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BGH Beschluss v. - VIII ZR 213/23

Instanzenzug: Az: I-2 U 163/22vorgehend Az: 10 O 14/19

Gründe

I.

1Die Klägerin ist ein in Deutschland ansässiges Pharmaunternehmen, welches dort unter anderem pharmazeutische Produkte verkauft. Die Beklagte ist eine in der Schweiz ansässige Arzneimittelfirma.

2Die Parteien schlossen am für das Vertragsgebiet Deutschland eine Lizenz- und Liefervereinbarung über das Produkt "C.                             Filmtabletten". Der Vertrag enthielt neben der Wahl des "materiellen Recht[s] der Schweiz" unter Ziffer 15.6.2 folgende Vereinbarung: "Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten oder Ansprüche aus oder in Verbindung mit diesem Vertrag sowie Vertragsverletzungen, Kündigungen oder die Ungültigkeit seiner Bestimmungen sind den zuständigen Gerichten in Zürich (Schweiz) vorzulegen."

3Im Nachgang zu von der Klägerin im November 2016 gerügten Mängeln an dem gelieferten Produkt (fehlende Braille auf den Verpackungen, nicht zulassungskonformes Haltbarkeitsdatum von drei Jahren anstelle von zwei Jahren, Falschbezeichnung des Produkts) erhob die Beklagte im Jahr 2017 gegen die Klägerin beim Handelsgericht in Zürich Klage auf Zahlung von rund 130.000 €. Da die Parteien in einer Vergleichsverhandlung vor dem dortigen Instruktionsrichter keine Einigung erzielen konnten, beantragten sie zwecks außergerichtlicher Weiterführung der Vergleichsgespräche die informelle "Sistierung" des Verfahrens.

4Die außergerichtlichen Vergleichsverhandlungen führten dazu, dass die Parteien unter dem 29. Juni/ mit dem Ziel, die Klägerin in die Lage zu versetzen, das Produkt in Deutschland zu vertreiben, eine Vereinbarung schlossen, in der sich die Klägerin zur Zahlung eines Betrags in Höhe von insgesamt 64.000 € in drei Raten verpflichtete.

5Ziffer 15 dieser Vereinbarung lautet wie folgt: "Es ist schweizerisches Recht anwendbar, unter Ausschluss des Wiener Kaufrechts (WKF). Ausschließlicher Gerichtsstand und Erfüllungsort ist Zürich, Schweiz."

6Noch am zahlte die Klägerin vereinbarungsgemäß die erste Rate in Höhe von 21.400 € an die Beklagte. Die Beklagte reichte sodann die von den Parteien jeweils auf separaten Exemplaren unterzeichnete Vereinbarung vom 29. Juni/ - wie in deren Ziffer 9 vorgesehen - bei dem Handelsgericht Zürich ein. Dort wurde das Verfahren in der Folge - wie von den Parteien beantragt - gemäß Art. 241 ZPO (Schweiz) "als erledigt abgeschrieben".

7Spätestens am rief die Beklagte alle am Markt befindlichen Chargen der Filmtabletten C.                      zurück und führte zur Begründung aus: "Im Rahmen einer periodischen Überprüfung von Stabilitätsmustern zeigte sich ein diskreter Abbau des Wirkstoffs, der nunmehr unterhalb der Spezifikationsgrenzen liegt. Die Arzneimittelfreisetzung erfolgt verzögert und liegt ebenfalls unterhalb der Spezifikationsgrenzen. […]".

8Bereits im Jahr 2017 hatte - wie der Beklagten bekannt war - die britische "Medicines and Healthcare Products Regulatory Agency" der indischen Herstellerfirma des Produkts das "Certificate of Good Manufactoring Practices (GMP)" entzogen, wobei die von dem Rückruf betroffenen Chargen bereits vorher produziert und freigegeben waren. Ende 2017 hatte die Beklagte die Zusammenarbeit mit der indischen Herstellerfirma beendet.

9Die Klägerin konnte die von der Beklagten erworbenen C.         -Tabletten nicht verkaufen.

10Mit Klageschrift vom hat die Klägerin - gestützt auf Bereicherungsrecht sowie deliktsrechtliche Anspruchsgrundlagen (§ 823 Abs. 2 BGB iVm § 263 Abs. 1 StGB, § 826 BGB) - gegen die Beklagte Klage auf Zahlung von 21.400 € nebst Zinsen vor dem Landgericht Dortmund erhoben und zugleich die Anfechtung der Vereinbarung vom 29. Juni/ wegen arglistiger Täuschung erklärt. Sie hat behauptet, die Beklagte habe schon bei Abschluss der Vergleichsvereinbarung Kenntnis von den Mängeln des Produkts C.          gehabt und gewusst, dass ein Verkauf und Vertrieb des Produkts durch die Klägerin nicht mehr möglich sein würde. Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei sowohl nach Treu und Glauben als auch aus dem durch besonderes Vertrauen geprägten Dauerschuldverhältnis des Lizenz- und Liefervertrags verpflichtet gewesen, sie über die Umstände, die zum Rückruf des Produkts geführt hätten, aufzuklären.

11Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts gerügt.

12Das Landgericht hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit deutscher Gerichte abgewiesen und sich dabei auf die in der Vergleichsvereinbarung vom 29. Juni/ enthaltene Gerichtsstandsvereinbarung gestützt. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen.

13Dabei hat es dahinstehen lassen, ob der Zuständigkeit deutscher Gerichte bereits die in dem Vergleich vom 29. Juni/ enthaltene Vereinbarung der ausschließlichen Zuständigkeit schweizerischer Gerichte entgegensteht, weil es davon ausgegangen ist, dass sich eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte im vorliegenden Fall allenfalls aus dem Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 LugÜ II ergeben könnte, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Zwar seien vorliegend Ansprüche aus einer unerlaubten Handlung im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LugÜ II verfahrensgegenständlich. Der Ort des schädigenden Ereignisses im Sinne dieser Vorschrift - welcher sowohl den Handlungs- als auch den Erfolgsort umfasse - liege indes nicht im Bezirk des Landgerichts Dortmund.

14Dies gelte zunächst für den Erfolgsort. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union sei Erfolgsort der Ort, an welchem aus einem Ereignis, das für die Auslösung einer Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung oder wegen einer gleichgestellten Handlung in Betracht komme, ein Schaden entstanden sei. Gemeint sei damit der Ort, an dem sich der durch das Ereignis verursachte Schaden konkret zeige. Ausgehend hiervon könne zwar der Erfolgsort im vorgenannten Sinne grundsätzlich in Deutschland am Sitz der Klägerin in L.        liegen, weil nach ihrem Vorbringen der Vermögensschaden, den sie mit der Klage ersetzt verlange, an ihrem in Deutschland gelegenen Vermögen eingetreten sei, von dem sie eine Zahlung in Höhe der Klageforderung an die Beklagte vorgenommen habe.

15Bestehe jedoch der Schaden ausschließlich in einem finanziellen Verlust, der sich auf dem Bankkonto des Klägers verwirkliche und der die unmittelbare Folge eines unerlaubten Verhaltens sei, das sich in einem anderen Mitgliedstaat ereignet habe, könne der Ort, an dem der Schaden eingetreten sei, nicht als zuständigkeitsbegründend angesehen werden (; "anders wohl" ). Ausgehend von den Grundsätzen, die der Gerichtshof in dem genannten Urteil aufgestellt habe, liege der Erfolgsort im Streitfall nicht im Zuständigkeitsbereich des Landgerichts Dortmund. Denn die Vergleichsvereinbarung vom 29. Juni/, welche die Klägerin ihrem Vorbringen nach ohne das schuldhafte Verhalten der Beklagten nicht hätte schließen wollen, sei nicht nur in Zürich ausgehandelt, sondern dort auch unterzeichnet worden, so dass der Schaden der Klägerin schon in der Schweiz durch die Belastung mit der sich aus der Vergleichsvereinbarung ergebenden Zahlungsverpflichtung entstanden sei und nicht erst mit Zahlung der ersten nach der Vergleichsvereinbarung geschuldeten Rate.

16Auch der Handlungsort als der Ort, an dem die schadensbegründende Handlung vorgenommen worden sei, liege nicht in Deutschland und insbesondere nicht im Bezirk des Landgerichts Dortmund, sondern in der Schweiz. Dort seien zunächst vor Gericht und sodann außergerichtlich die Vergleichsgespräche geführt worden, die letztlich - ebenfalls in der Schweiz - zum Abschluss der Vergleichsvereinbarung vom 29. Juni/ geführt hätten und in deren Rahmen nach der Behauptung der Klägerin die Beklagte schuldhaft ihr bekannte und für die Entscheidung der Klägerin über den Abschluss der Vereinbarung relevante Umstände nicht offenbart haben solle.

17Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.

II.

181. Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung und es ist auch keiner der weiteren in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Revisionszulassungsgründe gegeben.

19a) Das Berufungsgericht hat die Revision wegen Grundsatzbedeutung hinsichtlich der Frage zugelassen, ob der Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am (ABl. 2009 L 147 S. 5; im Folgenden LugÜ II) am Ort der Minderung des Kontoguthabens begründet sein kann.

