BGH Beschluss v. - 3 StR 312/24

Instanzenzug: LG Wuppertal Az: 21 KLs 17/23

Gründe

1Das Landgericht hat den Angeklagten wegen Raubes in Tateinheit mit räuberischer Erpressung und mit Computerbetrug zu einer Jugendstrafe von einem Jahr verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Zudem hat es die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.500 € als Gesamtschuldner angeordnet. Die auf die Rügen der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützte Revision des Angeklagten führt zu einem teilweisen Absehen von der Einziehung. Im Übrigen ist sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2Der Generalbundesanwalt hat in seiner Antragsschrift hinsichtlich der Einziehung des Wertes von Taterträgen das Folgende ausgeführt:

„I. Verfahrensrüge

Die Rüge der Verletzung von § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO wegen Nichterteilung eines Hinweises auf die Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 73c StGB ist zulässig, greift aber nur in Höhe von 2.000 € durch. Insoweit wird einer Verfahrensweise nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 zugestimmt.

1. Die Rüge ist zulässig.

Der Vortrag, es hätte keinen rechtlichen Hinweis auf eine Einziehung von Wertersatz gegeben, ist vollständig. Zur Prüfung seiner Schlüssigkeit - nicht: seiner Richtigkeit - bedarf es des Rückgriffs auf das Protokoll nicht. Besondere Umstände, die in diesem Zusammenhang gleichwohl weitergehende Ausführungen unerlässlich machen könnten, sind nicht erkennbar. § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO erforderte daher nicht die Beifügung (von Ablichtungen) des Protokolls (vgl. , juris).

[…] Auch im Hinblick auf die Beruhensfrage war kein Vortrag dazu erforderlich, welche besseren Verteidigungsmöglichkeiten der Angeklagte bei einem erteilten Hinweis gehabt hätte (vgl. dazu Stuckenberg in Löwe-Rosenberg, StPO, 27. Aufl., § 265 Rn. 113 [‚ratsam‘]; krit. zu einer derartigen Obliegenheit BeckOK StPO/Eschelbach, 52. Ed. , § 265 Rn. 79). Ungeachtet dessen, dass vorgetragen wurde, der Angeklagte hätte sich bei einem Hinweis auf die Einziehung zum Umfang des Einziehungsbetrages verteidigt, ist die Prüfung der Beruhensfrage grundsätzlich Sache des Revisionsgerichts (vgl. auch ).

2. Die Rüge greift im Ergebnis nur hinsichtlich der Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2.000 € durch.

a) Der Angeklagte rügt zu Recht, dass er auf die Rechtsfolge der Einziehung des Wertes von Taterträgen weder in der zugelassenen Anklage noch in der Hauptverhandlung hingewiesen wurde. Der Große Senat für Strafsachen hat entschieden, dass ein ausdrücklicher gerichtlicher Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO auf die Rechtsfolge der Einziehung des Wertes von Taterträgen (§§ 73, 73c StGB) auch dann erforderlich ist, wenn die ihr zugrunde liegenden Anknüpfungstatsachen bereits in der zugelassenen Anklage enthalten sind (, BGHSt 66, 20; Beschl. v. - 1 StR 186/18, NStZ 2019, 747). Da der Angeklagte im vorliegenden Fall weder in der Anklageschrift noch im Eröffnungsbeschluss auf die Möglichkeit der Einziehung hingewiesen worden war, hätte ihm gemäß § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO in der Hauptverhandlung ein förmlicher Hinweis auf diese Rechtsfolge erteilt werden müssen. Dies ist nicht erfolgt.

b) Es dürfte jedoch auszuschließen sein, dass das Urteil auf dem Verfahrensfehler beruht, soweit die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 500 € angeordnet worden ist.

aa) Das Urteil beruht auf einem Verfahrensfehler, wenn nicht auszuschließen ist, dass sich dieser auf jenes ausgewirkt hat. Im Bereich des § 265 StPO reicht für diese nicht ausschließbare Möglichkeit einer Urteilsauswirkung des Fehlers nach ständiger Rechtsprechung bereits die Möglichkeit, dass sich der Angeklagte hätte erfolgreicher verteidigen können (vgl. , NStZ 2019, 747; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 67. Aufl., § 265 Rn. 49 mwN), wobei die Bewertung des Beruhens wie sonst bei Verfahrensverstößen stark von den Umständen des Einzelfalls abhängt (s. , NJW 2011, 2377, 2378).

bb) Hier hat [der] Angeklagte eingeräumt, an dem Überfall auf den Geschädigten beteiligt gewesen zu sein und gewusst zu haben, dass es darum gegangen sei, ‚Geld zu machen‘ (UA S. 10). Der Angeklagte hielt den Geschädigten S.          mit weiteren Mittätern fest und fixierte ihn auf dem Boden, während der Mittäter               W.           den Geschädigten durchsuchte und 300 € Bargeld an sich nahm. Dies erfolgte, um das Geld für sich und die anderen Mittäter, also auch für den Angeklagten zu behalten. Auch während der Wegnahme der weiteren 200 € aus dem Fahrzeug des Geschädigten war der Angeklagte anwesend.

cc) Nach diesen Feststellungen ist nicht ersichtlich, wie sich der Angeklagte jedenfalls hinsichtlich der Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 500 € bei erfolgtem Hinweis auf die Einziehung besser als geschehen hätte verteidigen können.

