 Buchst b SchSprAnerkÜbk
Instanzenzug: Bayerisches Oberstes Landesgericht Az: 101 Sch 146/23 e Beschluss
Gründe
1A. Die Antragsgegnerin zu 1, deren Geschäftsführer und mittelbarer Gesellschafter der Antragsgegner zu 2 ist, investierte über fünf Zweckgesellschaften nach tschechischem Recht auf dem Gebiet der Antragstellerin, der Tschechischen Republik, in Solartechnologie zur Energiegewinnung.
2Die Antragstellerin erließ im Jahr 2005 ein Gesetz zur Förderung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen, durch das feste Subventionen eingeführt wurden. Ferner stellte sie Unternehmen für die ersten fünf Jahre nach der Inbetriebnahme von Solaranlagen zur Stromerzeugung von der Körperschaftssteuer frei. Nach einem starken Preisverfall bei Photovoltaikmodulen und Solarpaneelen ab Ende 2008 kam es zu einem massiven Zustrom von Investoren in die Tschechische Republik, die von den hohen Subventionen und den Steuererleichterungen für Photovoltaikanlagen profitieren wollten. Ende 2010 reagierte die Antragstellerin auf diesen "Solarboom" mit verschiedenen Gesetzgebungsmaßnahmen, durch die sich die Antragsgegner im Bestandsschutz ihrer Investitionen verletzt sahen.
3Mit Notice of Arbitration vom leiteten die Antragsgegner deshalb ein Schiedsverfahren gegen die Antragstellerin ein. Dabei stützten sie sich auf Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a des Energiecharta-Vertrags vom (nach Zustimmung durch Gesetz vom , BGBl. II 1997 S. 4, am in Kraft getreten, BGBl. II 1998 S. 3009; nachfolgend auch "ECV") sowie auf Art. 10 Abs. 2 des Vertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Tschechischen und Slowakischen Föderativen Republik über die Förderung und den gegenseitigen Schutz von Kapitalanlagen vom (nach Zustimmung durch Gesetz vom , BGBl. II 1992 S. 294, am in Kraft getreten, BGBl. II 1992, S. 934; nachfolgend "BIT-CZ").
4Nach Art. 26 ECV besteht für den Investor aus einem Vertragsstaat die Möglichkeit, einen anderen Vertragsstaat wegen möglicher Verletzungen des Energiecharta-Vertrags im Wege eines Schiedsverfahrens in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift lautet auszugsweise:
(1) Streitigkeiten zwischen einer Vertragspartei und einem Investor einer anderen Vertragspartei über eine Investition des letzteren im Gebiet der ersteren, die sich auf einen behaupteten Verstoß der ersteren Vertragspartei gegen eine Verpflichtung aus Teil III beziehen, sind nach Möglichkeit gütlich beizulegen.
(2) Können solche Streitigkeiten nicht innerhalb von drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem eine der Streitparteien um eine gütliche Beilegung ersucht hat, nach Absatz 1 beigelegt werden, so kann der Investor als Streitpartei die Streitigkeit auf folgende Weise beilegen lassen:
a) durch die Zivil- oder Verwaltungsgerichte der an der Streitigkeit beteiligten Vertragspartei;
b) im Einklang mit einem anwendbaren, zuvor vereinbarten Streitbeilegungsverfahren oder
c) im Einklang mit den folgenden Absätzen.
(3) a) Vorbehaltlich nur der Buchstaben b und c erteilt jede Vertragspartei hiermit ihre uneingeschränkte Zustimmung, eine Streitigkeit einem internationalen Schieds- oder Vergleichsverfahren in Übereinstimmung mit diesem Artikel zu unterwerfen. …
(4) Beabsichtigt ein Investor, die Streitigkeit einer Beilegung nach Absatz 2 Buchstabe c zu unterwerfen, so hat er ferner schriftlich seine Zustimmung zu erteilen, damit die Streitigkeit folgenden Stellen vorgelegt werden kann: …
b) einem Einzelschiedsrichter oder einem Ad-hoc-Schiedsgericht, das nach der Schiedsordnung der Kommission der Vereinten Nationen für internationales Handelsrecht (im folgenden als "UNCITRAL" bezeichnet) gebildet wird, …
(5) a) Die Zustimmung nach Absatz 3 zusammen mit der schriftlichen Zustimmung des Investors nach Absatz 4 wird so angesehen, als erfülle sie das Erfordernis …
ii) einer "schriftlichen Vereinbarung" im Sinne des Artikels II des am in New York beschlossenen Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche … und
iii) einer "schriftlichen Einverständniserklärung der Vertragsparteien" im Sinne des Artikels 1 der UNCITRAL-Schiedsordnung …
(6) Ein nach Absatz 4 gebildetes Schiedsgericht entscheidet über die strittigen Fragen in Übereinstimmung mit diesem Vertrag und den geltenden Regeln und Grundsätzen des Völkerrechts. …
5Auch nach Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ kann der Investor bei Meinungsverschiedenheiten, die nicht gütlich beigelegt werden können, ein Schiedsgericht anrufen. Die Vorschrift lautet auszugsweise:
(2) Kann die Meinungsverschiedenheit innerhalb einer Frist von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt ihrer Geltendmachung durch eine der beiden Streitparteien nicht beigelegt werden, so wird sie auf Verlangen des Investors der anderen Vertragspartei einem Schiedsverfahren unterworfen. Sofern die Streitparteien keine abweichende Vereinbarung treffen, sind die Bestimmungen des Artikels 9 Absätze 3 bis 5 sinngemäß … anzuwenden... Der Schiedsspruch wird anerkannt und vollstreckt nach Maßgabe des Übereinkommens vom über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche…
6Art. 9 Abs. 5 BIT-CZ lautet:
(5) Das Schiedsgericht entscheidet mit Stimmenmehrheit. Seine Entscheidungen sind bindend. Jede Vertragspartei trägt die Kosten ihres Mitglieds sowie ihrer Vertretung in dem Verfahren vor dem Schiedsgericht; die Kosten des Obmanns sowie die sonstigen Kosten werden von den beiden Vertragsparteien zu gleichen Teilen getragen. Das Schiedsgericht kann eine andere Kostenregelung treffen. Im übrigen regelt das Schiedsgericht sein Verfahren selbst.
