Technologiebonus
Leitsatz
Technologiebonus
Wird Strom in einer Biomasseanlage produziert, die in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird und die zudem mit einer Organic-Rankine-Anlage ausgestattet ist, so wird der sogenannte Technologiebonus gemäß § 8 Abs. 4 EEG 2004 nur für den Stromanteil gewährt, der durch die Organic-Rankine-Anlage erzeugt wird.
Gesetze: § 8 Abs 4 EEG 2004
Instanzenzug: Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt Az: 7 U 49/23 ( EnWG ) Urteilvorgehend LG Halle (Saale) Az: 4 O 182/22
Tatbestand
1Die Klägerin betreibt eine im Dezember 2006 mit einer Nennleistung von 549 kW in Betrieb genommenen Biogasanlage, die sie 2016 mit einer Organic-Rankine-Cycle-Anlage (ORC-Anlage) nachrüstete. Die ORC-Anlage verfügt über eine Nennleistung von 45 kW und nutzt die Abgaswärme eines Blockheizkraftwerks der Biogasanlage, um zusätzlichen Strom zu erzeugen.
2Die beklagte Netzbetreiberin ermittelte auf Grundlage der von der Klägerin im Kalenderjahr 2020 in ihr Netz eingespeisten Gesamtstrommenge von 4.579.134 kWh einen von der ORC-Anlage produzierten Stromanteil in Höhe von 305.785 kWh, für den sie an die Klägerin eine Zusatzvergütung nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 in der ab dem geltenden Fassung (EEG 2004) von 2,0 Cent pro Kilowattstunde (Technologiebonus), insgesamt 6.115,70 €, auszahlte. Für das Kalenderjahr 2021 vergütete die Beklagte ebenfalls nur den durch die ORC-Anlage generierten Stromanteil.
3Die Klägerin ist der Auffassung, der gesamte in der Biogasanlage produzierte Strom sei mit dem Technologiebonus gemäß § 8 Abs. 4 EEG 2004 zu vergüten. Sie nimmt die Beklagte auf Zahlung eines weitergehenden Technologiebonus in Höhe von 2,0 Cent pro Kilowattstunde für den bislang noch nicht vergüteten Teil des in den Jahren 2020 und 2021 in ihrer Anlage produzierten und in das Verteilernetz der Beklagten eingespeisten Stroms sowie vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
4Das Landgericht hat die Beklagte unter Abweisung eines geringfügigen Teils der Klage verurteilt, an die Klägerin 141.641,63 Euro nebst Zinsen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zu zahlen. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.
Gründe
5Die zulässige Revision bleibt in der Sache ohne Erfolg.
6I. Das Berufungsgericht (REE 2024, 96 ff.) hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt: Der Klägerin stehe nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 in Verbindung mit den maßgeblichen Übergangsvorschriften über den bereits geleisteten Betrag hinaus kein weitergehender Anspruch auf Auszahlung des Technologiebonus für den in den Abrechnungszeiträumen für 2020 und 2021 in ihrer Biogasanlage erzeugten und in das Verteilernetz der Beklagten eingespeisten Strom zu. Eine Auslegung des § 8 Abs. 4 EEG 2004 ergebe, dass nur der unter Einsatz der ORC-Anlage erzeugte und eingespeiste Strom mit dem Technologiebonus zu vergüten sei.
7II. Das hält rechtlicher Überprüfung stand. Der Klägerin steht kein Technologiebonus für den nicht durch die ORC-Anlage erzeugten Strom nach der Bonusregelung des § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004 zu.
81. § 8 Abs. 4 EEG 2004 findet, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, auf den Strom, der in der 2006 in Betrieb genommenen Biogasanlage der Klägerin gewonnenen wird, nach Maßgabe der Überleitungsvorschriften der § 100 Abs. 1 EEG n.F., § 100 Abs. 1 in der bis zum geltenden Fassung (EEG 2021), § 100 Abs. 2 Nr. 10 Buchst. c in der bis zum geltenden Fassung (EEG 2017), § 100 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. c EEG in der bis zum geltenden Fassung (EEG 2014) und § 66 Abs. 1 EEG in der bis zum geltenden Fassung (EEG 2009) Anwendung. Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerin die Anlage erst 2016 um das ORC-Modul erweitert hat. Das Vergütungsregime für den (gesamten) Strom, der mit einer solchen Bestandsanlage erzeugt wird, richtet sich stets nach den zum Zeitpunkt der Inbetriebnahme der Anlage geltenden Regelungen, unabhängig davon, ob nach der Inbetriebnahme Veränderungen an der Anlage vorgenommen worden sind (, WM 2024, 1770 Rn. 30 - Formaldehydbonus, mwN).
