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BVerfG Beschluss v. - 1 BvR 1454/24

Nichtannahmebeschluss: Erfolglose Verfassungsbeschwerde gegen zeitlich befristeten Umgangsausschluss - Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht hinreichend aufgezeigt

Gesetze: Art 6 Abs 2 S 1 GG, Art 103 Abs 2 GG, § 23 Abs 1 S 2 BVerfGG, § 92 BVerfGG, § 1666 Abs 1 BGB, § 1666 Abs 3 Nr 6 BGB, § 1684 Abs 4 S 2 BGB, § 18 Abs 3 SGB 8

Instanzenzug: OLG Frankfurt Az: 1 UF 143/23 Beschlussvorgehend OLG Frankfurt Az: 1 UF 143/23 Beschlussvorgehend AG Frankfurt Az: 458 F 12061/22 UG Beschluss

Gründe

1Die mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbundene Verfassungsbeschwerde betrifft einen zeitlich befristeten Umgangsausschluss.

I.

2Die Beschwerdeführerin ist die Mutter eines im Jahr 2018 geborenen Kindes, das aus der Ehe mit dem Vater hervorgegangen ist. Seit der Trennung der Eltern im Juli 2019 gab und gibt es eine Vielzahl von umgangs- und sorgerechtlichen Verfahren. Das Kind lebte zunächst bei der Mutter.

31. In früheren familiengerichtlichen Verfahren wurden gerichtlich gebilligte Umgangsvereinbarungen getroffen, die den Umgang des Vaters mit dem Kind regelten. Trotz Einsatzes einer Umgangspflegerin gestalteten sich insbesondere die Übergaben allerdings als schwierig und waren teilweise, etwa im April 2020, nur unter Hinzuziehung der Polizei möglich. Im August 2020 wurde zunächst in einem einstweiligen Anordnungsverfahren dem Vater vorläufig das Aufenthaltsbestimmungsrecht und das Recht zur Gesundheitsfürsorge allein übertragen. Im Anschluss daran war die Beschwerdeführerin mit dem Kind zwischen Ende August 2020 und März 2021 weder für den Vater, das Jugendamt noch das Gericht erreichbar und ihr Aufenthalt war auch mithilfe der Polizei nicht zu ermitteln. Im August 2021 übertrug das Amtsgericht dann im Hauptsacheverfahren die elterliche Sorge auf den Vater zur alleinigen Ausübung. Die hiergegen von der Beschwerdeführerin eingelegte Beschwerde blieb ebenso wie die erhobene Gehörsrüge, ein Ablehnungsgesuch und die daraufhin eingelegte Verfassungsbeschwerde erfolglos. Seit August 2021 lebt das Kind im Haushalt des Vaters. Anfang September 2021 trafen die Eltern in einem parallelen Umgangsrechtsverfahren eine gerichtlich gebilligte Vereinbarung, welche ein umfangreiches Umgangsrecht der Beschwerdeführerin festlegte, unter anderem unbegleitete Umgangskontakte alle 14 Tage mittwochs nach dem Kindergarten bis montags vor dem Kindergarten.