20aa) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, das heißt allgemein von Bedeutung ist (st. Rspr.; vgl. nur BVerfG, ZIP 2016, 1721 Rn. 34; BGH, Beschlüsse vom - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 291; vom - II ZR 54/09, NZG 2010, 625 Rn. 3; vom - VIII ZR 315/19, NJW 2020, 3312 Rn. 9; vom - VIII ZR 59/20, NJW-RR 2020, 1275 Rn. 9; vom - VIII ZR 316/19, juris Rn. 7; vom - VIII ZR 81/20, juris Rn. 14). Klärungsbedürftig sind danach solche entscheidungserheblichen Fragen, deren Beantwortung zweifelhaft ist oder zu denen unterschiedliche Auffassungen vertreten werden und die noch nicht oder nicht hinreichend höchstrichterlich geklärt sind (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom - 2 BvR 350/18, juris Rn. 17; vom - 1 BvR 2111/08, juris Rn. 6; Senatsbeschlüsse vom - VIII ZR 315/19, aaO Rn. 10; vom - VIII ZR 81/20, aaO).

21bb) Die vom Berufungsgericht aufgeworfene Frage, ob der Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LugÜ II am Ort der Minderung des Kontoguthabens begründet sein kann, ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts hinreichend höchstrichterlich geklärt.

22(1) Art. 5 LugÜ II bestimmt abweichend von dem in Art. 2 Abs. 1 des Übereinkommens verankerten Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dem der Beklagte seinen Wohnsitz hat, in nahezu wörtlicher Übereinstimmung mit Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rats vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 351 S. 1, im Folgenden: Brüssel Ia-VO) und früher Art. 5 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 12 S. 1; im Folgenden: Brüssel I-VO), dass eine Person, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, in einem anderen Vertragsstaat verklagt werden kann, nämlich - im Fall der Nr. 3 - wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht.

23(2) Für die Auslegung des LugÜ II gelten dieselben Auslegungsgrundsätze wie für die Auslegung der Brüssel I-VO, da sich die Unterzeichnerstaaten zu einer möglichst einheitlichen Auslegung der Bestimmungen verpflichtet haben (vgl. Art. 1 Protokoll 2 nach Art. 75 LugÜ II über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den ständigen Ausschuss; Senatsurteil vom - VIII ZR 226/22, NJW 2024, 2680 Rn. 23 mwN). Die Auslegung des Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO ihrerseits entspricht derjenigen des Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO (vgl. EuGH, C-709/19, WM 2021, 1184 Rn. 23 - Vereniging van Effectenbezitters; C-343/19, NJW 2020, 2869 Rn. 22 - Verein für Konsumenteninformation; C-81/23, NJW 2024, 1247 Rn. 22 - FCA Italy und FPT Industrial).

24(3) Da die in Art. 5 Nr. 3 LugÜ II vorgesehene Zuständigkeit der Gerichte des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, als Ausnahme von dem Grundsatz der Zuständigkeit der Gerichte des Staates, in dessen Hoheitsgebiet der Beklagte seinen Wohnsitz hat, eine besondere Zuständigkeitsregel darstellt, ist sie autonom und eng auszulegen (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO EuGH, C-12/15, NJW 2016, 2167 Rn. 25 - Universal Music International Holding; C-304/17, EuZW 2018, 998 Rn. 17 f. - Löber; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO EuGH, C-709/19, aaO Rn. 24 f.; C-81/23, aaO Rn. 23).

25Sie beruht darauf, dass zwischen der Streitigkeit und den Gerichten des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, eine besonders enge Beziehung besteht, die aus Gründen einer geordneten Rechtspflege und einer sachgerechten Gestaltung des Prozesses die Zuständigkeit dieser Gerichte rechtfertigt. Bei unerlaubten Handlungen oder ihnen gleichgestellten Handlungen ist das Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht, insbesondere wegen der Nähe zum Streitgegenstand und der leichteren Beweisaufnahme in der Regel am besten in der Lage, den Rechtsstreit zu entscheiden (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO EuGH, C-12/15, aaO Rn. 26 f.; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO EuGH, C-81/23, aaO Rn. 24 f.; jeweils mwN).

26(4) Mit der Formulierung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 LugÜ II ist sowohl der Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs als auch der Ort des für den Schaden ursächlichen Geschehens gemeint, so dass der Beklagte nach Wahl des Klägers vor dem Gericht eines dieser Orte verklagt werden kann (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO EuGH, C-375/13, NJW 2015, 1581 Rn. 45 - Kolassa; C-12/15, aaO Rn. 28; C-304/17, aaO Rn. 22; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO EuGH, C-343/19, NJW 2020, 2869 Rn. 23 - Verein für Konsumenteninformation; C-709/19, aaO Rn. 26; C-81/23, aaO Rn. 26).