7In den Terms of Appointment, auf die sich die Parteien einigten, heißt es in Ziffer 2 "The Dispute and Commencement of Arbitration":
2.1 According to the Claimants, a dispute has arisen between the Claimants and the Respondent under the Energy Charter Treaty (the "Charter") and the Agreement between the Federal Republic of Germany and the Czech and Slovak Federal Republic on the Promotion and Reciprocal Protection of Investments … (the "Treaty").
2.2 On 8 May 2013, the Claimant served upon the Respondent a Notice of Arbitration pursuant to (inter alia) Article 26 of the Charter and Article 10 of the Treaty. …
8Die Parteien vereinbarten außerdem, das Schiedsverfahren der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 zu unterwerfen und vor dem Permanent Court of Arbitration in Den Haag, Niederlande, durchzuführen. Dazu heißt es in Ziffer 5.1 und 5.2 "Applicable Procedural Rules":
5.1 The arbitration shall be conducted in accordance with the UNCITRAL Arbitration Rules 1976 (the "Rules"), subject to any mandatory rules at the place of arbitration and to any derogations from the Rules agreed by the parties.
5.2 For issues not addressed by the Rules, the Tribunal shall apply the rules on which the Parties have agreed. In the absence of such agreement, the Tribunal shall apply the rules it considers appropriate, provided that the Parties are treated with equality and that each Party is given a full opportunity of presenting its case at any stage of the proceedings.
9Art. 1.1 der vereinbarten UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 lautet:
Haben die Parteien eines Vertrags schriftlich vereinbart, dass Streitigkeiten, die sich auf diesen Vertrag beziehen, der Schiedsgerichtsbarkeit nach der UNCITRAL-Schiedsgerichtsordnung unterliegen, so werden diese Streitigkeiten nach dieser Schiedsgerichtsordnung geregelt, vorbehaltlich solcher Änderungen, welche die Parteien schriftlich vereinbaren.
10Das Schiedsgericht bestimmte zunächst Den Haag, Niederlande, als Schiedsort. Später verlegte es den Schiedsort nach Genf, Schweiz.
11Im Schiedsverfahren beantragte die Europäische Kommission ihre Zulassung als "Non-Disputing Party". Die beabsichtigte Nebenintervention sollte das Schiedsgericht veranlassen, seine Zuständigkeit aufgrund des BIT-CZ und des Energiecharta-Vertrags mit der Begründung zu verneinen, dass beide Verträge auf die Rechtsbeziehungen zwischen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und Angehörigen anderer Mitgliedstaaten der Europäischen Union nicht anwendbar seien. Das Schiedsgericht wies den Antrag zurück.
12Mit Schriftsatz vom beantragte die Antragstellerin, das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union vom in der Rechtssache C-284/16 ("Achmea") und die sich daraus ergebenden Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts in das Verfahren einzuführen. Das Schiedsgericht wies den Antrag am als verspätet zurück. Es wies außerdem darauf hin, dass die Antragstellerin mit Schriftsatz vom die von der Kommission erhobenen Einwände gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts nicht weiterverfolgt habe.
13Mit Schiedsspruch vom wies das Schiedsgericht die Schiedsklage der Antragsgegner ab und sprach der Antragstellerin Kosten in Höhe von 1,75 Millionen US-Dollar und 178.125,50 Britischen Pfund zu. Zur Begründung führte das Schiedsgericht unter anderem aus:
449. The effect of Articles 10 (2) and 9 (5) of the BIT and Article 40 of the UNCITRAL 1976 Rules is that the costs of arbitration are in principle to be borne by the unsuccessful party, but the Tribunal may apportion costs between the parties if it determines that apportionment is reasonable, taking into account the circumstances of the case.
450. The Claimants have prevailed on one important issue, namely the ECT tax carve-out objection, but have failed on the merits.
463. In the exercise of its discretion in the light of Article 40 of the UNCITRAL Rules, the Tribunal takes these matters into account: (1) the Respondent prevailed on the merits; (2) the Claimants succeeded on the issue of the tax carve-out; (3) it is reasonable to make some allowance for the Claimants' costs in relation to the adjournment.
464. In the light of all these considerations, the Tribunal's conclusion on legal and arbitration costs is that the Respondent should be awarded US$ 1.75 million in legal costs, and that the Claimants should bear three-quarters of the arbitration costs.
14Die Antragstellerin hat vor dem Bayerischen Obersten Landesgericht - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren relevant - beantragt,
den am durch das Schiedsgericht des Permanent Court of Arbitration Den Haag, Niederlande, … erlassenen Schiedsspruch, durch den die Antragsgegner verurteilt wurden, der Antragstellerin Rechtsverteidigungs- und Verfahrenskosten in Höhe von USD 1.750.000,00 und GBP 178.125,50 zu erstatten, für vollstreckbar zu erklären.
15Die Antragsgegner haben die Ablehnung des Antrags und die Nichtanerkennung des Schiedsspruchs im Inland beantragt.
