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BGH Urteil v. - 6 StR 238/24

Instanzenzug: LG Dessau-Roßlau Az: 8 KLs 22/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten K.       wegen Nötigung sowie wegen Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Besitz von Betäubungsmitteln sowie wegen Beihilfe zum Computerbetrug unter Einbeziehung der Strafen aus einer Vorverurteilung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Jahren und sechs Monaten verurteilt. Den Angeklagten O.      hat es – unter Freispruch im Übrigen – wegen Beihilfe zum Raub in Tateinheit mit Beihilfe zur räuberischen Erpressung, mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Besitz von Betäubungsmitteln sowie wegen Beihilfe zum Computerbetrug zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hinsichtlich beider Angeklagten hat es überdies Einziehungsentscheidungen getroffen. Hiergegen wenden sich die Angeklagten mit ihren jeweils auf die Rüge der Verletzung sachlichen Rechts gestützten Revisionen; der Angeklagte K.       erhebt ferner eine Verfahrensrüge. Die Staatsanwaltschaft beanstandet mit ihrer zu Ungunsten des Angeklagten K.       geführten – vom Generalbundesanwalt vertretenen – und auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts gestützten Revision die Strafbemessung. Die Revisionen erzielen jeweils den aus der Urteilsformel ersichtlichen Teilerfolg und sind im Übrigen – ebenso wie die Revision der Staatsanwaltschaft – unbegründet.

I.

2Das Landgericht hat – soweit für das Revisionsverfahren von Belang –folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:

31. Der Angeklagte K.      und die gesondert Verfolgten A.         und Al  kamen am überein, einem Drogenhändler Geld oder Betäubungsmittel zu entwenden. Sie begaben sich – in Begleitung des Mitangeklagten O.      – zum Zeugen C.        , um den Namen eines geeigneten Tatopfers zu erfahren; anschließend sollte C.        sie zu diesem führen. Der Angeklagte K.       forderte diesen auf, „zu machen, was er und seine Begleiter von ihm wollten“; dabei täuschte er mit seinen Händen in den Jackentaschen vor, anderenfalls auf den Zeugen zu schießen. Dieser befolgte die Anweisungen der Gruppe, stieg aus Angst vor den Drohungen in ihr Fahrzeug und führte sie zur Wohnanschrift des ihm bekannten Drogenhändlers S.                 (Fall II.1 der Urteilsgründe).

4Nachdem C.          weisungsgemäß geklingelt und sich die Gruppe Einlass in S.            s Wohnung verschafft hatte, setzten sich die Angeklagten K.        und O.        neben den Geschädigten S.           . Dabei äußerte K.        , dass sie niemanden verletzen wollten und „alles glatt gehen“ werde, wenn er mitmache und sich nicht wehre; dann könne er weiterhin ein ruhiges Leben haben. Die gesondert Verfolgten Al.   und A.            durchsuchten daraufhin die Wohnung. Dies nahm der Geschädigte aus Angst hin. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nahm der Angeklagte O.        billigend in Kauf, dass die anderen Beteiligten Wertgegenstände entwenden wollten und er die von diesen geschaffene Drohkulisse durch seine Anwesenheit verstärkte. Al.   und A.            übergaben K.        aufgefundenes Bargeld in Höhe von 620 Euro, von denen O.      später einen hälftigen Anteil erhielt, sowie 300 Gramm Cannabis mit einem Wirkstoffgehalt von 2,5 % THC, das teilweise zum Eigenkonsum von K.        und O.        und im Übrigen zum Weiterverkauf durch beide bestimmt war. Der vom gewaltbereiten und aggressiven Auftreten der Gruppe weiterhin verängstigte Geschädigte übergab auf Verlangen von K.        seine EC-Karte und nannte die dazugehörige PIN. A.               sollte sich damit an einem Geldautomaten Geld auszahlen lassen, das K.      , A. -            und Al.   untereinander aufteilen wollten (Fall II.2 der Urteilsgründe).

