Instanzenzug: Az: 1 StR 475/23 Beschlussvorgehend Az: 1 StR 475/23 Beschlussvorgehend LG Frankfurt Az: 5/24 KLs 7/22 Urteil
Gründe
1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Bestechung in 67 Fällen und wegen Subventionsbetrugs in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt sowie die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 410.249,77 € angeordnet. Der Angeklagte richtet sich mit seiner auf Sach- und Verfahrensbeanstandungen gestützten Revision gegen seine Verurteilung. Die Entscheidung über die Einziehung des Wertes von Taterträgen stellt der Senat gemäß § 422 Satz 1 StPO zurück. Das Rechtsmittel im verbleibenden Umfang führt nach einer Verfahrensteileinstellung zu dem aus der Beschlussformel ersichtlichen geringen Erfolg (§ 349 Abs. 4 StPO); im Wesentlichen ist es aus den zutreffenden Erwägungen der Antragsschrift des Generalbundesanwalts unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).
21. Die Verurteilung des Angeklagten wegen Subventionsbetrugs (§ 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB) im Fall 169 der Anklage begegnet Bedenken. Um eine andernfalls erforderliche zweite Tatsachenverhandlung hierzu abzuwenden, stellt der Senat diesen Fall auf Antrag des Generalbundesanwalts ein (§ 154 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 1 StPO).
3a) Nach den Feststellungen des Landgerichts beantragte der Angeklagte am zugunsten der G. (haftungsbeschränkt) ein sogenanntes Mikrodarlehen über 24.300 € bei der W. Hessen (W. ) mit der Begründung, Aufträge und Umsätze seien infolge der COVID-19-Pandemie zurückgegangen. Die W. zahlte das Darlehen am aus.
4b) Die Vorschrift des § 264 Abs. 9 Nr. 1 StGB setzt entsprechend dem Gesetzeszweck, die Vergabevoraussetzungen für den Subventionsempfänger möglichst klar erkennbar zu machen, die Bezeichnung bestimmter Tatsachen als subventionserheblich voraus; die Subventionserheblichkeit ist klar und unmissverständlich auf den konkreten Fall bezogen darzulegen (vgl. etwa BGH, Beschlüsse vom – 2 StR 243/22, BGHSt 68, 33 Rn. 13 und vom – 3 StR 449/17 Rn. 32 f.; jeweils mwN). Diesen strengen Vorgaben dürfte hier das Einstufen der Subventionserheblichkeit von „Angaben zur beantragten Förderung/dem beantragten Investitionsvorhaben, soweit sie als Tatsachen bereits heute sicher feststehen“ nicht genügen. Die eidesstattliche Versicherung des Angeklagten am Ende des Formulars ist nicht zugleich mit der Einstufung dieser Angaben als subventionserheblich verknüpft, mag es sich hierbei auch um eine materielle Voraussetzung für die Subventionsgewährung handeln.
5Eine infolge des Fehlens der Voraussetzungen des § 264 StGB grundsätzlich in Betracht kommende Betrugsstrafbarkeit gemäß § 263 StGB (vgl. nur , BGHSt 68, 33 Rn. 32 mwN) ist durch die bisherigen Urteilsfeststellungen gleichfalls nicht belegt. Denn der Annahme eines Vermögensschadens in Form fehlender Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs können bei einem durch Täuschung erlangten Darlehen insbesondere werthaltige und liquide Sicherheiten entgegenstehen (vgl. Rn. 15; Urteil vom – 3 StR 251/18 Rn. 10; jeweils mwN). Zwar wurde über das Vermögen der Darlehensnehmerin – der G. (haftungsbeschränkt) – bereits am , also drei Monate nach Darlehensauszahlung am , das vorläufige Insolvenzverfahren und am das reguläre Insolvenzverfahren eröffnet, was Rückschlüsse auf die fehlende Werthaltigkeit des Rückzahlungsanspruchs bereits im Auszahlungszeitpunkt zulassen dürfte. Der persönlich für das Darlehen mithaftende Angeklagte bezahlte aber jedenfalls in der Folgezeit bis zum Schluss der Hauptverhandlung am , also über einen Zeitraum von fast drei Jahren, stets bei Fälligkeit die vereinbarten Darlehenszinsen. Zudem sicherte er zu, die ab Sommer 2023 beginnende monatliche Tilgung in Höhe von 405 € ebenfalls zu leisten (UA S. 89). Die Darlehensraten dürften für den Angeklagten nach seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen (vgl. UA S. 5) auch finanziell tragbar gewesen sein. Infolge der Verfahrenseinstellung bedarf es nach alledem der abschließenden Bewertung der Leistungsfähigkeit des Angeklagten nicht.
6c) Das Entfallen der im Fall 169 der Anklageschrift verhängten Einzelgeldstrafe von 80 Tagessätzen lässt die Gesamtfreiheitsstrafe unberührt. Angesichts einer Einsatzfreiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten sowie 66 weiteren Einzelfreiheitsstrafen zwischen einem Jahr sowie einem Jahr und sechs Monaten ist es offensichtlich, dass das Landgericht ohne die entfallende Geldstrafe keine geringere Gesamtstrafe verhängt hätte.
72. Die Sache ist während des Revisionsverfahrens von dem Senat sechs Monate nicht gefördert worden. Diese Verzögerung verstößt gegen Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK. Zur Kompensation ist es ausreichend, dies festzustellen (vgl. Rn. 3).
83. Zur Verfahrensrüge, mit welcher der Angeklagte einen Verstoß gegen die Urteilsabsetzungsfrist des § 275 Abs. 1 Satz 2 StPO beanstandet, ist ergänzend zur zutreffenden Antragsschrift des Generalbundesanwalts auszuführen:
9Es ist evident, dass der Beschwerdeführer den auf der ersten Seite der Urteilsurschrift aufgebrachten Stempelaufdruck nebst Unterschrift der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle mitteilen musste; da er dies versäumt hat, ist die Rüge unzulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Es ist Aufgabe des Revisionsgerichts, den „Erklärungswert“ von Unterschrift und Datumsangabe zu beurteilen. Dass diese in der Sache nur bedeuten können, dass das Urteil am und damit rechtzeitig zu den Akten gebracht worden ist, liegt auf der Hand.
Jäger Wimmer Leplow
Allgayer Welnhofer-Zeitler
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:080425B1STR475.23.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-89898