92. Gemäß § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004 erhöht sich die Mindestvergütung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 EEG 2004 um jeweils weitere 2,0 Cent pro Kilowattstunde unter anderem, wenn (der) Strom in Anlagen, die auch in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben werden, und mittels Organic-Rankine-Anlagen gewonnen wird.
10a) Die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 8 Abs. 4 EEG für die Auszahlung des Technologiebonus liegen ausweislich der nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts dem Grund nach vor. Die Klägerin gewinnt Strom aus einer Anlage, die auch in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird; zudem produziert sie dort Strom mittels einer ORC-Anlage.
11b) Die Beklagte hat jedoch, anders als die Revision meint, den von der Klägerin mit Hilfe der ORC-Technologie produzierten Stromanteil bereits in dem von § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004 vorgesehenen Umfang vergütet. Ansprüche auf Auszahlung des Technologiebonus auch für den im herkömmlichen Verbrennungsverfahren produzierten Stromanteil stehen der Klägerin, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, nach dieser Vorschrift jedoch nicht zu.
12aa) Ob eine nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 erhöhte Mindestvergütung nur für den im ORC-Prozess erzeugten Strom (so Empfehlung der Clearingstelle EEG vom - 2008/8, Nachgeschalteter Generator bei Biomasse-Verstromung - Technologie- und KWK-Zuschlag [im Folgenden: Empfehlung Clearingstelle], Rn. 19 ff.; s.a. Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 2. Aufl., Rn. 106 zu § 8 EEG 2004; Lamy IR 2019, 277 f.) oder, wie die Revision meint, für den mit der gesamten Anlage produzierten Strom anfällt (so , REE 2019, 140; , ZNER 2022, 73; LG Braunschweig, Urteil vom - 6 O 4528/21, REE 2023, 141; LG Stade, Urteil vom - 3 O 118/22; LG Traunstein, Urteil vom - 5 O 2799/22; Zschiegner LKV 2006, 65, 68), ist in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht geklärt. Der Senat entscheidet diese Streitfrage im Sinne der zuerst genannten Auffassung. Das ergibt sich aus einer an Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 EEG 2004 orientierten Auslegung.
13bb) Dem Wortlaut der Vorschrift lässt sich allerdings nicht zweifelsfrei entnehmen, dass der Technologiebonus nur auf den mit der innovativen ORC-Technologie gewonnenen Strom entfällt.
14§ 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004 nimmt zunächst auf die Mindestvergütung nach Abs. 1 Satz 1 der Vorschrift Bezug, nach der Strom, der in Anlagen gewonnen wird, die ausschließlich Biomasse einsetzen, mit einem bestimmten Betrag vergütet wird. Zwar erstreckt sich die Mindestvergütung nach § 8 Abs. 1 Satz 1 EEG 2004 nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut der Vorschrift auf den gesamten in der Anlage produzierten Strom. Daraus lässt sich indes nicht schließen, dass auch der Technologiebonus nach § 8 Abs. 4 EEG 2004 für die gesamte in der Anlage produzierte Strommenge anfällt. Denn die Erhöhung der Mindestvergütung um den Technologiebonus erfolgt nur unter zwei kumulativen Voraussetzungen. Zum einen muss der Strom in einer Anlage gewonnen werden, die auch in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird, zum anderen muss "der Strom" in der hier einschlägigen Alternative "mittels […] Organic-Rankine-Anlagen […] gewonnen" werden.
