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BSG Beschluss v. - B 5 RS 40/12 B

Gründe

1Mit Urteil vom hat das Sächsische LSG im Überprüfungsverfahren Ansprüche des Klägers auf Feststellung weiterer Entgelte aus Jahresendprämien (JEP) für die Zeit seiner Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz von 1969 bis 1990 verneint.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (I.), Verfahrensfehler (II.) und "Divergenzen" (III.) geltend gemacht.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung, die bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist (§ 160a Abs 2 S 1 und 2 SGG) am eingegangen ist, genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 S 3 SGG).

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 S 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 S 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6I. Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte, SGG, 2009, § 160a RdNr 41).

8Mit diesen Fragen hat er die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargetan. Denn es bleibt schon offen, welche konkreten revisiblen (Bundes-)Normen (§ 162 SGG) ausgelegt und/oder an welchem höherrangigen Recht gemessen werden sollen, um die Rechtseinheit zu wahren oder das Recht fortzubilden. Die beiden letzten Fragen sind zudem nicht abstrakt gestellt, sondern ersichtlich auf die individuelle Situation des Klägers zugeschnitten. Derartige einzelfallbezogene Fragen entfalten keine Breitenwirkung und lassen sich nicht generell beantworten.

9Soweit sich die Beschwerdebegründung auf die "Abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" vom beruft, lässt sie unerörtert, warum es sich bei diesen sog "concluding observations", die im Staatenberichtsverfahren nach Art 16 ff des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (IPwskR) vom ergehen, um Bundesrecht handeln könnte. Im Übrigen bleibt unklar, auf welche völkervertragsrechtliche(n) Bestimmung(en) des IPwskR sich der Kläger überhaupt stützen will und dass diese Bestimmungen, die als revisibles Bundesrecht in Betracht kommen (zur Revisibilität völkerrechtlicher Verträge: BVerwGE 134, 1, 20; Eichberger in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 2012, § 137 RdNr 38; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 162 RdNr 4b; Neumann in Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl 2010, § 137 RdNr 51), ohne weitere normative Ausgestaltung durch innerstaatliche Rechtsetzungsorgane unmittelbar anwendbar sind, also nach Wortlaut, Zweck und Inhalt geeignet und hinreichend bestimmt sind, wie innerstaatliche Rechtsvorschriften zu wirken (vgl Senatsbeschlüsse vom - B 5 RS 6/12 B - BeckRS 2012, 69735 RdNr 8, vom - B 5 R 136/12 B - BeckRS 2012, 71748 RdNr 8 sowie vom - B 5 R 28/12 B - BeckRS 2012, 72037 RdNr 8 und B 5 R 46/12 B - BeckRS 2012, 72285 RdNr 8; allgemein: BVerwGE 87, 11, 13; 92, 116, 118; 134, 1, 20). Ferner verschweigt die Begründung, welchen Sachverhalt das LSG festgestellt hat und ob gerade im Blick hierauf die angesprochenen Probleme im erstrebten Revisionsverfahren klärungsfähig wären.

10II. Auch die Verfahrensrügen haben keinen Erfolg. Soweit der Kläger "wegen der Unterlassung von Beweiserhebungen" Verletzungen der gerichtlichen "Amtsermittlungspflicht" (§ 103 SGG) und seines verfassungsrechtlichen Anspruchs auf Gewährung rechtlichen Gehörs (§ 62 SGG iVm Art 103 Abs 1 GG) geltend macht, hat er weder Fundstelle oder Wortlaut prozessordnungskonformer Beweisanträge wiedergegeben noch behauptet, derartige Anträge am Schluss der mündlichen Verhandlung vor dem LSG aufrechterhalten und damit alles getan zu haben, um sich rechtliches Gehör zu verschaffen.

11III. Schließlich sind die "Abschließenden Bemerkungen des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte" von vornherein nicht divergenzfähig, weil es sich dabei um keine Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG handelt. Dasselbe gilt, soweit der Kläger zwischen den "positiven Positionen des UN-Ausschusses" einerseits und "den für die Betroffenen negativen Positionen in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom zu den Beschwerden Nr. 49646/10 und 3365/11" andererseits "Divergenzen" erblickt. Auch angebliche "Widersprüche" innerhalb der Rechtsprechung des BVerfG vor und nach 2004, namentlich zwischen dem "Leiturteil" vom (1 BvL 32/95 ua - BVerfGE 100, 1 ff = SozR 3-8570 § 10 Nr 3) einerseits und dem Beschluss vom (1 BvL 9/06, 1 BvL 2/08 - BVerfGE 126, 233 = SozR 4-8570 § 6 Nr 5) andererseits können nicht zur Revisionszulassung führen.

12Soweit der Kläger vorträgt, das LSG habe "fehlerhafte Auffassungen zur Systementscheidung des RÜG und zur Rentenüberleitung, insbesondere zum Inhalt des in Bezug genommenen zugrunde gelegt", ist damit ebenfalls keine Rechtsprechungsabweichung dargetan. Missversteht oder übersieht das Berufungsgericht einen höchstrichterlichen Rechtssatz und wendet deshalb das Recht fehlerhaft an, kann daraus nicht geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt. Die Bezeichnung einer Abweichung iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG setzt vielmehr die Darlegung voraus, dass das LSG die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil infrage stellt, was nicht der Fall ist, wenn es eine höchstrichterliche Entscheidung in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt haben sollte (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Unter diesen Umständen hätte der Kläger vertieft darauf eingehen müssen, warum es sich bei der behaupteten Abweichung des Berufungsgerichts nicht lediglich um eine falsche Rechtsanwendung im Einzelfall handelt, in der ein eigener Rechtssatz des Berufungsgerichts gerade nicht zum Ausdruck kommt (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45).

13Darüber hinaus kann die Revision wegen Divergenz nicht zugelassen werden, wenn das Berufungsgericht eine Tatsache, die für den geltend gemachten Anspruch erheblich sein würde, noch nicht festgestellt hat und damit derzeit nur die Möglichkeit besteht, dass sie nach Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht und nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann ( - BeckRS 2008, 57913 RdNr 6 mwN). Das erstrebte Revisionsverfahren darf nicht mit einer Aufhebung und Zurückverweisung, sondern muss mit der Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage enden können. Der Kläger trägt aber schon selbst vor, dass sein Rechtsstreit "erst durch die nach der zuzulassenden Revision erfolgende Rückverweisung" abschließend entschieden werden kann.

14Im Übrigen beschränkt sich die Beschwerdeschrift auf die reine Behauptung, dass "Divergenzen" gegeben seien bzw vorlägen. Dies genügt den Darlegungserfordernissen des § 160a Abs 2 S 3 SGG in keiner Weise (vgl zum Ganzen: Senatsbeschlüsse vom - B 5 R 322/12 B - BeckRS 2012, 75924 RdNr 14, vom - B 5 RS 34/11 B - BeckRS 2011, 77022 RdNr 10 sowie vom - B 5 RS 30/11 B - BeckRS 2011, 78696 RdNr 10 und B 5 RS 39/11 B - BeckRS 2011, 78697 RdNr 10).

15Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 S 2 Halbs 2 SGG).

16Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2013:170113BB5RS4012B0

Fundstelle(n):
ZAAAJ-88984