Unternehmereigenschaft von Landratsämtern sowie weitere umsatzsteuerliche Problemstellungen
Bezug: BStBl 2024 I S. 1320
Diese Verfügung ersetzt die Verfügung S 7107.2.1-23/20 St33 vom .
1. Stellung und Aufgaben von Landkreisen
1.1. Allgemeines zur rechtlichen Stellung von Landkreisen
Die Stellung von Landkreisen im politischen System und deren Aufgaben sind in der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (LKrO) beschrieben.
Die Landkreise sind Gebietskörperschaften mit dem Recht, überörtliche Angelegenheiten, deren Bedeutung über das Kreisgebiet nicht hinausgeht, im Rahmen der Gesetze zu ordnen und zu verwalten (Art. 1 LKrO).
Den Landkreisen steht die Erfüllung der auf das Kreisgebiet beschränkten öffentlichen Aufgaben zu, die über die Zuständigkeit oder das Leistungsvermögen der kreisangehörigen Gemeinden hinausgehen, soweit es sich nicht um Staatsaufgaben handelt. Die Aufgaben der Landkreise sind eigene oder übertragene Angelegenheiten (Art. 4 LKrO).
Das Landratsamt ist Kreisbehörde. Soweit es rein staatliche Aufgaben, insbesondere die staatliche Aufsicht über die kreisangehörigen Gemeinden und über sonstige Körperschaften, Stiftungen und Anstalten des öffentlichen Rechts wahrnimmt, ist es Staatsbehörde (Art. 37 LKrO).
1.2. Auswirkungen
Das Landratsamt hat eine Art Doppelstruktur, bestehend aus der Verwaltungsbehörde der kommunalen Gebietskörperschaft Landkreis (sog. „Kreisbehörde“) und der unteren staatlichen Verwaltungsbehörde, dem staatlichen Landratsamt (sog. „Kreisverwaltungsbehörde“). Die Erledigung der Aufgaben des Landkreises erfolgt durch das Landratsamt, je nachdem als eigene oder übertragene Angelegenheiten. Bei Erfüllung reiner Staatsaufgaben ist das Landratsamt als untere staatliche Verwaltungsbehörde tätig.
1.2.1. Eigener Wirkungskreis (Art. 5 LKrO)
Die Aufgaben des eigenen Wirkungskreises finden sich in Art. 51 BayLKrO; sie umfassen insbesondere das Schaffen öffentlicher Einrichtungen, die für das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlich sind, Maßnahmen auf den Gebieten der Straßenverwaltung, der Feuersicherheit, des Gesundheitswesens sowie der öffentlichen Fürsorge und Wohlfahrtspflege, Errichtung und Unterhalt von Krankenhäusern, Hebammenhilfe, Gartenkultur und Landespflege, etc.
Im eigenen Wirkungskreis unterliegen die Landkreise nur der Rechtsaufsicht.
1.2.2. Übertragener Wirkungskreis (Art. 6 LKrO)
Der Bereich der übertragenen Aufgaben umfasst die staatlichen Aufgaben, die das Gesetz den Landkreisen im eigenen Wirkungskreis zur Besorgung im Auftrag des Staates zuweist. Die auf diese Weise übertragenen staatlichen Verwaltungsaufgaben haben die Landkreise in ihrem Wirkungskreis zu erfüllen.
Dabei können die zuständigen Staatsbehörden Weisungen erteilen. Die Landkreise unterliegen hier der Rechts- und Fachaufsicht.
1.2.3. Staatsbehörde
Das Landratsamt ist grundsätzlich eine Kreisbehörde, es sei denn, es nimmt rein staatliche Aufgaben wahr, in diesen Fällen ist es Staatsbehörde. Die Aufgabendelegation auf die Landkreisverwaltung erfolgt per Einzelgesetz (Art. 37 LKrO). Weitere staatliche Aufgaben des Landratsamtes sind in den jeweiligen Fachgesetzen und den dazu erlassenen Zuständigkeitsverordnungen geregelt. Die Bandbreite dieser Aufgaben reicht, insbesondere von den Rechtsgebieten der öffentlichen Sicherheit und Ordnung, Gewerberecht, Jagd- und Fischereirecht, Natur- und Umweltschutz, Zulassung, Ausländerwesen, Jugendschutz, Auskünfte aus Kaufpreissammlungen, Baurecht, Denkmalschutz bis hin zu Gesundheitswesen und Veterinärwesen. Das Landratsamt als Staatsbehörde ist lediglich Funktionsträger im Staatsaufbau und damit „nur“ eine Behörde innerhalb der staatlichen Behördenhierarchie der juristischen Person „Freistaat Bayern“. In dieser Funktion unterliegt sie sowohl der Rechts- und Fachaufsicht als auch der Dienstaufsicht.