42. a) Ende März 2022 hat der Vater das Ausgangsverfahren zur Abänderung dieser Umgangsregelung angeregt, weil die Beschwerdeführerin das Kind unregelmäßig zum Kindergarten gebracht hatte. Nachdem die Beschwerdeführerin das Kind entgegen der Vereinbarung an mehreren Tagen hintereinander im April 2022 aufgrund einer COVID-19-Erkrankung des Kindes nicht zum Kindergarten gebracht und dem Vater das Kind bei Umgangsende nicht übergeben hatte, hat das Familiengericht auf Antrag des Vaters im April 2022 die unverzügliche Herausgabe des Kindes an ihn angeordnet. Diese Herausgabeanordnung ist durch den Gerichtsvollzieher unter Hinzuziehung von Polizeivollzugskräften vollstreckt worden. Das Familiengericht hat den Umgang zwischen der Beschwerdeführerin und dem Kind bis zum Hauptsachetermin im hiesigen Umgangsverfahren Ende April 2022 vorläufig ausgeschlossen, wobei die Eltern auf die Möglichkeit hingewiesen worden sind, einen Antrag auf begleiteten Umgang zu stellen. Einen solchen Antrag hat zunächst allein der Vater, nicht aber die Beschwerdeführerin gestellt. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Familiengericht im Mai 2022 haben die Eltern eine neue gerichtlich gebilligte - vorläufige - Umgangsvereinbarung getroffen, in der unter anderem unbegleitete Umgänge der Beschwerdeführerin mit dem Kind bis zur endgültigen Entscheidung im Hauptsacheverfahren bestimmt worden sind. Die Verfahrensbeiständin und das Jugendamt haben die Vereinbarung unterstützt, wobei die Vertreterin des Jugendamts geäußert hat, begleitete Umgänge für sinnvoll zu erachten. Entsprechend der Vereinbarung hat die Beschwerdeführerin das Kind am vom Kindergarten abgeholt. Am nächsten Tag hat sie das Kind allerdings nicht in den Kindergarten gebracht, sondern der Kindergartenleitung mitgeteilt, mit dem Kind einen dringenden Termin zu haben. Sie ist anschließend mit dem Kind zunächst bei der Staatsanwaltschaft, danach bei der Polizei vorstellig geworden und hat Anzeige wegen Körperverletzung und Misshandlung von Schutzbefohlenen durch den Vater gestellt. Grund dafür sind zwei verblasste Hämatome am Rücken des Kindes gewesen, die sie am Abend zuvor entdeckt habe und von denen sie nicht wisse, woher sie stammten. Das von der Polizei informierte Jugendamt hat das Kind zeitweilig in Obhut genommen und die Beschwerdeführerin angewiesen, das Kind an den inzwischen bei der Polizei erschienenen Vater herauszugeben. In Übereinstimmung mit der Empfehlung des Jugendamts hat das Familiengericht Anfang Juni 2022 erneut vorläufig den Umgang der Beschwerdeführerin mit dem Kind für sechs Monate ausgeschlossen. Dennoch hat die Beschwerdeführerin Ende Juni 2022 den Kindergarten aufgesucht, um nach dem Kind zu rufen. Am Tag darauf hat sie das Kind und den Vater morgens auf dem Weg zum Kindergarten abgepasst und versucht, das Kind vom Vater wegzuziehen. Auf Antrag des Vaters ist der Beschwerdeführerin aufgrund familiengerichtlicher Entscheidung einstweilig bis Ende Dezember 2022 untersagt worden, sich dem Kind, dem Kindergarten, den umliegenden Spielplätzen sowie dem Haus des Vaters auf weniger als 100 Meter zu nähern.

5b) Mit angegriffenem Beschluss vom hat das Familiengericht den Umgang der Beschwerdeführerin mit dem Kind für ein Jahr bis zum ausgeschlossen und ein detailliertes Näherungsverbot angeordnet. Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin hin hat das Oberlandesgericht mit ebenfalls angegriffenem Beschluss vom den familiengerichtlichen Beschluss abgeändert und ihn dergestalt neu gefasst, dass der Umgang der Beschwerdeführerin mit dem Kind bis zum ausgeschlossen werde. Für den Fall des Verstoßes gegen den Umgangsausschluss ist die Verhängung von näher bestimmtem Ordnungsgeld, ersatzweise Ordnungshaft, angeordnet worden. Ein Näherungsverbot - wie noch vom Familiengericht bestimmt - enthält weder der Tenor des oberlandesgerichtlichen Beschlusses noch verhalten sich dessen Gründe dazu. Das Oberlandesgericht hat den Umgangsausschluss vor allem damit begründet, dass für den Fall der von der Beschwerdeführerin vorrangig angestrebten unbegleiteten Umgänge das geistige und seelische Wohl des Kindes gefährdet wäre. Begleitete Umgänge, die an sich genügten, um eine solche Gefährdung abzuwenden, könnten mangels geeigneter Umgangsbegleiter nicht angeordnet werden. Verweigere - wie hier - das Jugendamt die jugendhilferechtliche Bewilligung begleiteter Umgangskontakte nach § 18 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB VIII und finde sich auch sonst kein ehrenamtlich oder von den Beteiligten zu vergütender Dritter, so verbleibe dem Gericht nur die Wahl zwischen der Anordnung unbegleiteter Kontakte oder einem befristeten Umgangsausschluss. Das Gericht habe nicht die Möglichkeit, das Jugendamt zur Bewilligung der Maßnahme zu verpflichten, denn § 1684 Abs. 4 Satz 3 BGB verlange tatbestandlich einen zur Mitwirkung bereiten Umgangsbegleiter.