27(5) Erfolgsort ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (im Folgenden: Gerichtshof) der Ort, an dem das eine Schadensersatzpflicht wegen unerlaubter Handlung oder wegen einer gleichgestellten Handlung auslösende Ereignis seine schädigende Wirkung entfaltet, das heißt der Ort, an dem sich der durch das Ereignis verursachte Schaden konkret zeigt (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO vgl. EuGH, C-189/08, NJW 2009, 3501 Rn. 27 - Zuid-Chemie; C-352/13, JZ 2015, 1163 Rn. 52 - CDC Hydrogen Peroxide; , WM 2014, 1614 Rn. 31 mwN).

28In diesem Zusammenhang hat der Gerichtshof klargestellt, dass die Formulierung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist", nicht so weit ausgelegt werden darf, dass sie jeden Ort erfasst, an dem die nachteiligen Folgen eines Umstands spürbar sind, der bereits einen tatsächlich an einem anderen Ort eingetretenen Schaden erfasst (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO vgl. EuGH, C-12/15, NJW 2016, 2167 Rn. 34 - Universal Music International Holding; C-304/17, EuZW 2018, 998 Rn. 23 - Löber; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO vgl. EuGH, C-709/19, WM 2021, 1184 Rn. 27 - Vereniging van Effektenbezitters; C-343/19, NJW 2020, 2869 Rn. 26 - Verein für Konsumenteninformation). Ebenfalls bezieht sich diese Formulierung nicht schon deshalb auf den Ort des Klägerwohnsitzes, weil dem Kläger durch den Verlust von Vermögensbestandteilen in einem anderen Mitgliedstaat ein finanzieller Schaden entstanden ist (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO vgl. EuGH, C-12/15, aaO Rn. 35; C-304/17, aaO; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO vgl. EuGH, C-709/19, aaO Rn. 28).

29Umgekehrt kann auch nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs eine Zuständigkeit zugunsten der Gerichte am Wohnsitz des Klägers in Anknüpfung an die Verwirklichung des Schadenserfolgs angenommen werden, wenn sich dieser Schaden unmittelbar auf einem Bankkonto dieses Klägers bei einer Bank im Zuständigkeitsbereich dieser Gerichte verwirklicht (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO EuGH, C-375/13, NJW 2015, 1581 Rn. 55, 57 - Kolassa) und weitere spezifische Gegebenheiten vorliegen, welche zur Zuweisung der Zuständigkeit an diese Gerichte beitragen (EuGH, C-12/15, aaO Rn. 36 f.; vgl. auch EuGH, C-304/17, aaO Rn. 28 ff.).

30Wird in den Fällen eines reinen Vermögensschadens in Folge einer unerlaubten Handlung oder einer gleichgestellten Handlung eine vertragliche Verpflichtung begründet, welche der Kläger ohne diese Handlung nicht begründet hätte, ist nach der vom Berufungsgericht zitierten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Schaden bereits dort eingetreten, wo die vertragliche Verpflichtung begründet worden ist. Allein der Umstand, dass der Kläger in Erfüllung der Verpflichtung einen Geldbetrag durch Überweisung von einem in einem anderen Staat geführten Konto beglichen hat, vermag hieran nichts zu ändern (zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO vgl. EuGH, C-12/15, aaO Rn. 30 ff.; zu Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO vgl. EuGH, C-81/23, NJW 2014, 1247 Rn. 38 - FCA Italy und FPT Industrial; vgl. Stein/Jonas/Wagner, ZPO, 23. Aufl., Art. 7 EuGVVO Rn. 157).

31(6) Anders als das Berufungsgericht - unter Verweis auf ein Urteil des VI. Zivilsenats des ) - angenommen hat, stimmt die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mit der dargestellten Rechtsprechung des Gerichtshofs überein.

32Danach kann grundsätzlich auch der Ort der Minderung des Kontoguthabens bei Vorliegen weiterer Umstände der den Gerichtsstand begründende Erfolgsort im Sinne des Art. 5 Nr. 3 LugÜ II sein (so , WM 2017, 323 Rn. 13; zu Art. 5 Nr. 3 Brüssel I-VO , ZIP 2010, 2004 Rn. 30, und XI ZR 28/09, NJW-RR 2011, 197 Rn. 32; vom - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 32; vom - XI ZR 54/09, juris Rn. 32; vom - VI ZR 347/12, IPRax 2015, 423 Rn. 33).