2. Auswirkungen der Doppelstruktur auf die Unternehmereigenschaft
Im Rahmen des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises handelt das Landratsamt als Kreisbehörde. Unternehmer im Sinne von § 2 bzw. 2b UStG ist für die Aufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises der Landkreis.
Wird das Landratsamt hingegen als Staatsbehörde tätig, so ist der Freistaat Bayern – vertreten durch das jeweilige Landratsamt – unternehmerisch tätig im Sinne von § 2 bzw. 2b UStG.
Den Landkreisen stehen Finanzzuweisungen als Ersatz des Verwaltungsaufwands für die Aufgaben des jeweils übertragenen Wirkungskreises und für die Staatsbehörde Landratsamt (Art. 53 Abs. 2 LKrO bzw. Art. 7 und Art. 9 Bayerisches Finanzausgleichsgesetz (BayFAG)) zu.
Die Finanzzuweisungen umfassen zum Beispiel:
das gesamte Aufkommen der vom Landratsamt als Staatsbehörde festgesetzten Kosten (Gebühren und Auslagen) sowie erhobene Verwarnungsgelder und Geldbußen
die von den staatlichen Gesundheits- und Veterinärämtern festgesetzten Benutzungsgebühren
pauschale Zuweisungen je Einwohner und Haushaltsjahr
Sowohl die Finanzzuweisungen für die Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises als auch der Ersatz des Verwaltungsaufwands für die Staatsbehörde sowie sonstige hierfür überlassene Aufkommen unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
Buchhalterische Verrechnungen (z. B. bei der Nutzung des kreiseigenen Fuhrparks durch die Staatsbehörde, Inanspruchnahme der Druckerei oder der Verrechnung von Porto) innerhalb des Kreishaushalts zwischen dem staatlichen und dem kommunalen Bereich lösen keine Umsatzsteuer aus.
Nicht finanziell auszugleichende Personalzuweisungen zwischen dem staatlichen und dem kommunalen Bereich unterliegen mangels Entgelt regelmäßig nicht der Umsatzsteuer (z. B. kommunale Beamte werden zur Bewältigung der Covid-19-Krise im staatlichen Gesundheitsamt eingesetzt).
Dagegen können Leistungen zwischen staatlichem und kommunalen Bereich, die zu Verrechnungen zwischen dem staatlichen und dem kommunalen Haushalt führen, der Umsatzsteuer unterliegen.
3. Weitere Auswirkungen
3.1. Steuerliche Erfassung
Das Landratsamt ist sowohl in seiner Eigenschaft als Kreisbehörde (Steuerpflichtiger ist der Landkreis) als auch als Staatsbehörde (Steuerpflichtiger ist der Freistaat Bayern) steuerlich zu erfassen. Das Landratsamt benötigt daher zwei Steuernummern [1] und muss bei Vorliegen einer unternehmerischen Tätigkeit für beide Bereiche Umsatzsteuervoranmeldungen bzw. eine Jahreserklärung abgeben.
3.1.1. Besonderheiten bezüglich der Erfassung als Staatsbehörde
Die Abgabe einer einheitlichen Umsatzsteuererklärung für durch das gesamte Handeln seiner Organe bewirkten steuerbaren Umsätze wäre für den Freistaat Bayern mit erheblichen praktischen und rechtlichen Schwierigkeiten verbunden. Daher wird zur Verwaltungsvereinfachung und im Interesse der Rechtssicherheit für die Umsatzbesteuerung von Bund und Ländern als Regelfall die Wahrnehmung aller Rechte und Pflichten durch deren einzelnen Organisationseinheiten vorgesehen.