5Nachdem A.             die Wohnung entsprechend dem gemeinsamen Tatplan verlassen hatte, um sich zu einem Geldautomaten zu begeben, konnte der Geschädigte trotz Bewachung durch die übrigen Beteiligten fliehen. Daraufhin forderte der Angeklagte K.      den gesondert verfolgten A.              fernmündlich auf, kein Geld mehr abzuheben. Gleichwohl hob A.             580 Euro vom Konto des Geschädigten ab, um diese für sich zu verwenden (Fall II.3 der Urteilsgründe).

62. Das Landgericht hat den Sachverhalt hinsichtlich des Angeklagten K.       als Nötigung (§ 240 Abs. 1 StGB; Fall II.1 der Urteilsgründe), als Raub in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Besitz von Betäubungsmitteln (§ 249 Abs. 1, §§ 253, 255 StGB, § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BtMG, § 25 Abs. 2, § 52 Abs. 1 StGB; Fall II.2 der Urteilsgründe) sowie als Beihilfe zum Computerbetrug (§ 263a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB; Fall II.3 der Urteilsgründe) bewertet und angenommen, dass diese Taten im Verhältnis der Tatmehrheit zueinander stehen (§ 53 StGB). Eine Tatbeteiligung des Angeklagten O.       im Fall II.1 der Urteilsgründe hat es nicht festgestellt und ihn der Beihilfe zum Raub in Tateinheit mit Beihilfe zur räuberischen Erpressung, mit Handeltreiben mit Betäubungsmitteln und mit Besitz von Betäubungsmitteln (§ 249 Abs. 1, § 27, §§ 253, 255, 27 Abs. 1 StGB; § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 3 BtMG, § 52 Abs. 1 StGB; Fall II.2 der Urteilsgründe) und der Beihilfe zum Computerbetrug schuldig gesprochen (§ 263a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB). Der Angeklagte O.         habe die Überzahl der Gruppe um den Angeklagten K.         und die dadurch geschaffene Drohkulisse im Fall II.2 der Urteilsgründe bewusst verstärkt; in gleicher Weise habe er im Fall II.3 der Urteilsgründe durch seine Anwesenheit bei der Drohung des K.         die Herausgabe von EC-Karte und Geheimnummer gefördert.

II.

7Die Revision des Angeklagten K.         hat teilweise Erfolg.

81. Die erhobene Verfahrensrüge, wonach das Urteil dem Beschluss widerspreche, mit dem das Landgericht einen Beweisantrag wegen Erwiesenheit der Beweistatsache abgelehnt hat, ist zulässig (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO); in der Sache bleibt ihr der Erfolg indes versagt.

9a) Ihr liegt folgendes Prozessgeschehen zugrunde:

10aa) Am beantragte die Verteidigung ein weiteres Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass der Angeklagte an einer „Substanzmittelstörung“ leidet, infolge derer eine dauernde und schwerwiegende Beeinträchtigung seiner Lebensgestaltung, der Gesundheit und seiner Leistungsfähigkeit eingetreten ist, und dass die angeklagten Taten überwiegend auf den Hang zurückgehen. In seiner Antragsbegründung nahm sie im Einzelnen Bezug auf das vorläufige schriftliche Gutachten und das mündlich in der Hauptverhandlung erstattete Gutachten des bestellten Sachverständigen. Der Sachverständige sei zu widersprüchlichen Ergebnissen gelangt und habe die Neufassung von § 64 StGB durch das Gesetz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts vom nicht berücksichtigt. Die Strafkammer hat diesen Beweisantrag – unter Rückgriff auf die bisherigen Beweisergebnisse aus der Vernehmung des psychiatrischen Sachverständigen – abgelehnt, weil die behauptete Beweistatsache bereits erwiesen sei.

11bb) In den Urteilsgründen hat die Strafkammer hinsichtlich der Maßregel des § 64 StGB festgestellt, dass bei dem Angeklagten eine Abhängigkeitserkrankung von Cannabis und Kokain (ICD-10 F12.2 und F14.2) und damit eine Substanzkonsumstörung vorliege; allerdings fehle es an den nach § 64 Satz 2 StGB erforderlichen Erfolgsaussichten der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt.

