Verfahrensrecht | Erstmalige Erklärung zur optionalen Vollverschonung von Betriebsvermögen im Rahmen eines Änderungsbescheids (BFH)
Die unbefristete Optionserklärung
nach
§ 13a Abs. 8
ErbStG in der Fassung von 2013 ist im Einspruchsverfahren
zu berücksichtigen, soweit ihre steuerrechtlichen Auswirkungen nicht über den
durch
§ 351 Abs. 1
AO gesetzten Rahmen hinausgehen. Die Bindungswirkung nach
§ 351 Abs. 1
AO hat nicht zur Folge, dass die Verschonung, wenn sie den
Änderungsrahmen verlässt, insgesamt zu versagen ist (; veröffentlicht am
).
Hintergrund: Verwaltungsakte, die unanfechtbare Verwaltungsakte ändern, können gemäß § 351 Abs. 1 AO nur insoweit angegriffen werden, als die Änderung reicht, es sei denn, dass sich aus den Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten etwas anderes ergibt.
Sachverhalt: Mit Wirkung zum wurden dem Kläger von seinem Vater u.a. drei Kommanditanteile schenkweise übertragen. Daraufhin setzte das FA gegen den Kläger Schenkungsteuer fest und berücksichtigte dabei die Regelverschonung nach den §§ 13a, 13b ErbStG in der am geltenden Fassung. Im Jahr 2018 erfolgten erstmals gesonderte und einheitliche Feststellungen des Werts der übertragenen Kommanditanteile nach § 151 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BewG und des Verwaltungsvermögens nach § 13b Abs. 2a ErbStG auf den . Mit nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geändertem Schenkungsteuerbescheid v. setzte das FA die Steuer gegenüber dem Kläger unter Berücksichtigung der Regelverschonung herauf. Mit dem dagegen eingelegten Einspruch gab der Kläger die Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG ab. Das FA wies den Einspruch als unbegründet zurück.
Das FG wies die hiergegen gerichtete Klage ab ().
Die Richter des BFH wiesen die Revision des Klägers als unbegründet zurück:
Nach § 13a Abs. 8 ErbStG kann der Erwerber unwiderruflich erklären, dass die Steuerbefreiung nach den Absätzen 1 bis 7 i.V.m. § 13b ErbStG gewährt wird. Dann tritt nach § 13a Abs. 8 Nr. 4 ErbStG an die Stelle des Prozentsatzes für die Begünstigung von 85 % in § 13b Abs. 4 ErbStG ein Prozentsatz von 100 % (Vollverschonung). Die Voraussetzungen für die Gewährung der Vollverschonung waren im Streitfall unstreitig erfüllt.
Wird eine Optionserklärung nach § 13a Abs. 8 ErbStG - wie im vorliegenden Fall - nicht bis zur Bestandskraft der erstmaligen Schenkungsteuerfestsetzung erklärt, ist sie bei einer Änderung der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen, soweit ihre steuerrechtlichen Auswirkungen nicht über den durch § 351 Abs. 1 AO gesetzten Rahmen hinausgehen.
Die ständige Rechtsprechung des BFH lässt die Ausübung von Antrags- oder Wahlrechten, die dem Grunde nach keiner zeitlichen Begrenzung unterliegen, grundsätzlich so lange zu, wie der entsprechende Steuerbescheid nicht formell und materiell bestandskräftig ist. Die Ausübung eines Antrags- oder Wahlrechts ist auch dann zuzulassen, wenn und soweit der Bescheid lediglich partiell noch nicht formell und materiell bestandskräftig ist (vgl. , BFHE 280, 393, BStBl II 2023, 823, Rz 16 und , BFH/NV 2020, 852, Rz 8).
Das gilt auch für die Berücksichtigung der Erklärung zur optionalen Vollverschonung nach § 13a Abs. 8 ErbStG. Die Bindungswirkung nach § 351 Abs. 1 AO hat nicht zur Folge, dass die Verschonung, wenn sie den Änderungsrahmen verlässt, insgesamt zu versagen ist; es gilt insoweit kein "Alles-oder-nichts-Prinzip" (vgl. , BFH/NV 2005, 1308, unter 1.a).
Das FG hat die vorstehenden Grundsätze zutreffend auf den Streitfall angewandt und die Vollverschonung in dem Umfang gewährt, in dem die Steuer durch den auf § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid vom erhöht worden war.
Quelle: ; NWB Datenbank (lb)
Fundstelle(n):
TAAAJ-90589