§ 18 Abs. 4f UStG sieht vor, dass jede Organisationseinheit des Freistaats Bayern durch ihr Handeln eine Erklärungspflicht begründet. Der Organisationseinheit unterliegen dabei alle steuerlichen Rechte und Pflichten.
Im Ergebnis muss, sofern nicht der Fall des § 18 Abs. 4f Satz 5 UStG eintritt, jedes Landratsamt als Vertreter des Freistaats Bayern eine eigene Umsatzsteuererklärung für den staatlichen Bereich abgeben. Zulässig ist nach § 18 Abs. 4f Satz 4 UStG, dass untergeordnete Organisationseinheiten (= innerhalb einer Behörde gebildete Einheit) eigenständige Steuererklärungen abgeben.
In einem Landratsamt (= Organisationseinheit) werden sowohl in der Kfz-Zulassungsstelle als auch vom Gutachterausschuss Einnahmen erzielt, die der Umsatzsteuer unterliegen.
Lösung
Das Landratsamt kann als Vertreter des Freistaats Bayern eine einheitliche Umsatzsteuererklärung abgegeben. Zulässig ist es jedoch auch, dass zwei gesonderte Umsatzsteuerklärungen abgegeben werden.
3.1.2. Folgen der dezentralen Erfassung
Die einzelnen Organisationseinheiten des Freistaats Bayern dürfen durch das gesonderte Veranlagungsverfahren nicht bessergestellt werden, als sie es bei einer einheitlichen Veranlagung des Freistaats Bayern wären.
Es ist daher auf Folgendes zu achten:
Abrechnungen zwischen getrennt veranlagten Organisationseinheiten (des Freistaats Bayern) stellen nicht steuerbare Innenumsätze dar; ggf. ist eine Korrektur des Vorsteuerabzugs vorzunehmen.
Umsatzsteuer-Voranmeldungen sind regelmäßig monatlich abzugeben, da davon ausgegangen wird, dass die Grenzwerte des § 18 Abs. 2 Satz 2 UStG überschritten werden.
Die Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG kann auf die einzelne Organisationseinheit nicht angewendet werden, auch wenn die jährliche Umsatzgrenze nach § 19 Abs. 1 UStG von dieser nicht überschritten wird.
Eine Besteuerung nach vereinnahmten Entgelten (§ 20 UStG) ist unter den Voraussetzungen des § 20 Satz 1 Nr. 4 UStG zulässig; die Grenze nach § 20 Satz 1 Nr. 1 UStG gilt als überschritten.
Die Dauerfristverlängerung ist kein Wahlrecht im Sinne von § 18 Absatz 4f Satz 7 UStG und kann unabhängig von den anderen staatlichen Organisationseinheiten gewährt werden.
Die Geringfügigkeitsgrenze in § 2b Abs. 2 Nr. 1 UStG gilt als überschritten.
Gemäß Art. 53 Abs. 2 LKrO stellen die Landkreise die erforderlichen Einrichtungen zur Erledigung der staatlichen Aufgaben zur Verfügung. Sofern ausnahmsweise der Freistaat Bayern das Eigentum erwirbt gilt für grenzüberschreitende Sachverhalte Folgendes:
Die einzelnen Organisationseinheiten sind für innergemeinschaftliche Erwerbe als (eigenständige) Steuerpflichtige zu behandeln, wobei davon ausgegangen wird, dass die Erwerbsschwelle (§ 1a Abs. 3 Nr. 2 UStG) überschritten ist.
Zusammenfassende Meldungen für innergemeinschaftliche Lieferungen sind monatlich abzugeben, da die Grenze in § 18a Absatz 1 Satz 2 UStG als überschritten gilt.
Die in § 3c (innergemeinschaftlicher Fernverkauf) und § 3a Abs. 5 (sonstigen Leistungen auf dem Gebiet der Telekommunikation, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen; auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen) genannten Grenzen gelten als überschritten.
Die einzelnen Organisationseinheiten können eine USt-IdNr. erhalten (Abschn. 27a.1 Abs. 3 Satz 4 ff. UStAE).