6c) Die gegen den Beschluss vom gerichtete Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin hat das als unbegründet zurückgewiesen.

73. Mit ihrer gegen die drei im Ausgangsverfahren ergangenen fachgerichtlichen Entscheidungen gerichteten Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin vor allem, in ihrem Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt zu sein. Dazu macht sie unter anderem geltend, die Fachgerichte hätten versäumt, die dem Kind bei unbegleiteten Umgängen drohenden Beeinträchtigungen des Kindeswohls nach Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit näher festzustellen. Zudem trägt sie vor, dem lasse sich nicht in einer Art. 103 Abs. 2 GG genügenden Weise entnehmen, welche Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin gegenüber ihrem Kind durch den Umgangsausschluss untersagt beziehungsweise dennoch gestattet seien. Die Aussage des Oberlandesgerichts in seinem Beschluss vom , ausweislich des Tenors der Entscheidung vom kein Kontaktverbot ausgesprochen zu haben, "mache ratlos".

8Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (§ 32 Abs. 1 BVerfGG) erstrebt die Beschwerdeführerin, die Vollziehung der Entscheidungen zum Umgangsausschluss vorläufig auszusetzen.

II.

9Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Annahmegründe nach § 93a Abs. 2 BVerfGG liegen nicht vor. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt nicht in einer den Anforderungen aus § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügenden Weise (vgl. BVerfGE 157, 300 <310 Rn. 25>; 158, 210 <230 f. Rn. 51>; 163, 165 <210 Rn. 75>) die Möglichkeit der Verletzung der Beschwerdeführerin in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten auf. Damit ist sie ohne Aussicht auf Erfolg und deshalb nicht zur Entscheidung anzunehmen (vgl. BVerfGE 90, 22 <25 f.>).

10Die Beschwerdeführerin hat insbesondere nicht in der gebotenen substantiierten Weise aufgezeigt, durch den mit der Anordnung eines ordnungsmittelbewehrten, befristeten Umgangsausschlusses in ihrem Elterngrundrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG verletzt sein zu können (1). Das gilt auch dann, wenn ein solcher Umgangsausschluss wegen der Androhung der Festsetzung von Ordnungsmitteln den aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Bestimmtheitsanforderungen zu genügen hätte (2). Auch im Übrigen wird die Möglichkeit einer Verletzung in sonstigen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten nicht in der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG geforderten Weise dargelegt (3).

111. a) Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG garantiert Eltern das Recht auf Pflege und Erziehung ihrer Kinder. Eltern können grundsätzlich frei von staatlichen Einflüssen und Eingriffen nach eigenen Vorstellungen darüber entscheiden, wie sie die Pflege und Erziehung ihrer Kinder gestalten und damit ihrer Elternverantwortung gerecht werden wollen (vgl. BVerfGE 107, 104 <117>; 121, 69 <92>; 162, 378 <407 Rn. 67>). Das Elterngrundrecht schließt das Recht auf Umgang des Elternteils mit seinem Kind ein (vgl. nur BVerfGE 31, 194 <206> noch unter Verwendung des früheren Begriffs "Verkehrsrecht"). Eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangsrechts ist nur veranlasst, wenn nach den Umständen des Einzelfalls der Schutz des Kindes dies erfordert, um eine Gefährdung seiner seelischen oder körperlichen Entwicklung abzuwehren (vgl. BVerfGE 31, 194 <209 f.>). Entsprechend kann nach § 1684 Abs. 4 Satz 2 BGB eine Einschränkung oder ein Ausschluss des Umgangs für längere Zeit angeordnet werden, wenn anderenfalls das Wohl des Kindes gefährdet wäre. Das Gericht hat bei der Entscheidung über die Einschränkung oder den Ausschluss des Umgangs sowohl die betroffenen Grundrechtspositionen des Elternteils als auch das Wohl des Kindes und dessen Individualität als Grundrechtsträger zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 31, 194 <205 f.>; 64, 180 <187 f.>; BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 19; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2345/22 -, Rn. 10).