16Das Bayerische Oberste Landesgericht hat die Vollstreckbarerklärung der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung abgelehnt und festgestellt, dass der Schiedsspruch vom insoweit im Inland nicht anzuerkennen sei (SchiedsVZ 2025, 41). Dagegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Rechtsbeschwerde und beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben, soweit er sie beschwert. Die Antragsgegner beantragen, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
17B. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat angenommen, der Anerkennung des Schiedsspruchs stehe das Fehlen einer Schiedsvereinbarung im Sinn des Art. V Abs. 1 Buchst. a des Übereinkommens vom über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (nachfolgend: "UNÜ" oder "New Yorker Übereinkommen") entgegen. Die Antragstellerin sei aus unionsrechtlichen Gründen gehindert gewesen, ein Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung mit Investoren aus Deutschland abzugeben. Das staatliche Gericht sei befugt, die Anerkennung einer Schiedsvereinbarung zu verweigern, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung verstoße.
18Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union seien Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten entgegenstünden, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten dürfe, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen habe, wenn eine entsprechende Schiedsregelung dazu führen könne, dass solche Investitionsstreitigkeiten nicht in einer Weise entschieden würden, die die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleiste. Danach verstoße der Streitbeilegungsmechanismus in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV gegen das Unionsrecht.
19Durch die Einleitung des Schiedsverfahrens sei keine im Forumstaat anzuerkennende Schiedsvereinbarung zustande gekommen. Unerheblich sei, ob die Schiedsvereinbarung in Staaten außerhalb der Europäischen Union als wirksam angesehen werde. Wegen der Unvereinbarkeit der Schiedsklauseln in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 ECV mit Unionsrecht fehle es an einer wirksamen Einwilligung der Antragstellerin in das Schiedsverfahren und damit an einem Angebot der Antragstellerin zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung.
20Die Rechtsprechung sei auch in Verfahren zu berücksichtigen, in denen - wie hier - nur die vom Schiedsgericht getroffene Kostenentscheidung streitgegenständlich sei. Der Ausschlussgrund der ungültigen Schiedsvereinbarung gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ greife auch hinsichtlich der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung durch, weil nicht nur die Entscheidung über die Hauptsache, sondern auch die Kostenentscheidung auf der unionsrechtswidrigen Schiedsvereinbarung beruhe. Dass das Schiedsgericht seine Kostenentscheidung auch auf Art. 40 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 gestützt habe, führe nicht dazu, dass seine Zuständigkeit für den auf der Entscheidung in der Sache beruhenden kostenrechtlichen Teil des Schiedsspruchs aus einer anderen Schiedsvereinbarung folge als aus den für das Schiedsverfahren insgesamt nach dem Willen der Parteien allein maßgeblichen, allerdings unionsrechtswidrigen Schiedsklauseln der Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c ECV.
21Die Antragstellerin könne sich auch nicht auf eine dem Schiedsgericht von Natur aus innewohnende Befugnis berufen, Kosten zuzusprechen. Das Schiedsgericht habe bereits keinen Anlass gehabt, von einer derartigen Befugnis Gebrauch zu machen, weil es von seiner Zuständigkeit aufgrund einer wirksamen Schiedsvereinbarung ausgegangen sei.
22Die Berufung der Antragsgegner auf die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union und das sich daraus ergebende Fehlen einer Schiedsvereinbarung sei auch weder treuwidrig noch präkludiert.
23C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthaft und auch zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2, § 575 ZPO). In der Sache hat sie keinen Erfolg.
24I. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs vom der Versagungsgrund der ungültigen Schiedsvereinbarung gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a Fall 2 UNÜ entgegensteht.
251. Entgegen der Ansicht des Bayerischen Obersten Landesgerichts fehlt es allerdings nicht deswegen an einer gültigen Schiedsvereinbarung, weil die Schiedsvereinbarungen in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV wegen eines ordre-public-Verstoßes nicht anzuerkennen wären.
26a) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat angenommen, es fehle an einer wirksamen Schiedsvereinbarung, weil die Antragstellerin aus unionsrechtlichen Gründen gehindert gewesen sei, ein Angebot zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung mit Investoren aus Deutschland abzugeben, das die Antragsgegner hätten annehmen können. Die Anerkennung einer Schiedsvereinbarung könne verweigert werden, wenn sie gegen die öffentliche Ordnung oder gegen zwingende Bestimmungen des Gerichtsstands verstoße. In dieser Hinsicht könne Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ analog angewendet werden. Dass Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ eine entsprechende Einschränkung nicht enthalte, stehe dem nicht entgegen.
27b) Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
28aa) Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich gemäß § 1025 Abs. 4, § 1061 Abs. 1 ZPO nach dem New Yorker Übereinkommen.
29Nach Art. II Abs. 1 UNÜ erkennt jeder Vertragsstaat eine schriftliche Vereinbarung an, durch die sich die Parteien verpflichten, alle oder einzelne Streitigkeiten, die zwischen ihnen aus einem bestimmten Rechtsverhältnis, sei es vertraglicher oder nichtvertraglicher Art, bereits entstanden sind oder etwa künftig entstehen, einem schiedsrichterlichen Verfahren zu unterwerfen, sofern der Gegenstand des Streits auf schiedsrichterlichem Wege geregelt werden kann. In Art. II Abs. 2 UNÜ ist geregelt, was unter einer "schriftlichen Vereinbarung" zu verstehen ist. Wird ein Gericht eines Vertragsstaats wegen eines Streitgegenstands angerufen, hinsichtlich dessen die Parteien eine Vereinbarung im Sinn dieses Artikels getroffen haben, so hat das Gericht gemäß Art. II Abs. 3 UNÜ auf Antrag einer der Parteien sie auf das schiedsrichterliche Verfahren zu verweisen, sofern es nicht feststellt, dass die Vereinbarung hinfällig, unwirksam oder nicht erfüllbar ist.