Eine Anmeldung und Abführung der Umsatzsteuer über die Staatsoberkasse ist ab dem nicht mehr möglich. Zuständig für eine zutreffende Besteuerung ist dann jede einzelne Organisationseinheit.
4. Einzelne Tätigkeiten
Die folgende Aufzählung ist nur beispielhaft und schließt nicht aus, dass auch andere Tätigkeiten der Umsatzsteuer unterliegen.
4.1. Gutachterausschuss (§ 192ff BauGB, BayGAV)
Der Gutachterausschuss ist ein selbstständiges und unabhängiges Kollegialorgan, das keinerlei Weisungen unterworfen ist. Gutachterausschüsse sind außerhalb der Behördenhierarchie angesiedelt, um die in § 192 BauGB festgeschriebene Unabhängigkeit zu gewährleisten. Sie werden jeweils für den Geltungsbereich eines Landkreises oder einer kreisfreien Stadt gebildet.
Im Rahmen der Erstellung der Bodenrichtwerte und der Führung der Kaufpreissammlung (§ 193 Abs. 5 BauGB) nimmt der Gutachterausschuss eine Tätigkeit wahr, die von einem privaten Rechtsträger nicht ausgeführt werden könnte. Die erforderlichen Unterlagen (Notarurkunden etc.) werden nur den Gutachterausschüssen zugeleitet, so dass faktisch eine Monopolstellung besteht. Dies umfasst damit auch die aus der Kaufpreissammlung abgeleiteten wertermittlungsrelevanten Daten, die üblicherweise in Immobilienmarktberichten zur Verfügung gestellt werden, amtliche Bodenrichtwertauskünfte und Auskünfte aus der Kaufpreissammlung. Selbiges gilt für Gutachten nach § 107 BauGB.
Die hieraus erzielten Umsätze unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
Im Rahmen der Erstellung von Verkehrswert- und Entschädigungsgutachten (§ 193 Abs. 1 und 2 BauGB) wird der Gutachterausschuss hingegen, wie bereits bislang bei Annahme eines Betriebs gewerblicher Art, unternehmerisch tätig und tritt in Wettbewerb zu privaten Rechtsträgern. Die hieraus erzielten Umsätze unterliegen der Umsatzsteuer.
Umsatzsteuerlich sind die Umsätze dem staatlichen Bereich zuzurechnen.
4.2. Jobcenter
Die Bundesagentur für Arbeit und die Landkreise/ kreisfreien Städte sind Träger der Grundsicherung für Arbeitssuchende (§ 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II).
Unter die Bezeichnung Jobcenter fallen sowohl die gemeinsamen Einrichtungen zwischen der Bundesagentur für Arbeit einerseits und den kommunalen Trägern (Landkreise und kreisfreie Städte) andererseits als auch die nach § 6a SGB II zugelassenen kommunalen Träger.
4.2.1. Gemeinsame Einrichtungen (§ 44b Abs. 1 SGB II)
Zur einheitlichen Durchführung der Grundsicherung bilden die beiden Träger vielerorts eine gemeinsame Einrichtung.
Die gemeinsame Einrichtung wird als eine „Mischbehörde aus Bundes- und Landesbehörde“ bezeichnet und nimmt ausschließlich die Aufgaben der Träger nach dem SGB II wahr. Die Jobcenter als gemeinsame Einrichtungen haben keine eigenen Mitarbeiter, sondern greifen auf die Mitarbeiter der Bundesagentur für Arbeit sowie der kreisfreien Städte/Landkreise zurück. Die Landkreise weisen die Beschäftigten der gemeinsamen Einrichtung zu (§ 44b Abs. 1 und § 44g SGB II). In aller Regel stellen die Kommunen den größeren Anteil an Arbeitnehmern (Beamte oder Tarif-Beschäftigte) und erhalten regelmäßig Erstattungen für die Kosten (Personal- und Sachleistungen). Der kommunale Finanzierungsanteil an den Gesamtverwaltungskosten beträgt rd. 15 % (§ 46 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Die Abrechnung der Kosten erfolgt in der Regel auf der Grundlage eines öffentlich-rechtlichen Vertrags zwischen dem Landkreis und dem Jobcenter (gemeinsame Einrichtung).