12b) Dies hält rechtlicher Überprüfung stand. Der Senat kann dahinstehen lassen, ob dem Beweisbegehren eine bestimmte Beweisbehauptung zu entnehmen ist und es sich um einen förmlichen Beweisantrag im Sinne von § 244 Abs. 3 Satz 1 StPO handelt (vgl. , NStZ 1999, 630; LR-StPO/Becker, 27. Aufl., § 244 Rn. 98 mwN; Schneider, NStZ 2023, 65, 69); das Landgericht hat sich zu den für erwiesen erachteten Beweisbehauptungen in seinen Urteilsgründen jedenfalls nicht in Widerspruch gesetzt. Es hat die Maßregelanordnung allein wegen fehlender Erfolgsaussicht abgelehnt (§ 64 Satz 2 StGB), im Übrigen aber etwa einen Hang des Angeklagten seinen Feststellungen zugrunde gelegt. Seine negative Bewertung hat es maßgeblich auf die beim Angeklagten diagnostizierte dissoziale Persönlichkeitsstörung gestützt, die allgemein als prognoseungünstiger Faktor angesehen wird (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 421/19 vom  – 5 StR 227/24, Rn. 12). Die Strafkammer konnte im Anschluss an den Sachverständigen Anhaltspunkte für eine auch insoweit bestehende Therapiebereitschaft des empathielosen Angeklagten nicht feststellen. Den Umstand, dass der Sachverständige seiner Bewertung nicht die geltende Rechtslage zugrunde gelegt hat, hat der Beschwerdeführer nicht zum Gegenstand der Angriffsrichtung seiner Verfahrensrüge gemacht; die Ablehnung der Maßregelanordnung könnte eingedenk der durch die Neufassung im Sinne einer hierfür bestehenden „Wahrscheinlichkeit höheren Grades“ moderat angehobenen rechtlichen Anforderungen an den Behandlungserfolg (so BR-Drucks. 687/22, S. 79; vgl. , Rn. 22) hierauf schließlich auch nicht beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO).

132. Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende revisionsgerichtliche Nachprüfung führt auf der Grundlage der rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen zu einer Änderung des Schuldspruchs, zur Aufhebung des Strafausspruchs sowie zu einer Änderung der Einziehungsentscheidung. Im Übrigen deckt die Revision keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten auf.

14a) Der Schuldspruch bedarf der Korrektur.

15aa) Die konkurrenzrechtliche Bewertung der festgestellten Handlungen als drei selbstständige, zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit (§ 53 StGB) stehende Taten begegnet durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Bei dem festgestellten Sachverhalt handelt es sich nach natürlicher Betrachtungsweise um ein in sich geschlossenes, zusammengehörendes, einheitliches Geschehen im Sinne einer natürlichen Handlungseinheit (vgl. dazu , Rn. 8; vom – 3 StR 87/09, BGHR StGB § 232 Konkurrenzen 1; Fischer, StGB, 72. Aufl., Vor § 52 Rn. 3 mwN). Schon nach seinem äußeren Erscheinungsbild stellt sich das Handeln des Angeklagten zunächst gegenüber dem Geschädigten C.           und anschließend gegen S.           wegen seines räumlich und zeitlich engen Zusammenhangs als ein einheitlicher Vorgang dar. Dadurch wurde der das gesamte Geschehen überdauernde ursprüngliche Tatplan der Beteiligten bei lediglich wechselnden Arten der Angriffe gegen die Geschädigten umgesetzt. Ob die Fälle auch deshalb im Verhältnis der Tateinheit stehen, weil der Angeklagte zugleich einen erpresserischen Menschenraub gemäß § 239a Abs. 1 Alt. 2 StGB verwirklicht hat, vermag der Senat wegen fehlender Feststellungen, etwa zum Zeitpunkt der Flucht des Geschädigten S.          und der Bargeldabhebung durch A.          , nicht zu entscheiden. Der Angeklagte wird durch eine damit unterbleibende Ergänzung des Schuldspruchs um das Verbrechen nach § 239a StGB ebenso wenig beschwert, wie durch die lediglich angenommene Teilnahme am Computerbetrug (§ 263a Abs. 1, § 27 StGB).