12Um dem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG dabei Rechnung zu tragen, müssen die Fachgerichte jedenfalls bei einem länger andauernden oder einem unbefristeten Umgangsausschluss - insoweit nicht grundlegend anders als bei dem Entzug des Sorgerechts auf der Grundlage von § 1666 BGB - grundsätzlich die dem Kind drohenden Schäden ihrer Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit nach konkret benennen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 326/22 -, Rn. 13 m.w.N.; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 2345/22 -, Rn. 10). Zudem muss der Ausschluss des Umgangsrechts den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1547/16 -, Rn. 28 ff.; Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1889/23 -, Rn. 20; siehe auch EGMR, B. v. Deutschland, Urteil vom - Nr. 20106/13 -, § 44 mit Hinweis auf die Gefahr eines Abschneidens der Eltern-Kind-Beziehung bei längere Zeit fehlendem Kontakt).

13Der Schutz der jeweiligen Grundrechte der Kinder wie der beiden Elternteile ist auch durch die Gestaltung des Verfahrens sicherzustellen. In verfahrensrechtlicher Hinsicht muss ein Kindschaftsverfahren, damit auch ein Verfahren über den Umgang (vgl. § 151 Nr. 2 FamFG), in seiner Ausgestaltung geeignet und angemessen sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für die Feststellung einer Kindeswohlgefährdung zu erlangen. Hierbei bleibt es grundsätzlich den Fachgerichten überlassen, wie sie den Willen des Kindes ermitteln. Das Bundesverfassungsgericht prüft die hierzu von den Fachgerichten getroffenen tatsächlichen Feststellungen grundsätzlich nicht nach, der verfassungsgerichtlichen Prüfung unterliegt jedoch, ob fachgerichtliche Entscheidungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der Bedeutung und Tragweite eines Grundrechts beruhen; die Intensität dieser Prüfung hängt davon ab, in welchem Maße von der Entscheidung Grundrechte beeinträchtigt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1889/23 -, Rn. 22).

14b) Davon ausgehend zeigt die Begründung der Verfassungsbeschwerde weder substantiiert auf, dass der den materiellen Anforderungen an einen befristeten Umgangsausschluss nicht genügt (aa) noch, dass der Beschluss einer hinreichend tragfähigen tatsächlichen Grundlage entbehrt (bb).