§ 4 Nr. 15 UStG befreit die Umsätze der gesetzlichen Träger der Sozialversicherung, der gesetzlichen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II sowie der gemeinsamen Einrichtungen nach § 44b Abs. 1 SGB II untereinander.
Die dem Landkreis zufließenden Einnahmen sind somit aufgrund § 4 Nr. 15 i.V.m. § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht steuerbar und auch nicht erklärungspflichtig.
4.2.2. Zugelassene kommunale Träger (§ 6a SGB II)
Zugelassene kommunale Träger (auch Optionskommunen genannt) nehmen die Aufgaben der Bundesagentür für Arbeit nach dem SGB II in eigener Zuständigkeit wahr. Sie sind somit originärer und alleiniger Aufgabenträger (§ 6b Absatz 1 SGB II).
Der Bund trägt die Aufwendungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende einschließlich der Verwaltungskosten mit Ausnahme der Aufwendungen für Aufgaben nach § 6 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 SGB II.
Die den zugelassenen kommunalen Trägern zufließenden Mittel unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
4.2.3. Pflegestützpunkte (§ 7c SGB XI)
Gemäß § 7c Abs. 1 und Abs. 6 SGB XI sind zur wohnortnahen Beratung, Versorgung und Betreuung der Versicherten Pflegestützpunkte einzurichten. Die Aufgaben der Pflegestützpunkte sind in § 1 und § 4 des „Rahmenvertrags zur Arbeit und zur Finanzierung der Pflegestützpunkte nach § 7c Abs. 6 SGB XI in Bayern“ angeführt.
Im Rahmenvertrag zwischen den Kranken- und Pflegekassen sowie den Bayer. Bezirks-, Landkreis-, Städte- und Gemeindetagen ist festgelegt, dass die Träger der Hilfe zur Pflege/Altenhilfe Betriebsträger der Pflegestützpunkte sind („Angestelltenmodell“).
Die Kosten für den Pflegestützpunkt sind anteilig von den Pflege- und Krankenkassen, sowie den Trägern der Hilfe zur Pflege/Altenhilfe zu tragen.
Die dem Landratsamt als Betriebsträger von den Kranken- und Pflegekassen zufließenden Erstattungen stehen nicht im Wettbewerb und unterliegen demnach nicht der Umsatzsteuer (§ 2b Abs. 1 Satz 2 UStG).
4.3. Beglaubigungen, Beurkundungen und eidesstaatliche Versicherungen
Umsätze aus der Ausstellung von Beglaubigungen und Beurkundungen sind grundsätzlich nicht der öffentlichen Hand vorbehalten (Wettbewerb mit Notaren) und unterliegen grundsätzlich der Umsatzsteuer.
Ebenso verhält es sich mit der Aufnahme eidesstattlicher Versicherungen (Art. 27 Abs. 2 ff BayVwVfG), nicht jedoch mit der Abnahme eidesstattlicher Versicherungen (Art. 27 Abs. 1 BayVwVfG), da diese im Regelfall der öffentlichen Hand eigentümlich und vorbehalten sind. Nur in Bereichen, in denen Notare kraft Gesetzes ausdrücklich auch als zur Abnahme berechtigt erklärt werden (z. B. in § 22 Abs. 1 BNotO und § 352 Abs. 3 S. 3 FamFG) unterliegen auch diese Umsätze der Umsatzsteuer.
4.4. Umsätze innerhalb der KFZ-Zulassungsbehörde/Führerscheinbehörde
Die Ausgabe von Feinstaubplaketten sowie weiterer Plaketten (z. B. Prüfplaketten i.S.v. § 29 Abs. 2 Satz 2 StVZO nach abgenommener Hauptuntersuchung, E-Plakette i.S.v. § 11 Abs. 4 FZV) ist grundsätzlich, wie bereits bisher bei Annahme eines Betriebs gewerblicher Art, eine unternehmerische Tätigkeit.