16bb) Überdies ist eine Änderung des Schuldspruchs durch das am in Kraft getretene Konsumcannabisgesetz (KCanG, BGBl. I 2024 Nr. 109) veranlasst.

17(1) Das Landgericht hat den Angeklagten auf der Grundlage seiner rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für seinen Umgang mit Cannabis – entsprechend der zum Urteilszeitpunkt geltenden Rechtslage – nach dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt. Nach der Neuregelung unterfällt Cannabis nicht mehr dem Betäubungsmittelgesetz, sondern bestimmt sich die Strafbarkeit der hier zu beurteilenden Tat, soweit es den Umgang des Angeklagten mit Cannabis anbelangt, nach dem KCanG (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 201/24, Rn. 5 mwN; vom – 3 StR 148/24, Rn. 5; Patzak/Möllinger, NStZ 2024, 321). Diese Rechtsänderung hat der Senat gemäß § 2 Abs. 3 StGB in Verbindung mit § 354a StPO zu berücksichtigen. Dem steht nicht entgegen, dass das Landgericht die Strafe nicht § 29 Abs. 1 und 3 BtMG, sondern dem unverändert gebliebenen § 249 Abs. 1 StGB entnommen hat. Die Prüfung nach § 2 Abs. 3 StGB hat nicht allein für die Strafzumessung Bedeutung, sondern auch für den Schuldspruch; in diesem ist das anwendbare mildere Gesetz zum Ausdruck zu bringen (vgl. , NStZ-RR 2022, 200). Da im Falle von Tateinheit zugleich diejenigen Delikte im Schuldspruch aufgeführt sind und den Schuldgehalt bestimmen, die nicht die schwerste Strafe androhen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 StGB), sind sie zu ändern, sofern dies aufgrund einer Gesetzesänderung nach § 2 Abs. 3 StGB geboten ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 606/23; vom – 5 StR 631/23, Rn. 5 f.; vom – 3 StR 167/24).

18(2) Der Schuldspruch wegen Handeltreibens mit Cannabis ist im Vergleich zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln insofern milder, als der Gesetzgeber den Handel mit Cannabis als weniger erheblich betrachtet als denjenigen mit anderen Betäubungsmitteln (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 167/24; vom – 3 StR 159/24; vom – 3 StR 142/24, Rn. 7; vom – 6 StR 374/24; vom  – 6 StR 425/24, Rn. 8).

19cc) Der Senat nimmt gemäß § 154a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 StPO mit Zustimmung des Generalbundesanwalts die im Fall II.2 der Urteilsgründe angenommene tateinheitliche Gesetzesverletzung des Besitzes von Cannabis (§ 34 Abs. 1 Nr. 1 KCanG) aus prozessökonomischen Gründen von der Verfolgung aus.

20dd) Der Beschwerdeführer ist deshalb des Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung, mit Beihilfe zum Computerbetrug, mit Handeltreiben mit Cannabis und mit Nötigung schuldig (§ 249 Abs. 1, §§ 253, 255, 25 Abs. 2, § 263a, § 27 Abs. 1, § 240 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 52 Abs. 1 StGB, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG). Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der weitgehend geständige Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

21b) Die Schuldspruchänderung entzieht den verhängten Einzelstrafen und dem Ausspruch über die Gesamtstrafe die Grundlage; die zugehörigen Feststellungen können aufrechterhalten bleiben, weil sie von dem zugrundeliegenden Rechtsfehler nicht betroffen sind (§ 353 Abs. 2 StPO).

22c) Die Einziehungsentscheidung hat nur teilweise Bestand. Das Landgericht hat zwar tragfähig belegt, dass der Angeklagte im Fall II.2 der Urteilsgründe 620 Euro erlangt hat, und in dieser Höhe die Einziehung des Wertes von Taterträgen angeordnet (§ 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB). Soweit die Strafkammer aber eine einheitliche Einziehungsentscheidung mit dem nach § 55 StGB einbezogenen Urteil des Landgerichts Halle vom getroffen hat, belegen die Urteilsgründe die Voraussetzungen von § 55 Abs. 2 StGB nicht.