15aa) (1) In dem vorgenannten Beschluss ist die dem Kind im Fall unbegleiteter Umgänge drohende Gefährdung seines Wohls nach Art und Schwere der dann drohenden Schäden in verfassungsrechtlich noch ausreichender Weise festgestellt. Das Oberlandesgericht geht erkennbar von einer drohenden Gefährdung des geistigen und seelischen Wohls des Kindes im Fall unbegleiteter Umgänge aus. Diese Gefährdung sieht es vor allem in dann zu erwartenden Loyalitätskonflikten für das Kind und auch in der Zukunft drohenden Situationen im Zusammenhang mit Umgängen der Beschwerdeführerin mit dem Kind, die für dieses traumatisch sein können. Insbesondere stellt es darauf ab, dass die Beschwerdeführerin das Kind (erneut) in den hochstrittigen Konflikt der Eltern einbeziehen und dem Kind dadurch seelischer Schaden drohen würde. Für diese Prognose stützt sich das Oberlandesgericht in methodisch und verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise auf festgestellte frühere Verhaltensweisen der Beschwerdeführerin als Anknüpfungstatsachen und legt zugrunde, dass wegen fehlender Änderung im Verhalten der Beschwerdeführerin und weitgehend fehlender Einsicht bei ihr, dem Kind damit in der Vergangenheit geschadet zu haben, eine solche Einbeziehung des Kindes in den Elternkonflikt auch zukünftig zu erwarten sei. Soweit in der Verfassungsbeschwerde umfänglich auf die vermeintlich unrichtige Diagnose der im (früheren) Verfahren (…) des Familiengerichts beauftragten psychologischen Sachverständigen eines Münchhausen-by-proxy-Syndroms der Beschwerdeführerin eingegangen wird, ist dies für die verfassungsrechtliche Prüfung des Beschlusses vom ohne Bedeutung, weil das Oberlandesgericht sich für seine Prognose einer drohenden Kindeswohlgefährdung bei unbegleiteten Umgängen darauf nicht stützt.

16Im Rahmen der Prognose werden die dem Kind im Fall jetzt unbegleiteter Umgänge drohenden Schäden auch noch hinreichend konkret dargestellt. Die Feststellungen des Oberlandesgerichts sind zwar im Ausgangspunkt auf das Verhalten der Beschwerdeführerin bezogen, wie etwa ihre fehlende Reflexionsfähigkeit und fehlende Verantwortungsübernahme. Es hat allerdings verfassungsrechtlich ausreichend tragfähig begründet, dass das geistige und seelische Wohl des Kindes gefährdet wäre, wenn der Beschwerdeführerin unbegleiteter Umgang gewährt würde, weil sie das Kind wiederholt aktiv in den Konflikt der hochstrittigen Eltern involviert habe, was dieses erheblich belaste. Für das Vorliegen derartiger Belastungen des Kindes in der Vergangenheit stützt sich das Oberlandesgericht beanstandungsfrei auf Vorfälle wie bei der polizeilichen Vollstreckung der Herausgabe am sowie die erheblich psychische Belastung des Kindes im Zusammenhang mit der Erstattung der Strafanzeige gegen den Vater im Juni 2022. Auch der Rückschluss von dem Verhalten der Beschwerdeführerin am , als sie das Kind und den Vater auf dem Weg zum Kindergarten abgepasst hat, auf eine damit einhergehende erhebliche Belastung für das Kind ist verfassungsrechtlich und methodisch frei von Bedenken.

17(2) Die Möglichkeit einer Verletzung des Elterngrundrechts der Beschwerdeführerin ist auch insoweit nicht aufgezeigt, als das Oberlandesgericht einen Umgangsausschluss angeordnet hat, obwohl an sich begleitete Umgänge in Frage kämen, wenn dafür eine geeignete Umgangsbegleitung zur Verfügung stünde. Die Feststellung zum Fehlen dafür geeigneter Personen ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Dass das zuständige Jugendamt den Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung von Hilfen nach § 18 Abs. 3 SGB VIII bislang nicht beschieden zu haben scheint, ändert an der familienrechtlichen Rechtslage nichts. Gegen das Verhalten des Jugendamtes müsste in einem verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgegangen werden. Es ist nicht Gegenstand des familiengerichtlichen Ausgangsverfahrens. Die dem zugrunde liegende gesetzgeberische Zuständigkeitsverteilung zwischen Jugendämtern und Familiengerichten ist verfassungsrechtlich unbedenklich (vgl. BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1468/15 -, Rn. 5 f.).