Dies gilt nicht, wenn die Ausgabe der Plaketten der öffentlichen Hand vorbehalten ist (z. B. Prüfplaketten im Rahmen einer Fahrzeugan-/ummeldung oder der Nachstempelung beim Ersatz unbrauchbar gewordener Kennzeichen, Stempelplakette i.S.v. § 12 Abs. 3 FZV).
Die Gebühr für die Reservierung von Wunschkennzeichen unterliegt wie die Gebühr für die Kfz-Zulassung nicht der Umsatzsteuer.
Auch die Gebühr zur Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung nach § 5 StVG ist nicht umsatzsteuerbar.
Die vorgenannten Umsätze sind dem staatlichen Teil des Landratsamts zuzurechnen.
Die Umsätze aus dem Verkauf von Alt-Kennzeichen sind unternehmerisch, fallen jedoch unter § 13b Abs. 2 Nr. 7 i. V. m. Abs. 5 S. 1 UStG. Sie sind der Kreisbehörde zuzurechnen.
4.5. Brandschutznachweise/Schnurgerüstabnahme
Die Prüfung von Brandschutznachweisen (Art. 62b BayBO) ist nicht der öffentlichen Hand vorbehalten, so dass die hieraus erzielten Umsätze der Umsatzsteuer unterliegen.
Die Umsätze sind dem staatlichen Teil zuzurechnen.
Schnurgerüstabnahmen nach Art. 68 BayBO unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
4.6. Kommunale Behördennetze
Der Betrieb kommunaler Behördennetze, die den kreisangehörigen Gemeinden einen Zugang zum Bayerischen Behördennetz ermöglichen, unterliegt nicht der Umsatzsteuer.
4.7. Kommunale Medienzentren
Die Landkreise und die kreisfreien Städte haben die Aufgabe, Kreis- und Stadtbildstellen (kommunale Medienzentren) zu errichten und zu unterhalten, die Schulen und die Träger außerschulischer Bildungs- und Erziehungsarbeit mit Medien zu versorgen und die damit zusammenhängenden pädagogischen Aufgaben zu erfüllen (Art. 79 BayEUG).
Insbesondere entgeltliche Umsätze auf Basis einer Gebührensatzung an öffentliche Schulen anderer Schulträger sind nach § 2b Abs. 2 Nr. 2 UStG nicht steuerbar.
4.8. Gebühren für digitale Lichtbilder im Rahmen der Beantragung von Aufenthaltstiteln
Ab dem ist in den PAuswGebV, PassV und AufenthV vorgesehen, dass sich die Gebühr für ein zentral produziertes Dokument (Personalausweis, Reisepass, elektronischer Aufenthaltstitel, Reiseausweis für Ausländer, Reiseausweis für Flüchtlinge und Reiseausweis für Staatenlose) je um 6 Euro erhöht, wenn das verwendete Lichtbild in der Behörde erstellt wurde. Dies gilt unabhängig davon, wer Hersteller (z. B. PointID-System der Bundesdruckerei GmbH) des Lichtbild-Aufnahmesystems ist.
Die (Weiter-)Berechnung der Kosten für das Lichtbild stellt regelmäßig eine Nebenleistung zur (hoheitlichen) Hauptleistung dar.
5. Ausstellung von Rechnungen
Die Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung ergeben sich aus den §§ 14, 14a UStG sowie §§ 31 bis 34a UStDV. In der Rechnung sind u.a. der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers jeweils vollständig anzugeben.
Bei janusköpfigen Einrichtungen, die für verschiedene umsatzsteuerliche Unternehmen tätig sein können, ist zusätzlich anzugeben, für welches umsatzsteuerliche Unternehmen die betreffende Einrichtung die Leistung erbringt oder empfängt.
Ausreichend ist es zum Beispiel, wenn im Briefkopf „Landratsamt XXX“ und die jeweilige USt-IdNr. genannt sind.