15(1) Die erste Voraussetzung lässt nicht erkennen, ob der Technologiebonus für den gesamten oder nur für den durch die ORC-Anlage erzeugten Strom anfällt. Vielmehr wird damit nur allgemein vorausgesetzt, dass der mit dem Technologiebonus zu vergütende Strom in einer Anlage erzeugt wird, in der die eingesetzte Energie sowohl in elektrische Energie als auch in Nutzwärme umgewandelt wird (Kraft-Wärme-Kopplung im Sinne § 3 Abs. 1 Satz 1 KWKG aF). Dabei soll es nach der Gesetzesbegründung ausreichen, wenn die Anlage zumindest zeitweise in Kraft-Wärme-Kopplung betrieben wird, so dass der Bonus auch in den Zeiten anfällt, in denen die Anlage keine Nutzwärme auskoppelt (Bericht des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich [Bericht], BT-Drucks. 15/2864 vom , S. 40).
16(2) Nach der zweiten Voraussetzung muss "der Strom" allerdings "mittels" einer bestimmten Technologie - hier einer ORC-Anlage - gewonnen werden. Mittels dieser Technologie ist, wie das Berufungsgericht mit Recht angenommen hat, jedoch nur der Stromanteil gewonnen, der von der ORC-Anlage produziert und in das Stromnetz eingespeist wird. Der herkömmliche, von dem der ORC-Anlage vorgeschalteten Biogasmotor erzeugte Strom wird in dieser zweiten Voraussetzung für die Erhöhung der Mindestvergütung nicht angesprochen. Auch wenn die in der Vorschrift maßgebliche Konjunktion "wenn der Strom […] mittels Organic-Rankine-Anlagen […] gewonnen wird" nicht zweifelsfrei erkennen lässt, dass allein der auf diese Weise produzierte Stromanteil zu vergüten ist, so wird zumindest deutlich, dass die Vorschrift zwischen dem gesamten in der Anlage produzierten und dem mit Hilfe der ORC-Anlage erzeugten Strom differenziert. Zudem verwendet sie den bestimmten Artikel ("der Strom"). Das kann dahingehend verstanden werden, dass damit der Strom näher bezeichnet wird, der Gegenstand der in § 8 Abs. 4 EEG 2004 geregelten Mindestvergütung ist. Dass der Gesetzgeber mit den beiden in § 8 Abs. 4 EEG 2004 genannten Voraussetzungen, wie die Revision meint, nur die Vergütungsfähigkeit des in der Anlage produzierten Stroms dem Grunde nach geregelt hat und sich der Umfang der Vergütung aus Absatz 1 ergeben soll, kann aus dem Wortlaut der Vorschrift nicht abgeleitet werden.
17cc) Die Gesetzessystematik lässt ebenfalls keinen zweifelsfreien Schluss auf den Umfang des mit dem Technologiebonus zu vergütenden Stromanteils zu. § 8 EEG 2004 regelt in seinem ersten Absatz die für Biomasseanlagen geltende Grundvergütung. In den nachfolgenden Absätzen werden bestimmte Privilegierungstatbestände geregelt, die eine Erhöhung der Mindestvergütung vorsehen. So sieht § 8 Abs. 2 EEG 2004 eine Zusatzvergütung für den Fall vor, dass ausschließlich bestimmte Arten von Biomasse für die Stromgewinnung zum Einsatz kommen. Nach § 8 Abs. 3 EEG 2004 erhöht sich die Mindestvergütung, soweit es sich um Strom im Sinne des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes handelt. Die einschlägige Vorschrift des § 8 Abs. 4 EEG 2004 regelt eine Zusatzvergütung, wenn der Strom aus bestimmten innovativen Technologien gewonnen wird. Dieser Regelungszusammenhang macht deutlich, dass diese Erhöhungstatbestände an einen in bestimmter Art und Weise produzierten Strom anknüpfen.