Die Feststellungen belegen, dass der Angeklagte[n] jedenfalls 500 € durch die Tat erlangt hat. Dabei begründet alleine eine mittäterschaftliche Tatbeteiligung für sich betrachtet keine tatsächliche Verfügungsgewalt im Sinne von § 73 StGB. Einem Tatbeteiligten kann die Gesamtheit des aus der Tat Erlangten mit der Folge einer gesamtschuldnerischen Haftung nur dann zugerechnet werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommen soll, und er diese auch tatsächlich hatte. Dabei genügt es, dass der Tatbeteiligte zumindest faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsgewalt über den Vermögensgegenstand erlangte. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn er im Sinne eines rein tatsächlichen Herrschaftsverhältnisses ungehinderten Zugriff darauf nehmen konnte (, juris Rn. 3). Dies kann selbst dann zu bejahen sein, wenn die unmittelbare Tatausführung und Inbesitznahme der Beute nur einem Tatbeteiligten obliegt, sich jedoch alle Tatbeteiligten schon zu Beginn der Taten darüber einig sind, dass jedem der Mittäter die Mitverfügungsgewalt über die Beute zukommen soll. Eine faktische oder wirtschaftliche Mitverfügungsmacht über den Vermögensgegenstand bei mehreren Beteiligten kann nämlich - jedenfalls bei dem vor Ort anwesenden, die Beute oder Teile davon in den Händen haltenden Mittäter - auch dann vorliegen, wenn sich diese in einer Abrede über die Beuteteilung widerspiegelt. Denn damit ,verfügt‘ der Mittäter zu seinen oder der anderen Beteiligten Gunsten über die Beute, indem er in Absprache mit diesen Teile des gemeinsam Erlangten sich selbst oder den anderen zuordnet (, juris Rn. 11).

Da das Landgericht festgestellt hat, dass jedenfalls der Tatbeteiligte              W.              und der Angeklagte schon zu Beginn der Tat darüber einig waren, dass jedem der Mittäter die Mitverfügungsgewalt über das erbeutete Geld zukommen sollte, wurde dem Angeklagten jedenfalls hinsichtlich der erbeuteten 500 € Mitverfügungsgewalt während der Tatbegehung vermittelt. Auch die spätere Überlassung von 250 bis 300 € an einen der Mittäter ändert nichts an der bestehenden Mitverfügungsgewalt des Angeklagten über das gesamte erbeutete Bargeld.

dd) Das Beruhen der Einziehungsentscheidung auf dem fehlenden Hinweis auf die Einziehung kann deshalb allenfalls die Einziehung der 2.000 € betreffen, der die Überweisung der 2.500 € vom Konto des Geschädigten auf das Konto des Mittäters              W.            mittels Online-Banking zugrunde liegt. In diesem Sinne dürfte auch der Vortrag des Revisionsführers zu verstehen sein, er hätte sich bei gegebenem Hinweis zum Umfang des Einziehungsbetrags verteidigt. Auch insoweit hat der Angeklagte zwar eingeräumt, bei dem Geschehen während der online-Überweisung mit dem entwendeten Handy des Geschädigten anwesend gewesen und zusammen mit dem Mittäter             W.            unmittelbar danach 1.000 € am Geldautomaten abgehoben zu haben. Die auf das Konto des Mittäters               W.             überwiesenen 2.500 € wollte               W.            aber teilweise selbst verwenden und teilweise im Lauf des Abends mit den weiteren Tätern teilen (UA S. 6). In welcher Höhe                W.              die abgehobenen 2.000 € selbst verwenden wollte und in welcher Höhe das Geld auch den Mittätern zugutekommen sollte, ist nicht festgestellt. Damit bleibt unklar, auf welchen Betrag sich die Verabredung der Beuteteilung bezüglich der 2.000 € bezogen hat. Es erscheint deshalb nicht ausgeschlossen, dass der Angeklagte bei entsprechendem Hinweis sich gegen die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 € erfolgreich hätte verteidigen können. Auf die gemeinsame Abhebung der 2.000 €, die zu Zeitpunkten erfolgte, als die Tat materiell beendet gewesen sein dürfte, kommt es nicht an.

Aus den vorgenannten Gründen wird einer Verfahrensweise nach § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO zugestimmt, soweit das Landgericht die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 2.000 € angeordnet hat. § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO gestattet auch eine Teilbeschränkung der Einziehung (, NStZ 2018, 742 m. Anm. Schneider).“

3Dem schließt sich der Senat an.

4Im Übrigen hat die auf die Sachrüge gebotene Überprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben.

5Die Kostenentscheidung beruht auf § 473 Abs. 4 StPO. Der nur geringfügige Erfolg der Revision rechtfertigt es nicht, den Angeklagten auch nur teilweise von den durch sein Rechtsmittel entstandenen Kosten und Auslagen freizustellen.

Schäfer                         Berg                        Hohoff

               Anstötz                       Kreicker

ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:161024B3STR312.24.0

Fundstelle(n):
CAAAJ-82259