33Für die Fälle reiner Vermögensdelikte, in denen bereits die Herbeiführung eines Rechtsgeschäfts rechtswidrig ist, hat auch der Bundesgerichtshof anerkannt, dass derjenige Ort den Erfolgsort darstellt, an dem das behauptete Fehlverhalten des Schädigers die erste Wirkung entfaltet hat (zu Art. 5 Nr. 1 Brüssel I-VO , WM 2014, 1614 Rn. 36 f., sowie VI ZR 347/12, aaO juris Rn. 35 f.; beide unter Verweis auf Huber, IPRax 2009, 134, 137). Dies ist der Ort des Vertragsabschlusses, der die für eine Zuständigkeitsbegründung geforderte Nähe zum Streitgegenstand und die Möglichkeit einer leichteren Beweisaufnahme aufweist (vgl. , aaO Rn. 38 f., sowie VI ZR 347/12, aaO Rn. 37 f.).

34(7) Auch die Revision zieht die hier dargestellten Grundsätze der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Bestimmung des Erfolgsorts nicht in Zweifel, sondern gelangt in Folge ihrer Anwendung - allerdings unter Zugrundelegung eines anderen Sachverhalts - zur Annahme der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte.

35b) In Anbetracht der aufgezeigten höchstrichterlichen Rechtsprechung besteht im Streitfall auch kein Anlass zur Fortbildung des Rechts (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 1 ZPO).

36c) Der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 ZPO) ist ebenfalls nicht gegeben.

37Das Berufungsgericht hat sich zu den oben aufgezeigten rechtlichen Grundsätzen nicht in Widerspruch gesetzt.

38Die von der Revision gegen die für die Ermittlung des deliktischen Gerichtsstands maßgebliche Annahme des Berufungsgerichts, der Vergleich vom 29. Juni/ sei in Zürich ausgehandelt und unterschrieben worden, erhobene Gehörsrüge bleibt ohne Erfolg.

39aa) Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht nicht unstreitigen Vortrag der Klägerin dazu, sie habe den Vertrag an ihrem Geschäftssitz in L.        in Deutschland unterschrieben, übergangen. Zwar hat die Klägerin - wie die Revision unter Bezugnahme auf die Klageschrift geltend macht - entsprechenden Vortrag gehalten, ohne dass die Beklagte sich in den Tatsacheninstanzen hierzu explizit geäußert hätte.

40Dennoch war dieser Vortrag vom Berufungsgericht seiner rechtlichen Würdigung nicht als unstreitig zu Grunde zu legen, weil er im offenkundigen Widerspruch zu dem von beiden Parteien als Anlage vorgelegten und vom Berufungsgericht in Bezug genommenen Vergleichstext steht, der ausweist, dass der Vergleich auf Seiten der Klägerin in deren Vertretung durch eine in Zürich ansässige Rechtsanwältin am in Zürich unterschrieben wurde. Soweit das Berufungsgericht auf dieser Grundlage zu der Beurteilung gelangt ist, dass der Vergleich in Zürich unterzeichnet worden ist, bestehen hiergegen - auch unter Anlegung des für die Prüfung der internationalen Zuständigkeit anzuwendenden Maßstabs (vgl. , WM 2022, 1551 Rn. 30 mwN; vgl. auch , IPRax 2019, 48 Rn. 24) - revisionsrechtlich keine Bedenken.

41bb) Auch die Rüge der Revision, die Annahme des Berufungsgerichts, der Vergleich sei in Zürich ausgehandelt worden, finde im Prozessstoff keine Stütze, bleibt ohne Erfolg. Diese Annahme steht vielmehr im Einklang damit, dass die Parteien die Verhandlungen, die letztlich zum Abschluss der Vergleichsvereinbarung geführt haben, unstreitig vor dem Instruktionsrichter des Handelsgerichts Zürich begonnen haben, der Vergleich von beiden Parteien in Zürich unterschrieben wurde und beide Parteien hierbei durch dort ansässige Rechtsanwälte vertreten wurden. Von diesen Umständen abweichenden Vortrag dahingehend, dass die Vergleichsverhandlungen an einem anderen - in Deutschland gelegenen - Ort stattgefunden hätten, haben die Parteien in den Vorinstanzen nicht gehalten. Soweit die Revision nunmehr - erstmalig - die Aushandlung des Vergleichs in Zürich in Abrede stellt, ist dies schon deshalb unbehelflich, weil konkreter Vortrag dazu, an welchem Ort außerhalb Zürichs die Vergleichsverhandlungen stattgefunden haben sollen, fehlt.

422. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat jedenfalls im Ergebnis zu Recht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte zur Entscheidung des Streitfalls verneint.

43Das Fehlen der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte folgt - unabhängig von den vorstehend unter II 1 c aufgezeigten Umständen des Vergleichsabschlusses - vorliegend jedenfalls (auch) aus Ziffer 15.6.2 der zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Lizenz- und Liefervereinbarung vom . Diese erfasst aufgrund ihres weiten Wortlauts "Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten oder Ansprüche aus oder in Verbindung mit diesem Vertrag" auch die vorliegende Streitigkeit und begründet insoweit eine ausschließliche Zuständigkeit der Gerichte in Zürich in der Schweiz (Art. 23 Abs. 1 Satz 1 und 2 LugÜ II). Auf die Frage, ob die vorliegende Streitigkeit auch unter die anders und nach dem unter Beweis gestellten Vortrag der Klägerin bewusst enger formulierte Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 15 des Vergleichs vom 29. Juni/ fällt, und ob diese trotz der insoweit von der Klägerin erklärten Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung wirksam ist, kommt es angesichts dessen nicht an. Gleiches gilt für die Frage, ob - wie das Berufungsgericht unter Ausblendung des von der Klägerin gleichfalls geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Anspruchs allein geprüft hat - der deliktische Gerichtsstand nach Art. 5 Nr. 3 LugÜ II gegeben ist.

44a) Die internationale Zuständigkeit für den Streitfall richtet sich nach den Bestimmungen des LugÜ II. Dieses Abkommen ist nach seinen Art. 63 Abs. 1, Art. 64 Abs. 2 Buchst. a, Art. 60 Abs. 1 Buchst. a vorliegend anwendbar, da die Klage im Juni 2019 und damit nach dem Inkrafttreten des LugÜ II sowohl für die Europäische Union (vgl. , WM 2012, 852 Rn. 15) als auch für die Schweizerische Eidgenossenschaft (vgl. , WM 2020, 1305 Rn. 7; EuGH, C-467/16, FamRZ 2018, 286 Rn. 37 - Schlömp; C-296/20, WM 2021, 2140 Rn. 31 - Commerzbank) erhoben worden ist und die Beklagte in diesem Zeitpunkt ihren Sitz in der Schweiz gehabt hat.

45b) Nach Art. 23 Abs. 1 Satz 1 LugÜ II können Parteien, von denen mindestens eine ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates hat, vereinbaren, dass ein Gericht oder die Gerichte eines durch das Übereinkommen gebundenen Staates über eine bereits entstandene Rechtsstreitigkeit oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Streitigkeit entscheiden sollen.

46c) Eine solche Vereinbarung haben die Parteien mit Ziffer 15.6.2 der ursprünglich geschlossenen Lizenz- und Liefervereinbarung vom getroffen, indem sie vereinbart haben, dass "Meinungsverschiedenheiten, Streitigkeiten oder Ansprüche aus oder in Verbindung mit diesem Vertrag sowie Vertragsverletzungen, Kündigungen oder die Ungültigkeit seiner Bestimmungen" den zuständigen Gerichten in Zürich (Schweiz) vorzulegen sind. Die Benennung einer Stadt eines Mitgliedstaats ist in diesem Zusammenhang ausreichend (vgl. zu Art. 23 Brüssel I-VO EuGH, C-222/15, ZIP 2016, 1700 Rn. 45 f. - Politanò). Die Bezeichnung der zuständigen Gerichte der Stadt Zürich verweist zulässigerweise auf die in der Schweiz geltenden Zuständigkeitsregelungen (vgl. zu Art. 23 Brüssel I-VO EuGH, C-222/15, aaO Rn. 48).

47d) Die Vereinbarung begründet gemäß Art. 23 Abs. 1 Satz 2 LugÜ II eine ausschließliche Zuständigkeit, sofern - wie vorliegend - die Parteien nichts anderes vereinbart haben.

48e) Die getroffene Vereinbarung ist auch wirksam und erfasst die vorliegende Streitigkeit.

49aa) Die Vereinbarung ist - wie Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a Alt. 1 LugÜ II vorsieht - schriftlich geschlossen, weil die Lizenz- und Liefervereinbarung vom von beiden Parteien unterschrieben ist, was der Senat selbst feststellen kann (vgl. , WM 2022, 1551 Rn. 30 mwN).