18Angesichts der Regelungssystematik gibt auch der Umstand, dass sich § 8 Abs. 3 und 4 EEG 2004 in der Wortwahl unterscheiden, keinen eindeutigen Aufschluss über die Bemessungsgrundlage des Technologiebonus. § 8 Abs. 3 EEG 2004 sieht vor, dass sich die Mindestvergütung nach Absatz 1 Satz 1 erhöht, "soweit" es sich um Strom im Sinne von § 3 Abs. 4 KWKG aF handelt. Der dort geregelte KWK-Bonus fällt nach der sprachlich eindeutigen Regelung daher nur für den Stromanteil an, der den Voraussetzungen der Vorschrift entspricht. Demgegenüber erhöht sich die Mindestvergütung nach § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004, "wenn […] der Strom" mittels einer bestimmten Technologie gewonnen wird. Zwar ist der Revision zuzugeben, dass der Gesetzgeber durch die Verwendung des Wortes "soweit" auch in § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG 2004 eine eindeutige Regelung hätte schaffen können. Das zwingt allerdings nicht ohne Weiteres zu dem Umkehrschluss, der Gesetzgeber habe den Technologiebonus deshalb auf den gesamten in der Anlage produzierten Strom erstrecken wollen, weil in § 8 Abs. 4 EEG 2004 das Wort "soweit" fehle. Denn immerhin differenziert die Vorschrift, wie ausgeführt, nach ihrem Wortlaut bereits zwischen dem gesamten in der Anlage produzierten und dem mittels der ORC-Anlage gewonnenen Strom und stellt insoweit auf den in einer bestimmten Weise hergestellten Strom ab. Dass andere Tatbestandsalternativen des § 8 Abs. 4 Satz 1 EEG die Förderung vereinzelt an Technologien knüpfen, die die Umwandlung der in der Anlage vorhandenen Biomasse oder die Aufbereitung des in der Anlage eingesetzten Gases betreffen, lässt demgegenüber keinen Rückschluss darauf zu, dass mit der hier einschlägigen Regelung der gesamte in der Anlage produzierte Strom gefördert werden soll.
19dd) Die Gesetzgebungsmaterialien zum Erneuerbare-Energien-Gesetz 2004 verhalten sich ebenfalls nicht ausdrücklich zu der Frage, in welchem Umfang der Technologiebonus zu zahlen ist. Allerdings ergibt sich dessen Beschränkung auf den mit der innovativen Technologie gewonnenen Strom aus dem dort zum Ausdruck gebrachten Sinn und Zweck der Vorschrift. Ziel des § 8 Abs. 3 EEG 2004 ist die Förderung innovativer Technologien bei der Verstromung von Biomasse. Da diese Technologien zum damaligen Zeitpunkt mit höheren Investitionskosten verbunden waren und überwiegend herkömmliche Verbrennungstechniken zur Gewinnung von Strom aus Biomasse verwendet wurden, wollte der Gesetzgeber mit Hilfe des Technologiebonus einen spezifischen Anreiz für die Verwendung von innovativen Technologien setzen und möglichst hohe Wirkungsgrade erreichen (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich [RegE EEG 2004], BT-Drucks. 15/2327 vom , S. 17, 30). Gleichzeitig ging es ihm bei der Förderung der Verstromung aus Biomasse allgemein darum, keine Mitnahmeeffekte auszulösen (RegE EEG 2004, BT-Drucks. 15/2327, S. 29).
20(1) Dieser Gesetzeszweck lässt, anders als die Revision meint, nur im Ausgangspunkt sowohl ein enges als auch ein weites Verständnis der Norm zu. Nicht nur bei einer zusätzlichen Vergütung des gesamten in der Anlage produzierten Stroms, sondern auch bei der Vergütung nur des mittels innovativer Technologie gewonnenen Stromanteils wird der Einsatz innovativer Technologie - wenngleich in unterschiedlichem Umfang - gefördert. Jedenfalls aber steht die mit dem weiten Verständnis verbundene Förderung des in der Biomasseanlage mittels herkömmlicher Verbrennungstechnologie gewonnenen Stroms in Widerspruch dazu, dass der Gesetzgeber mit der Einführung des Bonus eine "spezifische" Förderung gerade der innovativen Technologien erreichen und Mitnahmeeffekte vermeiden wollte. Wie die Revision selbst geltend macht, beläuft sich die für die