30Nach Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, nur versagt werden, wenn diese Partei den Beweis erbringt, dass die Parteien, die eine Vereinbarung im Sinn des Artikels II geschlossen haben, nach dem Recht, das für sie persönlich maßgebend ist, in irgendeiner Hinsicht hierzu nicht fähig waren, oder dass die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist.
31Nach Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde.
32bb) Für eine analoge Anwendung des ordre-public-Vorbehalts des Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ auf die Anerkennung einer Schiedsvereinbarung im Sinn des Art. II UNÜ im Vollstreckbarerklärungsverfahren bei der Prüfung, ob dem Schiedsspruch wegen der Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung die Anerkennung nach Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ zu versagen ist, fehlt es an einer Regelungslücke.
33(1) Eine entsprechende Anwendung von Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ bei der Prüfung einer Schiedsvereinbarung nach Art. II UNÜ kommt zwar in Betracht, wenn sich vor Erlass eines vom New Yorker Übereinkommen erfassten Schiedsspruchs die Frage der Anerkennung der Schiedsvereinbarung gemäß Art. II Abs. 3 UNÜ stellt (vgl. , NJW 1987, 3193 [juris Rn. 28]; MünchKomm.ZPO/Adolphsen, 6. Aufl., Art. 2 UNÜ Rn. 32; Hausmann in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 9. Aufl., Rn. 7.389; zu einem Verfahren vor dem OGH vgl. Thorn/Nickel, IPrax 2018, 541; einschränkend Wolff/Wolff, New York Convention, 2. Aufl., Art. V Rn. 519a; aA Wilske/Fox/Wolff aaO Art. II Rn. 307). Auf diese Konstellation beziehen sich auch die im angefochtenen Beschluss genannten Fundstellen (Solomon in Balthasar, International Commercial Arbitration, 2. Aufl., B. The New York Convention Rn. 135; MünchKomm.ZPO/Adolphsen aaO Art. 2 UNÜ Rn. 32).
34(2) Geht es - wie hier - um die Vollstreckbarerklärung eines bereits erlassenen Schiedsspruchs, fehlt es für eine entsprechende Anwendung des Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ auf Art. II UNÜ schon an einer Regelungslücke. Vielmehr ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren unmittelbar nach Art. V UNÜ zu prüfen, ob nach dem Schiedsvereinbarungsstatut eine wirksame Schiedsvereinbarung vorliegt (Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ) oder ob die Anerkennung des Schiedsspruchs gegen die öffentliche Ordnung verstößt (Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ; vgl. Niedermaier/Weiler, SchiedsVZ 2025, 41, 51; vgl. auch Wilske/Fox/Wolff aaO Art. II Rn. 307).
352. Dem Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ steht nach dem Schiedsvereinbarungsstatut (dazu C I 2 a) aber entgegen, dass die Schiedsklausel in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV ebenso wie die Schiedsklausel in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auf Investitionsstreitigkeiten im Intra-EU-Kontext nicht anwendbar ist (dazu C I 2 b und c).
36a) Für die Prüfung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarungen ist das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht maßgeblich. Das selbständig anzuknüpfende Schiedsvereinbarungsstatut bestimmt sich in Anwendung von Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ (zur analogen Anwendung im Verfahren nach § 1032 Abs. 2 ZPO vgl. , SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 96] mwN). Danach greift vorrangig das von den Parteien gewählte Recht. Die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung zu einem auf Grundlage des Energiecharta-Vertrags eingeleiteten Schiedsverfahren bestimmt sich daher nach dem Parteiwillen insbesondere nach Art. 26 Abs. 2 bis 4 ECV (vgl. BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 96]). Soweit die Schiedsklage auf das BIT-CZ gestützt ist, bestimmt sich die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung nach Art. 10 BIT-CZ. Die in Art. 26 Abs. 3 Buchst. a ECV und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ enthaltenen Angebote der Vertragsstaaten auf Abschluss einer Schiedsvereinbarung, die ein Investor mit Erhebung der Schiedsklage annimmt (vgl. Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, 2013, S. 66 f.), sind als Teil eines multi- bzw. bilateralen völkerrechtlichen Abkommens völkerrechtlicher Rechtsnatur. Nachdem sich das Schiedsgericht erst nach dem Beitritt der Antragstellerin zur Europäischen Union konstituiert hat, ist das auf die Schiedsvereinbarungen anwendbare Recht das Völkerrecht einschließlich des Unionsrechts (vgl. Rösch, Intraeuropäisches Investitionsrecht, 2017, S. 100 f., 175 f.; Tietje, KSzW 2011, 128, 129; Hindelang, LIEI 2012, 179, 182; vgl. auch , SchiedsVZ 2019, 46 [juris Rn. 18 und 28]; BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 99]).
37Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kommt es damit für das Schiedsvereinbarungsstatut nicht - im Wege der (Hilfs-)Anknüpfung - auf das Recht des Landes an, in dem der Schiedsspruch ergangen ist.