Aktueller Hinweis: Seit gilt für innerdeutsche Umsätze zwischen zwei Unternehmern (sog. B2B-Umsätze) grundsätzlich die Pflicht zur Ausstellung einer elektronischen Rechnung, was für die Rechnungsangaben aber keine Änderungen nach sich zieht. Für die Ausstellung von E-Rechnungen gelten über § 27 Abs. 38 UStG großzügige Ausnahmeregelungen [2]. Keine Ausnahmeregelungen gelten für den Empfang von E-Rechnungen, d. h. die Empfangsbereitschaft ist zum sicherzustellen. Dies ist bereits durch ein E-Mail-Postfach, mit dem E-Rechnungen empfangen werden können, sichergestellt. Zum hat BMF in Abstimmung mit den Ländern ein umfassendes Einführungsschreiben erlassen [3].
6. Besteuerungsart
Im kommunalen Teil findet grundsätzlich die Soll-Besteuerung Anwendung. Unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 4 (jPöR, die keine Bücher führen) UStG ist auf Antrag die Ist-Besteuerung möglich.
Im staatlichen Teil findet die Ist-Besteuerung nur unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 4 UStG Anwendung.
7. Vorsteuer
7.1. Grundsätzliches
Bezüglich des Vorsteuerabzugs wird auf das (Vorsteuerabzug bei unternehmerisch tätigen juristischen Personen des öffentlichen Rechts) hingewiesen.
7.2. Besonderheiten
7.2.1. Eingangsleistung bei der Kreisbehörde, Umsatz bei der Staatsbehörde
Bezieht das Landratsamt in seiner Eigenschaft als Kreisbehörde Eingangsleistungen, die mit steuerpflichtigen Umsätzen im staatlichen Bereich zusammenhängen (Art 53 Abs. 2 LKrO), ist ein Vorsteuerabzug sowohl bei der Kreisbehörde (kein Ausgangsumsatz) als auch der Staatsbehörde (kein Eingangsumsatz) ausgeschlossen.
7.2.2. Vorsteuerabzug aus Vorleistungen des steuerpflichtigen Altpapierverkaufs
Der Erlös aus der Verwertung des Altpapiers und die Mitbenutzungsentgelte der dualen Systeme unterliegen im Anwendungszeitraum des § 2b UStG der Umsatzsteuer. Gleichzeitig werden die für den Bereich der Abfallentsorgung erhobenen Gebühren, soweit sie auf eine Vorbehaltsaufgabe entfallen, nicht der Umsatzsteuer unterworfen (§§ 17, 20 KrWG, § 2b Absatz 1 Satz 2 UStG).
Bezüglich des Vorsteuerabzugs aus Eingangsleistungen, die mit der Entsorgung des Altpapiers in Zusammenhang stehen, kann wie folgt verfahren werden:
a. Die Abfallsatzung sieht eine kostenlose Entsorgung des Altpapiers vor
Die Eingangsleistungen (z. B. Sammeln, Transport, Miete der grünen Tonne etc.) stehen in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen (Verwertungserlöse und Mitbenutzungsentgelte der dualen Systeme). Der Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen ist in voller Höhe möglich.
b. Die Abfallsatzung sieht keine gesonderte Gebühr für die Entsorgung des Altpapiers vor
Die Eingangsleistungen (z. B. Sammeln, Transport, Miete der grünen Tonne etc.) stehen in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen (Verwertungserlöse und Mitbenutzungsentgelte der dualen Systeme), wenn die Einnahmen aus der Entsorgung des Altpapiers die entsprechenden Ausgaben übersteigen (hierbei bietet sich eine jahresbezogene Betrachtungsweise an).
Die Abfallsatzung eines Landkreises sieht vor, dass sich die Gebühr für die Abfallentsorgung im Bring-und Holsystem nach der Zahl und dem Fassungsvermögen der Restmüllbehälter und der Zahl der Abfuhren bzw. nach der Zahl der Restmüllsäcke bestimmt. Darin enthalten ist die Entsorgung von Papier über die Papiertonne mit einem Volumen von 40 l pro gemeldeter Person auf dem anschlusspflichtigen Grundstück, die Nutzung der Wertstoffhöfe, die Abholung von Sperrmüll, Kühlgeräten und Altreifen, die Entsorgung von Problemmüll über das Umweltmobil, sowie die private Anlieferung von Grüngut. Die Vermarktungserlöse betragen 500.000 €, die Mitbenutzungsentgelte 300.000 € (gesamt 800.000 €). Die Ausgaben für den Altpapierbereich (Sammeln, Transport, Miete der grünen Tonne etc.) betragen 700.000 €.
