Besitzen Sie diesen Inhalt bereits,
melden Sie sich an.
oder schalten Sie Ihr Produkt zur digitalen Nutzung frei.
EuGH setzt SCHUFA neue Grenzen
Was Unternehmen jetzt beachten sollten
Das , NWB NAAAJ-58862, könnte dazu führen, dass mehr Dienste als bisher dem Verbot automatisierter Verarbeitungen nach Art. 22 DSGVO unterfallen dürften. Es könnte Handlungsbedarf für Unternehmen bestehen, die automatisierte Entscheidungen mithilfe von Algorithmen oder künstlicher Intelligenz treffen lassen.
Der EuGH weitet den Anwendungsbereich des Art. 22 DSGVO auch auf die Bildung von Score-Werten als automatisierte Entscheidung aus.
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden wird den Fall nun weiter behandeln. Dabei wird es auch den noch aktuellen § 31 BDSG als mögliche Rechtsgrundlage für das Scoring heranziehen.
Unternehmen sollten die aktuelle Entwicklung beobachten, insbesondere im Hinblick auf die Schaffung des neuen § 37 BDSG-E.
Gleichzeitig sollten Unternehmen ggf. ihre Prozesse überprüfen, um die Vorgaben des EuGH umzusetzen.
Unternehmen sollten sicher dokumentieren, dass ihre Entscheidungen über Vertragsabschlüsse nicht „maßgeblich“ auf der Basis von Score-Werten getroffen werden.
I. SCHUFA und Bonitätsscore
1. Bonitätsscore
Für viele Unternehmen ist der Bonitätsscore der „Schutzgemeinschaft für allgemeine Kreditsicherung“, SCHUFA Holding AG (im Folgenden: „SCHUFA“), ein verlässlicher Anhaltspunkt dafür, ob sie auf die Zahlungswilligkeit und -fähigkeit einer Person vertrauen und mit ihr ein Vertragsverhältnis eingehen können oder um auch nur über die Konditionen eines Vertrags zu entscheiden. Immerhin wird dieser Score-Wert aus einer Vielzahl von Merkmalen und Meldungen zu einer Person errechnet. Durch die Zuordnung einer Person zu einer Gruppe von Personen mit ähnlichen Merkmalen wird ein Wert gebildet und eine Aussage über die Wahrscheinlichkeit der Erfüllung zukünftiger Zahlungsverpflichtungen getroffen. Vergleichbare Dienste werden auch von anderen Unternehmen angeboten. Die der Berechnung des Score-Werts im Einzelnen zugrunde liegenden Merkmale sowie das mathematische Verfahren legt die SCHUFA nicht offen.
2. Was ist die SCHUFA?
Zum Geschäftsmodell der 1927 gegründeten SCHUFA gehört es, Daten zu sammeln. Auf deren Basis liefert die SCHUFA ihren etwa 10.000 Vertragspartnern – u. a. Banken und Sparkassen, Versandhändlern und Energieversorgern – bei berechtigtem Interesse eine Einschätzung zur Bonität (Kreditwürdigkeit) von Verbrauchern.
Nach eigenen Angaben verfügt die SCHUFA über Informationen zu 68 Mio. Menschen in Deutschland. Zu mehr als 90 % seien „ausschließlich positive Informationen gespeichert“. Pro Tag erteilt die Auskunftei im Schnitt 320.000 Auskünfte an Unternehmen. Außer der SCHUFA gibt es weitere Wirtschaftsauskunfteien, etwa Creditreform und Crif.
3. Wann erfolgt eine Abfrage des SCHUFA-Scores?
Eine Abfrage des automatisiert erzeugten SCHUFA-Scores erfolgt in der Regel vor Abschluss eines Vertrages, wie z. B. bei
Strom- und Energielieferungsverträgen,
Telekommunikationsverträgen,
Baufinanzierungen für Grundstücke und Wohnimmobilien,
Verlängerungen (Prolongationen) von Immobilienkrediten,
Leasing und Fahrzeugfinanzierungen,
Verbraucherkrediten für Anschaffungen im Haushalt,
Eröffnung von Girokonten und Kreditkarten.S. 108
Daneben ist der Abschluss eines Wohnraummietvertrags heute kaum ohne die Vorlage einer Selbstauskunft des Mieters möglich.
Die SCHUFA bietet einen Simulator an, mit dem sich die eigene Bonität schätzen lässt: https://go.nwb.de/y2fq8.
II. Gerichtsverfahren
1. VG Wiesbaden
Mit Beschluss v. - 6 K 788/20.WI hatte das Verwaltungsgericht (VG) Wiesbaden ( https://openjur.de/u/2363127.html, abgerufen am ) dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt.
Vorlageentscheidung:
Die Klägerin begehrte einen Kredit, welcher ihr von dem Kreditinstitut unter Rückgriff auf ihren SCHUFA-Score-Wert verwehrt wurde. Diesen anhand bestimmter Merkmale errechneten Score-Wert hatte die dem Verfahren als Beigeladene beigetretene SCHUFA dem Kreditinstitut zur Beurteilung der Kreditwürdigkeit der Klägerin übermittelt.