38b) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sind die Art. 267 und 344 AEUV dahin auszulegen, dass sie einer Bestimmung in einer internationalen Übereinkunft zwischen den Mitgliedstaaten entgegenstehen, nach der ein Investor eines dieser Mitgliedstaaten im Fall einer Streitigkeit über Investitionen in dem anderen Mitgliedstaat gegen diesen ein Verfahren vor einem Schiedsgericht einleiten darf, dessen Gerichtsbarkeit sich dieser Mitgliedstaat unterworfen hat, wenn eine entsprechende Schiedsregelung dazu führen kann, dass solche Investitionsstreitigkeiten nicht in einer Weise entschieden werden, die die volle Wirksamkeit des Unionsrechts gewährleistet (vgl. , SchiedsVZ 2018, 186 [juris Rn. 32 bis 37, 60] - Achmea; Urteil vom - C-741/19, RIW 2021, 661 [juris Rn. 42 bis 46, 66] - Komstroy; Urteil vom - C-109/20, EuZW 2021, 1097 [juris Rn. 44] - PL Holdings; Urteil vom - C-638/19, RIW 2022, 219 [juris Rn. 138] - European Food; Beschluss vom - C-333/19, BeckRS 2022, 26460 Rn. 33 - Romatsa; BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 97]; vgl. auch , IWRZ 2022, 129 [juris Rn. 10, 20 f.]).
39c) Die Streitbeilegungsmechanismen in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ verstoßen nach diesen Grundsätzen, wie das Bayerische Oberste Landesgericht zutreffend ausgeführt hat (SchiedsVZ 2025, 41 [juris Rn. 71 bis 78]), für Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren wie im Streitfall gegen das Unionsrecht. Wegen der Unvereinbarkeit insbesondere mit Art. 267, 344 AEUV fehlt es an einer wirksamen Einwilligung und damit an einem Angebot der Antragstellerin zum Abschluss einer Schiedsvereinbarung (vgl. BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 100 f.]).
403. Die danach nicht anwendbaren Vorschriften der Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ sind entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch nicht anwendbar, um eine Zuständigkeit des angerufenen Schiedsgerichts für eine Kostenentscheidung zu Lasten des erfolglosen Schiedsklägers zu begründen.
41a) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat angenommen, der Ausschlussgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ greife auch hinsichtlich der schiedsrichterlichen Kostenentscheidung durch, weil nicht nur die Entscheidung über die Hauptsache, sondern auch der Kostenentscheid auf der unionsrechtswidrigen Schiedsvereinbarung beruhe. Das Schiedsgericht habe das Bestehen von Investitionsschutzansprüchen der Antragsgegner verneint und somit unter Bejahung der Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung eine Entscheidung in der Sache getroffen. Auf dieser Sachentscheidung beruhe auch die Kostenentscheidung (vgl. Schiedsspruch Rn. 463 f.).
42Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Unionsrechtswidrigkeit von Schiedsklauseln in Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren betreffe nicht lediglich die Entscheidungsbefugnis von Schiedsgerichten in der Sache selbst, sondern beziehe sich auch auf die Vollstreckung der Schiedssprüche, die unter Verkennung der Unionsrechtswidrigkeit der betreffenden Schiedsklauseln ergangen seien. Danach treffe ein Gericht eines Mitgliedstaats, das mit der Vollstreckbarerklärung eines derartigen Schiedsspruchs befasst sei, die Verpflichtung, diesen Schiedsspruch unangewendet zu lassen.
43Eine andere Bewertung ergebe sich nicht daraus, dass das Schiedsgericht die Schiedsklage in der Hauptsache abgewiesen habe. Der Grund für die Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Energiecharta-Vertrag oder in einem bilateralen Investitionsschutzabkommen wirke sich auch in einem für den Investor in der Sache selbst nicht erfolgreichen Schiedsverfahren aus. Ein Schiedsgericht, das in einem Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren die Gültigkeit der Schiedsvereinbarung und damit seine Zuständigkeit bejahe, erachte sich im Rahmen der Prüfung der Erfolgsaussichten der Schiedsklage zur Auslegung von Unionsrecht ohne Kontrollmöglichkeit durch den Gerichtshof der Europäischen Union befugt. Bereits die durch die Schiedsklausel eingeräumte bloße Möglichkeit der Auslegung des Unionsrechts durch das Schiedsgericht begründe einen Verstoß gegen die Autonomie des Rechtssystems der Europäischen Union.
44b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
45aa) Die Kostenentscheidung beruht nach der Begründung des Schiedsgerichts auf seiner dem Unionsrecht widersprechenden Inanspruchnahme der Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache. Die auf der Unionsrechtswidrigkeit der Streitbeilegungsklauseln im Energiecharta-Vertrag und im BIT-CZ beruhende Unwirksamkeit der Schiedsvereinbarung im Sinn des Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ steht damit nicht nur einer - im Streitfall nicht beantragten - Vollstreckbarerklärung des (klageabweisenden) Schiedsspruchs in der Sache entgegen (zur Vollstreckbarerklärung eines die Schiedsklage abweisenden [inländischen] Schiedsspruchs zur Sicherung gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen vgl. , juris Rn. 9 mwN; vgl. auch , SchiedsVZ 2019, 351 [juris Rn. 5]), sondern ebenso einer Vollstreckbarerklärung (nur) der Kostenentscheidung. Alles andere liefe auf eine (willkürliche) Aufspaltung des einheitlichen Schiedsspruchs in eine Sach- und eine Kostenentscheidung hinaus.
46bb) Die Vollstreckbarerklärung der Kostenentscheidung des Schiedsspruchs ist im Streitfall auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Effektivitätsgrundsatzes ("effet utile") erforderlich, um dem Unionsrecht zur vollen Wirksamkeit zu verhelfen (vgl. dazu BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 76]).