Die Eingangsleistungen stehen in einem ausschließlichen und unmittelbaren Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen. Eine Finanzierung über nicht steuerbare Gebühren ist aufgrund der Kostendeckung aus den steuerpflichtigen Einnahmen nicht anzunehmen. Der Vorsteuerabzug ist in voller Höhe möglich.
Sofern die Ausgaben für den Altpapierbereich die steuerpflichtigen Einnahmen übersteigen, besteht mangels entsprechender Kostendeckung kein ausschließlicher Zusammenhang mit steuerpflichtigen Einnahmen, da davon auszugehen ist, dass die Kosten für die Altpapierentsorgung durch die (nicht steuerbaren) Abfallgebühren mitfinanziert werden. Die Eingangsleistungen gehen dann anteilig auch in nicht steuerbare Abfallgebühren ein. In diesem Fall ist eine Vorsteueraufteilung in analoger Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den gesamten Einnahmen des Altpapierbereichs vorzunehmen.
Die Vermarktungserlöse betragen 500.000 €, die Mitbenutzungsentgelte 300.000 € (gesamt 800.000 €). Die Ausgaben für den Altpapierbereich (Sammeln, Transport, Miete der grünen Tonne etc.) betragen 900.000 €.
In diesem Fall ist davon auszugehen, dass die Altpapierentsorgung in Höhe von 100.000 € durch (nicht steuerbare) Abfallgebühren mitfinanziert wird. Die Eingangsleistungen stehen in einem Zusammenhang mit steuerpflichtigen Umsätzen sowie nicht steuerbaren Abfallgebühren. Ein Vorsteuerabzug ist in Höhe von 88,88 % (Verhältnis 800.000 €/ 900.000 €) der Eingangsleistungen möglich.
c. Die Abfallsatzung sieht eine gesonderte Gebühr für die Entsorgung des Altpapiers vor
Die Eingangsleistungen gehen anteilig in steuerpflichtige Einnahmen sowie nicht steuerbare Abfallgebühren ein. In diesem Fall ist eine Vorsteueraufteilung in analoger Anwendung von § 15 Abs. 4 UStG nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen zu den gesamten Einnahmen des Altpapierbereichs vorzunehmen.
8. Örtliche Zuständigkeit
Nach § 21 AO ist für den kommunalen Bereich das „lokale“ Finanzamt zuständig.
Darüber hinaus wird hiermit gemäß § 18 Abs. 4g Satz 1 UStG angeordnet, dass das für den kommunalen Bereich zuständige (lokale) Finanzamt abweichend von § 21 AO auch für den staatlichen Bereich des Landratsamts zuständig ist.
9. Zeitliche Anwendung
Bezüglich des staatlichen Teils gelten o.g. Grundsätze zur umsatzsteuerlichen Beurteilung der Leistungen ab dem . Bezüglich des kommunalen Teils gelten die o.g. Grundsätze ab dem Zeitpunkt, ab dem das Landratsamt § 2b UStG anwendet.
Bis zum wird es von der Finanzverwaltung nicht beanstandet, wenn von einem Steuerpflichtigen ausgegangen bzw. die Umsatzsteuer entgegen obiger Ausführungen beim anderen Rechtsträger erklärt wird.
Bayerisches Landesamt für
Steuern v. - S 7107.2.1-23/26 St33
Fundstelle(n):
AAAAJ-87121
1Sofern im staatlichen Bereich mehrere Organisationseinheiten gebildet werden, sind weitere Steuernummern notwendig.
2Für alle Unternehmen bis Papierrechnung oder – mit Zustimmung des Empfängers – nicht CEN 16931 konforme elektronische Rechnungen zulässig;
- für Kleinunternehmen (Vorjahresumsatz < 800.000 EUR) bis Papierrechnung oder – mit Zustimmung des Empfängers – nicht CEN 16931 konforme elektronische Rechnungen zulässig;
- Für alle Unternehmen bis mit Zustimmung des Empfängers nicht CEN 16931 konforme EDI-Rechnungen zulässig.
3 :007, DOK 2024/0883282