ORC-Anlage nutzbare Wärme auf regelmäßig 10 bis 15 Prozent der Leistung der übrigen Anlagenteile, weshalb auch die installierte Leistung im Verhältnis zur übrigen Anlage ebenfalls nur etwa in dieser Größenordnung liege. Schon bei diesem Verhältnis, aber noch weitergehend bei einem verhältnismäßig noch geringeren Anteil der Stromgewinnung durch eine ORC-Anlage würde aber, wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ganz überwiegend der mit herkömmlicher Technologie erzeugte Strom gefördert werden, was letztlich auch zu den Mitnahmeeffekten führen könnte, die der Gesetzgeber verhindern wollte (Empfehlung der Clearingstelle, Rn. 51, 57; vgl. auch , BGHZ 238, 352 Rn. 34 ff. - Energy from Waste II, zur Beschränkung der Härtefallregelung des § 12 Abs. 1 EEG 2009 auf den förderungswürdigen Stromanteil). Dem kann die Revision nicht mit Erfolg entgegenhalten, der Gesetzgeber hätte, wenn er solche Mitnahmeeffekte habe verhindern wollen, einen eindeutigen Wortlaut wählen können. Der Umstand, dass der Wortlaut zumindest nicht zweifelsfrei ist, lässt angesichts der jedenfalls insoweit eindeutigen Motive nicht darauf schließen, dass der Gesetzgeber durch eine unspezifische Förderung derartige Mitnahmeeffekte in Kauf nehmen wollte. Darauf, ob § 8 Abs. 4 EEG 2004 auch beim Einsatz von ORC-Anlagen weitergehend die Verdrängung und Ersetzung herkömmlicher Verbrennungstechnologien bezweckte, wie das Berufungsgericht im Anschluss an die eine andere Sachverhaltsgestaltung betreffende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gemeint hat (Urteil vom - VIII ZR 134/18, EnWZ 2019, 304 Rn. 42, 45, 57 zu Abgasturbinen), kommt es in diesem Zusammenhang nicht mehr an.
21(2) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, angesichts der Höhe der in Rede stehenden Investitionskosten könne überhaupt erst bei einem weiten Verständnis der Vorschrift von einem spürbaren Anreiz zur Förderung innovativer Technologien ausgegangen und die damit verbundene Anschubfunktion besser erfüllt werden (vgl. auch LG Braunschweig, REE 2023, 141 [juris Rn. 38, 40]; Zschiegner, LKV 2006, 65, 69 f.; LG Stade, Urteil vom - 3 O 118/22, S. 7). Zum einen lassen sich der Gesetzesbegründung schon keine konkreten Angaben dazu entnehmen, wie stark der von der Regelung ausgehende Anreiz sein soll (RegE EEG 2004, BT-Drucks. 15/2327, S. 17, 29, 30). Zum anderen ist die Bundesregierung im Gesetzgebungsverfahren Forderungen des Bundesrats nach Erhöhung des Technologiebonus (Stellungnahme des Bundesrats, BT-Drucks. 15/2539 vom , S. 10 [Nummer 17]) entgegengetreten und hat darauf hingewiesen, dass mit dieser Zusatzvergütung lediglich ein genereller Anreiz zum Einsatz dieser Technologien gegeben werden solle und es nicht möglich sei, mit einem einzigen Bonus in jedem Fall eine kostendeckende Stromerzeugung mit innovativen Technologien zu garantieren (Gegenäußerung der Bundesregierung, BT-Drucks. 15/2593 vom , S. 3 f. [Zu Nummer 17]). Dies lässt jedenfalls erkennen, dass es bei der Einführung des Technologiebonus nicht darum ging, die Anlagenbetreiber von den wirtschaftlichen Risiken zu befreien, die mit dem Einsatz der innovativen Technologie verbunden sind, sondern darum, durch eine Bezuschussung einen ergänzenden finanziellen Anreiz für deren Einsatz zu schaffen. Auch dass der Gesetzgeber den Wirkungsgrad der Biomasseverstromung erhöhen wollte, steht einer Beschränkung des Technologiebonus auf den mit der ORC-Anlage generierten Strom nicht entgegen, weil der Wirkungsgrad gerade erst durch diese Technologie erhöht wird (Empfehlung der Clearingstelle, Rn. 55). Eine Notwendigkeit, den gesamten in der Anlage produzierten Strom zu fördern, ergibt sich auch nicht daraus, dass die ORC-Anlage ohne eine primäre Energieerzeugungsanlage funktionslos wäre.
