Suchen
Online-Nachricht - Donnerstag, 20.02.2025

DSGVO | Bemessung von Geldbußen bei Verstößen gegen die DSGVO (EuGH)

Der Begriff „Unternehmen“ i.S.d. Art. 83 DSGVO entspricht dem Begriff „Unternehmen“ i.S.d. Art. 101 und 102 DSGVO, so dass der Höchstbetrag einer Geldbuße wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO auf der Grundlage eines Prozentsatzes des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs des einzelnen Unternehmens bestimmt wird ().

Hintergrund: Gemäß Artikel 83 Abs. 4 DSGVO werden bei Verstößen gegen die DSGVO Geldbußen i.H.v. bis zu maximal 10 Mio. Euro bzw. bei Unternehmen bis zu 2 % des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres verhängt. Bei schwerwiegenden Verstößen gegen die DSGVO können gem. Artikel 83 Abs. 5 und 6 DSGVO Geldbußen von bis zu 20 Mio. Euro oder bei Unternehmen bis zu 4 % des weltweiten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahres festgesetzt werden. In beiden Fällen wird der jeweils höhere Betrag als maximale Buße verhängt.

Sachverhalt und Verfahrensverlauf: Ein dänisches Unternehmen, welches Teil eines Konzernverbundes war, wurde von den dänischen Gerichten angeklagt, im Rahmen der Speicherung von Kundendaten gegen die Verpflichtung verstoßen zu haben, die ihr gemäß der DSGVO in ihrer Eigenschaft als Verantwortliche für personenbezogene Daten oblagen. Die dänische Staatsanwaltschaft vertrat die Auffassung, dass die Geldbuße gegen das Unternehmen nicht nur auf den Umsatz des Unternehmens selbst, sondern basierend auf dem Konzernumsatz zu ermitteln wäre. Das dänische Gericht hingegen verurteilte das Unternehmen zur Zahlung einer Geldbuße, die basierend auf dem Umsatz von dem Unternehmen selbst ermittelt wurde. Die Staatsanwaltschaft legte hiergegen Berufung ein.

Das Landgericht Dänemark legte dem EuGH die folgenden Fragen zur Vorabentscheidung vor:

  1. Ist der Begriff „Unternehmen“ in Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO als ein Unternehmen i.S.d. Art. 101 und 102 AEUV i.V.m. dem 150. Erwägungsgrund der DSGVO und der Rechtsprechung des Gerichtshofs im Bereich des Wettbewerbsrechts der Union zu verstehen, so dass der Begriff „Unternehmen“ jede Einheit erfasst, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt, unabhängig von der Rechtsstellung dieser Einheit und der Art und Weise, in der sie finanziert wird?

  2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Ist Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO dahin auszulegen, dass bei der Verhängung einer Geldbuße gegen ein Unternehmen der gesamte weltweit erzielte Jahresumsatz der wirtschaftlichen Einheit, zu der das Unternehmen gehört, zu berücksichtigen ist oder nur der gesamte weltweit erzielte Jahresumsatz des Unternehmens selbst?

Die Richter des EuGH beantworten die Fragen wie folgt:

  • Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ist der Begriff „Unternehmen“ i.S.d. Art. 101 und 102 AEUV ohne Bedeutung für die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen eine Geldbuße nach Art. 83 DSGVO gegen einen Verantwortlichen verhängt werden kann, der eine juristische Person ist, da diese Frage in Art. 58 Abs. 2 und Art. 83 Abs. 1 bis 6 DSGVO abschließend geregelt ist (vgl. EuGH, Urteil v. 5.12.2023, Deutsche Wohnen, C‑807/21, EU:C:2023:950, Rn. 53).

  • Demnach ist dieser Begriff nur relevant, um die Höhe einer Geldbuße zu bestimmen, die gemäß Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO gegen einen Verantwortlichen verhängt wird.

  • Dieser Unternehmensbegriff umfasst für die Zwecke der Anwendung der in den Art. 101 und 102 AEUV niedergelegten Wettbewerbsregeln jede eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübende Einheit unabhängig von ihrer Rechtsform und der Art ihrer Finanzierung. Er bezeichnet somit eine wirtschaftliche Einheit, auch wenn diese aus rechtlicher Sicht aus mehreren natürlichen oder juristischen Personen besteht (vgl. EuGH; Urteil v. , Deutsche Wohnen, C‑807/21, EU:C:2023:950, Rn. 56).

  • Im Ergebnis ist Art. 83 Abs. 4 bis 6 DSGVO i.V.m. dem 150. Erwägungsgrund der DSGVO dahin auszulegen ist, dass der Begriff „Unternehmen“ im Sinne dieser Vorschriften dem Begriff „Unternehmen“ i.S.d. Art. 101 und 102 AEUV entspricht, so dass der Höchstbetrag einer Geldbuße, die gegen einen Verantwortlichen für personenbezogene Daten, der ein Unternehmen ist oder einem Unternehmen angehört, wegen eines Verstoßes gegen die DSGVO verhängt wird, auf der Grundlage eines Prozentsatzes des gesamten weltweit erzielten Jahresumsatzes des vorangegangenen Geschäftsjahrs des Unternehmens bestimmt wird.

  • Der Begriff „Unternehmen“ ist auch zu berücksichtigen, um die tatsächliche oder materielle Leistungsfähigkeit des Adressaten der Geldbuße zu beurteilen und so zu überprüfen, ob die Geldbuße sowohl wirksam und verhältnismäßig als auch abschreckend ist.

Quelle: (lb)

Fundstelle(n):
MAAAJ-85669