18(3) Die Möglichkeit einer Verletzung des Elterngrundrechts der Beschwerdeführerin ergibt sich auch nicht aus dem von ihr vorgetragenen Umstand, dass der Umgangsausschluss mittlerweile mehrfach verlängert worden ist und sie in der Konsequenz dessen seit mehr als zwei Jahren keinen Umgang mehr mit ihrem Kind gehabt hat. Die Beschwerdeführerin verweist zwar insoweit im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend auf den Beschluss der Kammer vom (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1889/23 -). Danach bedarf es bei wiederholter Anordnung eines Umgangsausschlusses bezogen auf den jeweiligen Entscheidungszeitpunkt ausreichender Feststellungen zur drohenden Kindeswohlgefährdung nach konkreter Art, Schwere und Eintrittswahrscheinlichkeit. Zudem dürfen die für einen lang andauernden Umgangsausschluss geltenden Anforderungen nicht umgangen werden durch wiederholte, zeitlich aneinander anschließende Zeiträume betreffende Anordnungen, die zwar für sich genommen möglicherweise noch nicht längerfristige Ausschlüsse darstellen, die aber ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Summe zu einem langdauernden Ausschluss führen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 1889/23 -, Rn. 24). So verhält es sich hier aber nicht. Das Oberlandesgericht hat verfassungsrechtlich hinreichende Feststellungen zu der drohenden Kindeswohlgefährdung bei unbegleiteten Umgängen getroffen. Dafür hat es sich durch Anhörung der Eltern, des Kindes sowie sämtlicher fachlich Beteiligten (Jugendamt, Verfahrensbeistand) aktuelle Erkenntnisse über die für die Prognose einer Kindswohlgefährdung maßgeblichen tatsächlichen Umstände verschafft und sich gerade nicht allein auf frühere Erkenntnisse gestützt.

19bb) Die Verfassungsbeschwerde zeigt auch nicht auf, dass das Oberlandesgericht den aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Anforderungen an die Gestaltung des Verfahrens bei einem Umgangsausschluss insgesamt nicht gerecht geworden wäre. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass es an einer für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung erforderlichen Grundlage gefehlt haben könnte. Zusätzlich zu den bereits vom Familiengericht eingeholten Stellungnahmen der Verfahrensbeiständin, des Jugendamts und der persönlichen Anhörung des Kindes und seiner Eltern hat das Oberlandesgericht weitere Stellungnahmen des Jugendamts und der Verfahrensbeiständin eingeholt und die Beteiligten wie auch das Kind selbst persönlich angehört. Sofern das Oberlandesgericht auf das - von der Beschwerdeführerin als unverwertbar kritisierte - Sachverständigengutachten aus dem Jahr 2020 verweist, nimmt es in seinen Feststellungen allein darauf Bezug, dass in der mangelnden Fähigkeit der Eltern, die Paar- und Elternebene zu trennen, sowie in ihrer defizitären Konfliktlösungskompetenz eine Kindeswohlgefährdung liege. Die Einholung eines zeitlich aktuelleren (psychologischen) Sachverständigengutachtens war aus verfassungsrechtlicher Sicht jedenfalls nicht geboten. Für seine Feststellungen und Wertungen zu den dem Kindeswohl abträglichen Auswirkungen der Einbeziehung des Kindes in einen hochstrittigen Elternkonflikt hat sich das Oberlandesgericht auf familienpsychologische Standardliteratur bezogen. Es ist nicht erkennbar, dass dieses Vorgehen eines auf Familienrecht spezialisierten Senats eines Oberlandesgerichts verfassungsrechtlichen Anforderungen an die gebotene Sachverhaltsaufklärung hier nicht genügen könnte. Besonderheiten im Ausgangsverfahren, die die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens erforderten, um eine ausreichend tragfähige Grundlage für eine am Kindeswohl orientierte Entscheidung zu ermöglichen, sind nicht substantiiert dargelegt.

202. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt zudem nicht in der durch § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG gebotenen Weise auf, dass der ordnungsmittelbewehrte, das Elterngrundrecht der Beschwerdeführerin einschränkende Umgangsausschluss den aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Anforderungen an die inhaltliche Bestimmtheit der Anordnung nicht genügen könnte. Dabei bedarf es keiner Entscheidung, ob und in welchem Umfang aus Art. 103 Abs. 2 GG Vorgaben bereits für die Anordnung einer mit einer Ordnungsmittelan-drohung versehenen Umgangsregelung folgen.