22(3) Das so gewonnene Auslegungsergebnis steht, auch wenn es darauf nicht entscheidend ankommt, in Einklang mit der Regelung des Technologiebonus, wie er durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz 2009 fortgeführt wurde. Dieses Gesetz hat die Regelung des § 8 Abs. 4 EEG 2004 in § 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009 überführt und in Anlage 1 näher ausgestaltet. Nach § 27 Abs. 4 Nr. 1 EEG 2009 erhöhen sich die Vergütungen für Strom nach Absatz 1, der durch innovative Technologien erzeugt wird. Anlage 1, II., Nr. 1 Buchst. e EEG 2009 sieht vor, dass der Anspruch auf den Technologiebonus besteht, soweit er - neben weiteren Voraussetzungen - mittels ORC-Anlagen gewonnen wird. In der Gesetzesbegründung wird hervorgehoben, dass der Technologiebonus nur auf den Teil des Stroms entfällt, der in den genannten innovativen Technologien, insbesondere in den nachgeschalteten ORC-Anlagen erzeugt wird (Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Erneuerbaren Energien im Strombereich und zur Änderung damit zusammenhängender Vorschriften [RegE EEG 2009], BT-Drucks. 16/8148 vom , S. 79). Dabei ging der Gesetzgeber davon aus, dass die Voraussetzungen des Technologiebonus gemäß § 8 Abs. 4 EEG 2004 weitgehend bestehen geblieben seien (RegE EEG 2009, BT-Drucks. 16/8148, S. 78).
23Hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass mit der Neufassung des Gesetzes eine - wirtschaftlich sehr weitreichende - Einschränkung des bisherigen Technologiebonus verbunden sein sollte, sind nicht erkennbar. Insbesondere nennt die Gesetzesbegründung, was aber zu erwarten gewesen wäre (vgl. , EnWZ 2019, 304 Rn. 50), weder geänderte tatsächliche Umstände noch anderweitige Gesichtspunkte, die Anlass für eine Abkehr von einer - unterstellt - großzügigeren Förderung gegeben hätten. Vielmehr wird in der Gesetzesbegründung der bereits mit § 8 Abs. 3 EEG 2004 verfolgte Zweck wiederholt, einen spezifischen Anreiz für den Einsatz innovativer Anlagentechniken zu setzen, die regelmäßig mit höheren Investitionskosten verbunden sind. Dabei hat der Gesetzgeber des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009 hervorgehoben, dass ein Technologiebonus, der auf den mit innovativen Technologien gewonnenen Strom beschränkt ist, einen wichtigen Anreiz für eine zukunftsweisende Technologieentwicklung setze (BT-Drucks. 16/8148, S. 78 f.). Auch wenn die Frage, ob sich die Rechtslage geändert hat, allein nach objektiven Kriterien durch Auslegung der früheren Rechtslage zu ermitteln ist (, WM 2023, 630 Rn. 41 - Kapitalkostenzuschuss, mit Verweis auf , BVerfGE 135, 1 Rn. 44 ff.), liegt es vor diesem Hintergrund fern, dass der Gesetzgeber des Erneuerbare-Energien-Gesetzes 2009 die nach seinem Verständnis bislang geltende Rechtslage ändern wollte und im Hinblick auf den Umfang der Förderung des aus innovativen Technologien gewonnenen Stroms deutlich einschränken wollte (von Bredow in Loibl/Maslaton/von Bredow/Walter, Biogasanlagen im EEG, 3. Aufl., S. 366 Rn. 19; Ekardt in Frenz/Müggenborg, EEG, 1. Aufl., § 27 Rn. 42; vgl. , EnWZ 2019, 304 Rn. 41 f., 45 ff., zur Gasturbine). Dass in der Gesetzesbegründung nicht auf eine etwaige mit der geringfügigen Änderung des Wortlauts verbundene Klarstellung der Rechtslage hingewiesen wird, lässt angesichts des bereits aus Sinn und Zweck des § 8 Abs. 4 EEG 2004 gewonnenen Auslegungsergebnisses entgegen der Auffassung der Revision nicht den Schluss zu, der Gesetzgeber habe die Rechtslage tatsächlich geändert.
Kirchhoff Roloff Tolkmitt
Holzinger Kochendörfer
ECLI Nummer:
ECLI:DE:BGH:2024:121124UXIIIZR3.24.0
Fundstelle(n):
VAAAJ-82244