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BGH Beschluss v. - 4 StR 252/24

Instanzenzug: LG Nürnberg-Fürth Az: JKI 606 Js 57759/23 jug

Gründe

1 Das Landgericht hat den Angeklagten wegen räuberischen Angriffs auf Kraftfahrer in Tateinheit mit vorsätzlichem gefährlichen Eingriff in den Straßenverkehr, besonders schwerem Raub und gefährlicher Körperverletzung unter Einbeziehung des Urteils des Amtsgerichts – Jugendschöffengericht – Nürnberg vom und des dort einbezogenen Urteils des Amtsgerichts – Jugendschöffengericht – Schwabach vom zu einer Einheitsjugendstrafe von sieben Jahren verurteilt und eine Einziehungsentscheidung getroffen. Die Revision des Angeklagten erzielt mit der Sachrüge den aus der Beschlussformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2 1. Nach den Feststellungen stieg der Angeklagte am mit drei unbekannt gebliebenen Personen in R.    in das Taxi des Geschädigten und ließ sich von diesem nach N.           fahren. Als der Geschädigte mit dem Angeklagten und seinen Begleitern am Zielort ankam, leitete er den Bremsvorgang ein. Noch bevor er das Taxi zum Stillstand bringen und die Automatikschaltung auf „Parken“ stellen konnte, legte ihm der direkt hinter dem Fahrersitz positionierte Angeklagte auf der Grundlage eines zuvor gemeinsam gefassten Tatplans ein Ladekabel um den Hals. Sodann begann er den Geschädigten zu drosseln, indem er das Kabel nach hinten zuzog. Zugleich forderte der unbekannt gebliebene Beifahrer den Geschädigten unter Vorhalt eines Messers dazu auf, ihm sein Geld auszuhändigen („gib das Geld her“). Dem Geschädigten gelang die Flucht aus dem Fahrzeug, ohne dass es zu einer Geldübergabe kam. Im Anschluss hieran nahmen der Angeklagte und die weiteren Personen den Geldbeutel des Geschädigten mit den Tageseinnahmen in Höhe von 500 € an sich. Zugleich entwendeten sie ein Tablet im Wert von 250 €. Währenddessen kollidierte das fahrerlos ausrollende Taxi mit einem parkenden Pkw. Dem Angeklagten war bewusst, dass es durch seine Einwirkung auf den Geschädigten zu einem Unfall kommen würde.

3 2. Der Senat hat den Vorwurf des vorsätzlichen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr mit Zustimmung des Generalbundesanwalts gemäß § 154a Abs. 2 StPO aus prozessökonomischen Gründen von der Verfolgung ausgenommen. Die getroffene Feststellung, der Angeklagte habe mit dem für eine Verurteilung wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr gemäß § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB erforderlichen Gefährdungsvorsatz gehandelt, wird in den Urteilsgründen nicht beweiswürdigend unterlegt. Sie ist unter den hier gegebenen Umständen auch nicht evident.

4 3. In Bezug auf die Wegnahme des Tablets liegt kein besonders schwerer Raub, sondern lediglich ein (tateinheitlich verwirklichter) Diebstahl mit Waffen vor.

5 Anders als bei dem ebenfalls weggenommenen Geldbeutel fehlt es insoweit an der für den Tatbestand des Raubes erforderlichen finalen Verknüpfung zwischen der Wegnahme und der Gewaltanwendung sowie deren gleichzeitiger Androhung (vgl. , NStZ 2024, 290 Rn. 6; Urteil vom – 4 StR 422/02, NStZ 2003, 431 Rn. 4 mwN). Wie aus der rechtsfehlerfrei festgestellten Aufforderung des Mittäters des Angeklagten („gib das Geld her“) zu folgern ist, waren die vorangegangene Drohung mit dem Messer und die gleichzeitige Drosselung nicht auf eine Erlangung des Tablets, sondern nur des vorhandenen Geldes gerichtet. In Bezug auf Letzteres steht es der Annahme eines besonders schweren Raubes nicht entgegen, dass die Drohung zunächst auf eine Herausgabe abzielte (vgl. Rn. 4) und die Wegnahme erst zu einem Zeitpunkt erfolgte, als der Geschädigte infolge des Gewalteinsatzes und der weiteren Androhung von Gewalt geflüchtet war, da beide insoweit bei der Wegnahme noch willensbeugend wirkten (vgl. , BGHSt 61, 197 Rn. 9; Urteil vom ‒ 1 StR 398/15, BGHSt 61, 141 Rn. 24). Dies gilt indes nicht für die Wegnahme des Tablets, das im Zeitpunkt der Drosselung und der Drohung mit dem Messer ersichtlich noch nicht Gegenstand des Vorsatzes des Angeklagten und seiner Mittäter war. Angesichts der zwischenzeitlich erfolgten Flucht des Geschädigten kommt insoweit auch die Annahme einer konkludenten Drohung nicht in Betracht (vgl. , NStZ 2024, 290 Rn. 6 mwN). Die Feststellungen tragen in Bezug hierauf aber eine (tateinheitliche) Verurteilung wegen Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB).

6 4. Der Senat ändert den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst. § 265 StPO steht dem nicht entgegen. Eine Verböserung des Schuldspruchs ist gemäß § 358 Abs. 2 Satz 1 StPO auch auf eine alleinige Revision des Angeklagten hin statthaft; denn das Verschlechterungsverbot schützt nur davor, dass das Urteil in Art und Höhe der Strafe zu seinem Nachteil verändert wird (vgl. ‒ 4 StR 135/24 Rn. 24).

7 5. Der unter Einbeziehung von zwei weiteren Verurteilungen nach § 31 Abs. 2 JGG erfolgte Ausspruch über die Jugendstrafe bleibt von der Schuldspruchänderung unberührt. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht angesichts des festgestellten erheblichen Erziehungsbedarfs und des nahezu unveränderten Schuldumfangs die Einheitsjugendstrafe niedriger bemessen hätte.

8 6. Die Einziehungsentscheidung ist um die Anordnung der gesamtschuldnerischen Haftung zu ergänzen (vgl. ). Eine Gesamtschuld besteht mit den unbekannten Mittätern, die nach den Feststellungen neben dem Angeklagten die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Taterlangte hatten. Der individuellen Benennung eines Gesamtschuldners bedarf es nicht (vgl. ‒ 6 StR 496/21 Rn. 2).

9 7. Angesichts des geringfügigen Erfolgs der Revision ist es nicht unbillig, dem Angeklagten die gesamten Kosten seines Rechtsmittels sowie die dem Nebenkläger im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen (§ 473 Abs. 4 StPO).

Quentin                        Maatsch                        Marks

                Tschakert                        Gödicke

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:071124B4STR252.24.0

Fundstelle(n):
LAAAJ-84145