23aa) Liegen die Voraussetzungen des § 55 StGB vor, sind Nebenstrafen, Nebenfolgen und Maßnahmen gleicher Art grundsätzlich durch das spätere Urteil einheitlich anzuordnen, so dass über sie neu zu entscheiden ist. Sofern die tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für die (weitere) Vollstreckung vorliegen, ist die rechtskräftige frühere Einziehungsentscheidung in das neue Urteil einzubeziehen. Dies geschieht – trotz des auf die Aufrechterhaltung der früheren Entscheidung gerichteten Wortlauts des § 55 Abs. 2 StGB – durch das Zusammenzählen der Beträge aus der früheren und der aktuellen Einziehungsentscheidung (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 6 StR 597/21, Rn. 8; vom – 6 StR 459/20, Rn 2; vom – 4 StR 477/18, Rn. 18), hat allerdings zu unterbleiben, wenn die frühere Einziehungsanordnung bereits vollstreckt worden ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 497/22, Rn. 2; vom – 1 StR 498/21; vom – 6 StR 352/23, Rn. 6).

24bb) Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 StGB vermag der Senat den Urteilsgründen nicht zu entnehmen. Das Landgericht hat bereits den Einziehungsausspruch des Landgerichts Halle aus dem einbezogenen Urteil nicht mitgeteilt; die bloße Möglichkeit, die Beträge anhand der mitgeteilten Feststellungen des einbezogenen Urteils nachzuvollziehen, ersetzt die Wiedergabe des Tenors nicht. Überdies fehlt es an Feststellungen zum Vollstreckungsstand der früheren Einziehungsentscheidung.

III.

25Die Revision des Angeklagten O.       führt zu einer Änderung des Schuldspruchs sowie zur Aufhebung des Strafausspruchs. Im Übrigen zeigt sie Rechtsfehler zu seinem Nachteil nicht auf und ist unbegründet.

261. Der Schuldspruch bedarf der Korrektur.

27a) Zunächst ist auch beim Angeklagten O.      die rechtliche Bewertung der im Fall II.2 der Urteilsgründe abgeurteilten Betäubungsmitteldelikte nach dem zwischenzeitlich in Kraft getretenen KCanG aus den vorgenannten Gründen zu ändern (§ 354a StPO). Überdies hält die Annahme von Tatmehrheit hinsichtlich der rechtsfehlerfrei festgestellten Tathandlungen in den Fällen II.2 und 3 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

28aa) Die konkurrenzrechtliche Bewertung einzelner Beiträge des Gehilfen (§ 27 Abs. 1 StGB) hängt von der Anzahl der Beihilfehandlungen auf der einen und der von ihm geförderten Haupttaten auf der anderen Seite ab. Tatmehrheit nach § 53 Abs. 1 StGB ist anzunehmen, wenn der Gehilfe durch seine Hilfeleistungen je eine andere Haupttat unterstützt, also den Haupttaten jeweils eigenständige Beihilfehandlungen eindeutig zuzuordnen sind. Nur dann, wenn es an einem individuellen, ausschließlich je eine Einzeltat fördernden Tatbeitrag fehlt, ist von einer (einheitlichen) Beihilfe im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB auszugehen (st. Rspr.; ; , NStZ-RR 2008, 168, 169; LK-StGB/Scholze, 14. Aufl., § 52 Rn. 14 mwN).

29bb) Gemessen hieran liegt lediglich eine Beihilfehandlung vor. Die vom Landgericht festgestellte Gehilfenhandlung des Angeklagten O.       erschöpfte sich darin, die zahlenmäßige Überlegenheit der den Geschädigten S.            in seinen Wohnräumen aufsuchenden und dort angreifenden Gruppe um den Angeklagten K.       zu verstärken.

