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NWB Nr. 5 vom Seite 273

Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen

Dr. Hans-Martin Grambeck | nesemann & grambeck umsatz | steuer | beratung Steuerberatungsgesellschaft | Norderstedt bei Hamburg

Anwendungsvorschriften des BMF zum neuen § 4 Nr. 21 UStG

Durch das JStG 2024 wurde § 4 Nr. 21 UStG neu gefasst. Entgegen dem ursprünglichen Gesetzentwurf (s. dazu ) ist es aufgrund zahlreicher Bedenken, insbesondere zur drohenden Steuerpflicht kommerzieller Fortbildungsangebote, bei einer minimalinvasiven Anpassung geblieben. Zum einen wurde das Anerkennungsverfahren für Bildungseinrichtungen und die Befreiung der an anerkannten Einrichtungen selbständigen Lehrkräfte beibehalten. Zum anderen wurde die aus dem EU-Recht bekannte Befreiung des Privatlehrers in das UStG übernommen, um das im Frühjahr 2024 eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren (s. dazu ) abzuwenden. Während insoweit die wichtigsten Fragen zu den Anforderungen an den Leistungserbringer beantwortet sind, sind die Zweifel an der Reichweite der Befreiungsvorschrift im Hinblick auf die inhaltliche Komponente der begünstigten Leistungen drängender denn je. Denn der EuGH ist zu dem Ergebnis bekommen, dass Fahr-, Segel- und selbst Schwimmschulen keine begünstigten Bildungsleistungen erbringen, weil es sich nicht um Allgemeinbildung, sondern um spezialisierten Unterricht handele. Seitdem mehren sich die Fragen um die richtige Abgrenzung zwischen „spezieller“ Bildung, Allgemeinbildung und primärer Freizeitbeschäftigung.

Der Begriff der Bildung ist im Gesetz selbst nicht definiert, weshalb insoweit alle Hoffnung auf einer umsichtigen Anwendung des § 4 Nr. 21 UStG durch die Finanzverwaltung ruht. Diese hat nunmehr den Entwurf eines zur Anpassung des UStAE zur Verbändeanhörung vorgelegt. Wer sich intensiv mit der Rechtsprechung zum Thema auseinandergesetzt hat, findet in diesem BMF-Entwurf leider wenig Überraschendes noch Entlastendes – in weiten Teilen beschränken sich die Ausführungen auf die Übernahme der wichtigsten Urteile der letzten 15 Jahre. Dass dies nicht unbedingt logisch ist, zeigt schon die unterschiedliche Behandlung von Sofortmaßnahmen am Unfallort (steuerfrei) und Schwimmunterricht (steuerpflichtig, weil speziell). Immerhin soll den Schwimmschulen ein Übergangsjahr eingeräumt werden; die Steuerpflicht ihrer Umsätze gilt erst ab dem . Generell befreit werden darüber hinaus Musik- und Tanzschulen (wenn sie auf Aufnahmeprüfungen an [Fach-]Hochschulen vorbereiten), nicht hingegen Kampfsportkurse für Kinder. Positiv überrascht, dass sich die Befreiung des Privatlehrers – entgegen dem Wortlaut des Gesetzes – auch auf Leistungen in den Bereichen Aus- und Fortbildung sowie Umschulung bezieht. Zum Vorrang der Steuerbefreiung von Integrations- und Wiedereingliederungsmaßnahmen nach § 4 Nr. 15b und 15c UStG (SGB II, SGB IX) schweigt sich der BMF-Entwurf hingegen aus. Hier droht (nach dem Wortlaut) eine Steuerpflicht der Leistungen, die Bildungsträger unter Einschaltung selbständiger Lehrkräfte erbringen.

Auch wenn sich im Rahmen der Verbändeanhörung noch die eine oder andere Änderung ergeben wird, bleiben die Abgrenzungsfragen wohl bestehen. Dies ist in Anbetracht der Vielfalt der Bildungslandschaft sicherlich kein gutes Omen. Schon jetzt deutet sich der Wunsch an, dass sich der Richtliniengeber auf EU-Ebene der Sache annimmt.

Hans-Martin Grambeck

Fundstelle(n):
NWB 2025 Seite 273
WAAAJ-83648