50bb) Die sachliche Reichweite einer Gerichtsstandsvereinbarung ist durch Auslegung zu ermitteln. Die Auslegung einer Vereinbarung über die internationale Zuständigkeit ist Sache des nationalen Gerichts (vgl. zu Art. 23 Abs. 1 Brüssel I-VO EuGH, C-352/13, JZ 2015, 1163 Rn. 67 - CDC Hydrogen Peroxide; C-595/17, NJW 2019, 349 Rn. 21 - Apple Sales International u.a.; , aaO Rn. 25). Sie richtet sich, wenn sie - wie im vorliegenden Fall - Teil einer umfassenderen Vereinbarung ist, regelmäßig nach dem für diesen Vertrag geltenden Recht (, NJW 2019, 1300 Rn. 25 mwN; vom - KZR 66/17, aaO; vgl. auch schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom , BGE 143 III 558, 561). Das jeweilige Auslegungsergebnis ist daraufhin zu überprüfen, ob es nach den Maßstäben des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 LugÜ II hinreichend bestimmt ist (, aaO).

51(1) Mithin unterliegt die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung dem von den Parteien in Ziffer 15.6.1 der Lizenz- und Liefervereinbarung vom  - gemäß Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Abl. L 177 S. 6) wirksam - gewählten materiellen Recht der Schweiz.

52Da das Berufungsgericht das ausländische Recht nicht ermittelt und gewürdigt hat, kann der Senat dieses selbst ermitteln und seiner Entscheidung zugrunde legen (, aaO Rn. 21; vom - Xa ZR 76/07, NJW 2010, 1070 Rn. 21).

53(aa) Nach dem Schweizer Recht bestimmt sich der Inhalt eines Vertrags in erster Linie durch subjektive Auslegung, das heißt nach dem übereinstimmenden Parteiwillen (Art. 18 Abs. 1 OR). Wenn eine tatsächliche Willensübereinstimmung unbewiesen bleibt, sind im Rahmen der objektivierten Auslegung zur Ermittlung des mutmaßlichen Parteiwillens die Erklärungen der Parteien aufgrund des Vertrauensprinzips so auszulegen, wie sie nach ihrem Wortlaut sowie den gesamten Umständen verstanden werden durften und mussten (schweizerisches Bundesgericht, Urteile vom , BGE 121 III 118, 123; vom - 4A_370/2010, unter E.3.2 [abrufbar über www.bger.ch]; für die Auslegung einer Schiedsvereinbarung vgl. Urteil vom - BGE 129 III 675, 680). Dabei hat der klare Wortlaut Vorrang vor weiteren Auslegungsmitteln, es sei denn, er erweist sich aufgrund anderer Vertragsbedingungen, dem von den Parteien verfolgten Zweck oder weiteren Umständen als nur scheinbar klar. Es besteht kein Anlass, vom klaren Wortlaut abzuweichen, solange keine ernsthaften Gründe dafür sprechen (schweizerisches Bundesgericht, Urteil vom - 4A_370/2010, unter E.5.3 mwN [abrufbar über www.bger.ch]; vgl. auch Wiegand in Basler Kommentar, Obligationenrecht I, 7. Aufl., Art. 18 Rn. 25).

54Es bedarf keiner Entscheidung, ob die vorliegende Lizenz- und Liefervereinbarung trotz der fehlenden Wareneigenschaft von Lizenzen (vgl. MünchKommBGB/Huber, 9. Aufl., Art. 1 CISG Rn. 16) einen Warenkaufvertrag im Sinne von Art. 1 des Übereinkommens der Vereinten Nationen über Verträge über den internationalen Warenkauf vom (BGBl. II S. 588; im Folgenden: CISG) darstellt und ob bejahendenfalls - da die Verweisung auf das materielle Recht der Schweiz grundsätzlich zur Anwendung des CISG führt, weil dieses Bestandteil des Schweizer Rechts darstellt - hinreichende Anhaltspunkte vorliegen, die auf eine Wahl des unvereinheitlichten Rechts der Schweiz unter Abwahl des CISG schließen lassen (vgl. Urteil des schweizerischen Bundesgerichts vom , IHR 2019, 236, 239; , BGHZ 217, 103 Rn. 38 f.; Senatsbeschluss vom - VIII ZR 212/07, NJW-RR 2010, 1217 Rn. 15; jeweils mwN). Denn die Grundzüge der objektivierten Auslegung nach dem vorstehend dargestellten Vertrauensprinzip decken sich mit denjenigen in Art. 8 Abs. 2 und 3 CISG, dessen Vertragspartner die Bundesrepublik Deutschland und die Schweiz sind (vgl. Urteil des schweizerischen Bundesgerichts vom - 4A_264/2013, unter E.3.2.2 [abrufbar über www.bger.ch]).