30b) Der Angeklagte ist daher der Beihilfe zum Raub in Tateinheit mit Beihilfe zur räuberischen Erpressung, mit Beihilfe zum Computerbetrug sowie mit Handeltreiben mit Cannabis schuldig (§ 249 Abs. 1, § 27 Abs. 1, §§ 253, 255 § 27 Abs. 1, § 263a Abs. 1, § 27 Abs. 1 StGB, § 34 Abs. 1 Nr. 4 KCanG, § 25 Abs. 2, § 52 Abs. 1 StGB). Der Senat ändert den Schuldspruch in entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO. Die Vorschrift des § 265 StPO steht dem nicht entgegen; der weitgehend geständige Angeklagte hätte sich nicht wirksamer als geschehen verteidigen können.

312. Die Schuldspruchänderung zieht die Aufhebung der verhängten Einzelstrafen und der Gesamtstrafe nach sich. Der Senat vermag nicht auszuschließen, dass das Landgericht unter Berücksichtigung des geringeren Schuldgehalts eines Umgangs mit Cannabis unter der Geltung des Konsumcannabisgesetzes zu einer milderen Strafe gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO; vgl. BGH, Beschlüsse vom – 3 StR 159/24; vom – 3 StR 142/24, Rn. 7; vom – 6 StR 374/24; vom – 6 StR 425/24, Rn. 8). Die Feststellungen können aufrechterhalten bleiben; sie sind von den zugrundeliegenden Rechtsfehlern nicht betroffen (§ 353 Abs. 2 StPO). Des Weiteren ist die Tenorierung der Einziehungsentscheidung dahin klarzustellen, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen nach § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1 StGB angeordnet ist, wie sich aus den Urteilsgründen ergibt.

IV.

32Die zu Ungunsten des Angeklagten K.        geführte, auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft hat teilweise Erfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet.

331. Die Rechtsmittelbeschränkung ist wirksam.

34a) Die Auslegung der Revisionsbegründung ergibt unbeschadet des den Rechtsfolgenausspruch vollständig umfassenden Aufhebungsantrags, dass die Aussprüche über sämtliche Einzelstrafen angegriffen werden. Die Beschwerdeführerin beanstandet ausdrücklich Widersprüche bei den verhängten „Einzelstrafen“. Hingegen werden die Bemessung der Gesamtstrafe und die Einziehung betreffende Beanstandungen nicht erhoben. Dem kommt hier besondere Bedeutung zu, denn die Staatsanwaltschaft ist nach Nr. 156 Abs. 2 RiStBV gehalten, keine allgemeinen Sachrügen zu erheben und Revisionen so zu begründen, dass klar ersichtlich ist, in welchen Ausführungen des angefochtenen Urteils eine Rechtsverletzung gesehen und auf welche Gründe diese Rechtsauffassung gestützt wird (vgl. , juris Rn. 3).

35b) Eine den Schuldspruch unberührt lassende isolierte Anfechtung des Strafausspruchs ist grundsätzlich möglich und in der Regel wirksam (st. Rspr.; vgl. , NStZ-RR 2015, 88; vom – 2 StR 572/53, NJW 1954, 441). Es liegen keine Umstände vor, aus denen sich ausnahmsweise eine untrennbare Verknüpfung von Schuld- und Straffrage ergibt. Ohne Bedeutung ist dafür auch, dass das Landgericht das konkurrenzrechtliche Verhältnis der abgeurteilten Taten zu Unrecht als Tatmehrheit (§ 53 StGB) bewertet hat (siehe vorstehend II.2). Zwar hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Beschränkung der Revision auf einzelne Taten unwirksam ist, wenn der Tatrichter bezüglich weiterer nicht angegriffener Verurteilungen zu Unrecht von Tatmehrheit ausgegangen ist. Wenn in diesen Fällen richtigerweise Tateinheit vorlag, stand der gesamte Schuldspruch zur Überprüfung (vgl. , BGHSt 21, 256, 258). Dies gilt indes nicht, wenn nur der Strafausspruch angegriffen wird (vgl. ; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 67. Aufl., § 318 Rn. 17; MüKo-StPO/Quentin, 2. Aufl., § 318 Rn. 53). Bindend geworden sind damit der Schuldspruch, die ihm zugrundeliegenden Feststellungen und die mit ihm angenommenen Konkurrenzverhältnisse.

362.

