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BSG Beschluss v. - B 5 R 384/11 B

Sozialgerichtliches Verfahren - Nichtzulassungsbeschwerde - Voraussetzung für Rüge einer Rechtssprechungsabweichung

Gesetze: § 160 Abs 2 Nr 2 SGG, § 160a Abs 2 S 3 SGG

Instanzenzug: Az: S 14 KN 15/06 Urteilvorgehend Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Az: L 2 R 321/11 Urteil

Gründe

1Mit Urteil vom hat das LSG Niedersachsen-Bremen das bestätigt, soweit es die Beklagte verpflichtet hat, die Hauptbeschäftigung des Klägers vom bis und seine Nebenbeschäftigung vom bis , die er komplett in Polen zurückgelegt hat, jeweils zu 6/6 vorzumerken.

2Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung wurde Beschwerde zum BSG eingelegt. In der Beschwerdebegründung werden Rechtsprechungsabweichungen geltend gemacht.

3Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Begründung genügt nicht den gesetzlichen Anforderungen, weil kein Zulassungsgrund ordnungsgemäß dargetan worden ist (vgl § 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

5Derartige Gründe werden in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des § 160a Abs 2 Satz 3 SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 SGG zu verwerfen.

6Divergenz iS von § 160 Abs 2 Nr 2 SGG liegt vor, wenn die tragenden abstrakten Rechtssätze, die zwei Entscheidungen zu Grunde gelegt worden sind, nicht übereinstimmen. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat. Eine Abweichung liegt folglich nicht schon dann vor, wenn die Entscheidung des LSG nicht den Kriterien entspricht, die das BSG aufgestellt hat, sondern erst, wenn das LSG diesen Kriterien widersprochen, also eigene rechtliche Maßstäbe entwickelt hat. Nicht die Unrichtigkeit der Entscheidung im Einzelfall, sondern die Nichtübereinstimmung im Grundsätzlichen begründet die Zulassung der Revision wegen Abweichung. Darüber hinaus verlangt der Zulassungsgrund der Divergenz, dass das angefochtene Urteil auf der Abweichung beruht. Bezogen auf die Darlegungspflicht bedeutet das vorstehend Gesagte, dass die Beschwerdebegründung erkennen lassen muss, welcher abstrakte Rechtssatz in der höchstrichterlichen Entscheidung enthalten ist und welcher im Urteil des LSG enthaltene Rechtssatz dazu im Widerspruch steht; ferner muss aufgezeigt werden, dass auch das Revisionsgericht die oberstgerichtliche Rechtsprechung in einem künftigen Revisionsverfahren seiner Entscheidung zu Grunde zu legen haben wird (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72 mwN). Diesen Darlegungserfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

11Mit diesen einander gegenübergestellten Rechtssätzen ist das Vorliegen einer Divergenz nicht hinreichend dargetan. Denn die Beklagte verschweigt bereits, an welcher Stelle und mit welcher anerkannten Methodik sie den Urteilen des LSG und BSG die behaupteten Rechtssätze jeweils entnehmen will.

12Darüber hinaus zeigt die Beschwerdebegründung auch nicht auf, dass die Entscheidung des LSG auf den behaupteten Divergenzen beruht. Hierfür hätte die Beklagte darlegen müssen, dass das BSG in den herangezogenen Urteilen auf der Grundlage der darin angeblich aufgestellten Rechtssätze eine Fallkonstellation bzw rechtliche Problematik, die mit derjenigen des Klägers vergleichbar ist, tragend anders entschieden hat als das LSG im angefochtenen Urteil. Keinesfalls genügt es, isoliert einzelne Sätze der bundesgerichtlichen Entscheidung zu zitieren. Vielmehr ist der Kontext darzustellen, in dem die herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze stehen (vgl hierzu zB - BeckRS 2007, 41946 RdNr 10 mwN). Zum Kontext der BSG-Entscheidungen ist der Beschwerdebegründung aber schon deshalb nichts zu entnehmen, weil sie verschweigt, welche Sachverhalte das BSG jeweils zu beurteilen hatte, so dass auch nicht deutlich wird, welche rechtlichen Aussagen es wirklich getroffen hat und welche Aussagen auf einer Interpretation der Beklagten beruhen. Die konkrete Sachverhaltsdarstellung auch der BSG-Entscheidungen gehört aber zu den Mindestvoraussetzungen, um die Entscheidungserheblichkeit der Divergenzrüge prüfen zu können. Denn eine die Rechtseinheit gefährdende Abweichung kann nur bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt vorliegen.

13Schließlich legt die Beschwerdebegründung auch nicht dar, dass das LSG den Willen zur Abweichung gehabt haben könnte, dh die höchstrichterliche Rechtsprechung im angefochtenen Urteil in Frage stellen wollte. Selbst wenn das LSG die herangezogenen bundesgerichtlichen Rechtssätze in ihrer Tragweite für den entschiedenen Fall verkannt haben sollte, kann daraus nicht ohne weiteres geschlossen werden, es habe einen divergierenden Rechtssatz aufgestellt (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 73 mwN). Vielmehr hätte die Beklagte vertieft darauf eingehen müssen, warum es sich bei der behaupteten Abweichung des Berufungsgerichts nicht lediglich um eine falsche Rechtsanwendung im Einzelfall handelt, in der ein eigener Rechtssatz des Berufungsgerichts gerade nicht zum Ausdruck kommt (vgl im Einzelnen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 26 S 45).

14Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl § 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

15Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BSG:2012:180112BB5R38411B0

Fundstelle(n):
FAAAJ-88982