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Online-Nachricht - Freitag, 24.01.2025

Körperschaftsteuer | Schädliche vorzeitige Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags durch Corona-Pandemie (FG)

Die Corona-Pandemie kann nicht per se als "wichtiger Grund" im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG angesehen werden, um eine vorzeitige Beendigung eines Gewinnabführungsvertrags als unschädlich für die ertragsteuerliche Organschaft anzunehmen ().

Hintergrund: Verpflichtet sich eine Europäische Gesellschaft, Aktiengesellschaft oder Kommanditgesellschaft auf Aktien mit Geschäftsleitung im Inland und Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens (Organgesellschaft) durch einen Gewinnabführungsvertrag im Sinne des § 291 Abs. 1 AktG, ihren ganzen Gewinn an ein einziges anderes gewerbliches Unternehmen abzuführen, so ist das Einkommen der Organgesellschaft unter bestimmten Voraussetzungen dem Träger des Unternehmens (Organträger) zuzurechnen (§ 14 Abs. 1 Satz 1 KStG). Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 1 KStG muss der Gewinnabführungsvertrag auf mindestens fünf Jahre abgeschlossen und während seiner gesamten Geltungsdauer durchgeführt werden. Eine vorzeitige Beendigung des Vertrags durch Kündigung ist unschädlich, wenn ein wichtiger Grund die Kündigung rechtfertigt (§ 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG). Die Kündigung oder Aufhebung des Gewinnabführungsvertrags auf einen Zeitpunkt während des Wirtschaftsjahrs der Organgesellschaft wirkt gem. § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 3 KStG auf den Beginn dieses Wirtschaftsjahrs zurück.

Sachverhalt: Die Klägerin war ein europaweit agierendes Handelsunternehmen. Im Wirtschaftsjahr 2017 schloss diese als Organgesellschaft einen Gewinnabführungsvertrag mit der Organträgerin und begründete eine ertragsteuerliche Organschaft. In dem Vertrag war ein ordentliches Kündigungsrecht nach Ablauf der Mindestlaufzeit von fünf Jahren und ein außerordentliches Kündigungsrecht bei Vorliegen eines wichtigen Grundes vorgesehen. Der Gewinnabführungsvertrag wurde einvernehmlich mit Wirkung zum aufgehoben. Das Finanzamt hob den bisherigen Bescheid für 2017 über die gesonderte und einheitliche Feststellung des dem Organträger zuzurechnenden Einkommens der Organgesellschaft auf, da die Voraussetzungen für ein Organschaftsverhältnis im Wirtschaftsjahr 2017 nicht vorlägen. Das Finanzamt erkannte die Aufhebung des Vertrags vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie nicht als wichtigen Grund für die Kündigung an.

Die hiergegen gerichtete Klage wurde als unbegründet zurückgewiesen:

  • Für die Frage, ob ein wichtiger Grund vorliegt, kommt es nach der BFH-Rechtsprechung wegen der steuerrechtlichen Besonderheit der Mindestdauer von fünf Jahren nicht darauf an, ob gesellschaftsrechtlich oder nach den vertraglichen Vereinbarungen ein wichtiger Grund vorliegt. Vielmehr muss objektiv ein wichtiger Grund für die Abkürzung der Mindestlaufzeit bestehen (vgl. , BStBl II 2014, 486).

  • Ein steuerlich wichtiger Grund liegt dann vor, wenn aufgrund der (voraussichtlichen) Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage einer Vertragspartei die Existenz der anderen Vertragspartei bedroht wird.

  • Eine drohende dauerhafte Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage der Klägerin als Organgesellschaft, die die Existenz des Organträgers bedroht, ist zum nicht feststellbar.

  • Zwar sind aufgrund der auftretenden Corona-Pandemie in der Gesamtheit geänderte wirtschaftliche Rahmenbedingungen aufgetreten. Diese lagen unstreitig bei Vertragsabschluss des Gewinnabführungsvertrags im Jahr 2017 noch nicht vor und waren auch nicht absehbar. Allerdings genügt dies unter Berücksichtigung der Umstände des konkreten Einzelfalls nicht, um einen wichtigen Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG für eine Vertragsaufhebung im konkreten Fall jedenfalls zum zu begründen.

  • Auch aus dem Auftreten der Pandemie selbst kann zum kein wichtiger Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG abgeleitet werden. Vielmehr ist das Auftreten einer Pandemie anhand der konkreten Umstände der jeweils betroffenen Vertragsparteien bzw. Unternehmen zu würdigen und zu untersuchen, ob sich aufgrund der Pandemie die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in einer derartigen Weise geändert haben, dass daraus das Vorliegen eines wichtigen Grundes zur Beendigung des Gewinnabführungsvertrags resultiert.

  • Dabei ist nicht zu verkennen, dass durch das Auftreten der Corona-Pandemie wirtschaftliche Unsicherheiten gesamtwirtschaftlicher Natur entstanden sind. So wird die Pandemie und deren Auswirkungen in der Literatur auch als wichtiger Grund für die Kündigung eines Gewinnabführungsvertrags diskutiert. Allerdings werden die Pandemieauswirkungen nicht allgemein (ohne weitere Voraussetzungen) als wichtiger Grund genannt. Vielmehr soll eine Bewertung „im Einzelfall“ erforderlich sein.

  • Konkrete Umstände, die für die Klägerin bzw. die Beigeladene im Rahmen einer solchen Einzelfallbewertung zu einer für das Vorliegen eines wichtigen Grunds ausreichenden Änderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen aufgrund des Auftretens der Pandemie geführt haben, lassen sich anhand des Vortrags der Klägerin und der weiteren Umstände indessen nicht feststellen.

  • Im Streitfall liegt kein wichtiger Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Satz 2 KStG vor; die vorzeitige Beendigung des Gewinnabführungsvertrags ist nicht unschädlich. Das Finanzamt hat folglich den Feststellungsbescheid zu Recht aufgehoben, da die Voraussetzungen einer körperschaftsteuerlichen Organschaft im Streitjahr nicht vorlagen.

Quelle: FG Düsseldorf, Urteil v. – 7 K 2466/22 F (lb)

Fundstelle(n):
QAAAJ-83689