37a) Das Landgericht hat im Fall II.1 der Urteilsgründe zugunsten des Angeklagten dessen Geständnis in der Hauptverhandlung in Ansatz gebracht. Hiernach habe der Geschädigte C.          die Gruppe um den Angeklagten K.       „freiwillig“ zu S.           geführt; niemand habe C.          unter Druck gesetzt oder diesem gedroht. Vor diesem Hintergrund ist indes nicht ohne Weiteres nachvollziehbar, dass sich der Angeklagte mit seiner Tat auseinandergesetzt hat und diese tatsächlich bereut, was für die tatgerichtliche Bewertung eines Geständnisses maßgeblich ist (vgl. , BGHSt 43, 195, 209).

38b) Die Strafzumessung im Fall II.2 hält hingegen revisionsgerichtlicher Überprüfung stand.

39aa) Das Landgericht hat dieser den Strafrahmen des § 249 Abs. 1 StGB zugrunde gelegt und im Wege einer rechtsfehlerfreien Abwägung allgemeiner Strafzumessungsgesichtspunkte das Vorliegen eines minderschweren Falles (§ 249 Abs. 2 StGB) abgelehnt. Auch mit Blick auf die vom Angeklagten geleistete – und vom Landgericht ohne Rechtsfehler bejahte – Aufklärungshilfe des Angeklagten gemäß § 46b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StGB vermochte die Strafkammer den vertypten Milderungsgrund indes nicht anzunehmen. Zwar habe der Angeklagte die Identität der beiden weiteren, den Ermittlungsbehörden bis dahin unbekannten Tatbeteiligten offenbart. Dies sei „jedoch nicht ausreichend, die gegen den Angeklagten K.        wiegenden Strafschärfungsgründe auszugleichen“.

40bb) Dies weist Rechtsfehler zugunsten des Angeklagten nicht auf. Insbesondere vermag der Senat – anders als der Generalbundesanwalt – den Erwägungen des Landgerichts keinen Widerspruch zu entnehmen. Die Strafkammer hat der angenommenen Aufklärungshilfe gemäß § 46b Abs. 1 StGB in der von § 249 Abs. 2 StGB gebotenen Gesamtbewertung kein ausreichendes Gewicht beigemessen, um unter Verbrauch dieses vertypten Milderungsgrundes den minderschweren Fall bejahen zu können. Da sie dessen Voraussetzungen angenommen und gerade nicht im Rahmen einer Ermessensbetätigung nach § 46b Abs. 2 StGB abgelehnt hat, lag darin kein Widerspruch zur sodann vorgenommenen Strafrahmenverschiebung nach § 46b Abs. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 StGB.

V.

41Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

421. Das neue Tatgericht wird die von den Angeklagten für den Handel bestimmte Cannabismenge präziser als bisher zu bestimmen haben, denn Art, Umfang und Wirkstoffgehalt prägen maßgeblich den Unrechtsgehalt von Betäubungsmittel- und Cannabisdelikten und sind deshalb regelmäßig „bestimmend“ in die Strafzumessung einzustellen (st. Rspr.; , Rn. 26 mwN). Das betrifft hier insbesondere den Eigenkonsumanteil des Angeklagten, der von der Verkaufsmenge in Abzug zu bringen ist (siehe etwa BGH, Beschlüsse vom – 5 StR 400/18, Rn. 6; vom – 3 StR 295/23, Rn. 2 f.).

432. Sollte betreffend den Angeklagten K.       erneut eine nachträgliche Gesamtstrafe gemäß § 55 StGB zu bilden sein, wird das neue Tatgericht unter den hier gegebenen Umständen, insbesondere eingedenk der Anzahl und Höhe der einbezogenen Strafen, die diesen zugrundeliegenden wesentlichen Zumessungserwägungen in seinen Urteilsgründen mitzuteilen haben, damit eine revisionsrechtliche Überprüfung der Gesamtfreiheitsstrafe möglich ist (vgl. BGH, Beschlüsse vom – 4 StR 658/10; vom – 2 StR 536/16).

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:121224U6STR238.24.0

Fundstelle(n):
GAAAJ-89047