47(1) Die Rechtsbeschwerde ist der Auffassung, die volle Geltung des Unionsrechts sei nur gewährleistet, wenn derjenige, der einen Mitgliedstaat entgegen dem Unionsrecht mit einer Schiedsklage überziehe, nicht nur die eigenen Kosten, sondern auch die Kosten des Schiedsgerichts und des Gegners tragen müsse. Andernfalls würde wirtschaftlich bevorzugt, wer ein unionsrechtswidriges Schiedsverfahren betreibe. Damit kann sie nicht durchdringen.
48(2) Die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union, nach der die streitgegenständlichen Schiedsklauseln die durch das Vorabentscheidungsverfahren gewährleistete Wahrung der Eigenart des Unionsrechts unter Verstoß gegen die Grundsätze der loyalen Zusammenarbeit und der Autonomie des Unionsrechts in Frage stellen (vgl. EuGH, SchiedsVZ 2018, 186 [juris Rn. 58 f.] - Achmea; EuZW 2021, 1097 [juris Rn. 46] - PL Holdings; BeckRS 2022, 26460 Rn. 41 f. - Romatsa), erfordert es vielmehr, Schiedssprüchen, die auf unionsrechtswidrigen Schiedsvereinbarungen beruhen, keine(rlei) Wirkung beizumessen und diese nicht zu vollstrecken (vgl. EuGH, BeckRS 2022, 26460 Rn. 43 f. - Romatsa; BGH, SchiedsVZ 2023, 289 [juris Rn. 70]; vgl. auch Schlussanträge der Generalanwältin in der Rechtssache C-600/23 vom , SpuRt 2025, 154 [juris Rn. 93]).
49Für die effektive Durchsetzung des Unionsrechts ist die Versagung der Vollstreckbarerklärung jeglicher mit dem Unionsrecht unvereinbaren Schiedssprüche notwendig, unabhängig vom Ausgang des Schiedsverfahrens sowie davon, ob allein die Kostenentscheidung oder der gesamte Schiedsspruch zum Gegenstand des Antrags auf Vollstreckbarerklärung gemacht wird. Andernfalls könnte sich die unionsrechtswidrige Zuweisung von Streitigkeiten an ein Schiedsgericht in Art. 26 Abs. 2 Buchst. c, Abs. 3 Buchst. a ECV und Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ abhängig von der Entscheidung des Schiedsgerichts und des Antrags im Vollstreckbarerklärungsverfahren zumindest teilweise als faktisch wirksam erweisen (vgl. BGH, SchiedsVZ 2019, 46 [juris Rn. 43]). Jegliche Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs legitimierte letztlich die unionsrechtswidrige Grundlage des Schiedsverfahrens. Es gibt danach keinen Grund, einen auf einer unionsrechtswidrigen Schiedsklausel beruhenden Schiedsspruch im Fall der Abweisung der Schiedsklage nach schiedsgerichtlicher Prüfung in der Sache hinsichtlich der Kostenentscheidung anzuerkennen und für vollstreckbar zu erklären, dagegen im Fall des Obsiegens des Investors die Vollstreckbarerklärung (auch nur der Kostenentscheidung) abzulehnen.
50cc) Eine Entscheidung des Schiedsgerichts in der Sache und eine darauf beruhende Kostenentscheidung - wie hier - ist auch - anders als die Rechtsbeschwerde zu suggerieren versucht - nicht gleichzusetzen mit einer Unzuständigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts nebst korrespondierender Kostenentscheidung, wie sie das Oberlandesgericht Hamm zu beurteilen hatte (SchiedsVZ 2013, 182 [juris Rn. 20]). Die Frage, ob und auf welcher Grundlage das Schiedsgericht in einem solchen Fall über die Kosten hätte entscheiden können, um eine Vollstreckbarerklärung seiner Entscheidung zu ermöglichen, bedarf im Streitfall deshalb keiner Entscheidung (zu inländischen Schiedssprüchen vgl. , BGHZ 151, 79 [juris Rn. 19]; ausführlich Kröll in Ferrari/Rosenfeld, Inherent Powers of Arbitrators, 2019, S. 380 bis 384).
514. Eine (gesonderte) Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien (nur) hinsichtlich der im Streitfall für vollstreckbar zu erklärenden Kostenentscheidung, die dem Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ entgegenstehen könnte, kann entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht auf die Terms of Appointment in Verbindung mit der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 (dazu C I 4 b) oder auf eine dem Schiedsgericht von Natur aus innewohnende Befugnis im Sinn von "inherent powers" gestützt werden, über die Kosten des Schiedsverfahrens zu entscheiden (dazu C I 4 c).
52a) Das Bayerische Oberste Landesgericht hat angenommen, die Terms of Appointment enthielten keine gesonderte Schiedsvereinbarung, sondern nur eine Vereinbarung über das schiedsrichterliche Verfahren im Sinn einer Schiedsgerichtsordnung. Das folge aus der Regelung in Ziffer 2, in der ersichtlich deklaratorisch festgehalten werde, dass die Anrufung des Schiedsgerichts auf den Schiedsklauseln in Art. 26 ECV und Art. 10 BIT-CZ beruhe. Unter Ziffer 5 würden unter Bezugnahme auf die UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 nur Vereinbarungen über das schiedsgerichtliche Verfahren getroffen. Der Verweis in der Kostenentscheidung des Schiedsspruchs auf Art. 40 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 führe nicht dazu, dass die Zuständigkeit des Schiedsgerichts für den auf der Entscheidung in der Sache beruhenden kostenrechtlichen Teil des Schiedsspruchs aus einer anderen Schiedsvereinbarung folge als aus den für das Schiedsverfahren insgesamt nach dem Willen der Parteien allein maßgeblichen (unionsrechtswidrigen) Schiedsklauseln in Art. 10 Abs. 2 BIT-CZ und Art. 26 Abs. 2 Buchst. c ECV. Die Antragstellerin könne sich auch nicht mit Erfolg auf eine dem Schiedsgericht von Natur aus innewohnende Befugnis berufen, Kosten zuzusprechen, ohne dass es eine ausdrückliche wirksame Vereinbarung zwischen den Parteien gebe.