55(bb) Die Auslegung nach den aufgezeigten Maßstäben kann der Senat selbst vornehmen, da keine weiteren Feststellungen zu erwarten sind (vgl. , aaO Rn. 27; vom - KZR 66/17, aaO Rn. 23).

56Danach erfasst die - für die mangels Feststellbarkeit eines übereinstimmenden wirklichen Willens der Parteien im Sinne des Art. 18 Abs. 1 OR beziehungsweise eines erkannten oder erkennbaren wirklichen Parteiwillens im Sinne des Art. 8 Abs. 1 CISG vorzunehmende objektivierte Auslegung maßgebliche - Gerichtsstandsvereinbarung in Ziffer 15.6.2 der Lizenz- und Liefervereinbarung vom auch die vorliegende Streitigkeit. Diese bezieht sich auf den Vergleich vom 29. Juni/, der mit der Lizenz- und Liefervereinbarung dadurch in Zusammenhang steht, dass eine aus dieser Ursprungsvereinbarung resultierende Streitigkeit beigelegt und die Klägerin in die Lage versetzt werden sollte, das Produkt - wie in der Lizenz- und Liefervereinbarung vorgesehen - in Deutschland zu vertreiben. Ferner beruht die Streitigkeit auf dem von der Klägerin erhobenen Vorwurf, die Beklagte habe bei den Verhandlungen zum Abschluss des Vergleichs über die in dem in Zürich geführten Vorprozess streitgegenständlichen Forderungen aus der Lizenz- und Liefervereinbarung die Klägerin durch Unterlassen über die Tatsache getäuscht, dass das Medikament "C.                            Filmtabletten" bereits im Zeitpunkt des Vergleichsschlusses am 29. Juni/ zurückzurufen gewesen sei, und hierdurch nicht nur dem Gebot von Treu und Glauben zuwidergehandelt, sondern auch die sich aus der Lizenz- und Liefervereinbarung ergebenden Treuepflichten verletzt. Dieser Vorwurf steht - trotz der Tatsache, dass die Klägerin hieraus nicht vertragliche, sondern deliktische Schadensersatzansprüche und, nachdem sie die Anfechtung des Vergleichs wegen arglistiger Täuschung erklärt hat, einen bereicherungsrechtlichen Anspruch herleitet - "in Verbindung mit" dem zwischen den Parteien ursprünglich geschlossenen Lizenz- und Liefervertrag. Der Wortlaut von Ziffer 15.6.2 der Lizenz- und Liefervereinbarung ist zwar sehr weit gefasst, aber insoweit klar und eindeutig. Gesichtspunkte, die ihn in Frage stellen könnten, sind nicht ersichtlich. Insbesondere entspricht ein weites Verständnis auch dem mit einer Gerichtsstandsvereinbarung üblicherweise verfolgten Zweck, alle Rechtsstreitigkeiten aus dem Abschluss und der Abwicklung eines Vertrags gebündelt an einem Gerichtsstandort zu führen und eine doppelte Prozessführung zu vermeiden (vgl. BeckOK-ZPO/Gaier, Stand: , Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 70; Stein/Jonas/Thole, ZPO, 23. Aufl., Art. 25 EuGVVO Rn. 138).

57(2) Die Anwendung der Gerichtsstandsklausel ist auch nicht durch das in Art. 23 Abs. 1 Satz 1 LugÜ II aufgestellte Bestimmtheitsgebot (vgl. zu Art. 23 Abs. 1 Brüssel I-VO EuGH, C-352/13, JZ 2015, 1163 Rn. 68 - CDC Hydrogen Peroxide; C-595/17, NJW 2019, 349 Rn. 27 - Apple Sales International; zu Art. 25 Abs. 1 Satz 1 Brüssel Ia-VO , WM 2022, 1551 Rn. 18) ausgeschlossen, weil das von der Klägerin ihren Ansprüchen zu Grunde gelegte Verhalten der Beklagten gerade im Zusammenhang mit dem Vertragsverhältnis steht, in dessen Rahmen die Gerichtsstandsvereinbarung getroffen wurde.

58(3) Der Anwendung der in Ziffer 15.6.2 der Lizenz- und Liefervereinbarung enthaltenen Gerichtsstandsvereinbarung steht schließlich die später in Ziffer 15 des Vergleichs vom 29. Juni/ getroffene Gerichtsstandsvereinbarung, die ebenfalls eine - sogar ausschließliche - Zuständigkeit der Gerichte in Zürich (Schweiz) vorsieht, ersichtlich nicht entgegen.

III.

59Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Bünger                     Dr. Schmidt                     Dr. Reichelt

                     Messing                            Dr. Böhm

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:171224BVIIIZR213.23.0

Fundstelle(n):
BAAAJ-85852