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BGH Beschluss v. - 4 StR 73/25

Instanzenzug: LG Detmold Az: 23 KLs 10/24

Gründe

1Das Landgericht hat gegen den Angeklagten – unter Freispruch im Übrigen ‒ wegen Beihilfe zur besonders schweren Brandstiftung in Tateinheit mit Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung unter Einbeziehung seines Urteils vom eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verhängt. Die Revision des Angeklagten, mit der er die Verletzung materiellen Rechts rügt, hat den aus der Beschlussformel ersichtlichen Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

21. Die sachlich-rechtliche Nachprüfung des angefochtenen Urteils hat hinsichtlich des Schuldspruchs keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

32. Der Strafausspruch hat jedoch keinen Bestand. Es ist zwar nicht zu beanstanden, dass die Jugendkammer die Verhängung einer Jugendstrafe gegen den Angeklagten für erforderlich erachtet hat. Sowohl schädliche Neigungen wie auch die Schwere der Schuld hat sie rechtsfehlerfrei angenommen. Hingegen begegnen die Ausführungen zur Höhe der Einheitsjugendstrafe durchgreifenden rechtlichen Bedenken.

4a) Bei der Bildung einer Einheitsjugendstrafe nach § 31 Abs. 2 JGG – wie hier – verliert das einbezogene Urteil im Strafausspruch seine Wirkung. Die zuvor begangenen Straftaten sind im Rahmen einer Gesamtwürdigung neu zu bewerten und zusammen mit der neuen Straftat zur Grundlage einer einheitlichen Sanktion zu machen. Das zur Verhängung einer einheitlichen Jugendstrafe berufene Tatgericht hat daher im Rahmen der Strafzumessung eine neue, selbstständige und von der früheren Beurteilung unabhängige einheitliche Rechtsfolgenbemessung für die früher und jetzt abgeurteilten Taten vorzunehmen (vgl.  Rn. 4; Beschluss vom – 4 StR 499/23 Rn. 11; Urteil vom – 3 StR 385/23 Rn. 17; jew. mwN).

5b) Daran fehlt es vorliegend. Die Jugendkammer hat bei Bemessung der Jugendstrafe zunächst allein die für die abgeurteilte Tat maßgeblichen Zumessungserwägungen dargestellt. Sodann hat sie in die zu bildende Einheitsjugendstrafe ihr rechtskräftiges Urteil vom „einbezogen“ und „unter vorrangiger Zugrundelegung erzieherischer Gesichtspunkte, aber auch eines gerechten Schuldausgleichs und des Sühnegedankens“ eine Einheitsjugendstrafe von drei Jahren und sechs Monaten für „erzieherisch geboten und schuldangemessen“ erachtet.

6Diese Ausführungen lassen besorgen, dass sich das Landgericht der Notwendigkeit, eine neue, selbstständige Bewertung aller früher und jetzt abgeurteilten Taten vornehmen zu müssen, nicht bewusst war. Die Strafzumessungserwägungen beziehen sich lediglich auf die jetzt neu abzuurteilende Tat. Eine Auseinandersetzung mit der früheren Entscheidung und ihrer Bedeutung für den Erziehungsbedarf lässt sich den Urteilsgründen nicht entnehmen. Die Einbeziehung des vorangegangenen Urteils der Jugendkammer erfolgte somit lediglich formelhaft.

7c) Der Senat kann nicht ausschließen, dass der Strafausspruch auf dem dargelegten Rechtsfehler beruht. Zwar ergibt sich aus den Ausführungen der Jugendkammer ein erheblicher Erziehungsbedarf des Angeklagten, doch ist nicht von vornherein auszuschließen, dass bei der gebotenen Gesamtwürdigung der nach § 31 Abs. 2 JGG einzubeziehenden Vorverurteilung auf eine geringere als die ausgesprochene Einheitsjugendstrafe erkannt worden wäre.

8d) Die Sache bedarf insoweit neuer Verhandlung und Entscheidung. Die bisherigen Feststellungen sind von dem Wertungsfehler nicht betroffen und bleiben bestehen (§ 353 Abs. 2 StPO). Sie können um solche ergänzt werden, die den bisherigen nicht widersprechen.

Quentin                        Sturm                        Maatsch

                     Scheuß                      Marks

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2025:120325B4STR73.25.0

Fundstelle(n):
RAAAJ-89399