Einfamilienhaus und Miteigentumsanteile an öffentlichen Wegen als wirtschaftliche Einheit
Steuerbefreiung einer Teilfläche des Bewertungsobjekts als Verkehrsfläche nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG unabhängig von einer
straßenrechtlichen Widmung
Leitsatz
1. Gehören dem Eigentümer eines Einfamilienhausgrundstückes in Berlin Miteigentumsanteile an Wegen, die zwar zu den „Grünen
Hauptwegen” in Berlin gehören und damit einer öffentlichen Nutzung durch z. B. Fußgänger und Radfahrer unterliegen, die jedoch
teilweise direkt angrenzend an das Flurstück und im Übrigen in räumlicher Nähe zum Flurstück des Einfamilienhauses liegen,
so bilden das Einfamilienhausgrundstück und die Miteigentumsanteile an den Wegen eine wirtschaftliche Einheit, wenn die Wege
zur Zuwegung an das Einfamilienhaus erforderlich sind. Die Miteigentunsanteile sind bei der Feststellung des Grundsteuerwerts
aber nach § 19 Abs. 4 BewG, § 219 Abs. 3 BewG nicht zu berücksichtigen, sofern sie nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG steuerbefreit
sind.
2. Die Grundsteuerbefreiung nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG ist nicht von einer straßenrechtlichen Widmung der betreffenden
Fläche abhängig, wenn das Grundstück durch fremde Dritte für den Durchgangsverkehr genutzt wird, was der Steuerpflichtige
aufgrund eines im Grundbuch eingetragenen Wegerechts zugunsten der Gemeinde nicht unterbinden kann, auch wenn der auf dem
Grundstück befindliche Weg ebenso dem Zugang zum privaten Wohngrundstück des Steuerpflichtigen und zu den weiteren an dem
Weg gelegenen Grundstücken dient (gegen ). Eine Absicherung des öffentlichen Verkehrs
durch ein im Grundbuch eingetragenes Wegerecht zugunsten der Gemeinde stellt eine Nutzung für den öffentlichen Verkehr auch
unabhängig vom Willen des Grundstückseigentümers sicher.
3. Dem Verkehr im Sinne des § 4 Nr. Buchst. a GrStG dienen nur Grundstücke, auf denen Verkehrsleistungen erbracht werden.
Ein Grundstück dient dem öffentlichen Verkehr, wenn es der Öffentlichkeit zugänglich ist, d. h. wenn das Grundstück ohne Beschränkung
auf einen bestimmten, mit dem Verfügungsberechtigten in enger Beziehung stehenden Personenkreis benutzt werden kann. Einschränkungen
jedoch, die sich aus dem Wesen und der Art des Verkehrs ergeben, hindern nicht die Qualifikation eines Verkehrs als öffentlich.
So wie Fußgängerzonen dem Fußgängerverkehr und Parkplätze dem Autoverkehr vorbehalten sind, dienen Anlagen für den Güterumschlag
dem öffentlichen Güterverkehr. Sofern keine subjektiven Zulassungsbeschränkungen bestehen, liegt öffentlicher Verkehr vor,
selbst wenn der Kreis der Benutzer relativ klein sein sollte.
4. Ein Grundstück erbringt auch bei einer Nutzung eines darauf befindlichen Weges zu Freizeitzwecken, z. B. in Form des Wanderns,
eine Verkehrsleistung im Sinne des § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG, selbst wenn es der öffentlichen Stelle, die den Verkehr eröffnet
hat, nicht in erster Linie um die Bewältigung von berufsbezogenen oder ähnlichen Fortbewegungsbedürfnissen der Bürger geht,
sondern um die touristische Vermarktung der Region.
5. Eine Entscheidung über das Vorliegen einer Grundsteuerbefreiung für einen Teil der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit
kann auch dann bereits im Grundsteuerwertfeststellungsverfahren getroffen werden, wenn das Bestehen der Befreiungsvoraussetzungen
zwischen den Beteiligten umstritten und zweifelhaft ist, die Finanzbehörde im Rahmen der Grundsteuerwertfeststellung eine
ablehnende inhaltliche Entscheidung über die Grundsteuerbefreiung getroffen hat und der Steuerpflichtige auf dieser Grundlage
die Grundsteuerwertfeststellung mit der Begründung, es greife eine Grundsteuerbefreiung ein, angefochten hat.
Fundstelle(n): JAAAJ-88142
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FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 12.02.2025 - 3 K 3107/24
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