21a) Verfassungsrechtlich ist nicht geklärt, welche Bedeutung den Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG für in das Elterngrundrecht eingreifende, mit Ordnungsmittelandrohungen versehene Umgangsausschlüsse und/oder Kontakt-/Näherungsverbote zukommt. Das gilt erst recht für die - wie vorliegend - Anordnungsentscheidung selbst und nicht erst für die Entscheidung über die Festsetzung des Ordnungsmittels nach festgestelltem Verstoß gegen eine wirksame vollstreckbare Anordnungsentscheidung. Es erscheint verfassungsrechtlich nicht ausgeschlossen, bereits die Anordnung solcher Ausschlüsse oder Ver-/Gebote, wenn und soweit sie - wie üblich - mit Ordnungsmittelandrohungen verbunden sind, neben Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG auch an Art. 103 Abs. 2 GG zu messen (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom - 1 BvR 299/13 -, Rn. 13, für Ordnungsgeld nach § 335 HGB). Das Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG gilt für alle staatlichen Maßnahmen, die eine missbilligende hoheitliche Reaktion auf ein rechtswidriges, schuldhaftes Verhalten darstellen und wegen dieses Verhaltens ein Übel verhängen, das dem Schuldausgleich dient (vgl. BVerfGE 109, 133 <167>). Es findet damit auch für sanktionierend wirkende Ordnungsmittel Anwendung (vgl. Remmert, in: Dürig/Herzog/Scholz, 105. EL August 2024, Art. 103 Abs. 2, Rn. 56). Eine solche Wirkung wird im Fachrecht der Anordnung von Ordnungsmitteln aus § 89 FamFG beigemessen (vgl. BGHZ 239, 316 <321 Rn. 16>; Cirullies, Vollstreckung in Familiensachen, 2. Aufl. 2017, 3. Kapitel, § 89 FamFG, Rn. 461).

22b) Letztlich bedarf dies jedoch keiner Entscheidung, weil die Verfassungsbeschwerde eine Verletzung der Bestimmtheitsanforderungen des Art. 103 Abs. 2 GG nicht aufzuzeigen vermag.

23aa) Gesetzliche Regelungen genügen den Anforderungen der Bestimmtheit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG, wenn ihr Inhalt durch Auslegung und unter Berücksichtigung gefestigter Rechtsprechung hinreichend zuverlässig ermittelt werden kann (vgl. BVerfGE 159, 223 <293 Rn. 156> m.w.N. bezüglich der Bestimmtheit von Ordnungswidrigkeitentatbeständen). Für Art. 103 Abs. 2 GG unterfallende gerichtliche Anordnungen können keine grundsätzlich anderen Anforderungen gelten. Bei ordnungsmittelbewehrten Umgangsregelungen oder Umgangsausschlüssen dürfte bei unterstellter Anwendbarkeit von Art. 103 Abs. 2 GG die Bestimmtheit gewahrt sein, wenn der verpflichteten Person bei verständiger und objektiver Betrachtung der jeweiligen Regelung deutlich wird, was diese von ihr verlangt (vgl. BGHZ 239, 316 <321 Rn. 16> m.w.N.).

24bb) Davon ausgehend konnte die Beschwerdeführerin aufgrund des im Beschluss vom angeordneten Umgangsausschlusses hinreichend erkennen, was während der Dauer des Ausschlusses von ihr im Verhältnis zu ihrem Kind erwartet wurde.

25Das Familiengericht hatte in seinem Beschluss vom in Ziffer 1. des Tenors den Umgang der Beschwerdeführerin mit ihrem Kind befristet bis zum ausgeschlossen und in Ziffern 2. und 3. näher bezeichnete sowie eindeutig bestimmte Annäherungsverbote angeordnet. Das Oberlandesgericht hat in seiner angegriffenen Beschwerdeentscheidung vom den Tenor mit der Formulierung eingeleitet, der Beschluss des Familiengerichts werde abgeändert und "wie folgt neu gefasst". Ziffer I.1. dieses Beschlusses enthält über den Hinweis auf die abgeänderte elterliche Umgangsvereinbarung allein die Anordnung eines bis zum ausgeschlossenen Umgangs der Beschwerdeführerin mit ihrem Kind. Spezifische Anordnungen zu einem Annäherungsverbot, wie sie der familiengerichtliche Beschluss noch angeordnet hatte, sind nicht tenoriert.