53b) Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
54aa) Die UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976, auf die sich die Parteien in ihren Terms of Appointment geeinigt haben, begründet keine eigene Schiedsvereinbarung für die Kostenentscheidung des Schiedsgerichts. Vielmehr setzt die Anwendung der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 eine (wirksame) Schiedsvereinbarung voraus, auf deren Grundlage sich die Parteien erst auf eine Schiedsordnung einigen können (vgl. Bühler, ASAB 2004, 249, 258 f.). Das folgt aus Art. 1.1 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 selbst, wonach eine schriftliche Vereinbarung, dass Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit nach der UNCITRAL-Schiedsordnung unterliegen, Voraussetzung dafür ist, dass diese Streitigkeit nach dieser Schiedsgerichtsordnung geregelt wird. Folglich erwähnt Art. 26 ECV die UNCITRAL-Schiedsordnung (nur) als eine mögliche Verfahrensordnung (vgl. Art. 26 Abs. 4 Buchst. b und Abs. 5 Buchst. a Ziffer iii ECV).
55Im Streitfall sieht zudem Art. 10 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 9 Abs. 5 Satz 3 und 4 BIT-CZ ausdrücklich eine Zuständigkeit des Schiedsgerichts zur Kostenentscheidung vor. Auf diese Regelung, nach der jede Partei ihre eigenen Kosten trägt, sonstige Kosten von den Parteien zu gleichen Teilen getragen werden und das Schiedsgericht auch eine andere Kostenregelung treffen kann, hat das Schiedsgericht Bezug genommen (Schiedsspruch Rn. 449). Einer gesonderten Schiedsvereinbarung für die Kostenentscheidung bedurfte es danach weder aus Sicht des Schiedsgerichts noch aus Sicht der Parteien.
56bb) Mit ihrem Verweis auf "inherent powers" eines Schiedsgerichts als Grundlage für die Kostenentscheidung hat die Rechtsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg.
57(1) Mögliche einem Schiedsgericht von Natur aus innewohnende Kompetenzen existieren nicht abstrakt oder losgelöst von einer wirksamen Schiedsvereinbarung, sondern ergänzen diese lediglich. Nur und erst auf der Grundlage einer wirksamen Schiedsvereinbarung, mit der die Parteien eine Streitigkeit der Zuständigkeit der staatlichen Gerichte entziehen und der Zuständigkeit des Schiedsgerichts unterstellen, stellt sich die Frage, ob und welche (immanenten) Kompetenzen das Schiedsgericht hat (zur Differenzierung zwischen "jurisdiction" [Zuständigkeit] einerseits und "powers" [Kompetenzen] andererseits vgl. Kröll in Ferrari/Rosenfeld aaO S. 367), die über das hinausgehen, was die Parteien explizit in der Schiedsvereinbarung vorgesehen haben oder was sich aus der vereinbarten Schiedsverfahrensordnung und dem anwendbaren Recht ergibt (vgl. dazu Kröll in Ferrari/Rosenfeld aaO S. 363 f.; Report of the International Law Association Committee on International Commercial Arbitration, 2014, S. 2 f., 6, 14 f. und 19). Die Frage nach immanenten Kompetenzen des Schiedsgerichts betrifft damit nicht das im Rahmen des - hier maßgeblichen - Versagungsgrunds des Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ allein relevante "Ob" der schiedsgerichtlichen Entscheidungsbefugnis, sondern mit dem "Was" den Inhalt der - durch eine Schiedsvereinbarung legitimierten - schiedsgerichtlichen Entscheidung.
58(2) Im Streitfall stellt sich danach die Frage einer Kompetenz des Schiedsgerichts zur Kostenentscheidung aufgrund "inherent powers" bereits mangels wirksamer Schiedsvereinbarung nicht. Unabhängig davon bedürfte es auch bei wirksamer Schiedsvereinbarung keines Rückgriffs auf eine Kompetenz kraft "inherent powers", weil sich eine Kompetenz des Schiedsgerichts zur Kostenentscheidung dann sowohl aus Art. 10 Abs. 2, Art. 9 Abs. 5 Satz 3 und 4 BIT-CZ als auch aus Art. 40 Abs. 1 der UNCITRAL-Schiedsordnung von 1976 ergäbe.
59II. Die Rechtsbeschwerde wendet sich auch ohne Erfolg gegen die Annahme im angefochtenen Beschluss, es sei den Antragsgegnern nicht verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Schiedsklausel wegen Unionsrechtswidrigkeit zu berufen (zur Beachtung des Verbots widersprüchlichen Verhaltens im Verfahren nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Verbindung mit dem New Yorker Übereinkommen vgl. , BGHZ 188, 1 [juris Rn. 17]).
601. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat angenommen, es bedürfe keiner Entscheidung, ob es den Antragsgegnern mit Blick auf die Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur effektiven Anwendung des Unionsrechts überhaupt nach § 242 BGB verwehrt sein könne, sich auf die Unionsrechtswidrigkeit der Schiedsvereinbarungen zu berufen. Ihr Verhalten sei nicht treuwidrig. Sie hätten im Jahr 2013 das Schiedsgericht angerufen, weil die Antragstellerin ihr Angebot auf Abschluss einer Schiedsvereinbarung trotz ihres Beitritts zur Europäischen Union zum aufrechterhalten habe. Die Investitionen seien erst nach dem Beitritt erfolgt. Die Antragsgegner hätten deshalb zwar in Erwägung ziehen müssen, dass das nunmehr vorrangig geltende Unionsrecht Einfluss auf die Regelungen des BIT-CZ haben könne; für die Antragstellerin gelte aber nichts anderes. Diese habe gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts zunächst nur eingewandt, die angefochtenen Maßnahmen seien als steuerrechtliche Maßnahmen der Schiedsgerichtsbarkeit nicht zugänglich. Die von der Europäischen Kommission mit ihrer beabsichtigten Nebenintervention vorgetragene Rechtsauffassung zur (Un-)Zuständigkeit des Schiedsgerichts habe die Antragstellerin nicht verfolgt, sondern vielmehr auf die Erhebung von Einwendungen gegen die Zuständigkeit des Schiedsgerichts aus unionsrechtlichen Gründen verzichtet. Die Antragsgegner seien der Rechtsansicht der Europäischen Kommission zwar ebenfalls entgegengetreten; auch dies lasse ihr Verhalten jedoch nicht treuwidrig erscheinen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei die Antragstellerin als Mitgliedstaat verpflichtet gewesen, die Unzuständigkeit des Schiedsgerichts mangels einer Schiedsvereinbarung zu rügen. Die Interessen der Antragstellerin seien im Hinblick auf das Verhalten der Antragsgegner jedenfalls nicht vorrangig schutzwürdig. Aus denselben Gründen komme auch eine Präklusion nicht in Betracht.
612. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
62a) Allerdings handelt nach deutschem Recht eine Partei treuwidrig, die arglistig selbst das Schiedsgericht angerufen hat und sich auf die Ungültigkeit des Schiedsverfahrens beruft, nachdem ein Schiedsspruch zu ihren Ungunsten ergangen ist (vgl. , NJW 2019, 857 [juris Rn. 17]).
63b) Diese Rechtsprechung ist im Streitfall bereits aus unionsrechtlichen Gründen nicht anwendbar. Die Anerkennung des auf Treu und Glauben gestützten Einwands der Antragstellerin wäre mit der Verpflichtung der Mitgliedstaaten zur effektiven Anwendung des Unionsrechts unvereinbar, weil sich dann die unionsrechtswidrige Zuweisung von Streitigkeiten an ein Schiedsgericht in den streitgegenständlichen Schiedsklauseln teilweise als faktisch wirksam erwiese (offengelassen für ein vom Mitgliedstaat betriebenes Aufhebungsverfahren in BGH, SchiedsVZ 2019, 46 [juris Rn. 43]; siehe bereits oben Rn. 48 f.).
64III. Ob die Vollstreckung des Schiedsspruchs auch zu einem Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public international führen würde (Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ), weil das schiedsgerichtliche Verfahren mit Blick auf die Unionsrechtswidrigkeit der Schiedsvereinbarungen an einem schwerwiegenden Mangel litt, der die Grundlagen staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührt (vgl. , BGHZ 98, 70 [juris Rn. 14]; Urteil vom - III ZR 269/88, BGHZ 110, 104 [juris Rn. 13]), bedarf danach keiner Entscheidung (vgl. dazu Berger, EuZW 2021, 342, 346).
65IV. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union nach Art. 267 Abs. 3 AEUV ist nicht veranlasst (vgl. 283/81, Slg. 1982, 3415 [juris Rn. 21] = NJW 1983, 1257 - Cilfit u.a.; Urteil vom - C-452/14, GRUR Int. 2015, 1152 [juris Rn. 43] - Doc Generici; Urteil vom - C-561/19, NJW 2021, 3303 [juris Rn. 32 f.] - Consorzio Italian Management und Catania Multiservizi). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung des Unionsrechts, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union geklärt oder nicht zweifelsfrei zu beantworten ist. Insbesondere ist geklärt, dass auf unionsrechtswidrigen Schiedsklauseln beruhende Schiedssprüche aus Intra-EU-Investor-Staat-Schiedsverfahren keine Wirkung entfalten und nicht vollstreckt werden dürfen (vgl. EuGH, BeckRS 2022, 26460 Rn. 43 f. - Romatsa).
66D. Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist danach mit der Kostenfolge des § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.
67E. Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.811.021,19 € festgesetzt.
68Der Streitwert in Verfahren auf Vollstreckbarerklärung von Schiedssprüchen bemisst sich nach dem Interesse der Antragstellerin an der Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs und entspricht deshalb grundsätzlich dem Wert der zu vollstreckenden Forderungen (vgl. , juris Rn. 4; BGH, SchiedsVZ 2019, 351 [juris Rn. 5]).
69Gegenstand des Verfahrens ist allein der Kostenausspruch des Schiedsspruchs in Höhe von 1.750.000 US-Dollar und 178.125,50 Britischen Pfund. Nach § 40 GKG ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der den jeweiligen Streitgegenstand betreffenden Antragstellung maßgebend, die den Rechtszug einleitet. Für die Bemessung des Gegenstandswerts ist danach auf den Umrechnungskurs bei Eingang der Rechtsbeschwerde am abzustellen (vgl. , FamRZ 2010, 365 [juris Rn. 2]). Das ergibt einen Wert von 1.811.021,19 €.
Koch Schwonke Schmaltz
Odörfer Wille
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:270325BIZB64.24.0
Fundstelle(n):
PAAAJ-90829