26Damit ist dem Beschluss durch Auslegung völlig eindeutig zu entnehmen, dass die Annäherungsverbote des familiengerichtlichen Beschlusses vom nicht mehr gesondert angeordnet waren. Der Beschluss des Familiengerichts ist abgeändert und neu gefasst worden. Von diesem auf der Hand liegenden Verständnis des im Beschluss vom Angeordneten ist erkennbar auch das Oberlandesgericht selbst ausgegangen. Dies folgt aus der Begründung seines Beschlusses vom über die Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin. In dieser Entscheidung hat das Oberlandesgericht ausgeführt, die Darstellung der Beschwerdeführerin, der Senat habe ein Kontaktverbot ausgesprochen, sei "ausweislich des Tenors falsch". Vielmehr habe der Senat lediglich einen Umgangsausschluss ausgesprochen und für die Bestimmung von dessen Reichweite auf die einschlägige höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen.

27Mit der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung bezieht sich das Oberlandesgericht erkennbar jedenfalls auf den (BGHZ 239, 316 ff.). Danach differenziert das Gesetz in § 1684 BGB nicht zwischen verschiedenen Umgangsformen und umfasst der Begriff des Umgangs "grundsätzlich jedweden - auch lediglich flüchtigen, fernmündlichen, schriftlichen oder nonverbalen - Kontakt mit dem Kind" (BGHZ 239, 316 <322 Rn. 17>). Dies habe der Gesetzgeber (Verweis auf BTDrucks 13/4899, S. 104 f.) klargestellt, indem er von dem Begriff des "persönlichen Umgangs" Abstand genommen und auch niederschwellige Kontaktaufnahmen wie etwa Brief- oder Telefonkontakte in den Umgang im Sinne von § 1684 BGB einbezogen habe (vgl. BGHZ 239, 316 <322 Rn. 17>). Damit ergibt sich bereits aus dem angeordneten - nicht gesondert eingeschränkten - Umgangsausschluss vom , dass der Beschwerdeführerin während seiner Dauer jedwede Form der Kontaktaufnahme mit dem Kind untersagt war. Weiterer Konkretisierungen bedurfte es daher auch aus Gründen der Bestimmtheit im Sinne von Art. 103 Abs. 2 GG nicht, um der Beschwerdeführerin deutlich zu machen, welches Verhalten von ihr verlangt wurde. Aus dem Unterbleiben der Anordnung von Annäherungsverboten, wie sie das Familiengericht noch getroffen hatte, folgt zudem eindeutig erkennbar, dass der Beschwerdeführerin eine Annäherung etwa an die von ihrem Kind besuchte Kindertagesstätte oder die Wohnung des Vaters als solche nicht verboten war. Erst die Kontaktaufnahme war ihr durch den Umgangsausschluss untersagt.

283. Die Begründung der Verfassungsbeschwerde zeigt auch nicht substantiiert die Möglichkeit einer Verletzung der Beschwerdeführerin in ihrem Anspruch auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und ihrem grundrechtsgleichen Recht aus Art. 103 Abs. 1 GG auf. Für den über die fachrechtliche Anhörungsrüge der Beschwerdeführerin ist bereits nicht dargelegt, dass damit eine eigenständige Gehörsverletzung einhergehen könnte.

294. Mit der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung ist der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gegenstandslos geworden (§ 40 Abs. 3 GOBVerfG).

305. Von einer weitergehenden Begründung der Nichtannahme der Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG abgesehen.

31Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BVerfG:2025:rk20250113.1bvr145424

Fundstelle(n):
TAAAJ-87359